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WHQ Forum _ Politik-und Geschichteforum _ Wie wird der Krieg in der Ukraine zu Ende gehen?

Geschrieben von: Glorfindel 28. Dec 2022, 12:05

Ich möchte hier die Frage diskutieren, welche Szenarien für ein Ende des Ukrainekrieges möglich sind. Ich schlage vor, dass wir hier mit Hauptszenarien arbeiten und Unterszenarien:

Mögliche Hauptszenarien für das Jahre 2023:

echtes Friedensabkommen
Die Ukraine, Russland und der Westen können ein echtes Friedensabkommen schliessen, welches alle Fragen für die Zukunft beantwortet. Unterszenarien wären z.B.
- die Krim und der Donbass (inkl. Landverbindung zur Krim) werden russisches Staatsgebiet.
- der Donbass wird wieder ukrainisch, über den Status der Krim wird in 10 Jahren abgestimmt (faktisch damit russisch)
- der Donbass und die Krim werden zu autonomen Gebieten, Stationierung von Friedenstruppen. Denkbar ist hier ganz vielen.

Bewertung: Sehr unwahrscheinlich

Waffenstillstand
Aufgrund einer Pattsituation und dem wirtschaftlichen Schaden durch den Krieg wird ein vorübergehender Waffenstillstand ausgehandelt. Die Kampfhandlungen nehmen ab. Unterszenarien wären dann z.B.
- brüchiger Waffenstillstand
- Einsatz von Friedenstruppen zur Absicherungen des Waffenstillstandes
- eine Art koreanische Lösung mit sehr stark gesicherter Demarkationslinie, kalter Krieg zwischen der NATO und Russland

Bewertung: Eher unwahrscheinlich

Militärisch Pattsituation, Krieg geht weiter
Militärisch kommt es zu einer Pattsituation, die Kampfhandlungen gehen jedoch weiter.
Unterszenarien:
- Stellungskrieg, Einfrierung der Front
- leichte Geländegewinne für eine der beiden Kriegsparteien

Bewertung: Eher wahrscheinlich

Militärischer Sieg der Ukraine
Die Ukraine kann die russischen Streitkräfte militärisch schlagen.
Unterszenarien:
- unkoordinierter Zusammenbruch der russischen Streitkräfte in der Ukraine
- Kapitulation der russischen Truppen in der Ukraine
- nur die Krim kann militärisch gehalten werden

Bewertung: Nicht mehr völlig unwahrscheinlich

Militärischer Sieg Russlands
Russland kann die ukrainischen Streitkräfte militärisch schlagen, so dass die Ukraine kapitulieren muss. Russland kann weitgehend seine territorialen Ansprüche durchsetzen. Unterszenarien:
- Russland annektiert den Grossteil der Ukraine und schafft eine autonome Teilrepublik Ukraine innerhalb der russischen Föderation. Das Gebiet um Lemberg bleibt allenfalls noch ein ukrainischer Rumpfstaat.
- nur "Neurussland" wird russisch
- Möglichkeit, dass trotz eines militärischen Sieges von Russland Partisanenkrieg weitergeht.

Bewertung: Extrem unwahrscheinlich

Überschwappen den Kriegs auf die NATO und oder Intervention der USA
Unterszenarien:
- Konventioneller Schlagabtausch zwischen Russland und der NATO und oder USA. Russland wird konventionell geschlagen.
- Russischer Atomschlag in der Ukraine, konventionelle Antwort der NATO und oder USA. Russland wird konventionell geschlagen.
- Atomarer Schlagabtausch mit wenigen kleineren Nukleargefechtsköpfen. Schlimme Schäden in der Ukraine und in einigen europäischen und russischen Gebieten. Allenfalls gewisse kleinere Auswirkungen aufs Klima
- Atomarer Schlagabtausch. Vernichtung Teilen von Europa, USA und Russland

Bewertung: sehr unwahrscheinlich (kleinerer konventioneller Schlagabtausch bis extrem unwahrscheinlich (schlimmstes Szenario)

Ende des Krieges durch Zusammenbruch Russlands im Inneren / Umsturz
Russland kann den Krieg aus innenpolitischen Gründen nicht mehr führen
- Volkserhebung infolge wirtschaftlichem Zusammenbruch oder infolge anderer Unzufriedenheit
- Ausbruch von Machtkämpfen nach dem Tode Putins
- Putsch aus Kreisen des Sicherheitsapparts

Bewertung: sehr unwahrscheinlich

Links:
https://www.businessinsider.de/politik/welt/wie-geht-der-krieg-in-der-ukraine-aus-das-sind-die-6-wahrscheinlichsten-szenarien-laut-experten-c/
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-krieg-russland-sechs-szenarien-100.html#:~:text=Wie%20k%C3%B6nnte%20es%20weitergehen%3F%20Sechs%20m%C3%B6gliche%20Szenarien%20im%20Ukraine%2DKrieg&text=Raketenangriffe%2C%20Mobilisierung%2C%20Energiekrise%20und%20die,Ende%20der%20K%C3%A4mpfe%20in%20Sicht.
https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/szenarien-ukraine-krieg-matthias-horx/
https://www.watson.ch/digital/international/866915019-wie-der-ukraine-krieg-enden-wird-3-brutal-ehrliche-szenarien

Geschrieben von: Ta152 28. Dec 2022, 14:09

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
< snip >
Militärischer Sieg der Ukraine
Die Ukraine kann die russischen Streitkräfte militärisch schlagen.
Unterszenarien:
- unkoordinierter Zusammenbruch der russischen Streitkräfte in der Ukraine
- Kapitulation der russischen Truppen in der Ukraine
- nur die Krim kann militärisch gehalten werden

Bewertung: Nicht mehr völlig unwahrscheinlich
< snip >


Das Grundszenario halte ich derzeit für das warscheinlichste. Allerdings gehe ich von einem halbwegs geordneten Rückzug der Russen aus. Aus Moskau wird es es heißen "die Entmilitarisierung und Entnazifizierung wurde erfolgreich durchgeführt, daher ziehen wir unserer Truppen zurück".

Danach wird es dann Politisch sowohl im Osten wie auch Westen Spannend.
Im Osten ob Putin so eine Niederlage überlebt.
Egal wie, Russland wird dann Verhandlungen suchen.

Im Westen wird es dann spannend, ob man die Ukraine weiterhin so stark unterstützt das sie eine Chance haben die Krim zurückzuerobern oder ob man sagt so weit aber nicht weiter.

Geschrieben von: Glorfindel 28. Dec 2022, 15:01

- Wenn die Ukrainer einmal die Oberhand haben und alles ausser die Krim zurückerobert haben, dürfte es auf der Krim sehr, sehr ungemütlich werden. Wenn es einmal so weit wäre, dann dürfte es sehr schwierig sein, die Ukrainer zu hindern, die Krim zurückzuerobern. Vielleicht kommt es dann aber auch zu einem Verhandlungsfrieden.
- Zur Situation von Putin: Putin hat ein Problem. Knapp die Mehrheit der Russen, vielleicht etwas mehr, vielleicht etwas weniger dürfte genug haben von Krieg und ich gehe davon aus, dass für diese Leute, je länger der Krieg geht, desto weniger interessieren sie sich für den Donbass oder sogar die Krim. Ein anderer Teil der Russen, welche vermutlich insbesondere im Sicherheitsapparat und bei den Streitkräften vertreten sein dürfte, würde vermutlich gerne die Kriegsanstrengungen weiter verstärken. Wenn Putin mit den Westen / der Ukraine Frieden schliesst, dann wird vermutlich sich gezwungen sehen, zumindest einen Teil dieser Leute auszuschalten. Unmöglich ist das wahrscheinlich nicht, es benötigt aber Durchsetzungskraft. Irgendwie sehe ich da auf Putin ein Dilemma zukommen. Er wäre weder der erste Diktator, der sich trotz verlorenen Krieg behaupten kann (siehe Saddam), aber auch nicht der erste, der deshalb stürzt (griechische Junta, argentinische Junta, Milosevic (wenn auch letzterer nicht direkt, aber wurde dadurch geschwächt)).


Geschrieben von: Glorfindel 28. Dec 2022, 15:29

Ich erlaube mir, eine Antwort aus dem Thread "politische Ebene des Ukrainekrieges" hier geben:

ZITAT(Merowinger @ 28. Dec 2022, 15:09) *
Ich hoffe ihr hattet alle ein frohes Weihnachtsfest, inklusive einer WHQ low-ops Pause. biggrin.gif

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 10:36) *
Betreffend Verhandlungen bin ich auch sehr skeptisch. Ich glaube, man wird mit Russland Verhandlungen führen können, wenn es einsieht, dass es militärisch nicht mehr weiter kommt. Dann könnte erst dann der Fall sein, wenn die Ukraine mit Ausnahme der Krim sämtliche anderen besetzten Gebiete befreit hat.
Das ergibt wenig Sinn: Die russischen Verhandler der jetzigen Diktatur werden Gespräche dann wollen wenn sie mindestens noch einen (kleinen) Teil der Ukraine besetzt halten, aber absehrbar/wahrscheinlich ist, dass sie diese auch wieder verlieren könnten. Vielleicht geht die Ukraine darauf ein, vielleicht nicht. Sollte es hingegen einen innenpolitischen Umbruch geben, dann ist jede Spekulation jetzt reine Sternenkiekerei - es kann alles mögliche passieren, in beliebiger Reihenfolge.

Natürlich. Falls die Russen militärisch verlieren, werden sie sich möglicherweise bis zum Letzten am letzten Strohhalm festhalten, bis es zu spät ist. Bis dahin werden sie nicht ernsthaft verhandeln. Für Putin ist ein schlechter Krieg besser als ein schlechter Frieden. Bei ersterem kann er wenigstens den Hardlinern erzählen, man würde noch Krieg führen, bei zweitem verliert doch sein Gesicht.

Ich glaube, dass Russland nicht mehr in der Lage sein wird, nach einem allfälligen politischen Umbruch - von welcher Seite dieser auch immer kommt - den Krieg weiter zu führen. Die militärische, wirtschaftliche und politische Situation für die Russen ist angespannt. Wenn sich eine neue Regierung im Inland behaupten will, dann benötigt sie die Ressource im Inland und nicht in der Ukraine und gilt vermutlich sowohl für eine stark nationalistische Regierung wie auch für eine gemässigte. Das ganze Versagen wird man dann Putin in die Schuhe schieben können.

Geschrieben von: Merowinger 28. Dec 2022, 15:51

Den innenpolitischen Übergang stelle ich mir eher so wie in Kasachstan vor: Zuerst dezent, mit "dem Neuen" anfänglich mit Rückendeckung des halb zurückgezogenen Herrn P., dann gradueller Entzug der Machtbasis bis der gealterte P. reif für den richtigen Bruch bzw. nicht mehr massgeblich relevant ist.

P.S.: Putin hat auf dem Treffen der Staatschefs der ehemaligen SU übrigens 8 Ringe verteilt. Lukaschenko hat ihn gleich als erster angesteckt. Die Ukrainer wissen natürlich, wer den 9. Ring hat. tounge.gif

Geschrieben von: Broensen 28. Dec 2022, 15:57

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
Bewertung: Sehr unwahrscheinlich
Bewertung: Eher unwahrscheinlich
Bewertung: Eher wahrscheinlich
Bewertung: Nicht mehr völlig unwahrscheinlich
Bewertung: Extrem unwahrscheinlich
Bewertung: sehr unwahrscheinlich (kleinerer konventioneller Schlagabtausch bis extrem unwahrscheinlich (schlimmstes Szenario)
Bewertung: sehr unwahrscheinlich

Bewertung: sehr vorsichtig formuliert. wink.gif


Eine weitere Möglichkeit wäre die Abfolge mehrerer dieser Szenarien. Also bspw.
ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
Militärisch Pattsituation, Krieg geht weiter
Jahre später gefolgt von:
ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
Ende des Krieges durch Zusammenbruch Russlands im Inneren / Umsturz
Russland kann den Krieg aus innenpolitischen Gründen nicht mehr führen
- Volkserhebung infolge wirtschaftlichem Zusammenbruch oder infolge anderer Unzufriedenheit
- Ausbruch von Machtkämpfen nach dem Tode Putins

Geschrieben von: 400plus 28. Dec 2022, 16:18

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
Militärisch Pattsituation, Krieg geht weiter
Militärisch kommt es zu einer Pattsituation, die Kampfhandlungen gehen jedoch weiter.
Unterszenarien:
- Stellungskrieg, Einfrierung der Front
- leichte Geländegewinne für eine der beiden Kriegsparteien

Bewertung: Eher wahrscheinlich


Dieses Szenario halte ich auch für am wahrscheinlichsten, zumindest in den nächsten Monaten und vielleicht sogar Jahren. In der Tendenz sehe ich die Ukraine vorne und kann mir gut vorstellen, dass sie auch 2023 weitere Gebiete befreien kann, aber dass die Kraft für das "Militärischer Sieg"-Szenario reicht, glaube ich zumindest für den Zeitraum noch nicht. Die von Broensen skizzierte Abfolge halte ich insgesamt für am Wahrscheinlichsten, aber das kann durchaus Jahre dauern. Bisher tun sich in Putins Machtgefüge zumindest keine Risse auf.

Geschrieben von: Merowinger 28. Dec 2022, 16:29

Putin wird beweglich bleiben und mit der einen oder anderen Überraschung und schnellen Entscheidung aufwarten. Wie diese Entscheidungen für ihn ausgehen steht auf einem anderen Blatt. Das ist einer der Gründe warum hier valide Vorhersagen so schwierig sind. Ich glaube nicht, dass Putin sich über viele Jahre hinweg einen großen Stellungskrieg ohne Erfolge ans Bein binden wird, so tickt der nicht.

Geschrieben von: Glorfindel 28. Dec 2022, 16:38

Es gibt verschiedene mögliche Szenarien und in einem Viertel- oder Halbenjahr können sich die Wahrscheinlichkeiten der Szenarien geändert haben. Das von Vad geschielderte Szenario "Drei-Tage-Krieg" fällt wohl weg, auch der Precht-Varwick-Plan "Sofortiger Waffenstillstand" mit anschliessender Einfrierung des Konfliktes.

Persönlich glaube ich, dass der Ukrainekonflikt in dieser Art, wie er geführt wird nach ein bis zwei Jahre dauern wird und dass es der Ukraine gelingen wird, weitere Gebiete zurückzuerobern. Für eher möglich halte ich im Moment
- das Szenario "Korea", der Krieg dauert noch ein bis zwei Jahre und endet dann in einem Waffenstillstand mit den Frontlinien vom 24. Februar 2022 (Szenario Pattsituation gefolgt von Waffenstillstand)
- das Szenario "1917", Russland muss aufgrund der inneren Probleme die Kampfhandlungen einstellen und die Ukraine kann sämtliche Gebiete befreien (Szenario "Zusammenbruch von Russland")
- das Szenario "(weiss noch nicht, welchen Decknamen ich dem geben soll)", bei dem es der Ukraine gelingt, die Russen langsam aus allen von den Russen eroberten Gebieten zu drängen (Szenario "Militärischer Sieg der Ukraine")

Eine Einmischung der USA und oder NATO halte ich eher für unwahrscheinlich, am ehesten, wenn Russland eine taktische Nuklearwaffe einsetzt. Dann gehe ich davon aus, dass die USA versuchen werden, die russische Streitkräfte in der Ukraine, auf der Krim und im Schwarzen Meer aus der Luft anzugreifen.

Geschrieben von: Glorfindel 28. Dec 2022, 16:46

ZITAT(Merowinger @ 28. Dec 2022, 15:51) *
(...) Zuerst dezent, mit "dem Neuen" anfänglich mit Rückendeckung des halb zurückgezogenen Herrn P., dann gradueller Entzug der Machtbasis bis der gealterte P. (...)

Ich glaube nicht, dass Putin sich halb zurückziehen wird. Er wird sterben, entweder an einer Krankheit oder einem "Unfall" zum Opfer fallen oder aber, er geht ins Exil nach Dubai oder wohin auch immer.

ZITAT(Merowinger @ 28. Dec 2022, 16:29) *
(...) Ich glaube nicht, dass Putin sich über viele Jahre hinweg einen großen Stellungskrieg ohne Erfolge ans Bein binden wird, so tickt der nicht.

Das glaube ich auch nicht. Ich vermute, dass Putin in den nächsten ein bis zwei Jahren scheitern wird, wenn er nicht in der Lage ist, einer Verhandlungslösung zuzustimmen. Dafür müsste er aber über seinen Schatten springen. Ich halte ihn aber für angeschlagen und vermutlich auch für krank. Aber natürlich, es kann auch noch Überraschungen geben und völlig abschreiben würde ich ihn jetzt auch nicht. Ich vermute aber eher, dass Putin das Ende des Krieges nicht mehr erleben wird.

Geschrieben von: Madner Kami 28. Dec 2022, 17:04

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 16:46) *
ZITAT(Merowinger @ 28. Dec 2022, 15:51) *
(...) Zuerst dezent, mit "dem Neuen" anfänglich mit Rückendeckung des halb zurückgezogenen Herrn P., dann gradueller Entzug der Machtbasis bis der gealterte P. (...)

Ich glaube nicht, dass Putin sich halb zurückziehen wird. Er wird sterben, entweder an einer Krankheit oder einem "Unfall" zum Opfer fallen oder aber, er geht ins Exil nach Dubai oder wohin auch immer.


Dass Putin nicht in der Lage ist sich still zurück zu ziehen und eine graue Eminenz zu sein, hat man an der Tauschaktion mit Medwedev gesehen. Das ganze war der Versuch genau das zu machen, aber die Person Putin kann die Füße nicht still halten und muss vorne stehen.

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 16:46) *
ZITAT(Merowinger @ 28. Dec 2022, 16:29) *
(...) Ich glaube nicht, dass Putin sich über viele Jahre hinweg einen großen Stellungskrieg ohne Erfolge ans Bein binden wird, so tickt der nicht.

Das glaube ich auch nicht. Ich vermute, dass Putin in den nächsten ein bis zwei Jahren scheitern wird, wenn er nicht in der Lage ist, einer Verhandlungslösung zuzustimmen. Dafür müsste er aber über seinen Schatten springen. Ich halte ihn aber für angeschlagen und vermutlich auch für krank. Aber natürlich, es kann auch noch Überraschungen geben und völlig abschreiben würde ich ihn jetzt auch nicht. Ich vermute aber eher, dass Putin das Ende des Krieges nicht mehr erleben wird.


Denke ich auch. Die Frage ist, wann das System gegen ihn aufbegehrt. Hat er genug Yes-Men unter sich um bis zum Tod durchzuhalten oder oder wird er aus dem Spiel genommen und der Krieg endet ein paar Tage später mit einem Abkommen.

Geschrieben von: Scipio32 28. Dec 2022, 17:14

Worauf gründet ihr eure Annahme, dass es nach Putin besser wird oder zumindest der Krieg endet?

Kann es nicht auch sein, dass noch jemand schlommeres als Putin an die Macht kommt?

Geschrieben von: Madner Kami 28. Dec 2022, 17:18

ZITAT(Scipio32 @ 28. Dec 2022, 17:14) *
Worauf gründet ihr eure Annahme, dass es nach Putin besser wird oder zumindest der Krieg endet?

Kann es nicht auch sein, dass noch jemand schlommeres als Putin an die Macht kommt?


Wer denn? Ein designierter Nachfolger existiert nicht, denn ein Russland ohne Putin ist für Putin uninteressant. Russland hat eine Generation Diadochenkriege vor sich, die allesamt nach innen gerichtet sein werden, weil keine Konkurrenz von außen kommt und sich damit keiner auf den vollen Rückhalt des Militärs verlassen kann. Außenpolitische Abenteuer braucht daher keiner von denen, außer vielleicht agressiver Rethorik für die Moral. Im "besten" Fall erlebt Russland eine neue Runde Chruschtschow->Breschnew ->Andropow-> Tschernenko, also eine Abfolge an eher schwachen Konsenzkandidaten, die den Status Quo erhalten werden wollen, um nur ja nichts zu riskieren.
Auch eine Radikalisierung ala Hitler 1933 sehe ich eher nicht, weil die russische Bevölkerung selbst tödlich lethargisch zu sein scheint. Die ganze Politik Russlands basiert darauf, die Bevölkerung nur ja aus allem rauszuhalten. Seit Generationen. Das ist eine völlig andere Konstellation als das was Deutschland in den Zwischenkriegsjahren zu bieten hatte.

Geschrieben von: Sensei 28. Dec 2022, 17:34

Wo du bei den Vergleichen bist:

Ein IMO (in einigen Bereichen) ganz guter Vergleich dürfte hier der 1.Golfkrieg/Irak-Iran Krieg sein.

Hier hatte erst der Irak eine materielle Überlegenheit und konnte wesentliche Geländegewinne erzielen.
Der Iran wollte sich aber partou nicht ergeben und drängte, nach zwischenzeitlichem Stellungskrieg, den Irak unter großen Kraftanstrengungen zurück.

Frieden nach 8 Jahren des Kampfes in Verhandlungen und zum Status "quo ante bellum".


Geschrieben von: goschi 28. Dec 2022, 19:47

ZITAT(Merowinger @ 28. Dec 2022, 16:29) *
Putin wird beweglich bleiben und mit der einen oder anderen Überraschung und schnellen Entscheidung aufwarten. Wie diese Entscheidungen für ihn ausgehen steht auf einem anderen Blatt. Das ist einer der Gründe warum hier valide Vorhersagen so schwierig sind. Ich glaube nicht, dass Putin sich über viele Jahre hinweg einen großen Stellungskrieg ohne Erfolge ans Bein binden wird, so tickt der nicht.

Wo war Putin denn bisher beweglich?

Geschrieben von: Merowinger 28. Dec 2022, 19:56

Bei grünen Männchen, bei einem unerwarteten Überfall und bei Rückzügen.

Geschrieben von: Nite 28. Dec 2022, 21:20

ZITAT(Madner Kami @ 28. Dec 2022, 17:04) *
Dass Putin nicht in der Lage ist sich still zurück zu ziehen und eine graue Eminenz zu sein, hat man an der Tauschaktion mit Medwedev gesehen. Das ganze war der Versuch genau das zu machen, aber die Person Putin kann die Füße nicht still halten und muss vorne stehen.

Ich bezweifle dass das je der Plan war.

Geschrieben von: muckensen 29. Dec 2022, 06:32

Das österreichische Bundesheer bewertet die Gefahr als "hoch", so Sprecher Oberst Michael Bauer, dass der Krieg 2023 auf Moldau oder die baltischen Staaten übergreifen könnte. (https://www.krone.at/2891616) Vor einer militärischen Niederlage der Ukraine scheint mir diese Gefahr freilich überaus gering; man darf sich fragen, ob das Bundesheer hier nicht in den Köpfen in Wien die Botschaft zu platzieren sucht, dass man sich nicht auf den Schutz durch die NATO verlassen möge und zu mehr Autarkie zurückfinden müsse.

Geschrieben von: Sensei 29. Dec 2022, 09:46

Oder man schätzt dass Risiko einer richtigen Niederlage der Ukraine wirklich als hoch ein?

Aus den wehrtechnischen Kreisen Österreichs gibt es immer wieder... seltsame Zwischentöne.

Geschrieben von: Madner Kami 29. Dec 2022, 09:53

Ich glaube das schlimmste realistische Szenario im Moment dürfte sein, dass die Front einfriert. Eine Niederlage der Ukraine ist nicht abzusehen, solange der Westen unterstützt.

Geschrieben von: muckensen 29. Dec 2022, 10:15

ZITAT(Sensei @ 29. Dec 2022, 09:46) *
Aus den wehrtechnischen Kreisen Österreichs gibt es immer wieder... seltsame Zwischentöne.
Es kann natürlich sein, dass sich das Stimmungsbild in Österreich auch in den Köpfen der Heeresleitung bemerkbar macht. Von den im Parlament vertretenen Parteien stehen allein Grüne und NEOS vorbehaltlos auf Seiten der Ukraine, während die starke politische Rechte einen isolationistischen, EU-skeptischen Kurs befürwortet; besonders die FPÖ macht mit Putin-Verstehertum von sich reden. Und es ist nun mal wohl so, dass Soldaten tendenziell eher rechts als links der Mitte stehen. Außerdem kommt die NATO in Umfragen in Österreich immer sehr schlecht weg. Allein die Wähler der NEOS wollten in mehreren Umfragen im Laufe des Jahres den Schulterschluss mit der NATO suchen, wogegen FPÖ, SPÖ und Teile der ÖVP die Allianz für den Kriegsausbruch verantwortlich machen. Wenn man so eingestellt ist, tendiert man vielleicht schon unbewusst dazu, die Situation der Ukrainer düsterer darzustellen, als sie ist.

Geschrieben von: Sensei 29. Dec 2022, 10:33

@Madner Kami:

So ist es.

Putin hat sich selbst in eine Ecke gestellt und sitzt doch im selbst gegrabenen Loch.
Und anstatt raus zu klettern, gräbt er nur noch weiter.

Putin wird nur sehr schwer zu einem Friedensschluss zu bewegen sein.

-->
Die Folge ist sehr wahrscheinlich ein, mehr oder (eher weniger) eingefrorene Krieg.
Und dann geht es darum, wer sich in diesem Status besser aufbauen kann - vermutlich wird das die Ukraine mit fortwährenden Waffenlieferungen des Westens sein.

Eine aufgepumpte Armee wird aber auf beiden Seiten hohe wirtschaftliche und soziale Kosten verursachen. Und beide Seiten werden (in verschiedenem Maße) durch einen Abwärtstrend ihrer Staatswirtschaft belastet.


Wer hier länger durchhält, damit arrangieren kann, oder doch politisch oder wirtschaftlich zusammenbricht, ist noch nicht vorherzusagen.

Geschrieben von: Glorfindel 29. Dec 2022, 10:58

ZITAT(muckensen @ 29. Dec 2022, 06:32) *
Das österreichische Bundesheer bewertet die Gefahr als "hoch", so Sprecher Oberst Michael Bauer, dass der Krieg 2023 auf Moldau oder die baltischen Staaten übergreifen könnte. (https://www.krone.at/2891616) Vor einer militärischen Niederlage der Ukraine scheint mir diese Gefahr freilich überaus gering; man darf sich fragen, ob das Bundesheer hier nicht in den Köpfen in Wien die Botschaft zu platzieren sucht, dass man sich nicht auf den Schutz durch die NATO verlassen möge und zu mehr Autarkie zurückfinden müsse.

Wenn die Russen erfolgreich die Ukraine hätten besetzen können, dann hätte ich die Gefahr, dass der Krieg auf Moldawien übergreifen können, tatsächlich als sehr hoch eingestuft. Moldawien selber hätte sich in diesem Falle schwer alleine wehren können. Aufgrund mangelnder Landverbindung zu Moldawien müsste Russland die ganze Südukraine einnehmen, um Moldawien angreifen zu können. Das halte ich für wenig wahrscheinlich.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Krieg auf das Baltikum übergreift ist wohl ebenfalls sehr gering. Einerseits sind die russischen Truppen bereits in der Ukraine eigentlich überdehnt und bereits aus diesem Grund wird man keine weitere Front öffnen und andererseits scheint heute (anders als vor drei Jahren) auch für Russland klar zu sein, dass die NATO das Baltikum verteidigen wird.

Das ist jetzt OT: Das Bundesheer hat zwar einige sehenswerte Videos auf Youtube zum Ukrainekonflikt gestellt, ansonsten können die - ich möchte jetzt den Österreichern nicht zu nahe treten - eigentlich wenig, ausser grossartige Ankündigungen verbreiten. Die Streitkräfte sind mehr oder weniger Scheintot (z.B. die Flugabwehr: es sind für die 15, technischen kastrierten Eurofighter nur (nicht nachtkampffähige) 20 Iris-T vorhanden, dazu kommen maximal 24 35mm Oerklikon-Zwillingsgeschütze und rund 60 Mistral). Das Ganze schlägt sich vermutlich auch auf das Offizierskorps über. Die Armee ist schlecht ausgerüstet, sie hat imho kein gutes Selbstvertrauen und seit irgendwie gefühlten 180 Jahren sämtliche Kriege verloren, mit Ausnahme des Deutsch-Dänischen Krieges).

Geschrieben von: Scipio32 29. Dec 2022, 11:10

Selbst wenn die UA alle Kräfte der RA vertreiben bzw. zum Rückzug zwingen kann wird des meiner Ansicht nacht zu einem dauerhaften Grenzkonflikt mit Russland kommen. Ich sehe aktuell jedenfalls keinen Grund warum Russland den Beschuss in einem solchen Szenario einstellen wollen würde/ sollte.

Geschrieben von: Sensei 29. Dec 2022, 11:15

Weil (teilweise) Verhandlungslösung?

Z.b.
Ihr stellt den Beschuss ein.
Wir setzen die Hälfte der Sanktionen aus.

Mit dem Beschuss selbst erreicht Moskau ja auch nichts.
Bis darauf, den Konflikt lauwarm zu halten.

Geschrieben von: Glorfindel 29. Dec 2022, 11:40

Wenn die Russen den Krieg verlieren, dann muss irgendjemand das den Russen erklären. Das wird nicht Putin sein, sondern irgendjemand sonst:

"Schaut, wir haben den von Putin angefachten Krieg wegen ihm und ein paar anderen Dummköpfen verloren. Daran kann ich nichts mehr ändern, wir müssen jetzt nach vorne schauen"

Ich glaube eher nicht, dass Russland die Ukraine dann weiter beschiessen wird. Das macht überhaupt keinen Sinn.

Geschrieben von: T.Tournesol 29. Dec 2022, 13:34

ZITAT(Sensei @ 29. Dec 2022, 11:15) *
....
Mit dem Beschuss selbst erreicht Moskau ja auch nichts.
Bis darauf, den Konflikt lauwarm zu halten.

Mit einem fortgesetzten Beschuss der ukrainischen Infrastruktur / Stromversorgung kann Russland verhindern, dass die Ukraine wieder auf die Beine kommt.
Wenn ständig mit Luftangriffen zu rechnen ist, hat die Ukraine ein Problem, selbst wenn Russland die derzeit besetzen Gebiete nicht mehr direkt kontrolliert: Wiederaufbau kann nur mit ausländischer Hilfe funktionieren - wer investiert in Wiederaufbau, wenn man immer damit rechnen muss, wieder zerbombt zu werden? Ich kann mir das technisch zwar vorstellen, aber es dürfte deutlich teurer werden, die Ukraine "luftangriffsicher" wieder aufzubauen, als unter einigermaßen verlässlichen Friedensbedingungen. Sprich, die Unterstützung der Ukraine wird langfristig immer teurer und das ist sicherlich im Interesse Russlands.

(Selbst wenn Russland nicht mehr an aktuelle Mikroelektronik rankommt - für den Bau von Flugkörpern, die Kraftwerke oder Umspannwerke treffen, wird es schon reichen.)

Geschrieben von: NeWToN 29. Dec 2022, 14:09

ZITAT(T.Tournesol @ 29. Dec 2022, 13:34) *
ZITAT(Sensei @ 29. Dec 2022, 11:15) *
....
Mit dem Beschuss selbst erreicht Moskau ja auch nichts.
Bis darauf, den Konflikt lauwarm zu halten.

Mit einem fortgesetzten Beschuss der ukrainischen Infrastruktur / Stromversorgung kann Russland verhindern, dass die Ukraine wieder auf die Beine kommt.
Wenn ständig mit Luftangriffen zu rechnen ist, hat die Ukraine ein Problem, selbst wenn Russland die derzeit besetzen Gebiete nicht mehr direkt kontrolliert: Wiederaufbau kann nur mit ausländischer Hilfe funktionieren - wer investiert in Wiederaufbau, wenn man immer damit rechnen muss, wieder zerbombt zu werden? Ich kann mir das technisch zwar vorstellen, aber es dürfte deutlich teurer werden, die Ukraine "luftangriffsicher" wieder aufzubauen, als unter einigermaßen verlässlichen Friedensbedingungen. Sprich, die Unterstützung der Ukraine wird langfristig immer teurer und das ist sicherlich im Interesse Russlands.

(Selbst wenn Russland nicht mehr an aktuelle Mikroelektronik rankommt - für den Bau von Flugkörpern, die Kraftwerke oder Umspannwerke treffen, wird es schon reichen.)

Den Spieß kann die Ukraine aber auch umdrehen. Wie sie bereits bewiesen haben können sie auch Ziele weit hinter der Front treffen. Es ist eine Sache wen es ab und zu mal knallt. Wenn allerdings die Bodenstreitkräfte gewaltsam aus der Ukraine vertrieben werden und der Beschuss Grenznaher Städte anfangen sollte dan wird die Stimmung der Bevölkerung kippen. Warum steckt man so viel Geld und Personal ins Militär wen es dan doch in der Ukraine besiegt wird und selbst das eigene Land nicht schützen kann.
Im übrigen ist die Entscheidung das die HIMARS nicht gegen russisches Territorium eingesetzt werden auch nicht in Stein gemeißelt. Eskalationsdominanz ick hör dir tappsen biggrin.gif

Geschrieben von: Merowinger 29. Dec 2022, 14:11

ZITAT(NeWToN @ 29. Dec 2022, 14:09) *
Im übrigen ist die Entscheidung das die HIMARS nicht gegen russisches Territorium eingesetzt werden auch nicht in Stein gemeißelt.
Ist das nicht kürzlich von den USA kassiert worden? Oder war das nur eine Ankündigung?

Geschrieben von: NeWToN 29. Dec 2022, 14:12

ZITAT(Merowinger @ 29. Dec 2022, 14:11) *
ZITAT(NeWToN @ 29. Dec 2022, 14:09) *
Im übrigen ist die Entscheidung das die HIMARS nicht gegen russisches Territorium eingesetzt werden auch nicht in Stein gemeißelt.
Ist das nicht kürzlich von den USA kassiert worden? Oder war das nur eine Ankündigung?

Wäre mir neu und würde wohl auch ziemlich schnell ziemlich hohe Wellen schlagen.

Geschrieben von: Sensei 29. Dec 2022, 14:29

ZITAT(T.Tournesol @ 29. Dec 2022, 13:34) *
ZITAT(Sensei @ 29. Dec 2022, 11:15) *
....
Mit dem Beschuss selbst erreicht Moskau ja auch nichts.
Bis darauf, den Konflikt lauwarm zu halten.

Mit einem fortgesetzten Beschuss der ukrainischen Infrastruktur / Stromversorgung kann Russland verhindern, dass die Ukraine wieder auf die Beine kommt.
Wenn ständig mit Luftangriffen zu rechnen ist, hat die Ukraine ein Problem, selbst wenn Russland die derzeit besetzen Gebiete nicht mehr direkt kontrolliert: Wiederaufbau kann nur mit ausländischer Hilfe funktionieren - wer investiert in Wiederaufbau, wenn man immer damit rechnen muss, wieder zerbombt zu werden? Ich kann mir das technisch zwar vorstellen, aber es dürfte deutlich teurer werden, die Ukraine "luftangriffsicher" wieder aufzubauen, als unter einigermaßen verlässlichen Friedensbedingungen. Sprich, die Unterstützung der Ukraine wird langfristig immer teurer und das ist sicherlich im Interesse Russlands.

(Selbst wenn Russland nicht mehr an aktuelle Mikroelektronik rankommt - für den Bau von Flugkörpern, die Kraftwerke oder Umspannwerke treffen, wird es schon reichen.)


Es geht hier ja um die mittlere bis lange Frist.
Um die Jahre '24, '25 etc.

Klar, in einem komplett friedlichen Land wird lieber investiert als in einem mit eingefroren Konflikten.
Aber Russland wird erhebliche Probleme haben, wesentlichen strategischen Beschuss auf Dauer durchzuhalten.
Ru kann wohl gerade etwa 200-300 Kurzstreckenraketen und Marschflugkörper produzieren.
Damit bekämen sie pro Quartal einen größeren Angriff auf die Ukraine hin.

Das wäre kein soo große Behinderung der Wirtschaft mehr - insb. wenn die Reparaturfähigkeiten und die Luftverteidigung mit den Jahren besser werden.
Und Russland würde sich, mit der Zeit, in die Rolle einer größeren PLO hinstellen.

Ich weiß nicht, ob sich Russland auf Dauer dort sehen möchte.

Geschrieben von: Sumu 29. Dec 2022, 15:50

Russland wird den Konflikt nicht auf Dauer einfrieren können. Das hat mit den kleinen Grenzgebieten geklappt, aber nicht mit einem Gegner wie der Ukraine. Der Preis den Russland für das einfrieren es Konfliktes bezahlen muss ist die andauernde internationale Isolierung und das wird die Bevölkerung nicht auf die Dauer mittragen. Es ist ein Riesenunerschied vorübergehend zu verzichten oder auf absehbare Zeit aus der ersten in die dritte Welt zu Wechsel und nichts was Russland erzielen kann könnte diesen Preis wert sein. Spätestens wenn Russland weitgehend aus der Ukraine rausgeflogen ist wird es sich bewegen müssen und zwar substantiell.

Geschrieben von: Stefan Kotsch 29. Dec 2022, 15:57

ZITAT(Sumu @ 28. Dec 2022, 15:50) *
... die andauernde internationale Isolierung und das wird die Bevölkerung nicht auf die Dauer mittragen....

Da würde ich nicht drauf wetten.

Geschrieben von: Merowinger 29. Dec 2022, 15:57

ZITAT(Stefan Kotsch @ 29. Dec 2022, 15:57) *
Da würde ich nicht drauf wetten.
Dito, zumal die Isolation nur etwa die halbe Welt betrifft.
ZITAT(Sumu @ 29. Dec 2022, 15:50) *
Russland wird den Konflikt nicht auf Dauer einfrieren können.
Da gehe ich mit, die Fronten sind zu lang. Was schon geht, ist als Schulhofbully den Nachbarn regelmäßig zu verkloppen - mit Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern. Diese Masche trägt aber auch nicht unendlich lange, denn die Ukraine und ihre Partner geben sich dem nicht einfach hin.

Geschrieben von: Glorfindel 29. Dec 2022, 16:35

Entgegen einiger Anderer gehe ich im Moment davon aus, dass wenn Putin in nächster Zeit stirbt oder sonst wie aus dem Amt entfernt wird, es früher oder etwas später zu innenpolitischen Verwerfungen kommen wird, welche es den Russen verunmöglicht, den Krieg in der Ukraine weiter zu führen. Niemand kann im Moment z.B. sagen, wer den der Nachfolger von Putin sein wird. Werden dann Wahlen abgehalten? Kommt ein neuer Führer?

Im Weiteren halte ich es auch für möglich, dass es innerhalb der Armee irgendwann zu Meutereien kommen könnte. Auch dies dürfte das Weiterführen des Krieges sehr schwierig machen.

Schliesslich halte ich es für möglich, dass zumindest Teile der russischen Armee, welche in der Ukraine stehen, so mittels Kettenreaktion zusammenbrechen, dass die Ukrainer grössere Gebiete innert kurzer Zeit zurückerobern können.

Natürlich ist es auch möglich, dass die Russen infolge fortgesetzten Mobilisierungen den Vormarsch der Ukrainer stoppen können und sogar noch weitere Gebiete besetzen. Dass wäre dann nicht so gut und würde bedeuten, dass der Krieg im Moment einfach weiter geht.

Geschrieben von: 400plus 29. Dec 2022, 16:46

ZITAT(Glorfindel @ 29. Dec 2022, 16:35) *
Entgegen einiger Anderer gehe ich im Moment davon aus, dass wenn Putin in nächster Zeit stirbt oder sonst wie aus dem Amt entfernt wird, es früher oder etwas später zu innenpolitischen Verwerfungen kommen wird, welche es den Russen verunmöglicht, den Krieg in der Ukraine weiter zu führen.


Das sehe ich auch so, ich halte es aber für recht unwahrscheinlich, dass Putin in den nächsten 1-2 Jahren stirbt oder aus dem Amt entfernt wird.

Geschrieben von: Nite 29. Dec 2022, 18:21

ZITAT(Glorfindel @ 29. Dec 2022, 10:58) *
Das ist jetzt OT: Das Bundesheer hat zwar einige sehenswerte Videos auf Youtube zum Ukrainekonflikt gestellt, ansonsten können die - ich möchte jetzt den Österreichern nicht zu nahe treten - eigentlich wenig, ausser grossartige Ankündigungen verbreiten. Die Streitkräfte sind mehr oder weniger Scheintot (z.B. die Flugabwehr: es sind für die 15, technischen kastrierten Eurofighter nur (nicht nachtkampffähige) 20 Iris-T vorhanden, dazu kommen maximal 24 35mm Oerklikon-Zwillingsgeschütze und rund 60 Mistral). Das Ganze schlägt sich vermutlich auch auf das Offizierskorps über. Die Armee ist schlecht ausgerüstet, sie hat imho kein gutes Selbstvertrauen und seit irgendwie gefühlten 180 Jahren sämtliche Kriege verloren, mit Ausnahme des Deutsch-Dänischen Krieges).

Beim ÖBH scheinen Theorie und Praxis weit auseinander zu klaffen.
Was die Österreicher auf der intellektuellen Ebene produzieren ist zumindest weitaus hochwertiger als alles was die Bw veröffentlicht.

Geschrieben von: Slavomir 29. Dec 2022, 20:15

ZITAT(NeWToN @ 29. Dec 2022, 14:09) *
Wenn allerdings die Bodenstreitkräfte gewaltsam aus der Ukraine vertrieben werden und der Beschuss Grenznaher Städte anfangen sollte dan wird die Stimmung der Bevölkerung kippen.

Nein, wird sie nicht. Russland ist da, wo viele der Russen es sehen wollen, belagertes Bollwerk, umring von Feinden, stolz, unbeugsam und bereit für ein hartes leben voller Entbehrungen und einfacher Freuden.
Nicht umsonst appelieren jetzt die Propagandisten and die Fähigkeit der Russen zu leiden und das leben für das Vaterland zu geben. Harte Männer, geduldsame Frauen, weiser Anführer. Absolut regressive Gesellschaft (nicht die ganze, vielleicht auch nicht die Mehrheit, die Menge, die da aber mitschwimmt, ist aber beängstigend)

Ein Land mit so viel Potential in 20 völlig kaputt zu machen. Reife Leistung.

Geschrieben von: Malefiz 29. Dec 2022, 20:21

ZITAT(400plus @ 29. Dec 2022, 16:46) *
ZITAT(Glorfindel @ 29. Dec 2022, 16:35) *
Entgegen einiger Anderer gehe ich im Moment davon aus, dass wenn Putin in nächster Zeit stirbt oder sonst wie aus dem Amt entfernt wird, es früher oder etwas später zu innenpolitischen Verwerfungen kommen wird, welche es den Russen verunmöglicht, den Krieg in der Ukraine weiter zu führen.


Das sehe ich auch so, ich halte es aber für recht unwahrscheinlich, dass Putin in den nächsten 1-2 Jahren stirbt oder aus dem Amt entfernt wird.


Politischer Mord gehört in Russland aktuell offensichtlich zum Alltag. Früher oder später werden sich hochrangige Leute in Politik, Militär oder Geheimdienst fragen, ob sie das Risiko demnächst aus dem Fenster zu fallen noch tragen wollen. Und dann ist es durchaus möglich, dass Putin derjenige ist, der aus dem Fenster fällt.

Geschrieben von: Stefan Kotsch 29. Dec 2022, 20:44

ZITAT(Malefiz @ 28. Dec 2022, 20:21) *
...
Politischer Mord gehört in Russland aktuell offensichtlich zum Alltag. Früher oder später werden sich hochrangige Leute in Politik, Militär oder Geheimdienst fragen, ob sie das Risiko demnächst aus dem Fenster zu fallen noch tragen wollen.

Es wird laufen wie es schon immer lief. Nicht erst seit Stalins Zeiten waren die Richter von heute die Erschossenen von morgen. Wer gerade oben schwimmt, versucht ALLES um oben zu bleiben, auch gegen die eigenen Mitkämpfer. Der Blick ist dabei fest an den Vorgesetzten geheftet. Und wenn irgendwann der Erfolg ausbleibt, kräht kein Hahn nach dem Untergegangenen. Der Nachfolger wird ALLES versuchen um oben zu bleiben. ...

Geschrieben von: Merowinger 2. Jan 2023, 13:50

https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-news-am-montag-kiews-militaer-meldet-abschuss-von-39-iranischen-drohnen-a-7a6dd7f0-bf64-41c4-b334-1ae8cd2abdc6:

ZITAT
»Ich rechne im Frühsommer mit einem Stillstand, an dem beide Seiten sagen: Jetzt bringt es nichts mehr«, sagte Domröse den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Damit rechne er in der Zeit zwischen Februar und Mai. Im Anschluss könne verhandelt werden. »Wir werden im Verlauf des Jahres 2023 einen Waffenstillstand haben«, mutmaßte Domröse. Eine Lösung müsse für beide Seiten akzeptabel sein, sagte Domröse - »auch wenn Putin eigentlich gern die gesamte Ukraine hätte und Selenskyj die gesamte Ukraine wieder befreien möchte«. Der Ex-General schlug vor, »dass Selenskyj auf die Forderung verzichtet, Gebiete wie die Krim sofort wieder in die Ukraine einzugliedern - man könnte einen Übergang vereinbaren«.
[...]
Der Russland- und Sicherheitsexperte András Rácz von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sagte, es sei unwahrscheinlich, dass Russland einen intensiven Krieg auch vor oder während der 2024 anstehenden Präsidentschaftswahl führen möchte. Er erwarte, dass Russland deshalb im Lauf des Jahres die Intensität der Kämpfe verringern wolle. »Auch, weil sich im Sommer die Nachschubprobleme der russischen Armee verstärken dürften.«
Gustav Gressel hingegen rechnet mit Krieg bis 2024.

Geschrieben von: Brünnhilde 3. Jan 2023, 18:42

Um zu prognostizieren, wann und wie der Krieg zu Ende geht, muss man verstehen, warum er begann.

Meine These: Der Krieg ist nicht Mittel zum Zweck, sondern er ist der Zweck selbst.

Es geht nicht um die Wiederherstellung irgendeiner russischen Größe, nicht um Heim-ins-Reich, nicht um Schutz vor der NATO und nicht um Angst vor der Demokratie.

Es geht einzig um die Ausübung von Gewalt.

Putin liebt Gewalt in allen Spielarten.

Natürlich übt er nur so viel Gewalt aus, dass seine eigene Herrschaft nicht gefährdet ist.

Das bedeutet, der Krieg endet, wenn
a) Putin genug Gewalt ausgelebt hat und
b) er eine Exit-Strategie sieht bei der er an der Macht bleiben kann.

a) dürfte schon jetzt erreicht sein. Aber b) dürfte nur zu erreichen sein, wenn er die Krim behalten kann.

Geschrieben von: Forodir 3. Jan 2023, 18:52

ZITAT(Brünnhilde @ 3. Jan 2023, 18:42) *
Um zu prognostizieren, wann und wie der Krieg zu Ende geht, muss man verstehen, warum er begann.

Meine These: Der Krieg ist nicht Mittel zum Zweck, sondern er ist der Zweck selbst.

Es geht nicht um die Wiederherstellung irgendeiner russischen Größe, nicht um Heim-ins-Reich, nicht um Schutz vor der NATO und nicht um Angst vor der Demokratie.

Es geht einzig um die Ausübung von Gewalt.

Putin liebt Gewalt in allen Spielarten.

Natürlich übt er nur so viel Gewalt aus, dass seine eigene Herrschaft nicht gefährdet ist.

Das bedeutet, der Krieg endet, wenn
a) Putin genug Gewalt ausgelebt hat und
b) er eine Exit-Strategie sieht bei der er an der Macht bleiben kann.

a) dürfte schon jetzt erreicht sein. Aber b) dürfte nur zu erreichen sein, wenn er die Krim behalten kann.


Das halte ich jetzt wiederum auch für eine Simplifizierung und rückt Putin schon in die nähe eines Comic vilains. Aus der russischen Seite heraus gibt es sehr wohl "rationelle" Gründe diesen Krieg anzufangen, unter anderem der anfängliche Glaube, dass man wie 2014 den Erfolg schnell hätte einfahren können.
All die Punkte, die du hier angegeben hast, werden den Entschluss zum Krieg herbeigeführt haben, vielleicht sogar die Aussicht auf das eigene Ende und der Versuch sein Lebenswerk zu beenden.

Geschrieben von: Sensei 3. Jan 2023, 18:58

Oder, kurz:

Wer einen langen Krieg und viel Gewalt will, plant eben keinen! 3-Tages-Krieg.

Den Krieg, den Putin jetzt hat, hat er mit Sicherheit nicht gewollt.

Geschrieben von: Brünnhilde 3. Jan 2023, 19:17

ZITAT(Forodir @ 3. Jan 2023, 19:52) *
Aus der russischen Seite heraus gibt es sehr wohl "rationelle" Gründe diesen Krieg anzufangen, unter anderem der anfängliche Glaube, dass man wie 2014 den Erfolg schnell hätte einfahren können.


Der Glaube an einen Sieg ist doch kein rationaler Grund einen Krieg anzufangen.

Dieser Grund ist zutiefst irrational.

ZITAT(Sensei @ 3. Jan 2023, 19:58) *
Den Krieg, den Putin jetzt hat, hat er mit Sicherheit nicht gewollt.


Zustimmung.

Er wollte kurze und heftige Gewalt, insb. gegen bestimmte Personen.

Und jetzt geht`s ihm wie dem Zauberlehrling.

Geschrieben von: goschi 3. Jan 2023, 19:40

ZITAT(Brünnhilde @ 3. Jan 2023, 19:17) *
Der Glaube an einen Sieg ist doch kein rationaler Grund einen Krieg anzufangen.

es dürfte der häufigste Grund überhaupt für einen Krieg sein wink.gif

Geschrieben von: Forodir 3. Jan 2023, 19:53

ZITAT(Brünnhilde @ 3. Jan 2023, 19:17) *
ZITAT(Forodir @ 3. Jan 2023, 19:52) *
Aus der russischen Seite heraus gibt es sehr wohl "rationelle" Gründe diesen Krieg anzufangen, unter anderem der anfängliche Glaube, dass man wie 2014 den Erfolg schnell hätte einfahren können.


Der Glaube an einen Sieg ist doch kein rationaler Grund einen Krieg anzufangen.

Dieser Grund ist zutiefst irrational.



Du kennst aber schon den Effekt der https://de.wikipedia.org/wiki/Rationalisierung_(Psychologie) .

Abgesehen davon ist das natürlich rational, ein Krieg, den ich gewinne und der mich meinem Ziel näher bringt oder erfüllen läßt kann natürlich eine rationelle Entscheidung sein. Den die Entscheidung für den Krieg steht ja nicht an erster Stelle, du gehst davon aus das Putin einfach Gewalt wollte, das halte ich für falsch/oberflächlich. Er hatte seine Gründe (keine guten, ohne Frage).
Ebenfalls gehst du davon aus, dass Krieg per se nicht rationell ist, also dass man niemals einen Krieg als wünschenswert sieht. Das ist aber eben nicht immer der Fall, den offensichtlich verteidigt sich die Ukraine trotz aller Widrigkeiten.



Geschrieben von: Merowinger 3. Jan 2023, 20:23

Es gibt Analysten die sagen, Putin und seine engsten Vertrauten würden es nach Rache für den Zerfall der Sowjetunion verlangen. Kann sein, kann nicht sein. Eigentlich waren und sind wir schon lange über den Punkt hinaus, wo es darum geht sich einen Kopf um die Funktionsweise des Kopfes vom Diktator im Kreml zu machen. Es ist keine gute Idee sich erneut dieser Aufgabe hinzugeben.

Geschrieben von: Brünnhilde 3. Jan 2023, 22:38

ZITAT(Merowinger @ 3. Jan 2023, 21:23) *
Eigentlich waren und sind wir schon lange über den Punkt hinaus, wo es darum geht sich einen Kopf um die Funktionsweise des Kopfes vom Diktator im Kreml zu machen.


@Glorfindels Thread beschäftigt sich mit der Frage wie der Ukraine-Krieg wohl zu Ende gehen wird.

Und diese Frage wird hauptsächlich davon beeinflusst, was Putin überhaupt will.

Mich erinnert dieser Krieg eher an die Vergewaltigung einer Nation als an einen Krieg.

Vermutlich wird auch das Ende des Krieges dazu passen.




Geschrieben von: Scipio32 3. Jan 2023, 22:51

Und noch ein Beitrag eines Oberst a.D., den fand ich aber ganz vernünftig und er geht auch auf Szenarien eines möglichen Verlaufs des Krieges ein. Deshalb stelle ich den Beitrag hier ein.

ZITAT
Der Krieg in der Ukraine dauert weiter an und beide Seiten verzeichnen Verluste. In den vergangenen Tagen musste aber vor allem Russland herbe Rückschläge hinnehmen. So auch bei einem Angriff auf die von Russland besetzte Stadt Makijiwka in der Silvesternacht: 63 tote Rekruten – es ist der größte Verlust an Menschenleben bei einem Angriff, den Russland seit Beginn seiner Invasion im Februar 2022 eingeräumt hat. Die tatsächliche Opferzahl könnte deutlich höher liegen. Das ukrainische Verteidigungsministerium spricht von bis zu 400 getöteten russischen Soldaten. Zusätzlich seien 300 verletzt worden. In Russland wächst die Kritik an der Militärführung.

Auch ein Durchbruch des russischen Militärs nahe der umkämpften Stadt Bachmut in der Ostukraine ist laut Einschätzungen des britischen Geheimdienstes vorerst unwahrscheinlich. Einige Militär-Experten schließen nicht aus, dass es im Laufe des Jahres zu einem Waffenstillstand kommen könnte.

Wie lange kann Putin noch Krieg führen? Wird Russland zum Waffenstillstand gezwungen? ZDFheute live spricht dazu mit Oberst a.D. Wolfgang Richter und ZDF-Reporter Timm Kröger in der Ukraine. Seid dabei, stellt eure Fragen und diskutiert mit um 19:30 Uhr bei ZDFheute live!


Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=BcJTcduYlKM

Geschrieben von: Merowinger 3. Jan 2023, 23:05

ZITAT(Brünnhilde @ 3. Jan 2023, 22:38) *
Und diese Frage wird hauptsächlich davon beeinflusst, was Putin überhaupt will.
Das was er jetzt will hat sich wahrscheinlich im Vergleich zum Überfall im Februar 2022 mehr als einmal deutlich verändert, bedingt durch die Misserfolge und Rückzüge. Da sich die Frage - mit dem Kreml als geschlossenem System - weiterhin nicht beantworten läßt, ist es sinnvoller sich nach der militärischen und politischen Lage und den Potentialen zu richten, dem "was ist". Wenn man postuliert, dass die russischen Truppen die Ukraine zu verlassen haben (oder: Status Quo Januar 2022), dann ist das die Richtschnur, und nicht was Putin wollen könnte oder nicht wollen könnte.

Geschrieben von: Glorfindel 4. Jan 2023, 12:08

Krieg hat vermutlich meistens etwas irrationales, weshalb er oft schwer zu begründen ist. Putin hatte rational eigentlich alles, was er brauchte. Wenn er aber davon ausgeht, dass Russland ohne die Ukraine wie ein Körper ist, dem ein Arm fehlt und er deshalb und weil er allenfalls von einer wiederhergestellten Sowjetunion träumt in die Ukraine einmarschiert, dann lässt sich zwar der Gedankenschritt nachvollziehen, er bleibt aber irrational aus diversen Gründen. Was dazu kommt: russisches Handeln in den letzten zehn, fünfzehn Jahren war sehr oft einfach destruktiv, Putin hat kein politische Idee, kein politisches Programm, er hat kein eigentliches Konzept. Die Verwendung des Buchstaben "Z" als Zeichen, welchen es im kyrillischen Alphabet nicht einmal gibt und welcher keinerlei innere Bedeutung aufweist, stehen geradezu beispielhaft für die Sinnlosigkeit des russischen Handelns. Russland wurde bekannt durch Trollfabriken, Cyberangriffe, (versuchte) Wahlmanipulationen, RT-Verschwörungs-Propaganda, Krieg in Georgien, Syrien, Libyen, im Donbass usw. Das ist alles destruktiv. Die Chinesen bauen wenigstens noch Häfen, Bahnlinien, Autobahnen usw. Russland macht einfach kaputt. Das ist schon irgendwie sinnlos und zieht sich bis in die Kriegsführung hinein. Von dem her verstehe ich, wenn man keinen tieferen Sinn in den Handlungen Putins sieht.

Natürlich hat sich Putin die "militärische Spezialoperation" anders vorgestellt. Eine rascher Einmarsch, kurze Kampfhandlungen um ein paar "unverbesserliche Extremisten" zu beseitigen, rasche Beruhigung und Übergang zu polizeilichen Vorgehen und Wiederherstellung der internationalen Beziehungen. Ganz sicher wollte er keinen längeren Krieg führen, sondern in die Ukraine rein, Regierung stürzen, Marionette einsetzen und Stabilität wieder herstellen.

Aber der Spruch: "einen Krieg anfangen ist einfach, ihn erfolgreich beenden nicht" trifft hier exemplarisch zu. Putin kann gar nicht so einfach raus, gerade weil der Einmarsch für die Russen ein eigentliches Destaster ist und die Ukrainer glauben, das ganze Land befreien zu können.

Geschrieben von: Madner Kami 4. Jan 2023, 12:35

ZITAT(Glorfindel @ 4. Jan 2023, 12:08) *
Putin hatte rational eigentlich alles, was er brauchte.


Das ist das, was ich niemals.verstehen werde. Russland hat wirklich alles. Es konnte in seinem Gebiet machen was es wollte. Rohstoffreichtum. Bindeglied zwischen Europa und Fernost. Keine realistische Bedrohung von außen. Eingebunden in die internationale Gemeinschaft, wirtschaftlich wie politisch viel Einfluss. Und was macht man damit? Nichts. Nachhaltig und absehbar alles an die Wand fahren und das nicht erst seit gestern. Russland könnte trotz der infrastrukturellen Herausforderungen eines der reichsten Länder der Welt sein...

Geschrieben von: PeterPetersen 4. Jan 2023, 13:00

ZITAT(Madner Kami @ 4. Jan 2023, 12:35) *
ZITAT(Glorfindel @ 4. Jan 2023, 12:08) *
Putin hatte rational eigentlich alles, was er brauchte.


Das ist das, was ich niemals.verstehen werde. Russland hat wirklich alles. Es konnte in seinem Gebiet machen was es wollte. Rohstoffreichtum. Bindeglied zwischen Europa und Fernost. Keine realistische Bedrohung von außen. Eingebunden in die internationale Gemeinschaft, wirtschaftlich wie politisch viel Einfluss. Und was macht man damit? Nichts. Nachhaltig und absehbar alles an die Wand fahren und das nicht erst seit gestern. Russland könnte trotz der infrastrukturellen Herausforderungen eines der reichsten Länder der Welt sein...


Rational ist hier die falsche Sichtweise. Russland wird absolut beherrscht von Putin und seinen Sidekicks. Sie lassen keine anderen Meinungen zu. Daher ist hier die emotionale Ebene dieser Leute ausschlaggebend. Anderes aktuelles Beispiel für sowas wäre die türkische Wirtschaftspolitik. Hier ist es auch egal das alle Experten sagen, dass die Türke den Leitzins erhöhen sollte. Erdogan ist (wohl hauptsächlich aus religiösen Gründen) überzeugt, dass Zinsen böse sind. Ende der Diskussion.

Für mich ähnelt der ganze Ukrainekonflikt der Story einer gescheiterten "Ehe". Die mal zwangsverheiratete braut hat festgestellt, dass sie ihren Ehemann nicht mehr liebt. Ein anderer kann ihr deutlich mehr bieten und ist auch bereit sie vernünftig zu behandeln. Der eifersüchtige und gewalttätige Ex fühlt sich in seiner Ehre gekränkt und fürchtet Gesichtsverlust. Er versucht die Ex zuerst mit Intrigen zurückzugewinnen, da er aber fundamental nichts interessantes zu bieten hat, führen seine Versuche zu noch größeren Entfremdung. Daher bleibt ihm nur noch die Gewalt. Ein Rationaler Mensch würde aus der Trennung Lehren ziehen und gucken was er besser machen könnte um wieder attraktiv zu werden. Ein eifersüchtiger Mensch wird aber von Emotionen geleitet. Wenn er auch noch zur Gewalt neigt, weil er sonst nichts kann, dann gute Nacht. So wie hier...

Geschrieben von: Brünnhilde 4. Jan 2023, 13:28

ZITAT(Glorfindel @ 4. Jan 2023, 13:08) *
Die Chinesen bauen wenigstens noch Häfen, Bahnlinien, Autobahnen usw. ...


Und sie führen keinen Krieg nach aussen.

Das mag auch daran liegen, dass - jedenfalls bisher - ein ZK die Geschicke des Landes lenkt. Und innerhalb eines ZK können sich Neigungen einzelner oder weniger nicht ohne weiteres durchsetzen.

ZITAT(PeterPetersen @ 4. Jan 2023, 14:00) *
Daher ist hier die emotionale Ebene dieser Leute ausschlaggebend.


Zustimmung.

Geschrieben von: Sensei 4. Jan 2023, 14:08

ZITAT
Und innerhalb eines ZK können sich Neigungen einzelner oder weniger nicht ohne weiteres durchsetzen.



o.O
Widerspruch.

(OT)
Das war eventuell, zwischendurch, mal so.

Aber Xi Jinping hat das ZK extrem gleichgeschaltet und auf eine Ein-Personen-Führung (+Klicke) umgestellt.
Die letzten Widerständler wurden doch erst demonstrativ beim großen Parteitag öffentlich abgeführt.
---
Dass China vielmehr nach innen als nach außen gerichtet ist, hat eher mit der Geschichte des Landes und seiner Verfasstheit zu tun.
China war sich die meiste Zeit des Bestehens selbst genug.

Geschrieben von: Slavomir 4. Jan 2023, 16:58

ZITAT(Glorfindel @ 4. Jan 2023, 12:08) *
Putin hat kein politische Idee, kein politisches Programm, er hat kein eigentliches Konzept.

Putinismus - Nationalismus mit Putins Gesicht und "Crony capitalism".

Geschrieben von: goschi 4. Jan 2023, 19:01

ZITAT(Slavomir @ 4. Jan 2023, 16:58) *
ZITAT(Glorfindel @ 4. Jan 2023, 12:08) *
Putin hat kein politische Idee, kein politisches Programm, er hat kein eigentliches Konzept.

Putinismus - Nationalismus mit Putins Gesicht und "Crony capitalism".

die Putinsche Ideologie ist die Kleptokratie.
Schlussendlich geht es nur darum Macht zu haben, sich und seine Gefährten maximal am Land zu bereichern und sich Status erkaufen.
Dazu ist man wohl schlicht der eigenen propaganda verfallen von Nationalismus und Übersuperduperigkeit.

Geschrieben von: Slavomir 5. Jan 2023, 19:11

ZITAT(goschi @ 4. Jan 2023, 19:01) *
die Putinsche Ideologie ist die Kleptokratie.
Schlussendlich geht es nur darum Macht zu haben, sich und seine Gefährten maximal am Land zu bereichern und sich Status erkaufen.
Dazu ist man wohl schlicht der eigenen propaganda verfallen von Nationalismus und Übersuperduperigkeit.

"Crony capitalism" eben.

Geschrieben von: Merowinger 5. Jan 2023, 22:14

Agil Rustamzadeh (Aserbaidschan) mit seiner Einschätzung:

ZITAT
The end of this war will come. At the latest, in the fall of 2023, the Russian Federation will lose any opportunities for military resistance. [...] Big wars like this, the departure of such a big player as Russia from the scene, of course, changes the geopolitical realities of our continent. The world will be stormy for another five to seven years after the end of the war until a new security system is established. [...]

Now the Ukrainian army with three to five brigades is ready to carry out tactical offensive operations within one to two weeks, but this is not enough. I believe that one of the reasons why Zelenskyy came to the United States was because you need a lot of weapons for a large-scale offensive in the south of the country. You need resources for at least ten Ukrainian brigades to be able to fight for a month or two, and these are ammunition depots, fuel depots, and all of this needs to be brought to Ukraine. The process is underway, but whether you have reached the level when you can afford to start these hostilities - I do not have enough facts to talk about it. [...]

You say that on the southern axis Ukraine needs a huge amount of ammunition to conduct counter-offensive operations. The latest international aid package includes a lot of Soviet-type ammunition. Is it enough?
It is still not enough - about five such packages are needed. The army has to fight for two months, and the package will be enough for a week, for example. Lack of ammunition is the only thing holding back your army. Precisely speaking, there is ammunition, but not enough of it. [...]

What factors should be in place for Ukraine to start operations to liberate Crimea?
I think I told you that it is necessary to enter Crimea carefully, otherwise you can get a tactical nuclear strike. I said that three or four months ago. Due to the fact that this war is stretching in time, the Russian leadership is getting used to failures, and the population of the country is getting used to defeats. Russia is now receiving strong blows in the economic plane: a drop in oil revenues, a drop in profits from all exports. The country is plunging into problems, and I hope that by spring, all the problems that will accumulate in the Russian Federation will allow Ukraine to enter Crimea without fear of tactical nuclear weapons being used. This strategy of slowly accustoming the enemy to defeat was right and proved to be correct.
https://english.nv.ua/nation/military-analyst-rustamzade-predicts-when-ukraine-will-liberate-crimea-when-war-will-end-50294769.html

Geschrieben von: Glorfindel 13. Jan 2023, 12:04

Vielleicht noch zur Behauptung, Kriege würden immer durch Verhandlungen beendet und nicht durch militärische Lösungen. Ich habe versuchte ein paar zwischenstaatliche Konflikte aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts aufzulisten mit dem jeweiligen Ausgang:

ZITAT
- Koreakrieg 1950 - 53 - Resultat: Waffenstillstand, geringfügige territoriale Änderungen (Nordkorea (Aggressor) verliert netto 3'900km2). Waffenstillstand nach militärischem Patt. Nord- und Südkorea entwickeln sich in völlig andere Richtungen weiter.
- Vietnamkrieg 1955 - 1975 - Resultat: militärischer Sieg von Nordvietnam, Wiedervereinigung von Vietnam, militärische Niederlage der USA
- Zweiter Indisch-Pakistanischer Krieg 1965 - Resultat: Waffenstillstand, keine territoriale Änderungen
- Sechs-Tage-Krieg 1968 - Resultat: militärischer Sieg Israels
- Bangladeschkrieg 1971 - Resultat: militärische Niederlage von Pakistan. Ostpakistan wird als Bangladesch unabhängig.
- Yom Kippurkrieg 1973 - Resultat: israelischer militärischer Sieg nach Anfangserfolgen Ägyptens. Jahre später schliessen Israel und Ägypten Frieden.
- türkische Invasion auf Zypern 1974 - Resultat: Militärischer Sieg der Türkei. Diese besetzt mehr als einen Drittel von Zypern. Sturz der griechischen Junta.
- Ogaden-Krieg 1977-1978 - Resultat: Somalia (Aggressor) verliert den Krieg, nachdem die Sowjetunion mit Verbündeten auf Seiten Äthiopiens eingreifen.
- Sino-vietnamesischer Krieg 1979 - Resultat: Status quo ante bellum, die VR China (Aggressor) scheitert damit, Vietnam den eigenen Willen aufzuzwingen.
- Sowjetisch-Afghanische Krieg 1979 - 1989 - Resultat: die Sowjetunion (Aggressor) muss sich zurückziehen, Beginn des innerafghanischen Bürgerkrieg
- Falklandkrieg 1982: Resultat: militärischer Niederlage von Argentinien (Aggressor), Rücktritt von General Galtieri, Ende 1983 endet auch die argentinische Militärdiktatur
- Iran-Irakkrieg 1980-1988 - Resultat: militärische Pattsituation, keine territoriale Änderungen
- Krieg um Berg Karabach 1988-94 - Resultat: militärische Niederlage von Aserbaidschan.
- Golfkrieg 1991 - Resultat: militärische Niederlage Iraks (Aggressor), Aufstände im Irak, Saddam Hussein kann sich aber halten


Wenn man diese Kriege so betrachtet, dann sieht man, dass die Kriege kaum durch Verhandlungen mit einem Interessenausgleich endeten, sondern entweder indem sich eine Partei militärisch siegte (z.B. Israelisch-Arabischen-Kriege oder der Falklandkrieg) oder aber, indem es zu einer militärischen Pattsituation kam ohne (grössere) territoriale Änderungen (z.B. Koreakrieg, 2. Indo-pakistanischer Krieg, Sino-vietnamesischer Krieg, Golfkrieg 1991). Wenn man sich diese Liste so ansieht, dann muss man sagen, dass gemäss Erfahrung es höchst unwahrscheinlich ist, dass der Ukrainekrieg mittels "Interessenausgleich" dauerhaft gelöst wird.

Rein aus der Vergangenheit der letzten 75 Jahre geschlossen, müsste man sagen, es sind folgende Szenarien für eine Kriegsende wahrscheinlich und zwar in dieser Reihenfolge:
- militärische Niederlage von Russland, die Ukraine gewinnt sämtliche Gebiete zurück. Russland bleibt aussenpolitisch entweder isoliert oder die Regierung Putin wird gestürzt.
- militärische Pattsituation mit Waffenstillstand: keine Territoriale Änderungen zur Zeit vor dem 24.2.2022
- militärischer Sieg Russlands: Russland gewinnt nebst der Krim weitere Gebiete in der Ost- und Südukraine dazu.

Ein von Aussen vermittelter Waffenstillstand muss zumindest aus den Erfahrungen der Vergangenheit als höchst unwahrscheinliches Szenario angesehen werden.

Geschrieben von: Madner Kami 13. Jan 2023, 12:17

Nicht nur unwahrscheinlich, sondern unmöglich. Ein Krieg wird so lange geführt werden, solange zumindest eine der beteiligten Parteien der Meinung ist, aus der Fortführung des Krieges einen Vorteil ziehen zu können. Und selbst wenn ein Frieden von "außen" kommt, dann steht dahinter die Bedrohung des militärischen oder wirtschaftlichen Einschreitens, also der Parteinahme einer dritten Partei. Sowieso auch völlig logisch. Einen Krieg beginnt man nicht, wenn man nicht vom Sieg überzeugt ist, also muss zuerst eine Situation herbeigeführt werden, in der der Agressor für ihn erkennbar nicht mehr gewinnen kann.

Kurzum, Friedenspolitik bedeutet, einen Krieg ungewinnbar zu machen.

Geschrieben von: muckensen 13. Jan 2023, 12:48

@Glorfindel
Und mit dem Vietnamkrieg findet sich sogar ein halbwegs aktuelles Beispiel für die militärische Niederlage einer Nuklearmacht gegen einen schwächeren Gegner, der Waffenhilfe einer rivalisierenden Nuklearmacht erhielt. Eigentlich erstaunlich, dass Varwick und Co., die ständig auf den Pfaden des Historizismus wandeln, sich an dieses für die Friedensbewegung so prägende Ereignis nicht erinnern wollen ...

Hast Du was dagegen, wenn ich Dich der Maischberger-Redaktion als Experte vorschlage? wink.gif

Geschrieben von: Brünnhilde 13. Jan 2023, 12:56

ZITAT(Glorfindel @ 13. Jan 2023, 12:04) *
Wenn man sich diese Liste so ansieht, dann muss man sagen, dass gemäss Erfahrung es höchst unwahrscheinlich ist, dass der Ukrainekrieg mittels "Interessenausgleich" dauerhaft gelöst wird.


Kommt darauf an, wie diese Erfahrungen gewichtet werden.

Wenn Deutsche anführen, Kriege würden (nur) durch Verhandlungen beendet, spielt eben das kollektive Trauma des Dreißigjährigen Krieges die entscheidende Rolle.

Nichts hat den deutschen Michel so geprägt wie diese Epoche.


Geschrieben von: Glorfindel 13. Jan 2023, 13:07

Die letzten grösseren Kriege mit deutscher Beteiligung wurden militärisch entschieden, der 2. Weltkrieg, der 1. Weltkrieg und der dt. frz. AKrieg von 1870/71.

Geschrieben von: goschi 13. Jan 2023, 13:15

den Vietnamkrieg 1975 verlor südvietnam, die USA als Kriegsteilnehmer waren da schon aus den Kampfhandlungen ausgeschieden und haben ihre Streitkräfte schon nahezu vollständig aus Vietnam zurückgezogen gehabt. (ähnlicher Verlauf wie in Afghanistan)

@Glorfindel, auch die Balkankriege, haben zwar als Bürgerkriege begonnen, liefen aber als Zwischenstaatliche Kriege weiter und endeten auch als solche und alle endeten entweder durch direkte Siege einer Kriegspartei (Kroatienkrieg) oder durch aktives Eingreifen und Drohung weiteren Eingreifens einer externen Partei (Bosnien-Krieg mit dem Camp David Abkommen und Kosovokrieg durch Einmarsch der KFOR-Kräfte in den Kosovo).

Kriege die effektiv diplomatisch gelöst wurden waren meistens lange Abnutzungskriege und/oder Bürgerkriege die dann mit Friedensabkommen, meistens forciert durch externe Mächte, zeitweise beigelegt wurden.

Geschrieben von: 400plus 13. Jan 2023, 13:16

Dass Kriege fast nur am Verhandlungstisch entschieden werden, ist halt auf einer gewissen Ebene auch eine Binse. Auch Frankreich 1871 und Deutschland 1918/19 hat verhandelt. Aber die Verhandlungsposition und- bereitschaft hing halt vom Kriegsverlauf ab...

Geschrieben von: ramke 13. Jan 2023, 13:24

Das hat doch alles schon Clausewitz festgestellt. Keine Ahnung, warum so einfache Basics bei denen so dermaßen abprallen.

Geschrieben von: Merowinger 13. Jan 2023, 13:30

ZITAT(400plus @ 13. Jan 2023, 13:16) *
Dass Kriege fast nur am Verhandlungstisch entschieden werden, ist halt auf einer gewissen Ebene auch eine Binse.
Absolut. Kiew kann Moskau nicht besetzen und regieren, geschweige denn das gesamte Russland, selbst wenn die russische Armee so weiter macht wie bisher. Irgendwann wird es irgendwelche Vereinbarungen geben. Das umgekehrte Szenario ist immerhin im Bereich des Machbaren.

Geschrieben von: muckensen 13. Jan 2023, 13:39

ZITAT(Merowinger @ 13. Jan 2023, 13:30) *
ZITAT(400plus @ 13. Jan 2023, 13:16) *
Dass Kriege fast nur am Verhandlungstisch entschieden werden, ist halt auf einer gewissen Ebene auch eine Binse.
Absolut. Kiew kann Moskau nicht besetzen und regieren, geschweige denn das gesamte Russland, selbst wenn die russische Armee so weiter macht wie bisher. Irgendwann wird es irgendwelche Vereinbarungen geben. Das umgekehrte Szenario ist immerhin im Bereich des Machbaren.
Aber die Ukraine muss Russland doch gar nicht besetzen, es genügt, den Status quo ante wiederherzustellen. Dass Russland in dem Falle zur sofortigen Gegenoffensive imstande wäre, ist kein Muss, und es spricht sogar viel dagegen.

Natürlich enden die meisten Kriege letztlich mit einer diplomatischen Übereinkunft, aber diese Tatsache darf nicht dazu missbraucht werden, von der Ukraine Verhandlungsbereitschaft zu fordern, bevor die militärische Lage es ihr ermöglicht, Verhandlungsbereitschaft zu zeigen.

Geschrieben von: Scipio32 13. Jan 2023, 14:05

Für mehr als die Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität würde die Ukraine mit Sicherheit auch keine Unterstützung bekommen.

Ich kann mir allerdings auch nur schwer vorstellen, dass Russland einer Vereinbarung zustimmt, die die territoriale Integrität der Ukraine beinhaltet aber wir werden sehen was kommt.

Geschrieben von: Glorfindel 13. Jan 2023, 14:13

ZITAT
@Glorfindel, auch die Balkankriege, haben zwar als Bürgerkriege begonnen, liefen aber als Zwischenstaatliche Kriege weiter und endeten auch als solche und alle endeten entweder durch direkte Siege einer Kriegspartei (Kroatienkrieg) oder durch aktives Eingreifen und Drohung weiteren Eingreifens einer externen Partei (Bosnien-Krieg mit dem Camp David Abkommen und Kosovokrieg durch Einmarsch der KFOR-Kräfte in den Kosovo).

Natürlich. Ich habe die Balkankriege bewusst weggelassen, weil sie etwas komplizierter sind, aber der kurze Krieg in Slowenien und der Krieg in Kroatien endeten durch klare Siege einer Partei und der Bosnienkrieg endete erst dann als die Serben - die ursprünglichen Aggressoren, soweit geschwächt waren, u.a. durch NATO-Luftschläge, aber auch die Aufrüstung der Kroaten und Bosnier, sowie durch den Wegfall der Krajna-Serben - dass sie einsehen mussten, dass sie nicht mehr gewinnen konnten. Man hat zuvor lange Zeit ergebnislos verhandelt und auch schon versucht, einen "Interessenausgleich" zu schaffen. Der Krieg im und um den Kosovo wurde durch die militärische Intervention der NATO beendet und der Krieg in Mazedonien wurde tatsächlich durch politische Verhandlungen gelöste, bevor er wirklich eskalierte. Es handelte sich hierbei um einen Bürgerkrieg und ich vermute, dass sich Bürgerkriege eher durch Verhandlungen lösen lassen. Das Problem dort ist ja meistens, dass die Nicht-Regierungspartei sich übergangen fühlen. Aber man muss zugeben, der Krieg in Mazedonien wurde durch Friedensverhandlungen beigelegt, welche teilweise auch von Aussen angeregt wurden. Mazedonien war allerdings - wie gesagt - eher ein Aufstand, hatte wenige bis keine zwischenstaatliche Berührungspunkte und der Konflikt forderte weit weniger Tote als die anderen Balkankriege.

Geschrieben von: Glorfindel 13. Jan 2023, 14:24

ZITAT(Scipio32 @ 13. Jan 2023, 14:05) *
Für mehr als die Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität würde die Ukraine mit Sicherheit auch keine Unterstützung bekommen.
(...)

Ich glaube, dass die Ukraine im Moment sich auch mit weniger zufrieden geben würde, z.B. dass die Krim und allenfalls auch der Donbass unter Internationale Verwaltung gestellt würde und dass erst in paar Jahren darüber entschieden würde, ob diese Gebiete wieder unter die Ukrainische Verwaltung gestellt würden. Ich sehe das Problem eher darin, dass Putin den Krieg gar nicht beenden kann, weil er sonst eingestehen müsste, dass die Kriegsziele nicht erreicht sind. Also führt er den Krieg einfach weiter.

Geschrieben von: 400plus 13. Jan 2023, 14:26

ZITAT(muckensen @ 13. Jan 2023, 13:39) *
Natürlich enden die meisten Kriege letztlich mit einer diplomatischen Übereinkunft, aber diese Tatsache darf nicht dazu missbraucht werden, von der Ukraine Verhandlungsbereitschaft zu fordern, bevor die militärische Lage es ihr ermöglicht, Verhandlungsbereitschaft zu zeigen.


Ja, mein Punkt ist ja gerade: Diese Tatsache sollte einfach überhaupt kein Argument sein, weil sie quasi nichts aussagt. (zumindest so lange Zelenski nicht "wir akzeptieren nichts außer der bedingungslosen Kapitulation Russlands" in den Äther haut)

Geschrieben von: Glorfindel 13. Jan 2023, 14:43

Die Kriege enden aber erst dann diplomatisch, wenn beide Parteien zur Einsicht gelangt sind, dass sie entweder nicht mehr siegen können (z.B. Iran-Irak-Krieg) oder dass es sich nicht mehr lohnt (Koreakrieg, Sino-Vietnamesischer Krieg). Viele Kriege wurden aber erst militärisch entschieden und dann machte man sich daran der Friedensstatus wieder herzustellen (Kosovokrieg, Falklandkrieg, Golfkrieg von 1991). Viele Kriege endeten aber mit einem Waffenstillstand und der Einstellung der Kampfhandlungen, ohne dass wirklich Frieden einkehrte (z.B. Sechstagekrieg). Einzelne Kriege führten auch zu dauerhaftem Frieden, aber erst ein paar Jahre später (Yom Kippur-Krieg in Bezug auf Israel und Ägypten).

Entgegen was z.B. Vad sagt, gibt es überhaupt keine Anzeichen, dass die russische Seite ein Interesse haben könnte, den Krieg einzustellen. Das zeigen meiner Meinung nach bereits die Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine, aber auch die innenpolitische Lage in Russland. Das sich Präsident Putin völlig verrechnet hat, ist derart offensichtlich, dass er - solange er noch irgendwie glaubt gewinnen zu können - einfach weiter macht. Er dürfte innenpolitisch stark angeschlagen sein und da gibt es durchaus Hardliner, die unbedingt den Krieg weiterführen wollen und bereit sind, Putin in den Rücken zu fallen, sollte dieser Zugeständnisse an die Ukraine machen (wie z.B. Rückzug auf die Positionen vom 24.2.2022).

Geschrieben von: Merowinger 13. Jan 2023, 16:57

ZITAT(Glorfindel @ 13. Jan 2023, 12:04) *
Ich habe versuchte ein paar zwischenstaatliche Konflikte aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts aufzulisten
Wolfgang Schreiber war auch fleissig und hat etwas ähnliches zusammengetragen:
https://twitter.com/Ce_Moll/status/1613301153118453768
https://wissenschaft-und-frieden.de/artikel/die-ukraine-wird-gewinnen/
ZITAT
Nach mittlerweile fünf Monaten Krieg1 infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und angesichts der bisherigen Verluste an Menschenleben stellt sich immer drängender die Frage: Wie kann dieser Krieg beendet werden? Dieser Beitrag versucht den Krieg in der Ukraine in die Erkenntnisse der Forschung zur Beendigung von Kriegen einzuordnen. Ein besonderes Augenmerk wird auf die bisher in diesem Krieg eingesetzten Mittel zur Beendigung (Sanktionen, Waffenlieferungen, diplomatischer Druck) gelegt.
[...]
Klassisch wurde bei Forschungen zu Kriegsbeendigungen zwischen zwei Typen unterschieden: Sieg beziehungsweise Niederlage einer Seite oder eine Verhandlungslösung, die formal in einem Friedensvertrag oder Waffenstillstand besiegelt wird. Von den 242 Kriegen, die laut AKUF-Datenbank seit dem Zweiten Weltkrieg beendet wurden, entfallen auf militärische Siege knapp 54 und auf Vereinbarungen etwa 43 Prozent der Kriegsbeendigungen.
Als Ergebnis der Erweiterung der UCDP-Datenbank um Kriegsbeendigungen wurde insbesondere die These aufgestellt, dass zwischen den beiden Grundtypen eine Verschiebung durch das Ende des Ost-West-Konflikts stattgefunden habe: Weniger militärische Entscheidungen und mehr Verhandlungslösungen. [...]

Faktoren bei der Beendigung von Kriegen 1945-2006

Militärische Situation 74,9 %
Militärische Überlegenheit 60,2 %
Pattsituation 12,8 %
Militärische Erfolge/Niederlagen 1,9 %
Direkte militärische Intervention 8,1 %
Indirekte Interventionen militärischer Art 17,1 %
Externer Druck 26,1 %
Politisch/wirtschaftliche Situation 18,5 %
Regierungswechsel 10,0 %
Heterogenität/Spaltung der Rebellen 14,2 %
Gefangennahme/Tod von Rebellenführern 3,8 %
Sonstiges 14,2 %

alle Nennungen 186,7 %

[...] Der wichtigste der nichtmilitärischen Faktoren ist Druck, der von Dritten auf eine oder alle Kriegsparteien in Form von intensiven diplomatischen Bemühungen oder Sanktionen ausgeübt wird. Insbesondere länger andauernde Kriege können die politische oder wirtschaftliche Situation eines Landes oder einer Region so stark beeinflussen, dass dies zu einer Kriegsbeendigung beiträgt. [...] Es muss an dieser Stelle deutlich gemahnt werden, dass auch schon King (1997) in seiner Studie für jeden der von ihm herausgearbeiteten Faktoren betonte, dass sie auch in die gegenteilige Richtung, also konflikteskalierend und kriegsverstetigend wirken können.
[...]
Kommen wir also zu den Faktoren, die NATO- und EU-Staaten derzeit als Mittel einsetzen. Da sind zunächst die indirekten militärischen Interventionen durch Waffenlieferungen für die Ukraine. Wie bereits oben bei der Erläuterung der Faktoren erwähnt, spielt dies für Kriegsbeendigungen vor allem dann eine positive Rolle, wenn diese Form der Unterstützung eingestellt wird. Waffenlieferungen führen im Gegenteil eher zu einer Verlängerung von Kriegen.
[...]
Insbesondere für die Erkenntnis, dass ein Krieg nicht zu gewinnen ist, brauchten Großmächte in der Regel lange: Dies galt für Vietnam ebenso wie für die Kriege sowohl der Sowjetunion als auch der USA in Afghanistan.

Geschrieben von: Madner Kami 13. Jan 2023, 17:24

ZITAT(Merowinger @ 13. Jan 2023, 16:57) *
Kommen wir also zu den Faktoren, die NATO- und EU-Staaten derzeit als Mittel einsetzen. Da sind zunächst die indirekten militärischen Interventionen durch Waffenlieferungen für die Ukraine. Wie bereits oben bei der Erläuterung der Faktoren erwähnt, spielt dies für Kriegsbeendigungen vor allem dann eine positive Rolle, wenn diese Form der Unterstützung eingestellt wird. Waffenlieferungen führen im Gegenteil eher zu einer Verlängerung von Kriegen.


Das ist keine wissenschaftliche Untersuchung, das ist schlicht Bullshit. Natürlich geht ein Krieg ganz schnell zu Ende, wenn man der unterlegenen Seite keine Waffen mehr liefert. Woran das nur liegen könnte? Für eine Million Euro Forschungsgelder schreibe ich gerne ein Paper, das Gründe dafür erforschen könnte wallbash.gif

ZITAT(Merowinger @ 13. Jan 2023, 16:57) *
Insbesondere für die Erkenntnis, dass ein Krieg nicht zu gewinnen ist, brauchten Großmächte in der Regel lange: Dies galt für Vietnam ebenso wie für die Kriege sowohl der Sowjetunion als auch der USA in Afghanistan.


Das liegt notwendig daran, dass die Großmacht nicht militärisch besiegt wird. Die Erkenntnis dass ein Krieg nicht zu gewinnen ist, kommt demjenigen der in der Hauptstadt des Feindes steht, aus offensichtlichen Gründen nicht so schnell.

Geschrieben von: Ta152 13. Jan 2023, 20:48

ZITAT(muckensen @ 13. Jan 2023, 13:39) *
< snip >

Natürlich enden die meisten Kriege letztlich mit einer diplomatischen Übereinkunft, aber diese Tatsache darf nicht dazu missbraucht werden, von der Ukraine Verhandlungsbereitschaft zu fordern, bevor die militärische Lage es ihr ermöglicht, Verhandlungsbereitschaft zu zeigen.


Verhandlungsbereitschaft fordere ich von der Ukraine, aber ich fordere aktuell praktisch keine Kompromissbereitschaft. Das der zweite Satzteil ist dabei das wichtige und solange Russland keine Kompromissbereitschaft zeigt sind die Verhandlungen bzw. Vorbereitungen der Verhandlung ziemlich kurz.

Geschrieben von: Ta152 13. Jan 2023, 20:54

ZITAT(Madner Kami @ 13. Jan 2023, 17:24) *
ZITAT(Merowinger @ 13. Jan 2023, 16:57) *
Kommen wir also zu den Faktoren, die NATO- und EU-Staaten derzeit als Mittel einsetzen. Da sind zunächst die indirekten militärischen Interventionen durch Waffenlieferungen für die Ukraine. Wie bereits oben bei der Erläuterung der Faktoren erwähnt, spielt dies für Kriegsbeendigungen vor allem dann eine positive Rolle, wenn diese Form der Unterstützung eingestellt wird. Waffenlieferungen führen im Gegenteil eher zu einer Verlängerung von Kriegen.


Das ist keine wissenschaftliche Untersuchung, das ist schlicht Bullshit. Natürlich geht ein Krieg ganz schnell zu Ende, wenn man der unterlegenen Seite keine Waffen mehr liefert. Woran das nur liegen könnte? Für eine Million Euro Forschungsgelder schreibe ich gerne ein Paper, das Gründe dafür erforschen könnte wallbash.gif

< snip >


Bei diesen sehr langen Kriegen war es meist so das beide Seiten ähnlich intensiv (da meist nachlagernd gesteuert) mit Waffenlieferungen unterstützt wurden.

Bei Ukraine/Russland sieht es dabei schlecht aus für Russland. Iran und Nord Korea sind von den Möglichkeiten absolut nicht mit USA und diversen weitern NATO Ländern vergleichbar. Der Westen ist vielleicht langsam, aber solange die Politische Unterstützung steht wird der Nachschub langfristig immer weiter steigen. Probematsch würde es höchsten werden wenn China auch anfangen würde zu liefern.

Geschrieben von: Merowinger 14. Jan 2023, 00:29

ZITAT(Ta152 @ 13. Jan 2023, 20:54) *
Probematsch würde es höchsten werden wenn China auch anfangen würde zu liefern.
Das will ich unterstreichen.

Geschrieben von: Scipio32 14. Jan 2023, 06:01

Indien könnte theoretisch auch noch passende Güter liefern.

Geschrieben von: Madner Kami 14. Jan 2023, 09:36

Könnten. Dass sie nach einem Jahr aber immernoch nichts geliefert haben, dürfte eine klare Aussage für die Zukunft sein. Keiner von beiden würde seine westlichen Wirtschaftsverbindungen riskieren, um einen Failed State zu unterstützen, der nicht unmittelbar angegriffen wird.

Geschrieben von: SailorGN 14. Jan 2023, 13:07

Das Problem für China ist, dass eine offene materielle Unterstützung russlands die eigenen strategischen Pläne behindert bzw. die USA und andere in ihren Bestrebungen zur Eindämmung Chinas bestärkt. Das kann China im Moment gar nicht gebrauchen, der Fallout des russischen Überfalls in Form des De-Invests in China durch USA et al. ist heftig genug... jetzt hat man Corona Tür und Tor geöffnet, was ebenfalls massive Folgen haben wird. China muss sich jetzt erstmal mit sich selbst befassen, Corona hat das Fenster für China bzgl. Taiwan geschlossen und der russe hat es noch zugenagelt. Im Grunde könnte Xi auch nen heftigen plot-twist durchziehen und putin fallen lassen... um einerseits den Westen als Markt und Geldgeber zu halten, andererseits zu sehen, was man an Spezereien aus dem russischen Kadaver in Fernost picken könnte.

Geschrieben von: Ta152 14. Jan 2023, 13:26

ZITAT(Scipio32 @ 14. Jan 2023, 06:01) *
Indien könnte theoretisch auch noch passende Güter liefern.


Aber auch eher nur LowTec, oder? So wirklich moderne Sachen stellen die nicht eigenständig her. Wenn dann vielleicht noch Sanktionen dazu komemn würden erst recht nicht.

Geschrieben von: ramke 18. Jan 2023, 09:51

Wenn man sich den offiziellen Twitter Account der Russischen Botschaft in Schweden anschaut, bemerkt man, dass die Krim zur Ukraine bereits wieder gehört.

Und das Kosovo ist ein eigenes unabhängiges Land. tounge.gif



https://abload.de/image.php?img=1234myfdx.jpg


Geschrieben von: 400plus 18. Jan 2023, 10:01

Die planen vielleicht schon ihren Asylantrag in Schweden biggrin.gif

Geschrieben von: Schwabo Elite 24. Jan 2023, 15:07

ZITAT(Scipio32 @ 14. Jan 2023, 06:01) *
Indien könnte theoretisch auch noch passende Güter liefern.


Jeder kann liefern. Indien würde aber Sanktionen auferlegt bekommen, die ihm sehr wehtun. Deren Agrarwirtschaft und anderen Sektoren würde es nicht guttun, wenn man sie von schweren Maschinen, Computerbauteilen und Edelsteinen bzw. -metallen abschneiden würde.

Geschrieben von: Merowinger 30. Jan 2023, 23:02

https://de.wikipedia.org/wiki/Ivan_Krastev bei SRF Kultur: Viele Kriege enden an der/durch die Wahlurne. 2024 sind in Russland Präsidentschaftswahlen, wo Putins Kandidatur in Frage gestellt werden könnte. Im November 2024 wird in den USA gewählt.
https://www.youtube.com/watch?v=3VAVFn107Jk

Geschrieben von: Madner Kami 30. Jan 2023, 23:07

ZITAT(Merowinger @ 30. Jan 2023, 23:02) *
https://de.wikipedia.org/wiki/Ivan_Krastev bei SRF Kultur: Viele Kriege enden an der/durch die Wahlurne. 2024 sind in Russland Präsidentschaftswahlen.
https://www.youtube.com/watch?v=3VAVFn107Jk


Du glaubst an freie, unmanipulierte Wahlen in Russland? confused.gif

Geschrieben von: Merowinger 30. Jan 2023, 23:10

Ivan Krastev sagt, dass unzufriedene Matchzirkel womöglich eine neuerliche Kandidatur von Putin nicht mehr tragen würden falls der Krieg nicht Erfolge zeitigt. Er nennt die 100 Mrd Sondervermögen übrigens mehr als eine Zeitenwende, nämlich "Identitätswechsel". (Korrekt wäre: Das SV ist die Reaktion auf die Zeitwende = den Angriff). Den Konflikt bezeichnet Krastev als "Krieg um Identität", Putin schreib er "Identitätspanik" zu.

N.B.: Ich bin nicht Ivan Krastev.

Geschrieben von: Fox2 1. Feb 2023, 02:02

ZITAT(Glorfindel @ 13. Jan 2023, 12:04) *
Wenn man diese Kriege so betrachtet, dann sieht man, dass die Kriege kaum durch Verhandlungen mit einem Interessenausgleich endeten, sondern entweder indem sich eine Partei militärisch siegte (z.B. Israelisch-Arabischen-Kriege oder der Falklandkrieg) oder aber, indem es zu einer militärischen Pattsituation kam ohne (grössere) territoriale Änderungen (z.B. Koreakrieg, 2. Indo-pakistanischer Krieg, Sino-vietnamesischer Krieg, Golfkrieg 1991).
Ich sehe aus deiner Auflistung nur, dass Kriege ohne militärischen Sieg beendet werden KÖNNEN, insbesondere bei kurzfristigen, militärischen Pattsituationen also ähnlich der derzeitigen Situation (keine militärische Pattsituation ist dauerhaft) und das ist doch das Entscheidende. Egal, was die Statistik dazu sagt.

Die Frage ist doch eher, wann für eine Partei nicht nur der Punkt eingetroffen ist, wann ein militärischer Sieg nicht mehr wahrscheinlich erscheint, sondern auch, wann sie nicht mehr von der Fortsetzung des Krieges profitiert. Und da sehe ich in der derzeitigen Situation das Problem.
ZITAT(Madner Kami @ 30. Jan 2023, 23:07) *
ZITAT(Merowinger @ 30. Jan 2023, 23:02) *
https://de.wikipedia.org/wiki/Ivan_Krastev bei SRF Kultur: Viele Kriege enden an der/durch die Wahlurne. 2024 sind in Russland Präsidentschaftswahlen.
https://www.youtube.com/watch?v=3VAVFn107Jk


Du glaubst an freie, unmanipulierte Wahlen in Russland? confused.gif
Du etwa in Deutschland? Nur die Spitze des Eisbergs: https://www.pressetext.com/news/forscher-finden-hinweise-auf-wahlmanipulation.html Habe mich die letzten Jahre nicht mehr damit beschäftigt und daher nichts Aktuelleres.

Geschrieben von: muckensen 1. Feb 2023, 02:37

ZITAT(Fox2 @ 1. Feb 2023, 02:02) *
Du etwa in Deutschland? Nur die Spitze des Eisbergs: https://www.pressetext.com/news/forscher-finden-hinweise-auf-wahlmanipulation.html Habe mich die letzten Jahre nicht mehr damit beschäftigt und daher nichts Aktuelleres.
Also, jetzt mal langsam, denn bald fängst Du hier von der "Demokratur" an. Jede menschliche Aktivität, auch das Abhalten einer Wahl, unterliegt dem menschlichen Makel – Irrtümern und Korruption. Natürlich kommt es auch in Deutschland bei Wahlen zu Unregelmäßigkeiten. Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, ob es zu Unregelmäßigkeiten in einem Ausmaß kommt, dass der Wählerwille bewusst verfälscht wird. Und das ist in Russland mit Sicherheit der Fall, in Deutschland mit Sicherheit nicht. Die Beweise dafür sind zahlreich und bestens dokumentiert. Übrigens: Als Wahlhelfer mehrerer Bundestags- und Landtagswahlen kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man in Deutschland eine Wahl in nennenswertem Umfang fälschen sollte. Da stehen zwanzig, dreißig Personen beim Auszählen auf engstem Raum beieinander, drängeln sich gegenseitig, weil sie ein Ergebnis abgeben müssen und endlich nach Hause wollen. Da ist nicht viel Raum für Einzelpersonen, Schindluder zu treiben, wenn nicht alle Wahlhelfer unter einer Decke stecken. Und das ist einer Demokratie eher nicht zu bewerkstelligen.

Geschrieben von: Giftpanscher 1. Feb 2023, 02:59

Achtung der Artikel spricht von Unregelmäßigkeiten/Manipulation das impliziert nicht zwangsweise eine gezielte großangelegte Wahlfälschung.
Wie muckensen schon geschrieben hat ist es in Deutschland schon recht schwierig eine Wahl zu fälschen.
Einflussnehmen ist dagegen eine andere Sache hier, mal eine Stimme für meine Partei statt für ihren Gegner und so weiter.
Das sind aber eher Taten von einzelnen.
Und man darf dabei nicht so dumm vorgehen und sich die Zahlen frei ausdenken.

Solltest du aber der Meinung sein in Deutschland würde in großem Stil Wahlfälschung betrieben, so möchte ich dich bitten zur nächsten Wahl als Wahlbeobachter zu gehen.
Das darf in Deutschland jeder machen und gerade machen es doch die wenigsten. (Gerade die Wahlfälschung schreienden nicht)

Geschrieben von: Sparta 1. Feb 2023, 07:40

Bestes Beispiel ist doch aktuell Berlin. Da hat man mit Anlauf die Wahl versaut, deswegen wird neu gewählt.

Geschrieben von: muckensen 1. Feb 2023, 08:40

Beispiel wofür? Was in Berlin geschehen ist, ist eine Schande, die gut zum desolaten Zustand der Stadt passt. Aber es ist nicht mit dem zu vergleichen, was in Russland in jeder Wahl seit mindestens 2008 geschehen ist. Und was sogar auf Überwachungskameras festgehalten wurde. Damals schon wurden Beobachter von den Wahlen ausgeschlossen; die Zahl der Wahlberechtigten vor dem Urnengang erhöht und danach wieder gesenkt; in Wahlstationen vor allem auf dem Land wurden leer abgegebene Wahlzettel von den Wahlhelfern am Fließband ausgefüllt; und in dutzenden Fällen wurde beobachtet, wie volle Wahlurnen weggeworfen und durch eigens angelieferte ersetzt wurden. Auch nach dem Wahlchaos in Berlin ist Deutschland ein Land, das freie und gerechte Wahlen abhält. Russland nicht. So sieht es jedenfalls die OSZE, deren Beobachter mit Einreiseverboten belegt wurden.

Geschrieben von: Glorfindel 1. Feb 2023, 08:41

ZITAT(Fox2 @ 1. Feb 2023, 02:02) *
ZITAT(Glorfindel @ 13. Jan 2023, 12:04) *
Wenn man diese Kriege so betrachtet, dann sieht man, dass die Kriege kaum durch Verhandlungen mit einem Interessenausgleich endeten, sondern entweder indem sich eine Partei militärisch siegte (z.B. Israelisch-Arabischen-Kriege oder der Falklandkrieg) oder aber, indem es zu einer militärischen Pattsituation kam ohne (grössere) territoriale Änderungen (z.B. Koreakrieg, 2. Indo-pakistanischer Krieg, Sino-vietnamesischer Krieg, Golfkrieg 1991).
Ich sehe aus deiner Auflistung nur, dass Kriege ohne militärischen Sieg beendet werden KÖNNEN, insbesondere bei kurzfristigen, militärischen Pattsituationen also ähnlich der derzeitigen Situation (keine militärische Pattsituation ist dauerhaft) und das ist doch das Entscheidende. Egal, was die Statistik dazu sagt.

Das ist richtig. Die Kriege wurden dann aber eigentlich immer ohne (grössere) territoriale Änderungen beendet (2. Indo-Pakistanischer Krieg, Yom-Kippurkrieg, Sino-Vietnamesischer Krieg, Golfkrieg). Dies bedeutet, es bestünde dann eine Möglichkeit auf einen Waffenstillstand, wenn die Russen auf die Gebiete vor vor dem 24.2.2022 zurückgedrängt sind.

Geschrieben von: Nite 1. Feb 2023, 08:43

ZITAT(Sparta @ 1. Feb 2023, 07:40) *
Bestes Beispiel ist doch aktuell Berlin. Da hat man mit Anlauf die Wahl versaut, deswegen wird neu gewählt.

Berlin ist allerdings auch ein Parabeispiel für Hanlon's Razor:
ZITAT
never attribute to malice that which is adequately explained by stupidity.

Geschrieben von: Glorfindel 1. Feb 2023, 08:55

Es gibt aus verschiedenen Gründen nie eine Demokratie in Reinform, das sieht man ja bereits an der Berechnungsweise der Sitze in den Parlamenten. Und klar, es gibt einfach Unfähigkeiten. Ich würde jetzt aber sagen, dass als allgemein anerkannt gilt, dass Deutschland eine (vollständige) Demokratie ist (bei allen noch vorhandenen Defiziten) und das Russland ein (mittlerweile stark) autoritäres Regime ist (zu diesem Ergebnis kommt auch der https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratieindex von The Economist). Vergleiche bieten sich deshalb zwischen Russland und Deutschland bezüglich dem Wert von Wahlen wenig an.




Geschrieben von: Fox2 2. Feb 2023, 01:11

ZITAT(Glorfindel @ 1. Feb 2023, 08:41) *
ZITAT(Fox2 @ 1. Feb 2023, 02:02) *
ZITAT(Glorfindel @ 13. Jan 2023, 12:04) *
Wenn man diese Kriege so betrachtet, dann sieht man, dass die Kriege kaum durch Verhandlungen mit einem Interessenausgleich endeten, sondern entweder indem sich eine Partei militärisch siegte (z.B. Israelisch-Arabischen-Kriege oder der Falklandkrieg) oder aber, indem es zu einer militärischen Pattsituation kam ohne (grössere) territoriale Änderungen (z.B. Koreakrieg, 2. Indo-pakistanischer Krieg, Sino-vietnamesischer Krieg, Golfkrieg 1991).
Ich sehe aus deiner Auflistung nur, dass Kriege ohne militärischen Sieg beendet werden KÖNNEN, insbesondere bei kurzfristigen, militärischen Pattsituationen also ähnlich der derzeitigen Situation (keine militärische Pattsituation ist dauerhaft) und das ist doch das Entscheidende. Egal, was die Statistik dazu sagt.

Das ist richtig. Die Kriege wurden dann aber eigentlich immer ohne (grössere) territoriale Änderungen beendet (2. Indo-Pakistanischer Krieg, Yom-Kippurkrieg, Sino-Vietnamesischer Krieg, Golfkrieg). Dies bedeutet, es bestünde dann eine Möglichkeit auf einen Waffenstillstand, wenn die Russen auf die Gebiete vor vor dem 24.2.2022 zurückgedrängt sind.
Hinzu kommt jedoch, dass die ukrainischen Grenzen auch vor dem 24.02.22 nicht in allen Punkten klar definiert waren hinsichtlich Kultur, Verwaltung, Zugehörigkeit des eingesetzten Militärs. Beispiel Krim oder Donbass. Daher ist die Verhandlung um diese Teile so schwierig. Daher denke ich nicht, dass für Verhandlungen eine Zurückdrängung der russischen Truppen erforderlich ist.

Geschrieben von: goschi 2. Feb 2023, 01:34

ZITAT(Fox2 @ 2. Feb 2023, 01:11) *
ZITAT(Glorfindel @ 1. Feb 2023, 08:41) *
ZITAT(Fox2 @ 1. Feb 2023, 02:02) *
ZITAT(Glorfindel @ 13. Jan 2023, 12:04) *
Wenn man diese Kriege so betrachtet, dann sieht man, dass die Kriege kaum durch Verhandlungen mit einem Interessenausgleich endeten, sondern entweder indem sich eine Partei militärisch siegte (z.B. Israelisch-Arabischen-Kriege oder der Falklandkrieg) oder aber, indem es zu einer militärischen Pattsituation kam ohne (grössere) territoriale Änderungen (z.B. Koreakrieg, 2. Indo-pakistanischer Krieg, Sino-vietnamesischer Krieg, Golfkrieg 1991).
Ich sehe aus deiner Auflistung nur, dass Kriege ohne militärischen Sieg beendet werden KÖNNEN, insbesondere bei kurzfristigen, militärischen Pattsituationen also ähnlich der derzeitigen Situation (keine militärische Pattsituation ist dauerhaft) und das ist doch das Entscheidende. Egal, was die Statistik dazu sagt.

Das ist richtig. Die Kriege wurden dann aber eigentlich immer ohne (grössere) territoriale Änderungen beendet (2. Indo-Pakistanischer Krieg, Yom-Kippurkrieg, Sino-Vietnamesischer Krieg, Golfkrieg). Dies bedeutet, es bestünde dann eine Möglichkeit auf einen Waffenstillstand, wenn die Russen auf die Gebiete vor vor dem 24.2.2022 zurückgedrängt sind.
Hinzu kommt jedoch, dass die ukrainischen Grenzen auch vor dem 24.02.22 nicht in allen Punkten klar definiert waren hinsichtlich Kultur, Verwaltung, Zugehörigkeit des eingesetzten Militärs. Beispiel Krim oder Donbass. Daher ist die Verhandlung um diese Teile so schwierig. Daher denke ich nicht, dass für Verhandlungen eine Zurückdrängung der russischen Truppen erforderlich ist.

Was?

Natürlich waren die Grenzen klar definiert.

ie kommst du denn auf diesen Trichter?

Geschrieben von: General Failure 2. Feb 2023, 02:27

ZITAT(goschi @ 2. Feb 2023, 01:34) *
Was?

Natürlich waren die Grenzen klar definiert.

ie kommst du denn auf diesen Trichter?

Ich nehme mal an, er meint unter anderem den Unterschied zwischen de facto und de jure. De jure waren die Grenzen klar, de facto war die Ukraine nicht in der Lage, auf einem Teil ihres Staatsgebiets die Staatsgewalt auszuüben. (Und manche Winkeladvokaten werden argumentieren, daß diese Gebiete ja nach den "Referenden" auch de jure gar nicht mehr Teil der Ukraine waren.) Das ist ein Grundproblem des Völkerrechts - da es auf internationaler Ebene kein funktionierendes Gewaltmonopol gibt, ist "Recht" dort gelegentlich am Ende auch einfach mal das, was ein Akteur mit Gewalt durchzusetzen vermag, und das "wirkliche" Recht das Papier nicht wert, auf dem es verbrieft wurde.

(Edit: in Anbetracht auch einiger anderer Einlassungen des Users ist diese meine Interpretation vermutlich etwas zu wohlwollend, ich lass das jetzt aber trotzdem mal so stehen.)

Geschrieben von: goschi 2. Feb 2023, 02:33

das de facto war aber eine Besetzung durch einen aggressiven, invasiven nachbarn, das wusste damals jeder und das ist heute zweifelsfrei belegt.
Niemand sprach 1940-1945 von "nicht klar definiertem französischen Staatsgebiet" oder ähnlichem, eine feindliche Besetzung ändert nichts daran.

Das Staatsgebiet der ukraine ist durch mehrere Abkommen, die meisten davon mit der Soqjetunion und ihrem Rechtsnachfolger Russland sehr klar definiert und auch wenn es Seitens Russland etwas Unzufriedenheit betreffend der Krim gab (eigentlich nicht wirklich, die kam erst in den 2010ern durch staatliche russische Propaganda wirklich auf, der geregelte Status Quo stellte eigentlich alle zufrieden), waren die Staatsgrenzen bis zum 20. Februar 2014 absolut nie angezweifelt und dieser Stichtag gilt bis Heute.

Geschrieben von: Glorfindel 16. Feb 2023, 10:52

Der Spiegel hat möglicherweise hier mitgelesen (auch wenn es dem Artikel etwas an Stringenz mangelt und er imho teilweise banal ist):

ZITAT
Szenario 1: Die Ukraine gewinnt den Krieg

(...)Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Ukraine den Krieg militärisch für sich entscheiden kann. Doch dieses Ziel haben ihre amerikanischen und viele westeuropäischen Unterstützer bisher nicht eindeutig ausgegeben – und wenn sie es erreichen wollten, müssten sie deutlich mehr an Unterstützung liefern.

Szenario 2: Russland gewinnt den Krieg

(...) Putin hat wiederholt die Existenz der Ukraine als eigene Nation bestritten; sein Ziel scheint weniger die Eroberung einzelner Gebiete als vielmehr die vollständige politische Kontrolle über die Ukraine zu sein – ein abhängiger Satellitenstaat wie Belarus.

Ein Sieg in der Ukraine hätte für Putin immer einen bitteren Beigeschmack. Selbst wenn sich das offizielle Kiew einem Zwangsfrieden unterwerfen würde, würden Partisanen und Saboteure den Besatzern das Leben schwer machen. Es ist unvorstellbar, dass die Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer Putins willige Untertanen wären.

Der eigenen Bevölkerung könnte der russische Autokrat indes auch kleinere Erfolge als Sieg präsentieren. Wenn es ihm und seinen Truppen gelingen sollte, die vier Gebiete Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja wieder komplett zu kontrollieren und eine Form der internationalen Anerkennung zu bekommen, könnte dies reichen, um innenpolitisch das Gesicht zu wahren. Doch selbst das wird sehr schwer. (...)

Szenario 3: Blutiger Stillstand (mit oder ohne Verhandlungen)

Ein Szenario wäre für Europa und die Ukraine wohl ähnlich unerfreulich wie ein russischer Sieg: ein teilweise eingefrorener Konflikt, eine klaffende Wunde in Europa mit täglichen Scharmützeln – ein Zustand, wie ihn die Ukraine seit 2014 im Osten des Landes schon kennt, nur diesmal in viel größerem Maßstab. (...)

Sollte es zu einem Waffenstillstandsabkommen kommen, wäre das Ergebnis vermutlich ein instabiles. (...) Ein weiteres Minsker Abkommen möchte niemand in der Ukraine schließen, sagt der ukrainische Politologe Fesenko, denn damit riskiere man einen nie endenden Krieg. Genau dieses Szenario könnte für Wladimir Putin jedoch das Verlockendste sein.

Was in jedem Fall bleibt: Wie soll man mit Putin umgehen?

Während alte europäische Imperialmächte wie Großbritannien oder Frankreich mehr oder weniger gut verwunden haben, dass sie ihren alten Einfluss eingebüßt haben, so scheint der imperiale Drang in Teilen der russischen Gesellschaft ungebrochen – und das liegt längst nicht nur an Putin.

Deswegen muss Europa sich darauf einstellen, dass an seiner östlichen Flanke langfristig eine feindlich gestimmte Macht steht. (...)

In vielerlei Hinsicht ist Putin unberechenbarer als die Sowjetführer der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Männer wie Leonid Breschnew führten Stellvertreterkriege in Asien und Afrika und rüsteten die Sowjetunion mit Atomraketen auf. Doch die Sowjetunion war in Europa eine Status-quo-Macht, Putins Russland hingegen will die Karte des alten Kontinents neu zeichnen.

Putin ist 70 Jahre alt, immer wieder gab es Gerüchte, der Kremlchef leide an Krebs. Aber verschwände mit Putin auch der Putinismus? »Auch ohne Putin gäbe es in Russland sehr wahrscheinlich eine autokratische Regierung, die von den Ressourcen des Landes lebt«, sagt die russische Politologin Ekaterina Schulmann (...) Der Krieg gegen die Ukraine, allerdings, könne eine private Obsession Putins sein, die von den russischen Eliten nur aus Opportunismus mitgetragen werde. Der Wahnsinn in Bezug auf die Ukraine werde wahrscheinlich mit der aktuellen Generation der Sicherheitsratsmitglieder enden, so glaubt Schulmann. (...)


Ich vermute, anders als dieser Artikel, dass es kein postputinisches imperiales Russland mehr geben wird und dass sich Russland grundlegend verändern wird.

Geschrieben von: Salzgraf 16. Feb 2023, 13:15

ZITAT(Glorfindel @ 16. Feb 2023, 10:52) *
Der Spiegel hat möglicherweise hier mitgelesen (auch wenn es dem Artikel etwas an Stringenz mangelt und er imho teilweise banal ist):

ZITAT

Was in jedem Fall bleibt: Wie soll man mit Putin umgehen?

Während alte europäische Imperialmächte wie Großbritannien oder Frankreich mehr oder weniger gut verwunden haben, dass sie ihren alten Einfluss eingebüßt haben, so scheint der imperiale Drang in Teilen der russischen Gesellschaft ungebrochen – und das liegt längst nicht nur an Putin.

Deswegen muss Europa sich darauf einstellen, dass an seiner östlichen Flanke langfristig eine feindlich gestimmte Macht steht. (...)

In vielerlei Hinsicht ist Putin unberechenbarer als die Sowjetführer der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Männer wie Leonid Breschnew führten Stellvertreterkriege in Asien und Afrika und rüsteten die Sowjetunion mit Atomraketen auf. Doch die Sowjetunion war in Europa eine Status-quo-Macht, Putins Russland hingegen will die Karte des alten Kontinents neu zeichnen.

Putin ist 70 Jahre alt, immer wieder gab es Gerüchte, der Kremlchef leide an Krebs. Aber verschwände mit Putin auch der Putinismus? »Auch ohne Putin gäbe es in Russland sehr wahrscheinlich eine autokratische Regierung, die von den Ressourcen des Landes lebt«, sagt die russische Politologin Ekaterina Schulmann (...) Der Krieg gegen die Ukraine, allerdings, könne eine private Obsession Putins sein, die von den russischen Eliten nur aus Opportunismus mitgetragen werde. Der Wahnsinn in Bezug auf die Ukraine werde wahrscheinlich mit der aktuellen Generation der Sicherheitsratsmitglieder enden, so glaubt Schulmann. (...)


Ich vermute, anders als dieser Artikel, dass es kein postputinisches imperiales Russland mehr geben wird und dass sich Russland grundlegend verändern wird.

Es gibt eine Herleitung, daß rohstoffreiche Länder dazu neigen Kleptokratien (Mafia-Staaten) zu werden.
In Kurzform: Die Gewinnung von Rohstoffen (einschl. Landwirtschaft ) und deren erste Veredlung benötigt nur wenige (keine) hochqualifizierten Fachkräfte und so können die Gewinne leicht durch Kleptokraten/Mafia abgeschöpft werden. Spezialisierte Industrie hängt von zuvielen Spezialisten und Lieferketten ab und da ist die Gewinnabschöpfung nicht so trivial.
Daher sehe ich, daß Rußland auch nach Putin ein Oligarchenland sein wird.Viele afrikanische Länder funktionier(t)en ähnlich: die alte Clique wird weggeputscht, dann funktioniert die neue nach dem alten System.

Geschrieben von: Scipio32 16. Feb 2023, 13:18

Das wird zum Beispiel als Ressourcenfluch oder holländische Krankheit bezeichnet.

Geschrieben von: Glorfindel 16. Feb 2023, 13:25

Es ging mir eher um das imperialistische, faschistoide Gehabe mit Paraden und Paradeuniformen, Sportpalast-Reden, etc. etc..


Geschrieben von: Glorfindel 1. Mar 2023, 15:19

Ich tue es einmal hier rein: Der Militärökonom Marcus Keupp von der Militärakademie an der ETH Zürich stellt die gewagte Prognose auf, dass Russland im Oktober den Krieg verloren haben wird:

ZITAT
Es ist nicht eine Frage, ob die Ukraine Russland besiegen wird, sondern wann. Russland hat den Krieg bereits strategisch verloren. (...)

Russland wird seine Reserven bald aufgebraucht haben, die Ukraine wird vom Westen unterstützt, und der hat den längeren Atem. Russlands Abnutzungsrate ist enorm hoch, höher als im Zweiten Weltkrieg. Pro Tag verliert Russland fünf Panzer und sechs Schützenpanzer. Es lässt sich einfach hochrechnen, wann Russland das Material ausgehen wird. (...)

Im Oktober dieses Jahres wird die Ukraine Russland besiegen. Es ist ein Mythos, dass Russland über unendliche Reserven verfügt. Hinzu kommt, dass viele Panzer-Crews gefallen sind. (...)

Technologisch wird Russland einen so grossen Rückschritt machen, der an eine Zeitreise erinnern wird. Russland wird zu einem Entwicklungsland. (...)

Derzeit werden die Kosten für den Aufbau der Ukraine auf 600 Milliarden Dollar geschätzt. Es wird keinen Friedensvertrag geben, und Russland wird nicht freiwillig zahlen. Daher werden die russischen Vermögen im Ausland beschlagnahmt.

https://www.handelszeitung.ch/bilanz/wie-bitte-militarokonom-marcus-keupp-russland-hat-den-krieg-verloren-569491

Sicherlich eine gewagte Prognose, da Russland versuchen wird, von irgendwoher noch Material zu bekommen, wenn es nicht in der Lage wäre, es selbst herzustellen. Auf der anderen Seite natürlich eine schöne Gegendarstellung zu General a.D. Vad, welcher behauptet, hat Russland habe fast unendlich militärische Ressourcen.

Geschrieben von: Merowinger 1. Mar 2023, 16:19

ZITAT(Glorfindel @ 1. Mar 2023, 15:19) *
Der Militärökonom Marcus Keupp von der Militärakademie an der ETH Zürich stellt die gewagte Prognose auf
Sowas macht er leider ständig, was dazu führt dass ich ihn nicht ernst nehme.

P.S.: Wikipedia sagt "Marcus Matthias Keupp (* 29. September 1977 in Freiburg im Breisgau) ist ein deutscher Militärökonom und Künstler."

Geschrieben von: Aconitum 1. Mar 2023, 17:32

ZITAT(Merowinger @ 1. Mar 2023, 17:19) *
ZITAT(Glorfindel @ 1. Mar 2023, 15:19) *
Der Militärökonom Marcus Keupp von der Militärakademie an der ETH Zürich stellt die gewagte Prognose auf
Sowas macht er leider ständig, was dazu führt dass ich ihn nicht ernst nehme.

P.S.: Wikipedia sagt "Marcus Matthias Keupp (* 29. September 1977 in Freiburg im Breisgau) ist ein deutscher Militärökonom und Künstler."


Nicht ernst nehmen ist natürlich jedem frei gestellt, diskredetieren einfach aufgrund einer Berufszuschreibung ist klar daneben. Inhaltliche Widerlegungen zu seinen Aussagen wären ernst zu nehmen.
Leute die einfach andere madig machen und nicht ihre Aussagen, nehme ich nicht ernst.

Außerdem ist Wikipedia auch nicht der Weisheit letzter Schluss, gerade auch die Deutsche.

Geschrieben von: Merowinger 1. Mar 2023, 17:35

Gerne liefere ich den Zusammenhang nach: Einem Künstler unterstelle ich einen (notwendigen) Geltungsdrang, und genau diesen vermute/empfinde ich ebenfalls auf seinem Gebiet der Militärökonomie. Das ist meine Wahrnehmung, YMMV.

Geschrieben von: dersutter 1. Mar 2023, 17:55

ZITAT
Russlands Abnutzungsrate ist enorm hoch, höher als im Zweiten Weltkrieg. Pro Tag verliert Russland fünf Panzer und sechs Schützenpanzer.


Ist das plausibel? Klingt irgendwie falsch...

edit: also die Abnutzungsrate > WK2

Geschrieben von: goschi 1. Mar 2023, 18:56

In Relation zu Bestand und Kapazität zum Neubau? Potentiell wirklich.

In absoluten Zahlen? Natürlich nicht, die Sowjetunion hat 20-40'000 Panzer pro Kriegsjahr verloren im 2. Weltkrieg.

Geschrieben von: muckensen 1. Mar 2023, 19:08

Also, diese Prognose ... Niemand kann wissen, ob die Attritionsrate von einem Dutzend Kampffahrzeugen pro Tag anhält; ob nicht der Iran und ggf. China Hilfe leistet; und so weiter, und so fort. Mit solchen Vorhersagen ist der Ukraine und ihrer Sache auch wenig gedient. Schon heute vor einem Jahr haben manche Medien unter Berufung auf Experten getitelt, dass Russland den Krieg bis zum Herbst verloren haben würde. Auch die Munition sollte Russland schon ein Dutzendmal ausgegangen sein, den Prognosen zufolge. Das weckt nur falsche Erwartungen, und in der Folge Misstrauen.

Geschrieben von: Glorfindel 1. Mar 2023, 20:35

Die Munition geht auch der Ukraine dauernd aus und auch die Niederlage der Ukraine ist eine Sache von Tagen. Es geht hier auch nicht darum, ob der Ukraine mit der Aussage gedient ist oder nicht. Klar ist aber, dass die beschränkten russischen Erfolgen mir dem massiven Verlust von Personal und Material erkauft werden. Ich glaube, dass die Aussagen durchaus einen wahren Kern haben und dass die Strategie der Ukraine genau darauf abzielt, möglichst grosse Verluste bei den Russen zu verursachen.

Geschrieben von: Aconitum 1. Mar 2023, 20:45


Da keiner was genaues weiß kann auch das Gegenteil möglich sein, also die Rate könnte auch steigen.

Wo sollen auch die erfahrenen ru. Panzerbesatzungen plötzlich her kommen? Was passiert konnte man ja in den drei Wochen Panzerschlacht um Vuhledar gut sehen, laut dem ukrainischem Militär hat RU da ca. 130 Panzer und Schützenpanzer verloren. Verschiedene Drohnenbeobachtungen zeigen sehr schön wie unerfahren manche russische Panzerbesatzungen agieren.

Drohnenterror, kaum noch Stromausfälle, die meisten Drohnen erreichen ihr Ziel gar nicht mehr. Der schlimmste Teil ist auch hier überstanden ohne das alles erfroren oder zusammengebrochen ist.
Der Frühling ist im Anmarsch.

Ja, Russland kann noch viele Soldaten mobilisieren, aber auch ausrüsten und ausbilden? Kann China es sich wirklich leisten mal eben 1000 Panzer nach Ru. zu schicken? Kleinwaffen und Mini sicher, aber Großgerät in erheblichem Umfang?

Geschrieben von: muckensen 2. Mar 2023, 10:47

ZITAT(Glorfindel @ 1. Mar 2023, 20:35) *
Es geht hier auch nicht darum, ob der Ukraine mit der Aussage gedient ist oder nicht.
Diesen Blickwinkel habe ich angelegt. Die Medien, politischen Entscheider und auch manche Wissenschaftler haben schon in der Corona-Krise den gleichen Fehler gemacht und immer ein rasches Ende in Aussicht gestellt. Das ist halt Gift für die öffentliche Meinung und Wasser auf die Mühlen der Wagenknecht-Fraktion. Bleibt das Versprochene zu oft aus, kippt die Stimmung und die Leute fangen an, Rattenfängern auf den Leim zu gehen, die ihnen die "Wahrheit" versprechen.

Geschrieben von: Arado-234 3. Mar 2023, 17:55

Wie geht der Krieg in der Ukraine aus. Oder besser ... um die Ukraine.

Wir vergessen besser auch nicht die Russenpropaganda die funktioniert sehr gut. Was da an Lügenmärchen und Blödsinn verzapft und geglaubt wird ist unfassbar.
Dazu kommt noch die liebe Frau Wagenknecht, die wie sie selbst sagt, lieber in der DDR leben würde. Dieses stalinistisch geschulte Weibsbild ist derzeit die größte Bombe bei uns.

Sowas macht das Leben den anderen Parteien schwer, das hat man auch in Vietnam gesehen, als die Presse da berichtete ging die Unterstützung verloren.

Geschrieben von: Glorfindel 27. Mar 2023, 23:45

Ich tue es einmal hier rein:

ZITAT(Holzkopp @ 27. Mar 2023, 22:59) *
https://www.nzz.ch/feuilleton/marcus-keupp-deswegen-sage-ich-russland-wird-den-krieg-im-oktober-verloren-haben-ld.1731488
(...)


ZITAT
Die Ukraine wird vermutlich von Saporischja via Melitopol an die Schwarzmeerküste vorstossen und so die Front in zwei Teile spalten. Mit einem Schwenk nach Westen könnten sie dann die russischen Verbände zwischen Melitopol und Nowa Kachowka einkesseln. Ausserdem könnte sie dann Himars-Raketensysteme an die Küste stellen und so die militärischen Installationen auf der Krim unter Beschuss nehmen sowie die Logistik unterbinden. Das wird dann der Moment sein, wo sich die russische Niederlage abzeichnet. Das ist meine Prognose. Deswegen habe ich auch gesagt: Russland wird den Krieg im Oktober militärisch verloren haben. Die militärische Lage wird vergleichbar sein mit 1944, als der europäische Krieg für die Achsenmächte verloren war. (...)

In der Frühjahrsoffensive werden wir Bilder von westlichen Leopard-2- und Challenger-2-Panzern sehen, die deutlich weiter als russische Panzer schiessen und diese daher aus der Ferne eliminieren können. Wenn Sie den Technologieboost bei den Ukrainern sowie die russische Verlustrate und die sich erschöpfenden Ressourcen zusammenrechnen, dann ist eigentlich gar kein anderer Verlauf denkbar als eine russische Niederlage.(...)

Die Atomwaffen sind eine psychologische Waffe, die Putin gezielt einsetzt. Vor allem in Deutschland wirkt das. Allein die Erwähnung erzeugt diesen typischen deutschen Angstdiskurs. (...) Jeder atomare Einsatz führt sofort zur Eskalation, auch in konventioneller Hinsicht. Putin kann daran kein Interesse haben. (...)

Ich habe mir das angeschaut und komme auf eine Zahl von ungefähr 3000 einsatzfähigen Panzern zum Zeitpunkt der Invasion 2022. Mehr kann da nicht sein. Denn wieso sollten die Russen nun Uraltmaterial wie T-62 und T-55 reaktivieren, wenn sie noch viel bessere Panzer in der Garage haben? (...)

Es ist kein Zufall, dass zurzeit in Moskau überall Luftverteidigungssysteme installiert werden. Das ist die Vorbereitung auf interne Auseinandersetzungen.

Russische Oligarchen oder Militärs könnten durchaus auf die Idee kommen, Putin mit ein paar zielgerichteten ballistischen Raketen auszuschalten und selbst die Macht zu übernehmen. Aber: Wenn Putin das verhindern will, müsste er die russischen Truppen aus der Ukraine abziehen, um die interne Stabilität seines Regimes gewaltsam zu sichern.

Zeitliche Aussagen kann ich nicht machen, aber der Stoss via Melitopol an die Scchwarzmeerküste mit anschliessender Isolierung der Krim sehe ich auch als Möglichkeit.

Geschrieben von: Holzkopp 28. Mar 2023, 00:04

Danke.

Ich habe gerade erst gesehen, dass der Autor ja hier in diesem Thread schon angesprochen wurde.

Passt in der Tat besser hier rein.

Seine Zeitprognosen und Einlassungen zu seiner Motivation finde ich etwas durchwachsen, die klare Ansage wie sehr sich Deutschland von Russland hat einlullen lassen jedoch notwendig deutlich.

Und einige wollen es immer noch nicht wahrhaben.

Geschrieben von: Merowinger 28. Mar 2023, 00:33

Abgabe des BW Geräts an die Ukraine: Hätte was. Aber abgesehen davon sorry, der Keupp http://www.whq-forum.de/invisionboard/index.php?showtopic=31046&pid=1490338&st=8190&# (Beitrag #8219). Und die Gegenrechnung, nämlich Kräfte und Kapazitäten der Ukraine, legt er rechnerisch gar nicht gegen die - rein OSINT basierten - Zahlen für Russland. Das ist schlicht unseriös und für einen Militärökonomen grob peinlich, abgesehen von einer Projektion mittels eines Durchschnittswertes der letzten 13 sehr wechselhaften Monate.

Geschrieben von: Glorfindel 28. Mar 2023, 00:36

Ich habe eher Zweifel betreffend der Reflexionsfähigkeit der deutschen (und auch andere) Politiker. Die völlige Katastrophe ist ausgeblieben.

ZITAT
Ich denke, in zwanzig Jahren werden wir mit Schrecken auf manche deutschen Politiker und die Regierungen Schröder und Merkel zurückschauen. Wir werden wohlig schaudern und sagen, zum Glück ist das noch mal gutgegangen.

Da bin ich mir nicht so sicher. Ich hoffe aber zumindest, dass man all die Varwicks, Guérots etc., d.h. jeden der fortgesetzt Putinpropafanda verbreitet hat, politisch und gesellschaftlich kaltstellen wird. Ich vermute aber schon, das zumindest die Historiker die Russland-Politik der Ära Merkel kritisch verachten werden. Zu einem anderen Ergebnis kann man ja fast nicht kommen.

Auf Vad angesprochen, meint er
ZITAT
Ich gehe davon aus, dass so manche Angehörige der früheren politischen und militärischen Eliten in Deutschland russischen Interessen zugearbeitet haben oder immer noch dafür lobbyieren.

Das sehen viele hier, mich eingeschlossen, gleich.

Geschrieben von: Salzgraf 28. Mar 2023, 14:06

verschiedene Menschen versuchen aus OSINT- Daten das Ende der russischen Panzerkräfte abzuschätzen:
https://twitter.com/Strien9/status/1640674235218624513
oder hier:
https://twitter.com/AlexvB___/status/1640056482405261313

Die Tendenz ist, daß es bei den aktuellen Raten bis zum 01.01.2024 knapp für die Russen werden kann.

(basierend auf Satellitenaufnahmen) auf englisch auf yt:
https://t.co/NOu8eCt4w4

Die Annahmen werden transparent dargestellt. Wer andere Abschätzungen für plausibel hält, kann sich seine eigenes Szenario basteln.

ähnliches Thema:
https://t.co/zdHAWh2DJW

Geschrieben von: ramke 28. Mar 2023, 14:23

Vielleicht sollten sie mal die Teilenummern analysieren wink.gif
https://de.wikipedia.org/wiki/German_tank_problem#%C3%84hnliche_Analysen

Geschrieben von: Merowinger 28. Mar 2023, 14:35

So interessant die Betrachtungen sind, aber das Ende des Kriegs anhand von Kampfpanzer abzuschätzen springt viel zu kurz: Jede Menge andere Waffensystem spielen eine wichtigere Rolle und werden nicht betrachtet. Nach meinem Verständnis waren zu Anfang des Krieges die OSINT Quellen (Oryx) und die öffentliche Datenlage deutlich besser als derzeit wo sich praktisch keine Zivilisten mehr in den Kampfzonen aufhalten. Zudem fokussieren alle auf Russland und legen die Trajektorien für die Ukraine selten bis gar nicht daneben. Schliesslich wird der Kreml und der russische Generalstab nicht von einem Saugroboter geführt, will sagen: Dort sind Menschen die rechnen und ihre Strategie der Lage und Perspektive entsprechend anpassen können. Und jedes Quartal verändert sich dieser Krieg. Mit einer zukünftigen Offensive der Ukraine und Russland in befestigten Stellungen in der Defensive würden die Zahlen drastisch kippen und jede Projektion ist für den A****.

Geschrieben von: Salzgraf 28. Mar 2023, 16:11

ZITAT(ramke @ 28. Mar 2023, 15:23) *
Vielleicht sollten sie mal die Teilenummern analysieren wink.gif
https://de.wikipedia.org/wiki/German_tank_problem#%C3%84hnliche_Analysen

funktioniert nicht, da keine laufende Produktion bzw. wenn alle aufgehübschten Panzer ein Gleichteil (z.B. Optik) bekommen, dann ja.

________
@mero:
natürlich ist das keine Naturwissenschaft. Aber solche Überlegungen können zu Entscheidungen zu den notwendigen Waffen, Einsatzszenarien etc. führen. Irgendwann werden wir die Veränderungen via telegram/twitter sehen.

--------------
zum Satellitenfoto-yt:
Er schätzt ab, daß vor dem Krieg etwa 6.000 Panzer "eingelagert" waren, wovon ca. 3.000 wieder kampffähig zu machen sind (ohne Beurteilung des Aufwandes).

und zum Aufwand: Die US Army rechnet mit 10 Mannstunden pro Monat um einen eingelagerten Panzer in Schuß zu halten.

Geschrieben von: Forodir 28. Mar 2023, 17:44

ZITAT(Merowinger @ 28. Mar 2023, 14:35) *
...... Mit einer zukünftigen Offensive der Ukraine und Russland in befestigten Stellungen in der Defensive würden die Zahlen drastisch kippen und jede Projektion ist für den A****.


Das Abschätzen von Einsatzwert und Kampfwert und daraus folgend die Projektion wie man ein Gefecht führt ist aber so ziemlich das A und O der Führungskunst und das macht man schon seit Jahrhunderten. Kein Plan überlebt den ersten Feindkontakt, aber nur ein richtig beschi.... Plan gibt mir keine Möglichkeiten zu reagieren, sonst müsste ich nämlich vorher gar nichts machen.

Die russischen Defensivstellungen sind nicht besonders gut ausgebaut, es fehlt offensichtlich an Reserven, um Verbände gemeinsam einzusetzen, was die Möglichkeiten von Gegenstößen extrem erschwert. Auch Artillerie ist nicht mehr in der Masse vorhanden wie zu Beginn.

Wenn die Ukrainer es schaffen eine mechanisierte Division aufzustellen und auch wirklich combined Arms einzusetzen, sehe ich da nicht viel, was die Russen ermöglichen könnte dagegenzuhalten.

Ergo, ich sehe da keine großartigen Möglichkeiten für die Russen da drastisch was zu ändern, wenn es den Ukrainern wieder gelingt die Front aufzubrechen und diesmal mit richtigen mech. Kräften durchzustoßen, wird das die Verlustrate der Russen noch weiter nach oben treiben, denn wenn ein Verband einmal läuft, wird er aufgerieben, wenn er sich nicht entziehen kann.

Geschrieben von: Merowinger 28. Mar 2023, 17:59

ZITAT(Forodir @ 28. Mar 2023, 18:44) *
Das Abschätzen von Einsatzwert und Kampfwert und daraus folgend die Projektion wie man ein Gefecht führt ist aber so ziemlich das A und O der Führungskunst und das macht man schon seit Jahrhunderten.
Klar, das gilt für die militärische Führung. Oben aber ging es um OSINT mit dem wichtigen Hinweis, dass die Erkenntnisse mit Zeitverzug eintreffen und Absichten nur schwer bis gar nicht zu erkennen sind. Das ist der Punkt meiner Kritik an Keupp der unzulässig suggeriert, er hätte die besten Daten und könnten deshalb die Welt erklären und vorhersagen. Geltungsbedürfnis trieft aus allen Ritzen ...

So, das soll jetzt aber auch von mir zu dem Herrn genügen.

Geschrieben von: RayTracer 28. Mar 2023, 18:13

ZITAT(Glorfindel @ 28. Mar 2023, 01:36) *
Da bin ich mir nicht so sicher. Ich hoffe aber zumindest, dass man all die Varwicks, Guérots etc., d.h. jeden der fortgesetzt Putinpropafanda verbreitet hat, politisch und gesellschaftlich kaltstellen wird. ,

Das hoffe ich auch. Aber ich glaube es nicht. "Sie haben sich vielleicht geirrt, aber ihre Motive waren lauter und wer für den Frieden ist, liegt nie völlig falsch" oder so. Das wir für "Die Öffentlichkeit" entschldbar sein.

ZITAT
Ich vermute aber schon, das zumindest die Historiker die Russland-Politik der Ära Merkel kritisch verachten werden. Zu einem anderen Ergebnis kann man ja fast nicht kommen.


Da bin bei dir. Ich denke auch, ein seriöser Historiker wird das in Zukunft nicht anders einordnen können.

Geschrieben von: Glorfindel 4. Apr 2023, 16:36

ich tue es einmal hier rein:

ZITAT(Merowinger @ 4. Apr 2023, 15:27) *
Keupp gießt https://www.youtube.com/watch?v=V7Xdqgwz_NQ Öl ins Feuer der Analystenbattle: Zu seiner Vorhersage für das Kriegsende im Oktober, sagt er "Es gibt durchaus einen Konsens unter westlichen Militäranalysten, oder zumindest unter solchen die den Namen verdienen" und listet Keith Kellogg, Petraeus und Hodges für seine Seite. Diese Darstellung ist falsch, einen solchen Konsens gibt es nicht, die Meinungen divergieren. Und Hodges hat Lobbyarbeit für einen Angriff der Ukraine auf die Krim betrieben, was etwas anderes als eine Vorhersage ist: Zuerst war das Petitum von Hodges, dass mit entsprechenden Waffenlieferung (inkl. ATACMS) die Ukraine bis August '23 die Krim zurück haben könnte, sie sei der Schlüssel. Später ist Hodges etwas davon abgerückt und spricht nun von "Russland auf der Krim so unter Druck setzen, dass Gespräche möglich/erzwungen werden".

Ein gemäß obiger Äußerung unverdienter Namensträger wäre General Bühler, der Keupp in seinem NZZ Interview in mehrfacher Hinsicht https://youtu.be/Q5ttnK3Pf6c?t=2483:

- "Interne Auseinandersetzung spielen bei der Verstärkung der Luftabwehr in Moskau keine Rolle, ich halte von dieser Theorie nicht viel. Das hier geht mir zu weit, ist spekulativ, hat mit der Realität nichts zu tun." (bezieht sich auf die innepolitische Ausschaltung von Putin mit einer ballistischen Rakete)

- "Aus diesen Zahlen (OSINT, Oryx) weitgehende Schlüsse zu ziehen, da muss man überlegen ob das richtig ist. [...] Um eine Folgerung daraus zu ziehen und eine Prognose daraus zu machen ist es zu wenig. [...] Da muß man mehr wissen [als eine offene Datenbank bietet]. Zweitens gibt es genügend Faktoren die nicht quantifizierbar sind wie, Moral, Widerstandskraft, Ausbildung. [...] Ich bin bei Operationsplanung skeptisch, und da ist Herr Keupp nicht der erste der das macht. Es gibt Leute die bei Twitter Operationsplanungen veröffentlichen, das geht zu weit."

Es gibt unterschiedliche Ansichten zum Krieg in der Ukraine und es ist tatsächlich so, dass die angelsächsischen Experten insgesamt optimistischer sind als die die deutschen. Mag vielleicht, aber nicht nur, am allgemein grösseren Optimismus von Angelsachsen liegen. Ich mag mich an den ersten Tag des Krieges erinnern, da habe ich BBC und CNN geschaut, und da hat zum Beispiel ein früherer MI6-Chef sagte, es sei ein Krieg, der Russland nicht gewinnen könne. Ich finde die Aussagen von Keupp auch gewagt und bin natürlich gespannt, ob sie sich bewahrheiten. Zusammengefasst sagt er ja, dass die russische Armee einen solchen Raubbau an den eigenen Ressourcen betreibt, dass sie mathematisch gesehen, im Oktober nicht mehr kampffähig sind. Für mich findet der Krieg immer noch auf dem Schlachtfeld statt und der Ausgang ist für mich noch offen. Der Ausgang des Krieges hängt von der Durchhaltefähigkeit der Ukraine, Russlands und des Westens ab, wobei, wenn die westliche Unterstützung zurückgehen sollte, die Ukraine umso länger durchhalten muss. Ich stimme da General Leutnant Bühler zu, dass es weitere Faktoren gibt, welche sich nicht quantifizieren lassen. Im Übrigen lässt er auch mögliche Zufallselemente, die wir nicht kennen (Beispielsweise die Witterung, Drittfaktoren, Eigendynamiken) ausser acht.

Zu den Flugabwehrsystemen in Moskau (und andernorts, z.B. bei den Residenzen Putins): Man kann nur spekulieren, was es sich damit auf sich hat. Tatsache ist jedoch, dass die Ukraine nicht in der Lage ist, irgendwie grossflächiger auf eine Distanz wie Moskau zu wirken, auch wenn es Angriffe mit umgebauten Tupolow-Drohnen gab. Also stellt sich tatsächlich die Frage, was es mit den Flugabwehrsystemen in Moskau auf sich hat. Es gäbe einige mögliche Erklärungen, das ist richtig.

Völlig richtig ist auch, was Bühler erwähnt, dass die Ukrainer verschiedene Varianten möglichen Operationen in Erwägung ziehen werden.

Die Annahmen von Keupp halte ich wirklich für sehr spekulativ. Sollte er Recht behalten, dann wird man dann im Nachhinein sagen, dass man es eigentlich hätte wissen können und dass die Russen schon jetzt den Krieg am Verlieren waren. Das Problem ist aber, dass zwar die Annahmen von Keupp bezüglich der russischen Verluste zwar vermutlich korrekt sind, ganz sicher ist es aber auch nicht, und dass seine Ausführungen für die Zukunft tatsächlich sehr spekulativ sind.

Geschrieben von: Merowinger 15. Apr 2023, 18:31

Carlo Masala bei https://www.youtube.com/watch?v=XSBmm7tWFi0 in Berlin: Seines Erachtens bleibt nach dem Ende der Kampfhandlungen nur die von Ex-Generalsekretär Rasmussen https://www.pravda.com.ua/eng/news/2022/09/13/7367273/ ("https://www.president.gov.ua/storage/j-files-storage/01/15/89/41fd0ec2d72259a561313370cee1be6e_1663050954.pdf"), die Ukraine wie Israel zur modernsten konventionellen Militärmacht in der Region zu machen und dies durch einen nuklearen Schutzschild der USA zu ergänzen. Die Ukraine wird dabei kein Mitglied der NATO.

Geschrieben von: Forodir 15. Apr 2023, 18:49

Halte ich jetzt für eine gewagte Aussage, vor allem das es "nur so" möglich wäre. Warum sollte man Milliarden in die Ukraine zur Aufrüstung hinein buttern, die dann nur die Rüstungsindustrie befeuern? Ein Zugang zur NATO mit Umweg über die EU ist genauso möglich und wäre nachhaltiger und insgesamt für die Region (und Europa) wirtschaftlicher.
Der Krieg ist bei weitem noch nicht vorbei, bis man sich Gedanken machen kann über eine Nachkriegsordnung wird noch einiges passieren, auch in den demokratischen Staaten, wir werden sehen ob man weiterhin die Ukraine unterstützt auf lange Sicht.

Geschrieben von: Merowinger 15. Apr 2023, 19:14

Falls ich den Einwurf richtig verstanden habe: Die Sicherheitsgarantien nach EU Vertrag Art. 42 Abs 7 locken niemanden hinter dem Ofen hervor und schrecken Russland nicht ab. Und wie würde man Staaten wie die Türkei, Ungarn, aber auch Bulgarien oder Frankreich - oder *hust* Deutschland - zu einer einstimmigen Zustimmung eines NATO Mitgliedsantrags der Ukraine bewegen? Das wird nicht passieren.

Denkbare Alternativen:
1. Die Ukraine besorgt sich - mit westlicher Zustimmung - nach dem israelischen Vorbild selbst Kernwaffen (goodbye NPT), oder
2. die Ukraine verschwindet weil sie den Krieg verliert.

Bonusmessage: Lösungsvorschläge für Georgien und Moldawien als designierte Opfer sind bislang Mangelware.

Geschrieben von: Nightwish 15. Apr 2023, 19:17

Das Charmante an der Lösung wäre, dass die NATO-Staaten sich nicht übermäßig die Hände schmutzig machen müssten und nicht dummerweise in einen Krieg hineingezogen werden.

Geschrieben von: General Failure 15. Apr 2023, 20:33

ZITAT(Merowinger @ 15. Apr 2023, 19:14) *
Falls ich den Einwurf richtig verstanden habe: Die Sicherheitsgarantien nach EU Vertrag Art. 42 Abs 7 locken niemanden hinter dem Ofen hervor und schrecken Russland nicht ab.

Naja, zumindest vom Wortlaut her ("alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung") sind sie eigentlich weniger unverbindlich als NATO Artikel 5 ("Maßnahmen [...] trifft, die sie für erforderlich erachtet"). Das Problem ist ein anderes: hinter der NATO stehen die USA, die mit ihrem mehrfach demonstrierten Willen, überall in der Welt zur Tat zu schreiten, dem Papier Glaubwürdigkeit verleihen. Die EU ist in dieser Hinsicht ein eher unbeschriebenes Blatt, und am Ende des Tages ein Krämerverein, kein Militärbündnis. Man wird allerdings durchaus davon ausgehen können, daß die Nationen, die jetzt regelmäßig vorangeprescht sind, das auch in diesem Falle wieder tun würden. Und so wie beispielsweise Polen aufzurüsten plant, wird Rußland das nicht auf die leichte Schulter nehmen können.

Geschrieben von: Merowinger 15. Apr 2023, 20:40

Polen ersetzt im europäischen Rahmen die USA als Garantiemacht? Das kann ich nicht erkennen, dafür reicht es nicht einmal im Ansatz, selbst dann nicht wenn Polen neues Mitglied im Club der nuklearen Teilhabe würde. Der UK ist zu schwach um die Ukraine gegenüber Russland unter seinen nuklearen Schirm (mit US Technik) zu nehmen, während Frankreich ohnehin seine Kernwaffen explizit ausschliesslich für nationale Belange reserviert.

Geschrieben von: General Gauder 15. Apr 2023, 20:58

ZITAT(General Failure @ 15. Apr 2023, 21:33) *
ZITAT(Merowinger @ 15. Apr 2023, 19:14) *
Falls ich den Einwurf richtig verstanden habe: Die Sicherheitsgarantien nach EU Vertrag Art. 42 Abs 7 locken niemanden hinter dem Ofen hervor und schrecken Russland nicht ab.

Naja, zumindest vom Wortlaut her ("alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung") sind sie eigentlich weniger unverbindlich als NATO Artikel 5 ("Maßnahmen [...] trifft, die sie für erforderlich erachtet"). Das Problem ist ein anderes: hinter der NATO stehen die USA, die mit ihrem mehrfach demonstrierten Willen, überall in der Welt zur Tat zu schreiten, dem Papier Glaubwürdigkeit verleihen. Die EU ist in dieser Hinsicht ein eher unbeschriebenes Blatt, und am Ende des Tages ein Krämerverein, kein Militärbündnis. Man wird allerdings durchaus davon ausgehen können, daß die Nationen, die jetzt regelmäßig vorangeprescht sind, das auch in diesem Falle wieder tun würden. Und so wie beispielsweise Polen aufzurüsten plant, wird Rußland das nicht auf die leichte Schulter nehmen können.

Selbst wenn die europäischen Nationen resoluter auftreten würden, und auch recht schlagkräftige konventionelle Streitkräfte vorhalten würden, allein die Tatsache das es in der EU ganze 280 Atomwaffen gibt, während Russland ein paar Tausend hat und darüber hinaus die europäischen Waffen unter der ausschließlichen Kontrolle von Frankreich sind, wenn also Frankreich warum auch immer aus der Phalanx ausschert dann können 26 Staaten noch so entschlossen sein wie sie wollen, Russland würde sie niemals ernst nehmen.
Carlo Masala hat sich im übrigen (zurecht) darüber lustig gemacht, dass Deutschland den Frieden garantieren will, seine Frage war ganz einfach " Womit den?"

Geschrieben von: Glorfindel 18. Apr 2023, 13:50

ZITAT(Merowinger @ 15. Apr 2023, 18:31) *
Carlo Masala bei https://www.youtube.com/watch?v=XSBmm7tWFi0 in Berlin: Seines Erachtens bleibt nach dem Ende der Kampfhandlungen nur die von Ex-Generalsekretär Rasmussen https://www.pravda.com.ua/eng/news/2022/09/13/7367273/ ("https://www.president.gov.ua/storage/j-files-storage/01/15/89/41fd0ec2d72259a561313370cee1be6e_1663050954.pdf"), die Ukraine wie Israel zur modernsten konventionellen Militärmacht in der Region zu machen und dies durch einen nuklearen Schutzschild der USA zu ergänzen. Die Ukraine wird dabei kein Mitglied der NATO.

Das ist meines Erachtens weder die einzige Lösund noch die wahrscheinlichste. Sowohl die NATO wie auch die EU umfassen mittlerweile ganz Europa bis auf wenige Ausnahmen auf dem Balkan; die Schweiz und Norwegen sind nicht nicht EU-Mitglieder aber sehr eng verbunden. Ich sehe jetzt nicht ein, weshalb man die Ukraine nicht in die EU und NATO aufnehmen sollte - natürlich, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind.

Geschrieben von: K-JAG 18. Apr 2023, 14:16

owt

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 14:14

Im Rahmen der Ringvorlesung "Zeitenwende in der Sicherheitspolitik" von Johannes Varwick erläutert der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Heinemann-Grüder in einem Vortrag wie Kriege enden. Anschließend bezieht er diese Erkenntnisse auf den Krieg gegen die Ukraine. Auch wenn ich nicht alle Aussagen so teile, bzw. meines Erachtens gewisse Dinge in diesen Theorien zu kurz kommen, handelt es sich um einen interessanten Vortrag. Der eigentliche https://www.youtube.com/watch?v=TUKv1EI3uHkdauert rund eine Stunde.

einzelne Folien:

ZITAT
Wo stehen wir
1.) Ende von Entspannung, Dialog, Zivilmacht, Rüstungskontrolle
2.) RU isoliert, büsst Grossmacht-Attribute ein
3.) Deutschland marginalisiert
4.) Ukraine geeint und zerstört
5.) Ent-Globalisierung
6.) Quittung für EU
7.) China: Game Changer
8.) Internaler Systemkonflikt
9.) OSZE passé
10.) Polit. Kapital für Krieg schwindet

Wie enden Kriege?
1.) Militärischer Sieg -> Kapitulation, Diktat, Hegemonie, Regimewechsel
2.) Stillstand: Abnutzungskrieg oder temporär eingefrorener Konflikt
3.) Diktat durch Externe (inkl. Power Mediation, Protektorat oder Regimewechsel)
4.) Anhaltende Rivalität: Vor und Zurück zwischen Krieg und Frieden

Was beeinflusst ein Kriegsende?
1.) Art des Konfliktes (Macht, Ressourcen, Sicherheit, Ideologie)
2.) Zahl, Homogenität, Stabilität der Gegner
3.) Externe Unterstützung
4.) Sicherheitsgarantien
5.) Perspektive der Kämpfer
6.) Mandat für Friedensbildung
7.) Interssen & Koordination externer Akteure
8.) Aussichten & Kalkül

Theorien zu Ausbruch, Dauer, Ende, Struktur vs. Akteure / Interaktionen
1.) "Realismus": Macht, Status, Einflusssphären (dyadisch) Konflikt NATO vs Russland, Ukraine nur Nebendarsteller in einem Stellvertreterkrieg -> Frieden gibt es nur, wenn sich die Grossmächte einigen (über den Kopf der Ukraine)
2.) "Konstruktivismus: Vollstreckung eines Selbst- und Geschichtsbildes / Kampf der Kulturen Weltanschauungen, Liberalismus vs. Autoritarismus -> Ausgleich ist kaum möglich
3.) Innenpolitik: Radikalisierung / Entscheidungsträger: Siloviki (monadisch) Radikalisierung des Putin-Regimes über die Zeit, Angst vor Umsturz durch Putin -> Frieden gibt es nur, wenn es Umsturz in Russland gibt
4.) Putin entscheidet (monadisch) Putin weg -> Krieg weg
5.) Systemisch: Aktion-Reaktion es gibt verschiedene Faktoren für den Krieg

Krieg der Russen = Gesinnungstäter?
- Keine Entstalinisierung: Verschwörungstheorien, innere "Volksfeinde"
- Sehnsucht nach vergangener Grösse / Furch vor Ent-Russifizierung
- Gewaltkultur. Gleichgültigkeit gegenüber Opfern
- Propaganda. Konservative Werte "heilige Geschichte / Führerkult
- Chauvinismus, Patriotismus, Rassismus
- Mythos vom "Grossen Vaterländischen Krieg"
- Russische Orthodoxie: imperiale, klerikalfaschistische Staatskirche
- Medienkonsum: Glaube statt Fakten: Propaganda, fake news
- Aber: Opportunismus die meisten Russen hoffen einfach, dass sie der Krieg nicht betrifft, sie hoffen, dass Putin den Krieg gewinnt, fast er verliert, werden sie "immer schon im Widerstand" gewesen sein

Theorien zur Kriegsbeendigung Krieg ist eine Form der Kommunikation, bei der es darum geht, Klarheit darüber zu erhalten wer stärker ist

Ran Reiter
- Informationsdynamik -> Erwartung an Kosten für Fortsetzung des Krieges
- Einschätzung der Kräfteverhältnisse
- selbstbewusste Kriegsparteien verlangen mehr für Beendigung des Krieges

Hein Goemans
- Information: Wie würde der Krieg ausgehen? Kriegsausgang muss der Bevölkerung verkauft werden können
- Innenpolitik: Toleranz für der eigenen Gesellschaft für Nachgiebigkeit?
- Vertrauen: Glauben die Gegner den Zusicherungen des anderen?

Szenarien & Bestimmungsfaktoren
Es gibt vier Szenarien:
- Ukraine erreicht Maximalziele
- Ru erreicht Maximalziele
- Internationalisierung des Krieges / Eröffnung weiterer Kriegsschauplätze
- Abnutzungskrieg

die Bestimmungsfaktoren dafür:
- Durchhaltefähigkeit der Ukraine Unterstützung des Westens/Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung
- Ru Eskalation & Ressourcen Russland hat die Eskalationsfähigkeit verloren, die russischen Ressourcen sind unklar
- Interessen EU, USA, NATO bricht die westliche Front/Unterstützung vor den US-Wahlen zusammen?
- Chinas Rolle & Interessen

Wild Cards unwahrscheinliche, aber mögliche Ereignisse, welche den Krieg beeinflussen können
- russischer Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine
- Direkte Militärkonfrontation zwischen RU und NATO
- Nicht-intendierte Zwischenfall führt zu Eskalation
- Massiver russischer Angriff auf kritische Infrastruktur im Westen (z.B. Unterseekabel oder Stromversorgung)
- Zweite Front / Ablenkungskrieg

Maximalziele
Sieg entweder RU oder UKR
- A: Kapitulation der UKR
- B: Vertreibung der RU Truppen
_____________
Voraussetzungen
- A: Ende Waffenlieferungen / Westen gibt die UKR Preis
- B: Sturz Putins
-> Wahrscheinlichkeit für A & B: gering

Minimalziele der Parteien
Russland
- Kontrolle der vier annektierten Gebiete
- Krim
- "Landbrücke" Krim
- Keine NATO Infrastruktur in UKR
- Asowsches Meer als Binnenmeer

Ukraine
- Rückeroberung der Gebiete Stand 24.2.2022
- Zugang zum Schwarzen Meer
- Abschreckungsfähigkeit
- Keine russische Vetomacht über ukrainische Politik

"Westen"
- Überleben der UKR als souveräner Staat
- Kein Atomkrieg
- Keine Ausweitung des Krieges auf weitere Staaten
- Keine Ausweitung des Krieges auf russisches Territorium
- Keine direkte Militärkonfrontation mit RU
- Kein langandauernder Krieg

China
- Kein Atomkrieg
- Keine Ausweitung des Krieges auf weitere Staaten
- Überleben der UKR als souveräner Staat
- Keine Ausweitung des Krieges auf russisches Territorium
- Kein langandauernder Krieg

Gründe für begrenzte Kriegsziele
1.) Hoffnungen auf Sieg schwinden
2.) Kosten eskalieren
3.) Erbeutung von Gütern ("Pfand"), die das Verpflichtungsproblem verringern
4.) Aussicht auf Friedensicherung in der Nachkriegszeit

Kriegsziele: Werden die USA & China auf Minimierung drängen?
- Begrenzung des Eskalationspotentials des jeweiligen "Klienten"
- Begrenzung der Unterstützung
- Einfrieren entlang der Front

Voraussetzungen: Trump gewinnt in USA und USA akzeptieren China als Vermittler

Minimierung durch Begrenzung der Waffen?
- UKR gehen die Waffen aus -> RU weitet Kriegsziele aus
- RU gehen die Waffen aus -> UKR weitet Kriegsziele aus
- Weniger Waffen -> Begrenzung der Kriegsziele der schwächeren Partei
- Ergebnis: Siegfrieden der stärkeren Partei

Minimierung -> Warum sollte Putin nachgeben?
Pro
- Mangelhafte Koordination zw. Teilstreitkräfte
- Begrenzter Nachschub an Waffen, Munition, Person: breaking point
- Elitenspaltung, Stimmung in RU kippt "Lenin" versus "Trotzki" "Revolution" nur im Inland vs. Export der "Revolution" ins Ausland
- Historische Vorläufer (Brest-Litowsk: 1918 / Winterkrieg 1939/49 / Afghanistan 1987/88, Tschetschenien 1996)
- Abfall China & GUS-Staaten

Contra
- Krieg nur auf ukr. Territorium
- Putin Gegangener der deklarierten Ziele
- Zeit und politisches Kapital im Westen begrenzt / wer hält länger durch?
- Putins Bereitschaft zu extremen Preis und Risiko
- Repression, Ressourcen & Opferbereitschaft
- Internationalisierung / Eskalation

Szenario 2023
- Weder Sieg noch Niederlage -> Minimierung Kriegsziele
- Anhaltende Konfrontation (enduring rivalry)
- begrenzte Abmachungen: Gefangene, Weizen, lokale Waffenstillstände
- Russland kontrolliert Teile von Donzek, Lugansk, Cherson, Saporischja
- RU: Rezession, Spannungen Siloviki, Zentrum-Regionen-Konflikte

Voraussetzungen von Friedensabkommen
- Gegner erschöpft
- Erwartung, dass Frieden Unsicherheit reduziert, zu Anerkennung führt und Lasten reduziert
- Kriege mit begrenzen Zielen leichter zu beenden
- Dritte drohen oder bieten starke Anreize Bsp. Dayton oder Camp David-Abkommen

Substanzen von Friedensabkommen was muss geklärt werden?
1.) Sicherheitsgarantien
2.) Rückkehr Vertriebener
3.) Reparationen wer kommt für die Kosten des Wiederaufbaus auf?
4.) Status Krim und DNR/LNR - Umgang mit den besetzten Gebieten
5.) Kriegsverbrechen
6.) Wiederaufbau
7.) Grenze UKR-RU Pufferzone?
8.) Robustheit peace-keeping Mission (mit chinesischer Beteiligung?)
9.) Neutralität oder EU & NATO Mitgliedschaft

Thesen
- Friedensabkommen resultieren aus Kosten-Risiko-Abschätzung von Krieg & Aussichten, mit Krieg oder Frieden an der Macht zu bleiben
- Friedensabkommen resultieren aus Anerkennung der militärischen Kräfteverhältnisse
- Werden künftige Verletzungen erwartet -> dann Kriegsziel absolut wenn mit einem "Minsk III" gerechnet wird, dann erwarten die Parteien keinen Frieden und der Krieg wird (früher oder später) fortgesetzt

Weiterführende Ansätze
1.) Vorstellungen von Nachkrieg & Friedensabkommen zw. mit UKR konkretisieren
2.) Begrenzung der Kriegsziele durch Sicherheitsgarantien (China & USA)
3.) "Friedenspartei" in Russland (über Diaspora): Vorstellungen zum Nachkriegsregime
4.) Kampf um Köpfe & Herzen, soft, sharp & smart power -> extreme Nationalisten in RU + UKR marginalisieren
5.) Umgang mit de facto Regimen: Modus vivendi, Standards vor Status
6.) Option: Treuhand-Regime mit Neutralität in fünf UKR-Gebieten (UN-Protektorat) als Alternative zur NATO-Erweiterung
7.) Prinzip: Keine gewaltsame Veränderung der "Grenzen"
8.) Atomwaffenfreie Zone für Kurz- und Mittelstreckenwaffen
9.) Frieden verkaufen

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 14:32

ZITAT
Theorien zur Kriegsbeendigung Krieg ist eine Form der Kommunikation, bei der es darum geht, Klarheit darüber zu erhalten wer stärker ist

Ran Reiter
- Informationsdynamik -> Erwartung an Kosten für Fortsetzung des Krieges
- Einschätzung der Kräfteverhältnisse
- selbstbewusste Kriegsparteien verlangen mehr für Beendigung des Krieges

Hein Goemans
- Information: Wie würde der Krieg ausgehen? Kriegsausgang muss der Bevölkerung verkauft werden können
- Innenpolitik: Toleranz für der eigenen Gesellschaft für Nachgiebigkeit?
- Vertrauen: Glauben die Gegner den Zusicherungen des anderen?


Krieg ist auch etwas Irrationales und es ist durchaus möglich, dass sowohl die Ukraine wie Russland den Krieg weiterführen, selbst wenn sie objektiv betrachtet zum Schluss kommen müssten, dass die Kampfhandlungen einzustellen sind. Der 2. Weltkrieg z.B. endete auch erst, als das allerinnerste Zentrum des 3. Reiches vom Gegner erobert wurde. Für jeden deutschen Offizier hätte bereits nach Stalingrad / El Alamein, dann nach der Landung der Alliierten in der Normandie und er Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte (Operation Bagration) und zweifelsfrei nach der Ardennenschlacht klar sein müssen, dass der Krieg nicht zu gewinnen ist. Trotzdem wurde er bis zum bitteren Ende geführt, was gerade auf deutscher Seite zu einer massiven Ausweitung der deutschen Verluste führte. Ich sehe im Ukrainekrieg gerade bei der russischen Führung eine gewisse Verweigerung vor der Realität fest: das fängt damit an, dass die Kräfteverhältnisse falsch eingeschätzt wurden, die Stimmung in der ukrainischen Bevölkerung (obwohl es darüber genügend Untersuchungen gab), die Reaktion des Westens usw.

Von dem her, sind nicht nur die Erwartungen an die Kriegskosten von Bedeutung, sondern tatsächlich auch die realen Ereignisse auf dem Schlachtfeld. Frieden / die Einstellung der Kampfhandlungen kann durchaus auch durch militärischen und politischen Druck erzwungen werden.

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 14:41

ZITAT
Im Rahmen der Ringvorlesung "Zeitenwende in der Sicherheitspolitik" von Johannes Varwick erläutert der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Heinemann-Grüder in einem Vortrag wie Kriege enden. Anschließend bezieht er diese Erkenntnisse auf den Krieg gegen die Ukraine. Auch wenn ich nicht alle Aussagen so teile, bzw. meines Erachtens gewisse Dinge in diesen Theorien zu kurz kommen, handelt es sich um einen interessanten Vortrag. Der eigentliche https://www.youtube.com/watch?v=TUKv1EI3uHkdauert rund eine Stunde. (...)

Die Fragen der Stunden sind zwar zum grossen Teil idiotisch, interessant ist aber, dass Prof. Heinemann-Gründer bei der Beantwortung der Fragen auf mangelndes strategisches Denken in der Bundesregierung zu sprechen kommt. Er sei Stunden vor Kriegsbeginn im Kanzleramt gewesen und man wollte keine Szenarien entwickeln und nicht darauf eingehen, dass ein Krieg möglich sein, nach dem Motte, wenn er vor Regen (Krieg) warne, würde ihm gesagt, dass dürfe er nicht tun, weil dann die Wahrscheinlichkeit für Regen (Krieg) steigen würde.

Die Einschätzung der Militärs zur russischen Kriegsführung sei zudem komplett falsch gewesen.

Die Ausführungen erstaunen mich nicht, da ich dies selber aus dem Handeln und der Rhetorik der Bundesregierung und gewisser Ex-Militärs bereits gefolgert habe.

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 14:51

ZITAT
Minimalziele der Parteien
Russland
(...)
"Westen"
- Überleben der UKR als souveräner Staat
- Kein Atomkrieg
- Keine Ausweitung des Krieges auf weitere Staaten
- Keine Ausweitung des Krieges auf russisches Territorium
- Keine direkte Militärkonfrontation mit RU
- Kein langandauernder Krieg
(...)


Ich sehe dies etwas anders. Ich habe einmal die Ziele des Westens so formuliert:
ZITAT(Glorfindel @ 31. Jan 2023, 18:00) *
Wenn wir vom Ende her denken, so sehe ich folgenden Endzustand:
- das russische Militärpotential ist massiv reduziert
- die Souveränität der (demokratischen) Ukraine ist vollständig wiederhergestellt und die russischen Besatzer haben die Ukraine vollständig geräumt
- die Kampfhandlungen sind eingestellt
- die Regierung Putin ist gestürzt und Russland versucht wieder auf den Weg nach Freiheit und Demokratie zurück zu finden
- die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen normalisieren sich
(...)


Wenn es um die Minimalziele geht, dann würde ich diese wie folgt formulieren:
- das russische Militärpotential ist massiv reduziert (ich meine, dies ist erreicht)
- die Souveränität der Ukraine ist für das kontrollierte Gebiet vom 24.2.2022 wieder hergestellt
- die Kampfhandlungen sind eingestellt
- die Regierung Putin ist minimal geschwächt und international marginalisiert, maximal gestürzt
- russische Aggressionen sind auf absehbarer Zeit (nächsten 5-10 Jahren) nicht mehr möglich
- Russland und andere potentielle Aggressoren dürfen nicht das Gefühl haben, dass sich Krieg lohnt

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 15:40

Aus westlicher Sicht muss man meiner Meinung nach zum Schluss kommen, dass
- die Waffenlieferungen die Ukraine gestärkt und Russland geschwächt haben
- die Waffenlieferungen aufrecht erhalten werden müssen bzw. ein Sieg über Russland möglich ist

Aus diesem Grund gehe ich nicht davon aus, dass sich der Westen, im Moment zumindest, mit diesen Kriegszielen begnügen würde.

ZITAT
"Westen", weil dies die Sicherheit von Europa nicht erhöhen würde, sondern einen weiteren Krieg nur wahrscheinlicher. Natürlich, wenn der Krieg länger gehen würde und die Ukraine nicht genügend Erfolge aufweisen können, dann könnte es zu sowas kommen.
- Überleben der UKR als souveräner Staat
- Kein Atomkrieg
- Keine Ausweitung des Krieges auf weitere Staaten
- Keine Ausweitung des Krieges auf russisches Territorium
- Keine direkte Militärkonfrontation mit RU
- Kein langandauernder Krieg

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 15:54

ZITAT
Hein Goemans
- Information: Wie würde der Krieg ausgehen? Kriegsausgang muss der Bevölkerung verkauft werden können
- Innenpolitik: Toleranz für der eigenen Gesellschaft für Nachgiebigkeit?
- Vertrauen: Glauben die Gegner den Zusicherungen des anderen?


Hier noch ein kurzes Interview mit Goemans in CNN:
https://www.youtube.com/watch?v=H_djyPEfkSI
- Goemans geht davon aus, dass der Krieg noch Jahre dauernd könnte und dass es möglicherweise nicht der letzte Ukraine sein werde
- Nur wenige Kriege enden in einer totalen Niederlage einer Partei. Dies wird hier auch nicht der Fall sein. Die Ukraine wird nicht Moskau erobern können und Russland nicht Kiev
- Krieg transportiere/erzeuge Information darüber, wie Stark die Parteien seien. Dieser Prozess sei immer noch im Gang. Beide Parteien seien immer noch am Herauszufinden, wie stark die andere Partei ist und welche Ausdauer sie hätte.

Es würde verschiedene Gründen geben, weshalb ein Friedensschluss noch weit weg sei und es noch lange gehen könnte:
1. Keine Abmachung mit den Russland wird glaubwürdig sein. Putin hat null Glaubwürdigkeit. Die Ukraine wird nur in einen Frieden einwilligen, wenn sie Sicherheitsgarantien der Ukraine hätte. Dies sei aber das Paradoxe, Putin hat den Krieg begonnen, um die NATO von ihm Fernzuhalten, aber ein Frieden sei
2. Die Frage ist, ob Putin politisch überlebt, wenn er den Krieg verliert. Wenn dies nicht der Fall sei bzw. Putin dies glauben, dann wird er keinen Frieden eingehen wird, wenn die Leute in Russland das Gefühl hätten, für diesen Frieden hätte sich der Krieg nicht gelohnt. Putin hätte in diesem Fall nichts zu verlieren, wenn er den Krieg weiterführt.

Putin braucht irgendetwas, was er in Russland als Sieg verkaufen kann.

Geschrieben von: HerrRossi 7. May 2023, 16:31

ZITAT(Glorfindel @ 7. May 2023, 16:54) *
...

Putin braucht irgendetwas, was er in Russland als Sieg verkaufen kann.

Und wenn nicht, so brauch er einen oder mehrere Schuldige. Weil sie nicht das gemacht haben was er befohlen hat. Er kann sich ja nicht um alles selbst kümmern. biggrin.gif *hustanfall*

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 16:42

Wir schwer. Irgend welche Schuldigen werden wohl schon noch über die Klippe springen müssen. Ich sehe ja Putin vor meinem geistigen Auge in seinem Bunker zitternd sitzen, unterbrochen von einzelnen Wutanfällen. Wir können das dann in ein paar Jahren im Film "der Untergang, Teil 2" uns im Kino ansehen oder als Mini-Serie.

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 17:01

Interessant ist, dass wir mittlerweile verschiedene wissenschaftliche, militärische und nachrichtendienstliche Herangehensweise haben, welche herauszufinden versuchen, wie der Krieg enden könnte:
- ein rein militärische Ansatz, welche aufgrund der Stärken und Schwächen der Kriegsparteien (u.U. auch mittels Kriegsspielen oder Simulationen) versucht den militärischen Ausgang vorauszusagen. Zumindest im Bereich der Bundeswehr ist dieser Ansatz wohl weitgehend gescheitert.
- ein militärökonomischer Ansatz (http://www.whq-forum.de/invisionboard/index.php?s=&showtopic=31120&view=findpost&p=1487643), welcher sich auf Ressourcen, Produktionskapazitäten und Verlustquoten konzentriert
- ein allgemeiner politikwissenschaftlicher-historischer Ansatz, welcher versucht vergangene Kriege und deren Ende wissenschaftlich zu untersuchen und daraus Schlüsse für den möglichen Kriegsverlauf zu ziehen.
- der politikwissenschaftlicher Ansatz Prof. Heins Goemans, dass Krieg Information enthalte bzw. produziere. Gemäss Goemans kann Weg zum Frieden, wenn denn keine Partei vollständig obsiegen sollte, nicht einfach abgekürzt werden, sondern die Kriegsparteien müssen zum Schluss gelangt sein, dass ein Weiterführung des Krieges nicht mehr sinnvoll ist. Zu dieser Einsicht gelangen sie dann, wenn sie über die eigenen Stärken und Schwächen, sowie über jene des Gegner genügend bekannt ist und das brauche Zeit.
- ein nachrichtendienstlicher Ansatz, welcher ebenfalls aufgrund von Nachrichten, d.h. von ausgewerteten Informationen, Hineinversetzen in die Kriegsparteien, Studium der Doktrin und nachrichtendienstlicher Intuition, ebenfalls mögliche Szenarien erarbeitet und bewertet. Dieser Ansatz hat sicherlich auch eine kreative Komponente, welche sich nicht faktisch erfassen lässt. Gute Nachrichtendienstler denken auch das Undenkbare und erwarten das Unerwartetet.
- ein mathematischer Ansatz (http://www.whq-forum.de/invisionboard/index.php?s=&showtopic=31120&view=findpost&p=1494084
Es gibt sicherlich noch weitere Ansätze.

Geschrieben von: General Failure 7. May 2023, 17:10

ZITAT(Glorfindel @ 7. May 2023, 16:54) *
Putin braucht irgendetwas, was er in Russland als Sieg verkaufen kann.

Daran wiederum glaube ich nicht, auch wenn es häufig so behauptet wird. Putin könnte mit seiner Propaganda- und Unterdrückungsmaschinerie den Leuten egalwas als Sieg verkaufen, die sind froh, wenn der Krieg, Verzeihung, die militärische Spezialoperation, vorbei ist, und würden jeden anderen Unfug genauso schlucken wie den jetzigen. Um die unzufriedenen radikalen Nationalisten kümmert sich der FSB - wenn da die ersten aus dem Fenster fallen, weiß der Rest, was Phase ist.

An dem anderen Gedanken dürfte mehr dran sein: Putin hat durch Weiterführung des Krieges nichts zu verlieren, dementsprechend besteht kein Anreiz, ihn (jetzt) zu beenden, solange er noch hoffen darf, einen Teil seiner Eroberungen behalten zu können. Dieses Kalkül dürfte sich erst ändern, wenn die Krim glaubwürdig bedroht ist, weil man die jahrelang medial als "russisches Kernland" aufgebauscht hat. Aber vermutlich ließe sich selbst deren Verlust propagandistisch in eine Art Opfermythos drehen.

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 17:26

Vermutlich ist es wirklich so, dass die Mehrheit der Russen indifferent über den Krieg - auch über den Verbleib der Krim bei Russland - sind und damit nicht erpicht auf eine Fortsetzung des Krieges über viele Jahre. Auf der anderen Seite gibt es die Ganze Hardliner, wobei ich mir auch bei diesen Vorstellen kann, dass es "Wandelbare" gibt.

Die Idee von einem Friedensschluss mit Putin, wäre wohl, ein Rückzug auf die Positionen vom 24.2.2022. Tatsächlich könnte Putin seinem Volk irgendwas erzählen: "Sicherheit für die Bevölkerung des Donbass", "Abwendung der Gefahr der NATO" oder "Entwaffnung der ukrainischen Streitkräfte". Das würde möglicherweise tatsächlich nicht zu einem sofortigen Sturz von Putin führen. Er wäre aber angeschlagen und die Möglichkeit eines solchen Friedens - auch wenn er auf der Hand liegt - halte ich aus verschiedenen Gründen für eher unwahrscheinlich, wenn auch nicht für unmöglich. Das würde erst dann passieren, wenn Putin nicht mehr an einen Erfolg glaubt und ich vermute, dass zu diesem Zeitpunkt (er wird sehr spät kommen), die Ukrainer kein Interesse mehr an einem solchen Frieden haben werden. Aber völlig unmöglich halte ich das auch nicht.

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 17:56

Ich habe mir mittlerweile ein paar Interviews mit Heins Goemans angesehen bzw. gelesen. Hier Ausschnitte aus einem von diesem Februar zusammen mit Randall Stone, einem anderem Politikwisschenschaftler mit Schwerpunkt Russland und Osteuropa:
- verständlicherweise glaubt Goemans nicht, dass die Entsendung von Waffen in die Ukraine würde eskalierend wirken
- sowohl Stone wie auch Goemans glauben nicht, dass die Angriffe auf zivile Ziele die ukrainische Moral unterminieren würde
- den Einsatz von Massenvernichtungswaffen halten beide für sehr unwahrscheinlich. Putin könnte allenfalls eine Atomwaffe verwenden, wenn er sich in die Ecke gedrängt fühlt, dies wird allerdings ihm militärisch nicht helfen.
- Stone meint, dass die Russen sich vor dem Krieg nicht sicher waren, ob die USA dem Baltikum bei einem Krieg zu Hilfe kämen, heute hätte die USA klar gemacht, dass sie ihre Beistandspflicht ernst nehmen würden
- Stone meint, dass sowohl die Russen wie auch die Ukrainer meinten, dass die Zeit für sie spielen würde und es Hinweise für beides geben würde. Die Frage sei, wie lange die Unterstützung für die Ukraine im Westen aufrecht erhalten wird. Putin würde den Krieg erst dann beenden, wenn er glaube, die Fortsetzung sei für ihn selber riskanter als ein Friedensschluss
- Goemans meint, beide Seiten glaubten noch an einen Sieg bzw. seien in der "Informationsbeschaffungsphase", der Krieg könnte noch Jahre dauern, weil im Moment die beste Sicherheit für die Ukraine nach einem Frieden ein NATO-Beitritt sei und das wolle ja Russland gerade verhindern. Wenn Putin zudem glaube, dass ein Friedenschluss ihn innenpolitisch gefährden würde, dann würde er den Krieg fortsetzen.



ZITAT
Do you worry that sending high-tech military equipment to Ukraine will escalate the war?
Goemans: (...) it’s rubbish and then some. Let’s remember the facts: Putin keeps escalating, sending conscripts and mercenaries, targeting civilians and the power grid. Ukraine is merely trying to keep up and defend itself.

Are Russia’s attacks on civilian targets succeeding in undermining Ukrainian morale?
Stone: No, there doesn’t seem to be much chance that Putin’s apparent strategy of bombing Ukraine into submission will work. The human capacity for suffering is almost unlimited, and historical examples suggest that aerial bombardment makes civilian populations more resistant rather than less. (...)

Goemans: (...) The idea is to target what’s supposed to be the Achilles heel—the civilian population—and to destroy their morale by bombing everything and everybody to smithereens. But it has never worked. And it’s not working now. (...)

How likely are nuclear or chemical attacks by Russia at this point?
Stone: Both are extremely unlikely, but nuclear options play an important role in everyone’s calculations. Chemical attacks, on the other hand, were never a practical option. Chemical weapons aren’t very useful on a battlefield; they’re only effective as a brutal way of attacking civilians. (...)

Nuclear threats are Putin’s strongest resource—and the main reason NATO has not directly intervened. At each cautious step in the escalation of support for Ukraine, NATO has calculated the risks that Russia would escalate to nuclear war. It seems likely that Russia would use nuclear weapons if the United States entered the war, probably against NATO bases in Europe. (...)

Yes, it’s conceivable that Russia might use nuclear weapons against Ukraine if Putin becomes sufficiently desperate. But that doesn’t seem to be a winning strategy. There are no Ukrainian military targets valuable enough to be tempting, and battlefield use of nuclear weapons is not terribly effective.

Goemans: I also don’t see the threat of a nuclear escalation right now. That could change if Putin is cornered, if the Ukrainians push through Crimea, for example. In that case Putin might still want to use nuclear weapons to scare the rest of Europe into withdrawing support from Ukraine. But it wouldn’t be a tactical weapon used to win on the battlefield.

(...) if the Russians decided to use chemical weapons, India and China would decisively turn against them as well. The majority of the world is against Russia already and that would tilt the holdouts. Interestingly, though, the Russians actually built armored infantry vehicles and other military equipment to withstand chemical and biological weapons. The West, meanwhile, did not.

How effective have sanctions been so far?
Stone: The initial sanctions last spring were very effective in cutting Russia off from international trade and financial networks. Probably the biggest impact of those sanctions was stopping the flow of military and dual-use technology and equipment to Russia, which made it difficult for Russia to replenish its stocks of missiles and to service its air force. (...)

Of course, the sanctions were really meant to drastically cut Russia’s export earnings, making it difficult for Putin to finance the war. They failed to do that because, as we all saw, the uncertainty created by the war caused oil prices to soar. (...)

How high is the risk of the war’s spreading?
Goemans: To me, the biggest question right now is whether Belarus will join Russia. (...) There’s some noise about Putin’s readying the army for another attack on Kyiv but the Russian generals don’t want to do it, because they think it won’t work and will cause a bloodbath for them. Putin might want to try instead to force Belarus’s dictator [Alexander] Lukashenko to undertake this attack with Belarusian troops.

Stone: The biggest risk of spillover is when Putin becomes desperate and tries to escalate against NATO allies in an attempt to try to convince them to stop supporting Ukraine. I think that risk is receding. Before the war, Russian elites were very skeptical of US assurances that it would honor Article 5 of the NATO charter and go to war if Russia attacked a small NATO ally such as Estonia or Latvia. US determination to support Ukraine, even though it’s not a NATO member, and the risks that it has run by escalating that support, have likely convinced Russian analysts that the United States is serious about defending NATO allies. US policymakers have seen support for Ukraine as a test of US credibility, and efforts to defend Ukraine as deterring Russia from challenging our NATO allies.

Does the US have a clear strategy, and if so, what is it?
Goemans: Well, the original strategy used to be, “We’re not going to let Ukraine lose.” And now it may be shifting to, “We’re going to ensure Ukraine wins.”

What that seems to boil down to is this: the war has to come at a significant cost to Russia so that it will learn its lesson and not violate the territorial integrity of another country again. And that means driving the Russians back. How far? I don’t know, but I’d say at least to the territory before the invasion began on February 24, 2022.

Stone: The US strategy is two-fold: to strengthen Ukraine so that it can defeat Russia without provoking an overt military clash between NATO and Russia; and to work closely with our allies so that this conflict strengthens the NATO alliance rather than undermining it.

I don’t think the US strategy depends on where the territorial boundaries of Ukraine are ultimately drawn, but it will be more successful to the extent that it denies Putin any substantial gains from the war. The US has not committed to a position on whether Ukraine will be admitted to NATO, but I think it’s very likely that Ukraine will become a member.

What will it take to end the war?
Stone: Putin is committed to continuing the fighting because ending the war without a victory is riskier to him politically than continuing. (...) Thus, both sides have reasons to think that time may be on their side. The biggest uncertainty in the equation is NATO cohesion. At this time last year, no one would have expected NATO to intervene as decisively as it has in the conflict.

War continues until the uncertainty that motivates it is resolved, so this conflict will continue until Ukrainian and Russian expectations converge, and this mainly depends on the ability of the West to clearly signal its intentions.

Goemans: The war is still in what I call the informational stage of war, which means both sides are collecting information about how strong the enemy really is, versus just posturing and bluffing. During that stage you learn things about the other side, about outside actors, and yourself. (...)Ultimately, only by going to war can one find out which countries or alliances are willing to come to your aid. (...)

As long as this informational phase lasts—and that can be years—neither side is willing to make a deal. (...)

There’s another problem to finding a peace settlement, which I call a commitment problem. Few believe that Russia would be satisfied with a settlement in which Ukraine ceded just a little bit of territory to Russia. What would prevent Russia from waiting three or five years while it rebuilt its army and its weapons and then coming back for more? Nothing short of Ukraine’s joining NATO might protect it in the long run, but ironically that’s why Russia went to war in the first place. By agreeing to a settled peace now, Ukraine might very well find itself in a worse position a few years down the road.

Lastly, some leaders simply can’t settle because doing so would mean their political and, quite possibly, physical death. There’s disagreement among Russia experts over whether Putin is internally strong enough to survive a peace settlement with Ukraine. If Putin thinks he’s in jeopardy at home, he’ll keep on fighting. In international relations theory we call that gambling for resurrection.

Is there anything that Putin could sell as a victory at home?
Goemans: (...) Putin will (...) want to reach the borders of the administrative units of Donetsk and Luhansk and the whole southern area along the Black Sea. He might be able to sell this as a victory to the Russian people, but it would be a very costly victory. Meanwhile, the Ukrainians are not willing to settle. They think they’re strong enough to force the Russians out of some of these areas. (...)

How much longer will the war last?
Stone: I expect it to last for at least another year. Ukraine is politically united and determined to keep fighting, and with sustained NATO support is likely to make some gains on the battlefield. (...)

Goemans: I agree, the war will last at least another year. But three to four years are also a possibility, maybe even a decade. If Putin left the stage, things could change quickly. But as I said, we’re still in the informational stage of war, and both sides are still trying new strategies. (...)

We’re not yet at the stage of negotiating for peace because for that to happen both sides must know, more or less, how the war would end for them.

Of course, we—the West—are prolonging the war by sending weapons and intelligence to Ukraine. If we didn’t, the war would be over much sooner, and Russia would simply move its borders eastward. Moldova, Latvia, Estonia, and Lithuania would be at risk. Of course, that would threaten the entire stability of Europe (...).

https://www.rochester.edu/newscenter/one-year-later-what-is-happening-in-ukraine-550732/

Geschrieben von: Ta152 7. May 2023, 19:55

ZITAT(Glorfindel @ 7. May 2023, 15:32) *
< snip >
Krieg ist auch etwas Irrationales und es ist durchaus möglich, dass sowohl die Ukraine wie Russland den Krieg weiterführen, selbst wenn sie objektiv betrachtet zum Schluss kommen müssten, dass die Kampfhandlungen einzustellen sind. Der 2. Weltkrieg z.B. endete auch erst, als das allerinnerste Zentrum des 3. Reiches vom Gegner erobert wurde. Für jeden deutschen Offizier hätte bereits nach Stalingrad / El Alamein, dann nach der Landung der Alliierten in der Normandie und er Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte (Operation Bagration) und zweifelsfrei nach der Ardennenschlacht klar sein müssen, dass der Krieg nicht zu gewinnen ist. Trotzdem wurde er bis zum bitteren Ende geführt, was gerade auf deutscher Seite zu einer massiven Ausweitung der deutschen Verluste führte.< snip >


Das Problem war das es für viel der Offiziere (und noch weniger den Politiker und allem was dazwischen lag) eine sichtbare gangbare Alternative gab. Man hatte frische Erfahrungen mit der bedingungslosen Kapitulation im ersten Weltkrieg und wusste mehr oder weniger welche Kriegsverbrechen Deutschland allgemeine und oft auch Persönlich begangen wurden. Da greift man dann schnell nach jedem noch so kleinem Strohhalm.

Geschrieben von: Glorfindel 7. May 2023, 20:04

Ich meine einfach, dass die Theorie diesbezüglich zu kurz greift. Aber ja, für die Nazi-Führung gab es Gründe für die Fortsetzung des Krieges, auch wenn diese eher irrational waren (mit Ausnahme die Niederlage hinauszuzögern).

Geschrieben von: Glorfindel 8. May 2023, 22:17

ZITAT
Frederick Lanchester war ein vielseitiger Mensch: (...) – es gab wenig, was den britischen Erfinder nicht interessierte. Mit seinen Patenten wurde er nie reich, doch seine https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_von_Lanchester zur Berechnung des Ausgangs von Militärschlachten, aufgestellt zu Beginn des Ersten Weltkriegs, gelten bis heute. Krieg ist auch Mathematik, der Verteidigungskampf der Ukrainer eine Integralrechnung. Am Ende der Gleichung steht, wer gewinnt und wann.

(...) Lanchesters Gesetze sind makaber, aber ernst. (...)

Seine erste Gleichung: Die Zahl der Soldaten der einen Armee geteilt durch die Zeit eines Gefechts ergibt die Verluste der anderen Armee (Verletzte und Tote), multipliziert mit dem Faktor ihrer Wirksamkeit (technische Überlegenheit, Kampfmoral). Das heisst: Beide Armeen verlieren in konstanten Raten Soldaten, doch die kleinere kann über die grössere gewinnen, wenn sie effektiver kämpft.

Diese einfache, lineare Formel gilt allerdings nur, wenn das Gefecht in einem festen Rahmen verläuft – ein Panzer gegen einen anderen zum Beispiel. Ist eine Schlacht dynamisch – alle gegen alle zur selben Zeit –, kann sich die kleinere Armee auch nicht mehr durch bessere Feuerkraft retten. Die Grösse ist nun entscheidend. Die Kampfkraft steigt proportional zu ihr. Sie wächst mit den Verlusten, welche die grössere Armee der kleineren zufügt. (...)

Die russische Armee war zu Kriegsbeginn im Februar 2022 der ukrainischen zahlenmässig überlegen. Schätzungsweise 195 000 russische Soldaten griffen an, 145 000 ukrainische Soldaten standen ihnen gegenüber, die Selbstverteidigungskräfte ukrainischer Zivilisten nicht eingerechnet. Die Schlacht um Mariupol im Frühjahr oder um die Stadt Sewerodonezk im Donbass im Juni zeigte, dass Grösse und schiere Feuerkraft auf russischer Seite entscheidend sein konnten. (...)

Lanchesters Formel erwies sich als richtig. Gesamt betrachtet aber erlitten die russischen Truppen weitaus grössere Verluste als die ukrainischen. (...) Denn der ukrainischen Armee gelang es dank westlicher Militärhilfe, durch präzise Feuerkraft Truppen und Logistik auf russischer Seite zu treffen. Auch die russische Verlustrate folgt den Lanchester-Gesetzen.

Nach sechs Monaten Krieg glichen die Ukrainer so die Überlegenheit der Russen aus, stellte Vikram Mittal fest, ein Ökonom, der an der amerikanischen Militärakademie in West Point unterrichtet. In einem https://www.forbes.com/sites/vikrammittal/2022/09/20/basic-attrition-models-provide-insight-into-russian-woes-in-russia-ukraine-war/?sh=6e028c331592 für «Forbes» im September 2022 zeichnete Mittal - Lanchester folgend - zwei Kurven und machte eine Prognose: Die russischen Kräfte fallen stetig ab, von knapp 200 000 zu Beginn des Krieges auf etwa 20 000 am 400. Tag, also am 30. März 2023 – einen Krieg könnten die Russen mit einer solch kleinen Armee nicht mehr führen, er wäre zu Ende! Die Verlustkurve der Ukrainer dagegen flacht rasch ab, von knapp 150 000 auf etwa 90 000 zum Ende dieses Monats.

Die heutigen Zahlen sind natürlich anders. Denn die russische Führung fing die Verluste durch eine Mobilisierung von möglicherweise 350 000 Zivilisten und durch die Rekrutierung von mehreren zehntausend Häftlingen bei der Privatarmee Wagner auf. Eine zweite grosse Mobilmachung wird erwartet. Die Ukraine wiederum mobilisiert fortwährend und stockte ihre Armee auf geschätzte 700 000 Soldaten und Soldatinnen auf. Genug Menschen für viele weitere Gefechte.

Lanchesters Gesetze sind zugegebenermassen sehr vereinfachend. Marcus Keupp hält davon wenig. Solche Formeln, so sagt der Militärökonom, der an der Militärakademie der Schweizer Armee an der ETH Zürich lehrt, könnten keinen Krieg wie jenen in der Ukraine erklären. (...)

Doch das Ende dieses Krieges auszurechnen, sei einfach, behauptet Keupp. Man müsse sich nur die russischen Verlustquoten bei gepanzerten Fahrzeugen ansehen und dann von Kriegsbeginn im Februar 2022 zu jenem Monat oder Tag hinunterzählen, an dem diese Armee nicht mehr einsatzfähig sei. Das geht so: Russland ist mit geschätzt 2900 Kampfpanzern in den Krieg gegen die Ukraine gezogen. Die dokumentierten Verluste belaufen sich (...) auf derzeit 1845.

Zehn Prozent an nicht georteten zerstörten Panzern könne man noch hinzuzählen, sagt Keupp. Teilt man die Gesamtzahl durch die bisher 388 Kriegstage, ergibt sich ein Verlust von täglich fünf Panzern für die russische Armee. Bei Schützenpanzern und anderen gepanzerten Fahrzeugen belaufen sich die Verluste im Durchschnitt auf täglich sieben.

Keupp rechnete zum Punkt, an dem der russischen Armee Panzer ausgehen werden, und kam auf den 23. Juni dieses Jahres. «Das ist mein prognostizierter Zeitraum für das Ende der russischen Reserven.»

Von diesem Punkt an blieben Russlands Armee lediglich noch einsatzfähige Panzer, die sie anderswo im Land stationiert und nicht schon in die Ukraine entsandt habe, sowie T62-Panzer aus den fünfziger und sechziger Jahren. Diese könnten im Tempo von etwa einem Stück am Tag instand gesetzt werden. (...)

Und alle diese Panzer blieben hoffnungslos unterlegen gegenüber den westlichen Kampfpanzern, über welche die Ukraine bis dahin verfügen werde. Im Oktober, so sagt Keupp, sei der Krieg dann vorbei. Russland habe keine Mittel mehr, um ihn am Boden weiterzuführen.

Lässt sich das Kriegsende tatsächlich so einfach berechnen? Lang gediente Militärs wie Jürgen Schnell, ehemals Generalleutnant und später Dozent für Militärökonomie an der Universität der Bundeswehr in München, sieht sich eher an einem Roulettetisch, wenn er den Ausgang eines Krieges abschätzen soll. Schnell hält die Monte-Carlo-Simulation, ein Standardverfahren zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten und benannt nach dem gleichnamigen Casino in Monaco, für sinnvoller als mathematische Gefechtsmodelle wie die Lanchester-Gesetze. Kriegssituationen werden viele Male simuliert, bis der wahrscheinlichste Ablauf ermittelt ist.

Andere Faktoren wie Verlustquoten, Kosten, Durchhaltefähigkeit werden einbezogen. Das Ergebnis in der Ukraine: ein Abnützungskrieg mit geringen Geländegewinnen für beide Seiten. Dieser Krieg sei viel zu komplex, Russlands Potenzial an Ressourcen noch nicht erschöpft, sagt Schnell. Seiner Einschätzung nach wird der Krieg deshalb noch länger dauern – «mindestens ein Jahr». Also Frühjahr 2024.

Vieles kann bis dahin geschehen. Der ukrainischen Armee könnte in diesem Frühjahr tatsächlich eine Offensive gelingen, (...)

Was aber, wenn beiden Seiten die Munition ausginge? (...) Ebenso, wenn beide Parteien erkannten, dass sie keinen Sieg erringen können. Die Folge wäre ein Waffenstillstand, ein Remis.

https://magazin.nzz.ch/empfehlungen/am-23-juni-endet-der-krieg-ld.1731165

Geschrieben von: Aurel 8. May 2023, 22:47

Selenskyy hat heute das Ende des Krieges so definiert, dass die Ukraine Ihre territoriale Integrität (Grenzen von 91) wieder herstellt und Russland Reparationen zahlt. Glaubt da echt jemand dran ? Selbst wenn die Urkaine sämtliche Gebiete zurück erobert, sehe ich da kein Ende.
1. ist die Frage, wie die Bevölkerung im Osten des Landes reagiert- denn die sind zumindest teilweise pro-russisch. Da kann Moskau weiter zündeln.
2. ist es dann noch weit bis Moskau

Wenn Rußland aus irgendwelchen Gründen (wie z.B. Verhinderung des ukrainischen NATO-Beitritts) keinen Frieden will, wird es auch keinen geben.

Geschrieben von: Holzkopp 8. May 2023, 22:59

Ich sehe das pragmatisch.
Weder Russland noch die Ukraine sind momentan veranlasst, ihre Maximalziele aufzugeben.

Wer jetzt schon zuckt beraubt sich strategischer Optionen.

Ich sags mal rustikal: da wird man sich noch einige Runden heftig auf die Fresse hauen bis klar ist, wer welche Position einnimmt.

Selbst Russland, das weit entfernt ist von der Erreichung des Kriegsziels der ersten Tage kann es sich leisten, noch immer die Totalkapitulation der Ukraine zu fordern. Denn noch hält man ja 20 Prozent der Ukraine und ist nicht nennenswert unter Druck.

Und Selenskyi würde sich in die Nähe des Hochverrats begeben, würde er jetzt andeuten, territoriale Verluste zu akzeptieren. Nicht im juristischen Sinn, aber im politischen.

Daher meine Erwartung: wird werden weitere Runden militärischer Schlagabtausche geben. Wir sind noch nicht da wo eine Seite deutliche Veränderungen ihrer strategischen Kriegsziele vornimmt oder kommuniziert.

Geschrieben von: Merowinger 8. May 2023, 23:12

ZITAT(Aurel @ 8. May 2023, 23:47) *
ist die Frage, wie die Bevölkerung im Osten des Landes reagiert- denn die sind zumindest teilweise pro-russisch
Jetzt nicht mehr, höchstens in rückeroberten Gebieten die von Russland gesäubert wurden

Geschrieben von: Glorfindel 8. May 2023, 23:24

Mittal Vikram stellte basierend auf Lanchester im September die These auf, dass das Probleme der Russen das ungenaue und ineffektive Artilleriefeuer und die schlechte Ausbildung sei.

Die russische Armee setze hauptsächlich ungerichtetes Feuer ein, während die ukrainische Armee ihre Feuerkraft gezielt konzentriere. Dies liege daran, dass die Ukrainer intensiv mit NATO-Kräften trainiert hätten, während die Russen ein Mangel an Training hätten, insbesondere aufgrund des Einsatzes von Wehrpflichtigen. Die Anfangsstärke der russischen Streitkräfte wäre auf 190.000 Soldaten geschätzt gewesen, während die Ukraine etwa 145.000 Soldaten gehabt hätten. Die Analyse zeige, dass die Russen anfangs erfolgreich waren, aber im Laufe des Krieges ihre Effektivität schneller abnahm als diejenige der ukrainischen Streitkräfte. In sechs Monaten (also zirka im April 2023) hätte Russland seinen numerischen Vorteil verloren, und die Ukrainer könnten wieder große Gebiete zurückerobern. Die russische Entscheidung zu mobilisieren würde wahrscheinlich zu ähnlichen Ergebnissen führen: Anfangserfolge, aber langfristig eine Niederlage. Es wäre besser gewesen, sich vollständig zurückzuziehen, die Truppen richtig auszubilden und erst dannwieder zu kommen. Zusammenfassend zeigt die Analyse, dass mangelndes Training und ungerichtete Feuer die russischen Kräfte schwächen, während die gute Vorbereitungen und koordinierte Feuerkraft der Ukraine einen großen Vorteil verschaffen.

ZITAT
An analysis of the Russian Army would indicate that they are using primarily unaimed fires, which explains the large number of rounds fired by Russian forces while hitting very few Ukrainian military targets. It also explains the significant amount of collateral damage imposed on the Ukrainian population. As such, Lanchester’s Second Linear Law would be the appropriate for capturing the attrition of Ukrainian forces by the Russians. Meanwhile the Ukrainian Army is concentrating their fires, choosing to target key Russian targets, including command nodes, logistical hubs, and key terrain. In this case, Lanchester’s Square Law best captures the attrition of Russian forces by the Ukrainians.



(...)
Although there is substantial uncertainty in these values, several sources approximate the Russian invasion force as 190,000 troops. Meanwhile, the Ukrainian military comprised approximately 145,000 troops at the start of the war. These numbers only encompass their trained military personnel and does not include paramilitary organizations or civilian volunteer groups. The other required information is the attrition coefficients, which can be estimated from the casualty rates throughout the war.


When the differential equations are solved, they indicate that the Russians had a strong advantage at the start of the war. Indeed, they destroyed a number of Ukrainian targets during the first few weeks. However, their effectiveness continually diminished as the war progressed at a rate much faster than the Ukrainian forces. (...)

The models further indicate that at approximately six months, the war would change as the Russians would lose their numerical advantage. (...)

These models also provide insight into the likely outcome of the Russian plan to field new “volunteer” battalions. Since these troops will be even less trained than the Russians forces currently in Ukraine, they will likely continue the use of unaimed fires. As a result, the surge in soldiers will likely see a similar trend where they achieve initial successes but long-term failures. Indeed, the models would indicate that the Russians’ best course of action would be to fully withdraw from Ukraine to undertake extensive training and a reinvasion at a later date.

As stated previously, models based on the Lanchester equations are notoriously simple. Regardless, even a simple model can be useful. They clearly indicate the source of the Russian failure is a lack of training, manifesting itself in the use of unaimed fires. Meanwhile, the Ukrainian preparations for the war have allowed them to coordinate their fires, providing them a large advantage over the Russian forces.

https://www.forbes.com/sites/vikrammittal/2022/09/20/basic-attrition-models-provide-insight-into-russian-woes-in-russia-ukraine-war/

Geschrieben von: Glorfindel 8. May 2023, 23:26

ZITAT(Aurel @ 8. May 2023, 22:47) *
(...)
Wenn Rußland aus irgendwelchen Gründen (wie z.B. Verhinderung des ukrainischen NATO-Beitritts) keinen Frieden will, wird es auch keinen geben.

Doch, wenn die Russen auf dem Schlachtfeld geschlagen sind.

Geschrieben von: Glorfindel 8. May 2023, 23:39

ZITAT(Merowinger @ 8. May 2023, 23:12) *
ZITAT(Aurel @ 8. May 2023, 23:47) *
ist die Frage, wie die Bevölkerung im Osten des Landes reagiert- denn die sind zumindest teilweise pro-russisch
Jetzt nicht mehr, höchstens in rückeroberten Gebieten die von Russland gesäubert wurden

Das ist korrekt. Es gibt zwar einige Prorussen, die Mehrheit der Ukrainer in den im Herbst annektierten Gebiete hasst die Russen. Was die DNR und LNR und die Krim betrifft: ich glaube nicht, dass es Probleme geben wird, wenn einmal die russische Armee raus ist. Die wehrfähigen Männer dort sind alle entweder mobilisiert worden oder geflohen. Erstere werden sich ergeben, getötet oder verletzt sein oder sich mit den russischen Truppen zurückziehen.

ZITAT
The occupied Ukrainian territories will likely be harder for the Russians to control than Syria, Chechnya, or Georgia. A https://www.reuters.com/world/europe/eighty-two-percent-ukrainians-oppose-territorial-concessions-poll-2022-05-24/ found that 77 percent of Ukrainians living in regions controlled by the Russians do not support the occupation. Another https://www.europeanleadershipnetwork.org/commentary/ukrainians-want-to-stay-and-fight-but-dont-see-russian-people-as-the-enemy-a-remarkable-poll-from-kyiv/ from prior to the war indicated that a large portion of Ukrainians, including those of Russian ethnicity, were willing to take up arms against Russian occupiers. These Ukrainian partisans will have access to advanced weapons supplied from the Ukrainian military and from the international community.

https://www.forbes.com/sites/vikrammittal/2022/08/15/russian-military-will-face-challenges-securing-occupied-territory-in-ukraine/

Geschrieben von: Broensen 9. May 2023, 20:43

ZITAT(Glorfindel @ 9. May 2023, 00:39) *
Was die DNR und LNR und die Krim betrifft: ich glaube nicht, dass es Probleme geben wird, wenn einmal die russische Armee raus ist. Die wehrfähigen Männer dort sind alle entweder mobilisiert worden oder geflohen. Erstere werden sich ergeben, getötet oder verletzt sein oder sich mit den russischen Truppen zurückziehen.

Ich würde bei den DNR/LNR-Truppen dann auch mit einem starken Gefühl des Verrats durch die Russen rechnen, wenn diese sich zurückziehen sollten.

Geschrieben von: Aurel 10. May 2023, 14:51

Es gibt eben auch Berichte, dass in der Ostukraine Zivilisten Handybilder machen und an die Russen weiterleiten bzw. ukrainische Bewegungen melden. Auf irgendwelche Umfragen in Luhansk/Donezk von westlicher Seite kann man derzeit glaube ich nichts geben.

Geschrieben von: Sensei 10. May 2023, 15:47

Aber es gibt auch noch weit mehr Berichte von Ukrainern in den besetzten Gebieten, die unter Einsatz ihres Lebens Bericht erstatten oder gar in den Widerstand gehen.

Es gibt etliche Berichte von Kontakten von Journalisten mit Zivilisten im Osten der Ukraine. Und das Bild ist schon recht eindeutig...

Geschrieben von: Glorfindel 10. May 2023, 17:34

ZITAT(Aurel @ 10. May 2023, 14:51) *
(...) Auf irgendwelche Umfragen in Luhansk/Donezk von westlicher Seite kann man derzeit glaube ich nichts geben.

Es geht um Umfragen in den jetzt von den Ukrainern Russen besetzten Gebieten und die sind zuverlässig. Es deckt sich auch mit der Feststellung, dass die Ukrainer insgesamt sehr wohl sowohl motiviert und bereit sind, Opfer zu bringen.

Geschrieben von: Thomas 10. May 2023, 20:39

ZITAT(Glorfindel @ 10. May 2023, 16:34) *
ZITAT(Aurel @ 10. May 2023, 14:51) *
(...) Auf irgendwelche Umfragen in Luhansk/Donezk von westlicher Seite kann man derzeit glaube ich nichts geben.

Es geht um Umfragen in den jetzt von den Ukrainern besetzten Gebieten und die sind zuverlässig. Es deckt sich auch mit der Feststellung, dass die Ukrainer insgesamt sehr wohl sowohl motiviert und bereit sind, Opfer zu bringen.


Du wolltest glaube ich schreiben "in den von Ukrainern BEFREITEN Gebieten"

oder?

Geschrieben von: SailorGN 10. May 2023, 20:50

Zu den "5 nach 12"-Vergleichen mit 1945: Ein wirklich wichtiger Punkt war, dass die Westalliierten, zu denen es trotz den Krieges noch Kontakte gab, deutlich gemacht hatten, dass es nur ein Ziel gibt: Bedingungslose Kapitulation... und dass auf westalliierter Seite UND den änderungsaffinen Offizieren/Funktionären ein erhebliches Misstrauen voreinander herrschte. Die Westallierten waren immer auf der Hut vor einem doppelten Spiel der Gestapo und der Widerstand wollte sich eben nicht bedingungslos den Alliierten hingeben. Die Wirrungen um die "Schwarze Kapelle" und den 20. Juni zeigen das ja sehr gut. Eine vergleichbare Situation existiert jetzt auch zwischen der Ukraine und russland, wobei die russen (Funktionäre) extrem viel zu verlieren haben.... und sich gleichzeitig einem Diktat auch nur sehr schwer beugen würden.

Geschrieben von: Glorfindel 10. May 2023, 21:19

Es geht ja um die These, dass eine Kriegspartei, die feststellt, dass sich der Krieg nicht lohnt, zum Frieden bereit sei. Ich brachte den Einwand, dass Deutschland auch gekämpft hat bis zur Eroberung des Reichskanzleibunker (wobei in Italien tatsächlich schon früher kapituliert worden ist).

Ich sehe ja als Folgeszenarien bei einem ukrainischen Sieg
- Friedensschluss mit dem neuen starken Mann in Moskau. Kraft Gewalt und Autorität setzt er den Friedrn durch, im Gegenzug kann er Russland regieren
- Zusammenbruch Russlands, Teile von Russland erklären sich unabhängig, das imperiale Russland geht einfach unter
- Demokratischer Umsturz in Russland

Ich habe schon mehrmals gefordert, dass es auch eine Russlandstrategie für solche Fälle braucht.

Ich glaube, Putin wird als Allerletzter merken, wenn er den Krieg verliert. Dann wird niemand mit ihm mehr auf Augenhöhe verhandeln und die Tatsachen werden auf dem Schlachtfeld geschaffen.

Geschrieben von: muckensen 11. May 2023, 02:33

ZITAT(Glorfindel @ 10. May 2023, 22:19) *
Ich brachte den Einwand, dass Deutschland auch gekämpft hat bis zur Eroberung des Reichskanzleibunker
Ideology is one helluva drug.

Lange Zeit war ich der Ansicht, dass es nicht darauf ankommt, wer in Moskau regiert, ob Putin lebt oder stirbt, da die Ideologie, die diesen Krieg ermöglicht hat, allzu verbreitet ist in den Köpfen.

Mittlerweile neige ich aber der Annahme zu, dass Putin selbst tatsächlich das Hauptproblem ist. Putin, der Erneuerer. Putin, dem alles gelingt, was er anfasst. Putin, der gesagt hat: Wenn wir Kiew nicht erobern, erobert die NATO Moskau (ein Leitspruch, den verflixt viele Russen aufs Wort zu glauben scheinen). Putin mit seiner Geheimdienstclique, die alle Dissidenten munter defenestriert. Wer stellt sich schon gegen einen solchen Mann? Und selbst wenn es einen russischen Stauffenberg gäbe – würde sich dieser Mann auch auf den roten Platz stellen und verkünden wollen: Ich habe den Woschd gekillt, es war zu euerm Besten, jetzt folgt mir?

Angesichts der Parallelen zu Stalin ist die Versuchung groß – vielleicht sogar: zu groß –, in Denkmuster des Historizismus zu verfallen, trotzdem dienen sie mir mittlerweile als Orientierungshilfe.

Ich glaube nicht, dass mehr als ein Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland möglich ist, solange Putin regiert. Selbst wenn er es wollte, er kann die Geister, die er rief, nicht wieder einfangen. Er hat sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Und an einen Umsturz glaube ich nicht mehr. Dazu müsste Putins Nimbus erst irreparabel beschädigt werden, z.B. durch eine ukrainische Gegenoffensive, die mit 100 Kilometer Geländegewinn pro Tag der russischen Grenze entgegenstürmt. Putin hat den russischen Eliten hundert Gründe gegeben, ihn zu stürzen, aber so weit wir wissen, gibt es nicht mehr als passiven Widerstand. Insgesamt dürften diese Leute damit zufrieden sein, Putin auszusitzen, wie ihre Vorgänger Stalin ausgesessen haben.

Und dann wird man wohl sehen.
ZITAT(Glorfindel @ 10. May 2023, 22:19) *
Ich sehe ja als Folgeszenarien bei einem ukrainischen Sieg
- Friedensschluss mit dem neuen starken Mann in Moskau. Kraft Gewalt und Autorität setzt er den Friedrn durch, im Gegenzug kann er Russland regieren
Das wäre dann Chruschtschow 2.0, vielleicht gäbe es sogar ein poststalinistisches Tauwetter. Die Kuba-Krise erinnert freilich daran: Auch ein solcher Präsident würde, ja müsste ständig mit dem Feuer spielen.
ZITAT(Glorfindel @ 10. May 2023, 22:19) *
- Zusammenbruch Russlands, Teile von Russland erklären sich unabhängig, das imperiale Russland geht einfach unter
Ich denke nicht, dass es dazu kommt, allenfalls auf dem Kaukasus könnte eine russische Niederlage (insb. falls sie Kadyrow dumm aussehen lässt oder gar ums Leben bringt) die Fliehkräfte erneut in Gang setzen. Und auch die Minderheit der Russen, die an die Demokratie glauben, hegen nationalistische Tendenzen und würden die territoriale Einheit Russlands in den Grenzen von 2022 – vielleicht sogar in den Grenzen von 2014 – mit aller Kraft zu wahren suchen. Das müssten sie sogar, oder sie hätten nicht den Hauch einer Aussicht auf eine wie auch immer geartete Regierungsbeteiligung.
ZITAT(Glorfindel @ 10. May 2023, 22:19) *
- Demokratischer Umsturz in Russland
Ich fürchte, im Endeffekt ist hier dasselbe zu sagen wie über die Möglichkeit einer Palastrevolte.

Meiner Meinung nach ist das beste der realistischen Szenare das des eingefrorenen Konflikts, bis Putin stirbt oder gestürzt wird. Materialengpässe oder der passive Widerstand von Entscheidungsträgern der zweiten Reihe (wie es ihn angeblich bereits gegeben hat) könnten zu einer Situation wie vor dem 24.02.22 führen: Die Russen würden versuchen, den Status Quo zu halten und nicht oder nur mehr zum Schein weitere Offensiven unternehmen. Fortgesetzter Druck seitens der Ukrainer könnte die Front zusammenbrechen lassen, aber leider ist es ebenso möglich, dass westliche Regierungen einschreiten und verlangen könnten, Russland nicht zur Generalmobilmachung und irgendwelchen atomaren Stunts zu reizen, womit Moskau gewiss drohen würde, falls die Ukrainer "russisches" Gebiet überrollen würden.

Und ist Putin weg, wird man sehen. Dafür braucht es absolut eine Strategie, zumal Putins Nachfolger, sollte er überhaupt eine Bereitschaft zum Frieden zeigen, Gegenleistungen verlangen würde.

Geschrieben von: Salzgraf 11. May 2023, 10:12

ZITAT(Glorfindel @ 10. May 2023, 22:19) *
Es geht ja um die These, dass eine Kriegspartei, die feststellt, dass sich der Krieg nicht lohnt, zum Frieden bereit sei. Ich brachte den Einwand, dass Deutschland auch gekämpft hat bis zur Eroberung des Reichskanzleibunker (wobei in Italien tatsächlich schon früher kapituliert worden ist).

Ich sehe ja als Folgeszenarien bei einem ukrainischen Sieg
- Friedensschluss mit dem neuen starken Mann in Moskau. Kraft Gewalt und Autorität setzt er den Friedrn durch, im Gegenzug kann er Russland regieren
- Zusammenbruch Russlands, Teile von Russland erklären sich unabhängig, das imperiale Russland geht einfach unter
- Demokratischer Umsturz in Russland

Ich habe schon mehrmals gefordert, dass es auch eine Russlandstrategie für solche Fälle braucht.

Ich glaube, Putin wird als Allerletzter merken, wenn er den Krieg verliert. Dann wird niemand mit ihm mehr auf Augenhöhe verhandeln und die Tatsachen werden auf dem Schlachtfeld geschaffen.

Ich sehe es prinzipiel wie muckensen:
- Demokratischer Umsturz in Russland: 1% Wahrscheinlichkeit, daß er passiert und 5 Jahre überlebt (Analogie D nach WKI). Für diesen Fall muß die EU ein Aussöhnungsprojekt mit der EU (a la D-Fr nach 1945) initiieren. Wenn die Ukrainer sich daran beteiligen wollen: gerne

- Zusammenbruch Russlands, Teile von Russland erklären sich unabhängig, das imperiale Russland geht einfach unter: WK 5% (Ausnahme: Kaukasus, Altai-Regionen), weil Moskau und St. Petersburg die einzigen Bezugspunkte in Rußland sind. Alles was östlich des Urals befindet, wäre als unabhängiger Staat sowas wie die Mongolei: viel Fläche, wenig Menschen, viele Bodenschätze wenig Industrie. Und Tartastan was m. E. auf dem Paierdie höchste Wahrscheinlichkeit einer unabhängigen Region im Sinne von wirtscachftlich potent, ideologisch eigenständig etc. aufweist, hat keine Grenze mit einem anderen Land.

- Friedensschluss mit dem neuen starken Mann in Moskau. Kraft Gewalt und Autorität setzt er den Friedrn durch, im Gegenzug kann er Russland regieren: dementsprechend sehe ich dieses Szenario als extrem wahrscheinlich an. Ob Putin als Grußonkel durch die Welt reist, in seiner Villa in Sotschi mit den Enkeln spielt oder aus dem Fenster fällt werden wir sehen. Spannender ist die Frage ob der neue Regent das System weiterführen kann: jeder Oligarch kriegt ein Stück vom Kuchen und hält politisch den Mund oder ob esw zu einem offenen oder verdeckten Bürgerkrieg (vgl. Baskenland/Nordirland) kommt. Solche Szenaren sind es m. E. wert sich strukturierte Gedanken zu machen. Es wird dutzende Varianten geben, die man zu Ende denken muss, damit man als EU-Aussenpolitiker gut gewappnet ist.

Geschrieben von: Merowinger 11. May 2023, 13:27

ZITAT(muckensen @ 11. May 2023, 03:33) *
Selbst wenn er es wollte, er kann die Geister, die er rief, nicht wieder einfangen. Er hat sich zu weit aus dem Fenster gelehnt.
Diesem Punkt würde ich widersprechen wollen: Die Propaganda ist stark und verdreht, sie kann durchaus einen U-Turn hinlegen wenn sie dazu angewiesen wird.

Geschrieben von: Glorfindel 23. May 2023, 09:41

Ist schon etwas älter, aber trotzdem noch interessant:

Die https://www.bbc.com/news/world-us-canada-63987113hat Ende 2022 fünf Experten um ihre Einschätzung des Kriegsverlaufes 2023 gebeten. Den klaren Sieg Russlands erwartet kein seriöser Experte mehr. Dennoch gehen die Meinungen auch in Militärkreisen immer noch weit auseinander: von der raschen Niederlage Russlands bis zu einer jahrelangen Prolongation des Krieges.

Michael Clarke, stellvertretender Direktor des Strategic Studies Institute in Exeter, Großbritannien, betont die Bedeutung der russischen Frühjahrsoffensive. Obwohl sich die russischen Truppen derzeit für den Winter einbunkern, wird erwartet, dass sie im Frühjahr eine neue Offensive starten. Die ukrainischen Streitkräfte sind besser ausgerüstet und motivierter und werden voraussichtlich den Druck aufrechterhalten, insbesondere in der Region Donbas. Möglicherweise werden die ukrainischen Offensiven im Südwesten nach der Rückeroberung von Cherson pausieren, aber eine Überraschungsoffensive seitens Kiew ist nicht ausgeschlossen. Der Krieg wird weitergehen bis sich die russischen Kräfte erschöpft hätten. Möglich wäre einzig eine kurze, brüchige Waffenruhe. Sowohl Putin wie auch die Ukraine wollten weiterkämpfen.

Andrei Piontkovsky, ein Wissenschaftler und Analyst mit Sitz in Washington DC, prognostiziert, dass die Ukraine spätestens im Frühjahr 2023 ihre territoriale Integrität vollständig wiederherstellen wird. Dies begründet er mit der Motivation, Entschlossenheit und dem Mut der ukrainischen Armee und der gesamten ukrainischen Nation, was in der modernen Kriegsgeschichte beispiellos ist. Zudem habe der Westen nach jahrelanger Beschwichtigung eines russischen Diktators endlich erkannt, mit welcher historischen Herausforderung er konfrontiert ist. Piontkovsky betont die Notwendigkeit einer neuen Lieferung von militärischer Ausrüstung durch NATO-Länder, um den Sieg der Ukraine zu beschleunigen. Der Zeitpunkt des ukrainischen Sieges hange direkt mit der Geschwindigkeit der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine zusammen. Er geht davon aus, dass der Schlüssel für den ukrainischen Erfolg in einem Vorstoss nach Melitopol liegt.

Barbara Zanchetta, Expertin am Department of War Studies am King's College London, sieht keine Aussicht auf Friedensgespräche und erwartet einen langwierigen Konflikt. Sie betont, dass die Kosten des Krieges, sowohl materiell als auch menschlich, den russischen politischen Eliten die Grenzen ihrer Verpflichtung aufzeigen könnten. Der Schlüssel zum Ende des Konflikts liege in Russland selbst, wenn sich die innenpolitischen Bedingungen ändern und ein Ausstieg, sei es "ehrenhaft" oder nicht, zur einzigen realistischen Option wird. Frühere Kriege bei welchen eine Fehlbeurteilung ursächlich waren, wie der Vietnamkrieg oder der Afghanistankrieg seien so zu Ende gegangen. Sie mahnt die Unterstützung des Westens für die Ukraine angesichts steigender innerer Drucke aufgrund der Kosten des Krieges.

Ben Hodges, ehemaliger Kommandeur der US Army Europe, ist zuversichtlich, dass die Ukraine den Krieg gewinnen wird, wahrscheinlich Ende 2023. Er sieht den Schwung auf Seiten der Ukraine und glaubt, dass sie besser in der Lage sein werden, mit den winterlichen Bedingungen umzugehen als Russland, dank der Unterstützung durch Großbritannien, Kanada und Deutschland. Hodges erwartet, dass die Ukraine die letzte Phase der Kampagne einleiten wird, nämlich die Befreiung der Krim. Er betont die Bedeutung der Entschlossenheit und der Logistik und sieht hier die Vorteile auf Seiten der Ukraine.

David Gendelman, ein militärischer Experte aus Israel, stellt fest, dass Russland noch nicht alle seine mobilisierten Truppen im Kampfgebiet hat (die Einschätzung datiert von Ende 2022). Er erwartet, dass die Besetzung der Regionen Luhansk und Donezk weitergeht, hält jedoch einen großen Durchbruch der russischen Truppen, wie etwa einen Vorstoß von Süden nach Pawlograd zur Einschließung der ukrainischen Kräfte im Donbas, für weniger wahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist eine Fortsetzung der derzeitigen Taktiken, bei denen die ukrainischen Kräfte langsam auf engem Raum zurückgedrängt werden und ein langsamer Vormarsch stattfindet, wie in den Gebieten Bachtmut und Awdiwka, möglicherweise mit ähnlichen Taktiken im Gebiet von Swatowe-Kremenna. Gendelman erwartet auch weitere Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur und andere Angriffe auf die ukrainische Rückseite. Sollte die Ukraine genügend Truppen für eine Offensive bereitstellen können, so sieht Gendelman die beste ukrainischde Option in einem Vorstoss nach Melitopol oder Berdyansk, um die Festlandverbindung der Russen zur Krim zu kappen. Eine weitere Option wäre der Vorstoss im Norden über Svatove. Dies würde die nördliche Flanke der russischen Streitkräfte gefährden.

Die Einschätzungen unterscheiden sich zwar, aber mehrheitlich wird davon ausgegangen, dass ein Vorstoss nach Melitopol für die Ukraine die beste Option wäre. Ende 2022 war noch nicht klar, wie sich die russischen Mobilisierungen auswirken würden. Wir haben in den ersten vier bis fünf Monaten des Jahres 2023 gesehen, dass die russischen Truppen an mehreren Orten vorstossen wollten, sie haben aber, mit Ausnahme von Bachmut, nur sehr begrenzte Erfolge erzielt, dabei jedoch grosse Verluste erlitten. Die Ukrainer sind im Moment noch nicht für ihre Offensive bereit. Dies hängt wohl von den Faktoren drei Faktoren Wetter (1), Waffen und Munition (2) und trainierte Truppen (3) ab. Es wird davon ausgegangen, dass der Krieg entweder weitergeht, bis sich die russischen Kräfte erschöpft hätten bzw. die russische Bevölkerung Kriegsmüde sei (Zanchetta und Clarke) oder aber, bis die Ukrainer auf dem Schlachtfeld gewonnen hätten (Piontkovsky und Hodges).

Geschrieben von: goschi 23. May 2023, 10:54

ZITAT(Glorfindel @ 23. May 2023, 10:41) *
Wir haben in den ersten vier bis fünf Monaten des Jahres 2023 gesehen, dass die russischen Truppen an mehreren Orten vorstossen wollten, sie haben aber, mit Ausnahme von Bachmut, nur sehr begrenzte Erfolge erzielt, dabei jedoch grosse Verluste erlitten.

auch bachmut ist keine Ausnahme.
Mithilfe von zehntausenden Soldaten (und potentiell auch zehntausenden Toten) hat man es geschafft über rund 6 Monate hinweg die Ukraine um gerademal ~2km zurückzudrängen (komplett aus der Stadt heraus)
das ist das Sinnbild eines begrenzten Erfolges, für den Kreg an sich hat das keinerlei Vorteile, die Stellungen der Ukraine sind eiterhin stabil, die nächsten 2-3 Layer Verteidigung stehen längst und auch logistisch hat Bachmut keine echten Vorteile für Russland. Ausser dass sich die russische Armee blamiert und ausgeblutet hat, sowie es interne Konflikte bildete (Wagner vs. Armee, FSB vs Prigoschin, usw) und die ukrainische Moral eher gewonnen hat durch den Beweis dass man auch einem Hauptstoss lange standhalten kann hat das nichts geändert.

Eben ein Pyrhussieg, die Schlacht irgendwie "gewonnen" aber dadurch den krieg eher noch wahrscheinlicher Verloren.

Geschrieben von: General Gauder 23. May 2023, 11:02

Viele wollen ja zwischen Bachmut und Stalingrad eine Verbindung ziehen, ich würde eher sagen das Verdun das bessere Beispiel ist von wegen Weißbluten und so.

Geschrieben von: goschi 23. May 2023, 11:07

ZITAT(General Gauder @ 23. May 2023, 12:02) *
Viele wollen ja zwischen Bachmut und Stalingrad eine Verbindung ziehen, ich würde eher sagen das Verdun das bessere Beispiel ist von wegen Weißbluten und so.

ich schrieb früh, dass bachmut mich komplett an Verdun erinnert und wurde dafür zT kritisiert biggrin.gif
Ich bleibe dabei, es ist das eigentlich sinnlose Verbrennen ganzer Frontabschnitte für einen irrelevanten Sieg, der nachhaltig die eigenen Kräfte schwächt und nur dem Status wegen einen Nutzen hat (die Forts Vaux und Doaumont warwn nach der Eroberung strategisch völlig nutzlos, ausser dass sie halt da standen und waren dann auch nicht haltbar bei der Gegenoffensive)

Russland hat an bachmut eine ganze generation Soldaten verbrannt, entweder direkt getötet oder verwundet und traumatisiert und hat mit den dort verbluteten und verbrannten Mitteln potentiell endgültig die Fähigkeit zur grossen Offensive aufgegeben.

Geschrieben von: Glorfindel 23. May 2023, 11:57

ZITAT(goschi @ 23. May 2023, 10:54) *
(...)
Eben ein Pyrhussieg, die Schlacht irgendwie "gewonnen" aber dadurch den krieg eher noch wahrscheinlicher Verloren.

Wenn überhaupt das als Sieg bezeichnet werden kann. Sollte die ukrainische Offensive erfolgreich sein, so würde ich Bachmut sogar strategisch als Niederlage bezeichnen.

Ja, in einzelnen Bereichen passt Verdun, sollte es den Ukrainer gelingen, Bachmut einzukesseln, wären wir dann aber tatsächlich wieder auch beim Stalingrad-Vergleich.

Geschrieben von: Salzgraf 31. May 2023, 23:42

zur Ausgangsfrage:
relativ zeitgleich passieren zwei Ereignisse:
- die ukrainische Sommeroffensive
- Lukaschenko stirbt

Der (Interims-)Nachfolger von Lukaschenko erklärt, daß die militärischen Aktionen der Ukrainer die Gefahr für Belarus erhöhen und mobilisiert alle Personen, die das Militär seit 2013 verlassen haben.
Nachdem die Mobilisierten bewaffnet sind (1 Woche später), erklärt der lukaschenko-Nachfolger, daß die russischen Soldaten inkl. Waffen und Munition legitime Ziele für die Ukrainer seien und fordert die Russen umgehend auf abzuziehen (und verbietet Landungen russischer Flugzeuge).
- Putin befürchtet den Verlust von Belarus und zieht Omon, Rosguardia etc. und von den kampfkräftigen, loyalen Infanterieverbänden 2/3 aus der Ukraine ab (das restliche Drittel bleibt auf der Krim) und verlegt es nach Belorus . Auch das modernste Großgerät (MBT, APC, Artillerie) wird auch aus der Ukraine abgezogen.
Es verbleiben zweitklassiges Großgerät und nicht so kampfkräftige russische Infanterie auf dem ukrainischen Festland. Die russische Flugabwehr wirkt aus Russland heraus über das Schlachtfeld. Auch die Luftwaffe unterstützt die SMO weiter.
Es wird ein Generalstab aus LVR, DVR und Krim gebildet, die dann für die SMO zuständig sind.
Variante a)
analog zu Cherson ziehen sich die verbleibenden Truppen mit 70 km/d vom Nordufer des Asowschen Meer zurück, etwa auf die Grenzen vom 01.01.2022. Die LVR;DVR verteidigen die Gebiete verbissen verbliebenen Gebiete.
Variante b) die Front bleibt überdehnt und die Ukrainer könnenirgendwo Erfolge erzielen z.B. Lujhansk einschlissen, die Versorgungs von Donetzk (Stadt) gen Rostov bedrohen....

Wenn Donetzk (Stadt) ernsthaft bedroht ist (von einer Umfassung z.B.) gibt es Friedensverhandlungen.

Geschrieben von: goschi 1. Jun 2023, 08:10

mata.gif

Geschrieben von: Wraith187 1. Jun 2023, 08:21

ZITAT(goschi @ 1. Jun 2023, 09:10) *
mata.gif

confused.gif

Geschrieben von: goschi 1. Jun 2023, 08:24

es ist eine Abfolge sehr konstruierter, sehr spezifischer Geschehnisse, die für sich genommen schon sehr ... konstruiert sind.
Kurz es ist nette Fiktion, aber keine Wahrscheinlichkeit.

Geschrieben von: Glorfindel 1. Jun 2023, 09:36

Ich glaube nicht, dass ein autokratischer Lukaschenka-Nachfolger sich von Putin lösen kann/will. Die tatsächliche Unterstützung für Lukaschenka dürfte mittlerweile gering sein. Auch der Handlungsspielraum für Lukaschanka ist gering. Er befindet sich in einer sehr unangenehmen Lage, mit einem schlechten und falschen Verbündeten auf der einen Seite und auf der anderen Seite ist er ansonsten in Europa völlig isoliert.

Beim Tode von Lukaschenka müsste Neuwahlen geben. Ich gehe davon aus, dass diese jemand aus Lukaschenkas Umkreis gewinnen wird, sein Sohn Viktor oder Natalia Katschanaw, die Vorsitzendes des Rates der Republik. Weder Viktor noch Katschanaw werden mit Moskau brechen, weil wenn sie das tun, werden sie vermutlich (durch das Volk) gestürzt. Ich glaube eher an folgende Szenarien:


Szenario Eiszeit
Russland verliert den Krieg nicht (gänzlich) und Weissrussland bleibt unter dem Einfluss von Russland

Bewertung: nicht unwahrscheinlich

Szenario Marsch auf Minsk
Weissrussland wird in den Ukrainekrieg reingezogen, indem dazu von Putin gezwungen wird oder in dem weissrussische Dissidenten nach Weissrussland einfallen. Die Sicherheitskräfte laufen über oder davon, Lukaschenka wird durch die bewaffnete Opposition abgesetzt. Es kommt zu "freien" Neuwahlen

Bewertung: im Moment gibt es dafür keine Anzeichen dafür, aber nicht unmöglich

Szenario Ceausescu
Russland verliert den Krieg in der Ukraine und Lukaschenka wird gestürzt anlässlich einer Revolution. Dies könnte auch in Verbindung mit dem Szenario "Marsch auf Minsk" laufen.

Bewertung: im Moment hat Russland den Krieg noch nicht verloren, aber sollte dies eintreffen, handelt es sich um ein wahrscheinliches Szenario

Szenario Bürgerkrieg
Es kommt zum Bürgerkrieg in Weissrussland zwischen Lukaschenko-Anhängern und der bewaffneten Opposition, möglicherweise auf beiden Seiten mit Splittergruppen. Allenfalls auch durch Übergreifen des Krieges auf Belarus, wenn die Lukaschenka-Loyalisten genügend stark sind. Das wird v.a. dann passieren, wenn das Putin-Regime weiter an der Macht ist, aber geschwächt.

Bewertung: unwahrscheinlich

Szenario "Alter kranker Mann"
Putin verliert den Krieg, trotzdem kann sich Lukaschenka halten und versucht sich wieder Richtung Westen zu orientieren.

Bewertung: sehr unwahrscheinlich, da in diesem Fall Weissrussland schon gar keine Zukunftsperspektive mehr hätte, Lukaschenka keinen russischen Support, dafür eine (bewaffnete) Opposition gegen sich, weshalb dann die Szenarien "Ceausecu" oder "Marsch auf Minsk" wahrscheinlicher sind.

Insgesamt ist es weit weniger wahrscheinlich, dass Veränderungen in der Ukraine durch Geschehnisse in Weissrussland erfolgen als dass die Veränderungen in Weissrussland durch den Kriegsverlauf in der Ukraine bewirkt werden. Es gibt einen guten Grund, weshalb weit über tausend Weissrussen auf Seite der Ukraine kämpfen. Die glauben nicht, dass sich etwas ändert in Belarus solange Putin an der Macht ist (oder nicht zumindest massiv geschwächt) und sehen eine Möglichkeit in diesem Krieg Putin weg zu kriegen. Es geht diesen Weissrussen um die Freiheit. Wenn sich Weissrussland stärker in der Ukraine engagieren würde, dann glaube ich, dass die weissrussischen Sicherheitskräfte dem nicht gewachsen wären und zusammenbrechen würden und ich glaube auch, dass Lukaschenka dies auch so sieht.

Geschrieben von: Madner Kami 1. Jun 2023, 10:11

ZITAT(Glorfindel @ 1. Jun 2023, 10:36) *
Insgesamt ist es weit weniger wahrscheinlich, dass Veränderungen in der Ukraine durch Geschehnisse in Weissrussland erfolgen als dass die Veränderungen in Weissrussland durch den Kriegsverlauf in der Ukraine bewirkt werden. Es gibt einen guten Grund, weshalb weit über tausend Weissrussen auf Seite der Ukraine kämpfen. Die glauben nicht, dass sich etwas ändert in Belarus solange Putin an der Macht ist (oder nicht zumindest massiv geschwächt) und sehen eine Möglichkeit in diesem Krieg Putin weg zu kriegen. Es geht diesen Weissrussen um die Freiheit. Wenn sich Weissrussland stärker in der Ukraine engagieren würde, dann glaube ich, dass die weissrussischen Sicherheitskräfte dem nicht gewachsen wären und zusammenbrechen würden und ich glaube auch, dass Lukaschenka dies auch so sieht.


Jeder dieser Weißrussen wird als erfahrener Kämpfer nach Hause gehen. Weißrusslands Armee ist ein illoyaler Witz und die Sicherheitskräfte sind primär auf das Zusammenknüppeln von Demonstranten trainiert. Lukaschenko oder einem direkten Nachfolger stehen ein paar heiße Jahre ins Haus, die sie ohne Unterstützung Russlands nicht bewältigen werden können. Je schwächer Russland aus diesem Krieg geht, desto wahrscheinlicher wird ein Umsturz und je mehr die Russen versuchen das Land zu annektieren, desto härter wird der Fall kommen. Die Russen haben bereits https://www.reuters.com/business/aerospace-defense/russia-belarus-sign-document-tactical-nuclear-weapon-deployment-belarus-2023-05-25/ und damit das Spiel auf eine Weise eröffnet, bei der es für sie kein Zurück gibt und das sie zwingt, immer weiter dort zu investieren.

Geschrieben von: Glorfindel 1. Jun 2023, 10:19

Grundsätzlich einverstanden.

ZITAT
Die Russen haben bereits nukleare Waffen in Weißrussland stationiert und damit das Spiel auf eine Weise eröffnet, bei der es für sie kein Zurück gibt und das sie zwingt, immer weiter dort zu investieren.

Da wäre ich mir nicht so sicher. Es gibt wenig sinnvolle Gründe für die Russen, in Weissrussland nukleare Gefechtsköpfe zu stationieren und im Übrigen ist die russische Truppenpräsenz in Belarus mittlerweile gering.

Geschrieben von: Madner Kami 1. Jun 2023, 10:35

ZITAT(Glorfindel @ 1. Jun 2023, 11:19) *
Es gibt wenig sinnvolle Gründe für die Russen, in Weissrussland nukleare Gefechtsköpfe zu stationieren


Oha, dann ist das hier wirklich unterm Radar geflogen? https://www.reuters.com/business/aerospace-defense/russia-belarus-sign-document-tactical-nuclear-weapon-deployment-belarus-2023-05-25/

ZITAT
MOSCOW, May 25 (Reuters) - Russia moved ahead on Thursday with a plan to deploy tactical nuclear weapons in Belarus, whose leader said the warheads were already on the move, in the Kremlin's first deployment of such bombs outside Russia since the 1991 fall of the Soviet Union.

[...]

Belarus President Alexander Lukashenko said that tactical nuclear weapons were already on the move in accordance with an order signed by Putin, though there was no confirmation of that from the Kremlin itself.

"The movement of the nuclear weapons has already begun," Lukashenko told reporters in Moscow, where he was attending talks with other leaders of ex-Soviet states.

Asked if the weapons were already in Belarus, he said: "Possibly. When I get back I will check."

[...]

Geschrieben von: Glorfindel 25. Jun 2023, 13:52

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
(...)
Ende des Krieges durch Zusammenbruch Russlands im Inneren / Umsturz
Russland kann den Krieg aus innenpolitischen Gründen nicht mehr führen
- Volkserhebung infolge wirtschaftlichem Zusammenbruch oder infolge anderer Unzufriedenheit
- Ausbruch von Machtkämpfen nach dem Tode Putins
- Putsch aus Kreisen des Sicherheitsapparts

Bewertung: sehr unwahrscheinlich nicht mehr unwahrscheinlich

Nach den gestrigen Ereignissen würde ich sagen, dass Putin geschwächt ist und es denkbar ist, dass in Russland ein offener Machtkampf ausbricht.

Schoigu und Gerasimow befinden sich im Moment gerade auf einem absteigenden Ast. Aber sa sind noch andere, der frühere FSB-Chef Patruschew; Medwedew; Dyumin, welcher als Schoigu-Nachfolger gehandelt wird; Solotow, Kommandant der russ. Nationalgarde.

Geschrieben von: Schwabo Elite 26. Jun 2023, 13:28

ZITAT(Glorfindel @ 23. May 2023, 12:57) *
ZITAT(goschi @ 23. May 2023, 10:54) *
(...)
Eben ein Pyrhussieg, die Schlacht irgendwie "gewonnen" aber dadurch den krieg eher noch wahrscheinlicher Verloren.

Wenn überhaupt das als Sieg bezeichnet werden kann. Sollte die ukrainische Offensive erfolgreich sein, so würde ich Bachmut sogar strategisch als Niederlage bezeichnen.

Ja, in einzelnen Bereichen passt Verdun, sollte es den Ukrainer gelingen, Bachmut einzukesseln, wären wir dann aber tatsächlich wieder auch beim Stalingrad-Vergleich.


Ich finde diese Vergleiche immer schwierig (Historikerkrankheit), aber Verdun erscheint mir viel näher dran als Stalingrad: Stalingrad war und ist ein industrielles, infrastrukturelles und bildungsmäßiges Zentrum in Russland. Bachmut ist Kreisstadt, hat eine wichtige Salzmine im Vorort Soledar, ein großes Weingut und die aus den Berichten bekannte Schlachterei. So viel mehr ist da nicht. Das ist selbst für die Ukraine und besonders den Donbas keine wichtige Stadt und strategisch eben weitestgehend irrelevant. Wenn man im Donbas schon Sewerodonetzk, Donetzk und Luhansk erobert hat, dann sind Slowjansk und Kramatorsk weitaus wichtiger.
Verdun war wirtschaftlich auch unbedeutend, lag aber als stark befestigtes Fort zumindest an der großen französischen Verkehrsachse Metz-Reims sowie an der Maas. Was aber alle drei langen Schlachten waren, sind, dass sie noch im Konflikt zu Erinnerungsorten für den Widerstandsgeist der Verteidiger geworden sind. Und das ist für die Ukrainer das eigentlich wichtige: Sie wurden in Bachmut nicht vernichtend geschlagen, ihre Linien haben gehalten und sie konnten den Russen schwerste Verluste zufügen. Für die Russen dürfte Bachmut nicht mehr ein so positiv besetzter Ort sein.

Geschrieben von: Schwabo Elite 26. Jun 2023, 13:31

ZITAT(Glorfindel @ 25. Jun 2023, 14:52) *
ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
(...)
Ende des Krieges durch Zusammenbruch Russlands im Inneren / Umsturz
Russland kann den Krieg aus innenpolitischen Gründen nicht mehr führen
- Volkserhebung infolge wirtschaftlichem Zusammenbruch oder infolge anderer Unzufriedenheit
- Ausbruch von Machtkämpfen nach dem Tode Putins
- Putsch aus Kreisen des Sicherheitsapparts

Bewertung: sehr unwahrscheinlich nicht mehr unwahrscheinlich

Nach den gestrigen Ereignissen würde ich sagen, dass Putin geschwächt ist und es denkbar ist, dass in Russland ein offener Machtkampf ausbricht.

Schoigu und Gerasimow befinden sich im Moment gerade auf einem absteigenden Ast. Aber sa sind noch andere, der frühere FSB-Chef Patruschew; Medwedew; Dyumin, welcher als Schoigu-Nachfolger gehandelt wird; Solotow, Kommandant der russ. Nationalgarde.

Lukaschenka indes hat seine Position, meiner Ansicht nach, deutlich verbessert. Putin schuldet ihm was, Prigoschin befindet sich möglicherweise bereits in Belarus, ist aber nun auch auf Lukaschenka angewiesen. Damit dürfte der Präsident von Belarus nun im Zweifelsfall auch direkt auf Wagner zugreifen können, z. B. wenn Putin doch noch dort einmarschieren will.

Geschrieben von: Glorfindel 26. Jun 2023, 13:38

ZITAT(Schwabo Elite @ 26. Jun 2023, 13:28) *
(...)
Ich finde diese Vergleiche immer schwierig (Historikerkrankheit) (...)

Ja, Vergleiche sind immer schwierig ("Vietnam!"), aber sie machen es für das gemeine Volk einfacher. Stalingrad ist eigentlich jedem in Deutschland, ja vielleicht fast in ganz Europa, ein Begriff, wogegen Verdun, auch wenn von der Bedeutung her vergleichbar, die Erinnerung wohl so langsam verblast, zumindest ausserhalb von Frankreich.

Geschrieben von: Broensen 26. Jun 2023, 20:00

ZITAT(Glorfindel @ 26. Jun 2023, 14:38) *
Stalingrad ist eigentlich jedem in Deutschland, ja vielleicht fast in ganz Europa, ein Begriff, wogegen Verdun, auch wenn von der Bedeutung her vergleichbar, die Erinnerung wohl so langsam verblast, zumindest ausserhalb von Frankreich.

Wer Verdun nicht kennt, weiß meist auch von Stalingrad nicht mehr, als dass da mal Krieg war. Und dann ist jede Schlacht gleichbedeutend.

Geschrieben von: Arado-234 27. Jun 2023, 08:26

Verdun verblasst nicht, es ist eher ein stehender Begriff für das Grauen des Krieges.

Geschrieben von: Wraith187 27. Jun 2023, 09:19

ZITAT(Arado-234 @ 27. Jun 2023, 09:26) *
Verdun verblasst nicht, es ist eher ein stehender Begriff für das Grauen des Krieges.

Für Leute die sich in Foren wie diesem hier herumtreiben sicherlich, aber für die allgemeine Bevölkerung? Das würde ich stark bezweifeln.

Geschrieben von: speedy100 27. Jun 2023, 12:02

Verdun sollte Pflicht für Schulklassen sein.

Geschrieben von: General Gauder 27. Jun 2023, 12:13

ZITAT(speedy100 @ 27. Jun 2023, 13:02) *
Verdun sollte Pflicht für Schulklassen sein.

Tja eigentlich schon aber es gibt genug Schulen die es nicht bis ins 20 Jahrhundert in Geschichte schaffen, wenn ich daran denke das wir damals 1Jahr lang den 30 jährigen Krieg behandelt haben und das auch eher oberflächlich tja dann ....

Geschrieben von: Salzgraf 27. Jun 2023, 13:01

ZITAT(General Gauder @ 27. Jun 2023, 13:13) *
ZITAT(speedy100 @ 27. Jun 2023, 13:02) *
Verdun sollte Pflicht für Schulklassen sein.

Tja eigentlich schon aber es gibt genug Schulen die es nicht bis ins 20 Jahrhundert in Geschichte schaffen, wenn ich daran denke das wir damals 1Jahr lang den 30 jährigen Krieg behandelt haben und das auch eher oberflächlich tja dann ....

dazu kommt sog. Bulimielernen bei Schülern: kurz vor der Klausur sich paar Fakten reinprügeln und danach wieder vergessen.
Ich vermute, daß maximal 20% der Geburtenjahrgänge 1980 und später auf die Fragen:
1. Welches bedeutende Ereignis fand im 20. Jahrhundert in Verdun statt?
2. Welches bedeutende Ereignis fand im 20. Jahrhundert in Stalingrad statt?
eine Antwort mit dem korrekten Krieg, den Hauptbeteiligten vor Ort und dem Wort Gefecht/Schlacht geben würde.

Geschrieben von: Almeran 27. Jun 2023, 13:04

Bitte keine Bildungsdiskussion in diesem Thema. Danke.

- Almeran (Mod)

Geschrieben von: Glorfindel 18. Sep 2023, 07:48

Die NZZ schreibt zur Frage, wie der Ukrainekrieg enden kann.

ZITAT
Nun dauert der Krieg in der Ukraine bereits ein Jahr und sechs Monate. Viele fragen sich: Wann wird dieser Krieg endlich enden? Und wie?

Auch Forscher beschäftigen sich mit diesen Fragen. Sie stützen sich dabei auf Datensätze. In einem der umfangreichsten sammelt das Uppsala Conflict Data Program die Daten von allen Kriegen seit 1946. (...)

Am häufigsten enden Kriege nicht mit einem klaren Sieg oder einer Niederlage. Rund ein Drittel verebbt. Zum Beispiel, weil sich Konfliktparteien auflösen oder es nur noch sporadisch zu tödlichen Auseinandersetzungen kommt. (...)

Etwas weniger als ein Drittel der Kriege enden, weil eine Seite gewinnt. Und nur ein Fünftel endet durch Verhandlungen: Waffenstillstände und Friedensabkommen kommen dabei gleich häufig vor. (...)

Die Dauer eines Krieges wiederum hängt mit seinem Typ zusammen. Zwischenstaatliche Kriege, wie der Russland-Ukraine-Krieg, sind seit 1945 selten. 90 Prozent dieser Kriege dauern weniger als drei Jahre und sind somit in der Regel kürzer als Bürgerkriege. (...)

Je länger ein Krieg dauert, desto unwahrscheinlicher wird ein militärischer Sieg und desto eher müssen sich die Kriegsparteien an den Verhandlungstisch setzen. (...)

Damit sich beide Seiten auf Gespräche einlassen und diese auch ernst nehmen, braucht es gewisse Voraussetzungen: «Sie müssen überzeugt sein, dass sie am Verhandlungstisch etwas Besseres erreichen können als auf dem Schlachtfeld. Das heisst, der Status quo muss sehr schmerzhaft sein», sagt Dana Landau, Friedensforscherin am Institut Swisspeace in Basel. Die Wissenschaft spreche davon, dass ein Konflikt reif sein müsse für Verhandlungen.

Dies sei in der Ukraine noch nicht der Fall, sagt Landau, aber es sei schwierig, eine Prognose abzugeben, da die offiziell kommunizierten Positionen von Konfliktparteien selten der Wahrheit entsprächen. (...)

Bürgerkriege wie in Syrien, in denen internationale Mächte mitmischen, sind sowieso besonders kompliziert zu lösen. Es gibt immer mehr davon. Zwischenstaatliche Kriege gibt es im Gegensatz nur wenige. (...)

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ist somit ein statistischer Ausreisser – auch hinsichtlich seiner Intensität. (...)

Die Analyse des grossen Datensatzes des Uppsala Conflict Data Program zeigt: Frieden halten länger, wenn Kriege klar enden – entweder mit einem Sieger oder einem gemeinsamen Friedensabkommen. Wenn der Krieg verebbt oder nur ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen wird, ist die Gefahr eines erneuten Ausbruchs höher. (...)

«Was diese Auswertungen nicht erfassen, ist die Qualität des Friedens»

Kriege können also auf ganz unterschiedliche Arten aufhören.

https://www.nzz.ch/international/wie-stehen-die-chancen-auf-ein-baldiges-ende-des-ukraine-kriegs-ein-blick-auf-fruehere-konflikte-zeigt-worauf-es-ankommt-ld.1723250

Geschrieben von: Glorfindel 29. Dec 2023, 15:01

Ende Jahr, Zeit um in die Zukunft zu schauen. Wie wird das Jahr 2024 aussehen:

ZITAT(Glorfindel @ 28. Dec 2022, 12:05) *
Ich möchte hier die Frage diskutieren, welche Szenarien für ein Ende des Ukrainekrieges möglich sind. Ich schlage vor, dass wir hier mit Hauptszenarien arbeiten und Unterszenarien:

Mögliche Hauptszenarien für das Jahre 2023:2024

echtes Friedensabkommen
Die Ukraine, Russland und der Westen können ein echtes Friedensabkommen schliessen, welches alle Fragen für die Zukunft beantwortet. Unterszenarien wären z.B.
- die Krim und der Donbass (inkl. Landverbindung zur Krim) werden russisches Staatsgebiet.
- der Donbass wird wieder ukrainisch, über den Status der Krim wird in 10 Jahren abgestimmt (faktisch damit russisch)
- der Donbass und die Krim werden zu autonomen Gebieten, Stationierung von Friedenstruppen. Denkbar ist hier ganz vielen.

Bewertung: Sehr unwahrscheinlich
Bleibt dabei. Das ist sehr unwahrscheinlich.

Waffenstillstand
Aufgrund einer Pattsituation und dem wirtschaftlichen Schaden durch den Krieg wird ein vorübergehender Waffenstillstand ausgehandelt. Die Kampfhandlungen nehmen ab. Unterszenarien wären dann z.B.
- brüchiger Waffenstillstand
- Einsatz von Friedenstruppen zur Absicherungen des Waffenstillstandes
- eine Art koreanische Lösung mit sehr stark gesicherter Demarkationslinie, kalter Krieg zwischen der NATO und Russland

Bewertung: Eher unwahrscheinlich
Ich denke, dass ein (gleichberechtigter) Waffenstillstand im Moment auch unwahrscheinlich bis sehr unwahrscheinlich ist. Die Chancen haben sich eher verschlechtert.

Militärisch Pattsituation, Krieg geht weiter
Militärisch kommt es zu einer Pattsituation, die Kampfhandlungen gehen jedoch weiter.
Unterszenarien:
- Stellungskrieg, Einfrierung der Front
- leichte Geländegewinne für eine der beiden Kriegsparteien

Bewertung: Eher wahrscheinlich
Würde ich für 2024 auch sagen: wahrscheinlich.

Militärischer Sieg der Ukraine
Die Ukraine kann die russischen Streitkräfte militärisch schlagen.
Unterszenarien:
- unkoordinierter Zusammenbruch der russischen Streitkräfte in der Ukraine
- Kapitulation der russischen Truppen in der Ukraine
- nur die Krim kann militärisch gehalten werden

Bewertung: Nicht mehr völlig unwahrscheinlich
Ich würde dabei bleiben: Unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Die Sommeroffensive ist grundsätzlich gescheitert. Der Ukraine ist es nicht jedenfalls nicht gelungen ans Asowsche Meer zu stossen. Überraschungen können immer noch eintreten und eine unerwartete ukrainische Offensive ist noch möglich.

Militärischer Sieg Russlands
Russland kann die ukrainischen Streitkräfte militärisch schlagen, so dass die Ukraine kapitulieren muss. Russland kann weitgehend seine territorialen Ansprüche durchsetzen. Unterszenarien:
- Russland annektiert den Grossteil der Ukraine und schafft eine autonome Teilrepublik Ukraine innerhalb der russischen Föderation. Das Gebiet um Lemberg bleibt allenfalls noch ein ukrainischer Rumpfstaat.
- nur "Neurussland" wird russisch
- Möglichkeit, dass trotz eines militärischen Sieges von Russland Partisanenkrieg weitergeht.

Bewertung: Extrem unwahrscheinlich
Ich würde dabei bleiben, vielleicht auf sehr unwahrscheinlich herabstufen. Auch auf Seiten Russlands sind Überraschungen möglich, ich sehe aber nicht, dass diese zu einem völligen Zusammenbrechen der Ukrainer führen könnten.

Überschwappen den Kriegs auf die NATO und oder Intervention der USA
Unterszenarien:
- Konventioneller Schlagabtausch zwischen Russland und der NATO und oder USA. Russland wird konventionell geschlagen.
- Russischer Atomschlag in der Ukraine, konventionelle Antwort der NATO und oder USA. Russland wird konventionell geschlagen.
- Atomarer Schlagabtausch mit wenigen kleineren Nukleargefechtsköpfen. Schlimme Schäden in der Ukraine und in einigen europäischen und russischen Gebieten. Allenfalls gewisse kleinere Auswirkungen aufs Klima
- Atomarer Schlagabtausch. Vernichtung Teilen von Europa, USA und Russland

Bewertung: sehr unwahrscheinlich (kleinerer konventioneller Schlagabtausch bis extrem unwahrscheinlich (schlimmstes Szenario)
Ich würde da bleiben. Mit einem Einfall ins Baltikum könnten die Russen war versuchen, die Europäer vor ein Dilemma zu stellen. Die Russen sind jedoch an ihrer Nordflanke mittlerweile mit ziemlichen Herausforderungen konfrontiert. Die baltischen Staaten haben sich militärisch erstaunlich gemacht. Jedes der baltischen Staaten ist in der Lage mehr oder weniger eine Division zu stellen. Dazu kommen die grosse, gut ausgerüstete und (für die Russen) gefürchtete finnische Armee im Norden sowie die ebenfalls relativ grosse und mittlerweile auch gutausgerüstete Polnische Armee im Westen. Die russische Armee wird das nicht einfach so packen und das weiss sie wohl auch

Ende des Krieges durch Zusammenbruch Russlands im Inneren / Umsturz
Russland kann den Krieg aus innenpolitischen Gründen nicht mehr führen
- Volkserhebung infolge wirtschaftlichem Zusammenbruch oder infolge anderer Unzufriedenheit
- Ausbruch von Machtkämpfen nach dem Tode Putins
- Putsch aus Kreisen des Sicherheitsapparts

Bewertung: sehr unwahrscheinlich
auch das würde ich auf unwahrscheinlich angesichts des Wagner Putsches und dem wirtschaftlichen Raubbau in Russland herabstufen. Allerdings ist es sehr schwer sowas wie einen Zusammenbruch vorauszusagen. Es wäre allersdings auch nicht das erste Mal das sowas in Russland passiert. Ich vermute auch, dass zumindest Teile der Streitkräfte mittlerweile stark demotiviert sind.


Ich würde im Moment als die wahrscheinlichsten Szenarien sehen, dass der Krieg noch zirka und bis zwei Jahre geht und am ehesten mit einem Zusammenbruch Russlands oder einem Waffenstillstand mit Rückzug auf ungefähr die Vorkriegslinien endet. Ein Zusammenbruch der Ukraine wäre Europa einen Katastrophe, bei einem Zusammenprall Russlands mit der NATO wird Russland praktisch sicher nicht als Sieger hervorgehen. Schliesslich ist festzuhalten, dass Voraussagen sehr schwierig sind, da verschiedene Punkte unbekannt sind:
- Wahlen in den USA und mehreren europäischen Staaten
- weitere Unterstützung des Westens für Russland
- Unterstützung Chinas für Russland
- weitere potentielle Konflikte, die ausbrechen könnten (z.B. Taiwan, Naher Osten etc.)
- innere Verfassung Russlands
usw.

Geschrieben von: Broensen 29. Dec 2023, 16:36

ZITAT(Glorfindel @ 29. Dec 2023, 15:01) *
Militärischer Sieg Russlands ...Bewertung: Extrem unwahrscheinlich
Ich würde dabei bleiben, vielleicht auf sehr unwahrscheinlich herabstufen. Auch auf Seiten Russlands sind Überraschungen möglich, ich sehe aber nicht, dass diese zu einem völligen Zusammenbrechen der Ukrainer führen könnten.
Das gilt für 2024, ja. Auf längere Sicht würde ich diese Wahrscheinlichkeit jedoch leider als steigend betrachten, je nach politischer Entwicklung im Westen.
ZITAT
Mit einem Einfall ins Baltikum könnten die Russen war versuchen, die Europäer vor ein Dilemma zu stellen.
Welches Dilemma wäre denn das? Ich sehe da keine zwei Übel, aus denen man wählen könnte. Eine Verteidigung oder Rückeroberung und somit ein vollumfänglicher Waffengang gegen Russland wäre unvermeidbar und würde zum Zusammenbruch der russischen Streitkräfte führen, da sie für eine Front vom Nordkap bis zur Krim und womöglich noch dem Kaukasus nicht die erforderlichen Ressourcen in hinreichender Qualität aufbringen könnten. Die Optionen auf Seiten der NATO und EU wären lediglich, ob man sich nur auf das eigene Territorium beschränkt, oder auch noch selbst in der Ukraine und in Transnistrien aktiv wird.

Geschrieben von: Sensei 29. Dec 2023, 16:56

ZITAT(Broensen @ 29. Dec 2023, 16:36) *
ZITAT(Glorfindel @ 29. Dec 2023, 15:01) *
Militärischer Sieg Russlands ...Bewertung: Extrem unwahrscheinlich
Ich würde dabei bleiben, vielleicht auf sehr unwahrscheinlich herabstufen. Auch auf Seiten Russlands sind Überraschungen möglich, ich sehe aber nicht, dass diese zu einem völligen Zusammenbrechen der Ukrainer führen könnten.
Das gilt für 2024, ja. Auf längere Sicht würde ich diese Wahrscheinlichkeit jedoch leider als steigend betrachten, je nach politischer Entwicklung im Westen.

Je nach politischer Entwicklung...
Aber selbst bei einem kompletten Einstellen der Waffenlieferungen des Westens (sehr unwahrscheinlich) käme es ganz auf die Politischen Entwicklung und den Kampfeswillen in der Ukraine an. Wenn hier der Überlebenskampf beschworen werden kann, der dann für den normalen Ukrainer sogar noch eindrücklicher werden könnte, dann kann Russland auch dann nicht einfach bis Lviv durchfahren.

ZITAT
ZITAT
Mit einem Einfall ins Baltikum könnten die Russen war versuchen, die Europäer vor ein Dilemma zu stellen.
Welches Dilemma wäre denn das? Ich sehe da keine zwei Übel, aus denen man wählen könnte. Eine Verteidigung oder Rückeroberung und somit ein vollumfänglicher Waffengang gegen Russland wäre unvermeidbar und würde zum Zusammenbruch der russischen Streitkräfte führen, da sie für eine Front vom Nordkap bis zur Krim und womöglich noch dem Kaukasus nicht die erforderlichen Ressourcen in hinreichender Qualität aufbringen könnten. Die Optionen auf Seiten der NATO und EU wären lediglich, ob man sich nur auf das eigene Territorium beschränkt, oder auch noch selbst in der Ukraine und in Transnistrien aktiv wird.


Das Dilemma wohl der Prüfstein der Nato: Steht ihr wirklich alle vollständig zum Artikel 5?!
Gehen die Spanier und Italiener (oder auch die Deutschen) all-in, um ein paar Randsiedlungen in Estland zu verteidigen?

Wahrscheinlich wird die Antwort hier ja lauten. Zumal es derzeit gar nicht die volle Macht der NATO braucht, um Russland entgegenzutreten.

Geschrieben von: Glorfindel 29. Dec 2023, 18:01

Ja, ich sage ja nur, dass es ein Versuch der Russen sein könnte, die Europäer in ein Dilemma zu führen, nicht, dass nicht interveniertvwerden würde. Aber ganz so klar wäre das auch nicht.

ZITAT
Der militärischer Konflikt in den baltischen Staaten aufgrund der russischen Invasion hat weltweit Bestürzung ausgelöst. Die Rufe nach einer sofortigen Intervention zugunsten dieser Länder werden lauter, aber es gibt auch eine kontroverse Perspektive, die darauf hinweist, dass eine solche Intervention möglicherweise nicht die beste Lösung ist. Hier sind einige Überlegungen aus dieser Perspektive:

Eine militärische Intervention ist nicht die effektivste Lösung, um langfristigen Frieden und Stabilität in der Region zu gewährleisten. Andere diplomatische, wirtschaftliche und politische Mittel könnten genutzt werden, um eine nachhaltige Lösung zu erreichen.

Eine Militärische Intervention sollten erst dann erwogen werden, wenn alle diplomatischen Mittel erschöpft sind. Dabei sollten die Vereinten Nationen und neutrale Staaten wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika eine Schlüsselrolle spielen und sicher nicht die NATO.

Das Baltikum ist eine sensible Schnittstelle zwischen der NATO und Russland. Eine Intervention könnte die bereits angespannten geopolitischen Beziehungen weiter verschärfen. Statt zu einer Lösung beizutragen, könnte eine militärische Intervention zu einer Eskalation und zu weiteren Spannungen führen, möglicherweise würde Russland den Krieg dann weiter eskalieren. Schwer kalkulierbar ist zudem, wann in der russischen Führung dann der Punkt erreicht ist, wo man glaubt, nur noch mit Atomwaffen reagieren zu können. Diejenigen, die das nukleare Risiko herunter reden, kommen mit wenig überzeugenden, teilweise naiven Argumenten daher. Wir dürfen uns doch nicht an die rote Linie der Russen herantasten und damit pokern.

Militärische Interventionen haben oft weitreichende humanitäre Konsequenzen. Es könnte zu Flüchtlingsströmen, Zerstörung von Infrastruktur und unschuldigen Opfern führen. Der Preis einer Intervention muss sorgfältig abgewogen werden. Wir müssen uns dehalb überlegen, ob wir die baltischen Staaten in ihrem heldenhaften aber aussichtslosen Kampf unterstützen wollen oder ob nicht jetzt die Stunde für Nüchternheit und Realpolitik ist. Konkret bedeutet das, wir müssen Putin Verhandlungen anbieten, damit er sein Ziel auch ohne einen Krieg erreichen kann.

Das Ziel muss sein, jedes weitere Blut­vergießen im Baltikum zu verhindern. Ein mögliches Szenario ist, dass Berlin oder Warschau zum Sitz der baltischen Exil­regierungen wird und die baltischen Staaten unter temporäre russische Kontrolle kommen oder neutralisiert werden. Das wird den eigentlichen Konflikt nicht lösen, könnte aber Leid und Tote verhindern.

Wir brauchen jetzt deshalb politische Initiativen. Dazu gehört unter anderem, dass man die baltische Frage bzw. das Problem der Enklave Kaliningrad jetzt mal begradigt, dass man Russland deutlicher als bisher signalisiert, wir wollen keine Probleme mit euch, sondern wir wollen einen fairen Interessensausgleich und wir sind auch vielleicht bereit, über manche Dinge neu zu reden.

Geschrieben von: Marcus Marius 29. Dec 2023, 18:07

ZITAT(Glorfindel @ 29. Dec 2023, 18:01) *
Ja, ich sage ja nur, dass es ein Versuch der Russen sein könnte, die Europäer in ein Dilemma zu führen, nicht, dass nicht interveniertvwerden würde. Aber ganz so klar wäre das auch nicht.

ZITAT
Der militärischer Konflikt in den baltischen Staaten aufgrund der russischen Invasion hat weltweit Bestürzung ausgelöst. Die Rufe nach einer sofortigen Intervention zugunsten dieser Länder werden lauter, aber es gibt auch eine kontroverse Perspektive, die darauf hinweist, dass eine solche Intervention möglicherweise nicht die beste Lösung ist. Hier sind einige Überlegungen aus dieser Perspektive:

Eine militärische Intervention ist nicht die effektivste Lösung, um langfristigen Frieden und Stabilität in der Region zu gewährleisten. Andere diplomatische, wirtschaftliche und politische Mittel könnten genutzt werden, um eine nachhaltige Lösung zu erreichen.

Eine Militärische Intervention sollten erst dann erwogen werden, wenn alle diplomatischen Mittel erschöpft sind. Dabei sollten die Vereinten Nationen und neutrale Staaten wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika eine Schlüsselrolle spielen und sicher nicht die NATO.

Das Baltikum ist eine sensible Schnittstelle zwischen der NATO und Russland. Eine Intervention könnte die bereits angespannten geopolitischen Beziehungen weiter verschärfen. Statt zu einer Lösung beizutragen, könnte eine militärische Intervention zu einer Eskalation und zu weiteren Spannungen führen, möglicherweise würde Russland den Krieg dann weiter eskalieren. Schwer kalkulierbar ist zudem, wann in der russischen Führung dann der Punkt erreicht ist, wo man glaubt, nur noch mit Atomwaffen reagieren zu können. Diejenigen, die das nukleare Risiko herunter reden, kommen mit wenig überzeugenden, teilweise naiven Argumenten daher. Wir dürfen uns doch nicht an die rote Linie der Russen herantasten und damit pokern.

Militärische Interventionen haben oft weitreichende humanitäre Konsequenzen. Es könnte zu Flüchtlingsströmen, Zerstörung von Infrastruktur und unschuldigen Opfern führen. Der Preis einer Intervention muss sorgfältig abgewogen werden. Wir müssen uns dehalb überlegen, ob wir die baltischen Staaten in ihrem heldenhaften aber aussichtslosen Kampf unterstützen wollen oder ob nicht jetzt die Stunde für Nüchternheit und Realpolitik ist. Konkret bedeutet das, wir müssen Putin Verhandlungen anbieten, damit er sein Ziel auch ohne einen Krieg erreichen kann.

Das Ziel muss sein, jedes weitere Blut­vergießen im Baltikum zu verhindern. Ein mögliches Szenario ist, dass Berlin oder Warschau zum Sitz der baltischen Exil­regierungen wird und die baltischen Staaten unter temporäre russische Kontrolle kommen oder neutralisiert werden. Das wird den eigentlichen Konflikt nicht lösen, könnte aber Leid und Tote verhindern.

Wir brauchen jetzt deshalb politische Initiativen. Dazu gehört unter anderem, dass man die baltische Frage bzw. das Problem der Enklave Kaliningrad jetzt mal begradigt, dass man Russland deutlicher als bisher signalisiert, wir wollen keine Probleme mit euch, sondern wir wollen einen fairen Interessensausgleich und wir sind auch vielleicht bereit, über manche Dinge neu zu reden.



Dr. Varwick oder: Wie Russland lernte, mit der Bombe kampflos bis nach Lissabon zu marschieren.

Geschrieben von: ramke 3. Jan 2024, 09:21

Zum Punkt "Ende des Krieges durch Zusammenbruch Russlands im Inneren / Umsturz"

https://twitter.com/k_sonin/status/1742224860821254329

In Jekaterienburg wurde während der Neujahrsansprache Putins dieser von vielen laut rufenden Menschen beleidigt. Einen solch offenen Protest habe ich bisher nicht in Russland wahrgenommen. In Jekaterienburg gabs 2021 bereits Proteste wegen den Wahlen.


Geschrieben von: Glorfindel 3. Jan 2024, 10:48

Die Stabilität solcher Regimes ist sehr schwierig vorherzusehen bzw. sie können schnell zusammenklappen, wenn sie nicht mehr funktionieren.

Ich vermute, dass viele Russen zwar einerseits massiv verunsichert sind, wegen den fehlenden militärischen Erfolgen, den hohen Verlusten und den wirtschaftlichen Folge, andererseits aber auch nicht möchten, dass Russland den Krieg verliert (auch wenn ich vermute, dass den allermeisten Russen die Krim, der Donbass und erst Recht die übrige Ukraine völlig egal sind. Es kann ohne Weiteres sein, dass Russland bereits tot ist - https://www.bluewin.ch/de/news/international/kiews-praesidentenberater-russland-ist-schon-laengst-tot-2025893.html - es einfach noch nicht weiss. Ich vermute, dass sehr viele Leute in Russland spüren, dass etwas nicht stimmt - genauso spätestens 1941 viele Deutsche gespürt haben, dass etwas nicht stimmt und das es kein gutes Ende finden wird. Aber wir wissen es halt einfach nicht.

Was allerdings bekannt ist, dass einige frühere militärischen Niederlagen Russlands bzw. der Sowjetunion den Staaten destabilisierten und oder es zu Unruhen kam, so 1905 und 1917, der Afghanistankrieg von 1979 bis 1989 beschleunigte zumindest den Zerfall der Sowjetunion.

Ich glaube übrigens, dass die russische Führung sich vor einem wirtschaftlichen Zerfall und damit einhergehenden Unruhen fürchtet. Der gescheiterte Versuch, über gedrosselte Gaslieferungen in Deutschland soziale Unruhen hervorzurufen, sehe ich als Spiegelung der eigenen Angst auf die Deutschland.

Geschrieben von: Sensei 3. Jan 2024, 11:41

Und für die andere Seite gilt:

Sollte die russischen Angriffe an Momentum gewinnen und deutlich auf die nächsten Städte zuhalten, dann könnte den Ukrainern wieder stärker verdeutlicht werden, dass es sich hier wirklich um einen Kampf ums Überleben handelt.
Dieser Kampf ums Überleben motiviert dann noch zusätzlich - anderes als bei einem Überfall auf irgend ein anderes Land wink.gif

Geschrieben von: Merowinger 7. Apr 2024, 22:20

Frankfurter Rundschau: Ich habe einige Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie Ungarn dem Betritt der Ukraine zur NATO zustimmt bzw. mir schwant ungefähr was Orban dafür verlangt.

ZITAT
Der italienischen Zeitung La Repubblica zufolge ist es kein Zufall, dass Blinken und Stoltenberg solche Worte genau jetzt wählen. Das Blatt wittert darin den Hinweis auf eine https://www.merkur.de/politik/nato-jubilaeum-zukunftsforscherin-warnt-putins-intention-russland-ukraine-krieg-frieden-92984912.html, nämlich von Russland besetzte Territorien der Ukraine aufzugeben, um im Austausch Sicherheitsgarantien und den sofortigen Nato-Beitritt des Landes zu erwirken.

Ein Grund hierfür sei, dass ein solcher Handel „von vielen Experten als eine der möglichen Lösungen zur Beendigung des Krieges angesehen“ werde. Zwar sei er im Moment keine politisch diskutierte Option, de facto liege die Option aber auf dem Tisch. [...]

Gleichwohl sei unwahrscheinlich, dass es vor der Präsidentschaftswahl in den USA zu solchen Verhandlungen kommen werde. Allen Akteuren im https://www.fr.de/thema/ukraine-konflikt-sti1524391/ sei, so La Repubblica, bewusst, dass 2025 das Jahr der Verhandlungen sei, 2024 hingegen noch auf dem Schlachtfeld zugebracht werde. [...]

Einer Umfrage von Dezember zufolge, hat sich der Anteil der Ukrainer, die bereit sind, im Gegenzug für Frieden territoriale Zugeständnisse an Russland zu machen, in den letzten sieben Monaten fast verdoppelt - allerdings waren das noch immer nur 19 Prozent der Befragten.
https://www.fr.de/politik/putin-trump-selenskyj-stoltenberg-gebiete-sicherheit-nato-erwaegung-ukraine-krieg-russland-nato-usa-zr-92989415.html

Entlarvend ist die Mitgliedscheckliste für Ungarn, die wohlgemerkt für die Aufnahme neuer Mitglieder gilt, nicht aber für bestehende:
ZITAT
Die Nato hat fünf Anforderungen, die Beitrittskandidaten mindestens erfüllen müssen:
1. Sie müssen die Demokratie hochhalten, einschließlich der Tolerierung von Vielfalt.
2. Sie müssen Fortschritte auf dem Weg zur Marktwirtschaft machen.
3. Ihre Streitkräfte müssen unter fester ziviler Kontrolle stehen.
4. Sie müssen gute Nachbarn sein und die Souveränität außerhalb ihrer Grenzen respektieren.
5. Sie müssen auf die Kompatibilität mit den NATO-Streitkräften hinarbeiten.

Geschrieben von: Salzgraf 8. Apr 2024, 09:14

ZITAT(Merowinger @ 7. Apr 2024, 23:20) *
Frankfurter Rundschau: Ich habe einige Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie Ungarn dem Betritt der Ukraine zur NATO zustimmt bzw. mir schwant ungefähr was Orban dafür verlangt.

Entlarvend ist die Mitgliedscheckliste für Ungarn, die wohlgemerkt für die Aufnahme neuer Mitglieder gilt, nicht aber für bestehende:
ZITAT
Die Nato hat fünf Anforderungen, die Beitrittskandidaten mindestens erfüllen müssen:
1. Sie müssen die Demokratie hochhalten, einschließlich der Tolerierung von Vielfalt.
2. Sie müssen Fortschritte auf dem Weg zur Marktwirtschaft machen.
3. Ihre Streitkräfte müssen unter fester ziviler Kontrolle stehen.
4. Sie müssen gute Nachbarn sein und die Souveränität außerhalb ihrer Grenzen respektieren.
5. Sie müssen auf die Kompatibilität mit den NATO-Streitkräften hinarbeiten.


Lt. Le monde diplomatique dt. Ausgabe März 2024 läuft da die Zeit gegen Orban:
Diejenigen, die sich als Ungarn sehen, haben das Angebot Ungarns angenommen und den ungarischen Pass gezogen und sind gegangen. Aus nachvollziehbaren Gründen sind Ukrainer aus dem Osten auch in die ungarischn Siedlungsregionen geflüchtet. Je länger der Krieg dauert, desto eher bleiben die Binnenflüchtlinge und die Pass-Ungarn an ihren aktuellen Orten. Somit verändert sich die Verhältnisse zuungunssten der Ungarn.
Und aktuell gibt es wohl keine relevanten Stimmen, die besondere Rechte für die ungarischen Ukrainer fordern. Beachtung der Sprache ist natürlich wichtig.
Und mein Gedanke dazu: Wenn Ukrainer die EU-Freizügigkeit behalten/bekommen, dann gibt es keinen materiellen Grund für einen ungarischen Pass (vgl. Rumänien/Moldawien)

Geschrieben von: ramke 24. May 2024, 11:14

https://www.reuters.com/world/europe/putin-wants-ukraine-ceasefire-current-frontlines-sources-say-2024-05-24/

ZITAT
Russian President Vladimir Putin is ready to halt the war in Ukraine with a negotiated ceasefire that recognises the current battlefield lines, four Russian sources told Reuters, saying he is prepared to fight on if Kyiv and the West do not respond.

"Putin can fight for as long as it takes, but Putin is also ready for a ceasefire – to freeze the war," said another of the four, a senior Russian source who has worked with Putin and has knowledge of top level conversations in the Kremlin.


eek.gif Das ist doch nur ne Nebelkerze.

Geschrieben von: Scipio32 24. May 2024, 11:26

Ist aber Futter für die Leute, die sagen Putin will doch verhandeln.

Geschrieben von: Glorfindel 24. May 2024, 12:07

Dazu das Schweizer Fernsehen:

ZITAT
David Nauer, SRF-Korrespondent für Russland und die Ukraine, hält das Angebot allerdings für nicht sehr glaubwürdig. Er habe grosse Zweifel, dass es die Quellen oder gar Putin ernst meine. Denn die Kriegshandlungen und Bombardements auf Charkiw gingen weiter. Vielmehr vermutet Nauer, dass es sich um eine Finte oder Kriegspropaganda handle. Der Kreml verbreite die Nachricht des Angebots, die Ukraine prüfe sie dann würde sie wohl verwerfen. Dann könne der Kreml sich sagen, dass die andere Seite keinen Waffenstillstand wolle und weiterkämpfe. «Darum befürchte ich, dass dies eher Propaganda ist als ein ernstgemeintes Angebot», so Nauer.

https://www.srf.ch/news/international/krieg-in-der-ukraine-waffenstillstandsangebot-von-putin-wohl-eine-finte#:~:text=Laut%20der%20Nachrichtenagentur%20Reuters%2C%20soll,Halbinsel%20Krim%20mindestens%20zwei%20Tote.
Aber Varwick und Wagenknecht werden garantiert darauf anspringen.

Geschrieben von: Marcus Marius 24. May 2024, 12:26

ZITAT(Scipio32 @ 24. May 2024, 12:26) *
Ist aber Futter für die Leute, die sagen Putin will doch verhandeln.


Genau für diese ist das "Angebot". Verunsicherung, Spaltung, Unterminierung. Solange russische Truppen auf ukrainischem Staatsterritorium stehen, hat einzig die Ukraine zu entscheiden, ob sie den Krieg beenden wollen.

Geschrieben von: PeterPetersen 24. May 2024, 12:29

ZITAT(ramke @ 24. May 2024, 12:14) *
https://www.reuters.com/world/europe/putin-wants-ukraine-ceasefire-current-frontlines-sources-say-2024-05-24/
ZITAT
Russian President Vladimir Putin is ready to halt the war in Ukraine with a negotiated ceasefire that recognises the current battlefield lines, four Russian sources told Reuters, saying he is prepared to fight on if Kyiv and the West do not respond.

"Putin can fight for as long as it takes, but Putin is also ready for a ceasefire – to freeze the war," said another of the four, a senior Russian source who has worked with Putin and has knowledge of top level conversations in the Kremlin.


eek.gif Das ist doch nur ne Nebelkerze.

Das sagt er schon seit einer Weile. Mich wundert was alles in die Headlines schafft.

Geschrieben von: Sensei 24. May 2024, 13:48

ZITAT
Das sagt er schon seit einer Weile. Mich wundert was alles in die Headlines schafft.


Wundert dich das tatsächlich noch?

Ich bin hier über die Jahre doch recht desillusioniert worden :/

Erst einmal kommt alles in die Schlagzeilen, was bei den Presseagenturen landet.

Geschrieben von: goschi 24. May 2024, 14:58

und alle News-Ticker haben natürlich als Schlagzeile "Putin ist zu Waffenstillstand bereit" und wenn man dann die getickerte dpa/sda-Meldung liest kommt ganz viel "zu unannehmbaren Bedingungen, usw"

Das ist der Sündenfall der Newsseiten, diese Ticker ohne Kontextualisierung mit falsch zusammengekürzten Titeln.

Und weil auch dpa/sda und co TASS-Meldungen gerne erstmal unverändert weitertickern, arbeitet die russische Propaganda ganz gezielt damit, dass vordergründig der Eindruck entsteht, der nicht existiert.

Geschrieben von: xena 24. May 2024, 15:00

Die Ukraine kann auf dieses Angebot nicht eingehen. Niemand gibt freiwillig einen Teil seines Territoriums auf. Weil wenn sie darauf eingehen würden, dann wäre das Gebiet für alle Zeiten verloren, außer man strebt selbst später einen Krieg an, wo sie aber dann allein da stehen würden, weil einen Agressor unterstützt der Westen nicht. Also bleibt den Ukrainer nur die Entscheidung jetzt zu suchen und nicht irgend wann in der Zukunft.

Geschrieben von: Glorfindel 24. May 2024, 21:37

Das zum einen. Zum anderen - und das geben die Russen mehr oder weniger zu - wollen sie lediglich eine Verschnaufpause, Ihre Ziele wollen sie ja nicht aufgeben.

Geschrieben von: Panzerpionier 25. May 2024, 08:33

Ja, das sehe ich auch so. Deshalb gehe ich auch, von einem noch mehrere Jahre andauernden Krieg aus. Bis eine der beiden Kriegsparteien militärisch so sehr geschwächt ist, dass sie die Front in einigen Abschnitten nicht mehr halten können und einzelne Frontabschnitte kollabieren, so wie das bspw. bei der ukrainischen Charkiw-Offensive Anfang September 2022 der Fall war.

Geschrieben von: xena 25. May 2024, 17:47

Ich befürchte, dass eher die Ukraine kollabieren wird, weil die EU irgend wann einfach nicht mehr das Geld hat noch mehr Milliarden rein zu pumpen.

Geschrieben von: General Gauder 25. May 2024, 17:52

ZITAT(xena @ 25. May 2024, 18:47) *
Ich befürchte, dass eher die Ukraine kollabieren wird, weil die EU irgend wann einfach nicht mehr das Geld hat noch mehr Milliarden rein zu pumpen.

Das Geld wird uns nicht ausgehen, aber der Wille es auszugeben.

Geschrieben von: PeterPetersen 25. May 2024, 18:17

ZITAT(xena @ 25. May 2024, 18:47) *
Ich befürchte, dass eher die Ukraine kollabieren wird, weil die EU irgend wann einfach nicht mehr das Geld hat noch mehr Milliarden rein zu pumpen.

BIP Russland = ca, 2,3 Billionen USD (optimistisch)
BIP EU = ca. 18 Billionen USD

Wenn die EU ihre Militärausgaben auf 12% erhöhen würde, müsste Russland auf 100% gehen um es zu matchen

Geschrieben von: Whuffo 25. May 2024, 18:24

Diese "Diskussion" führen wir doch seit drei Jahren. "Wenn die EU..." - "Wenn der Westen..."

Passiert halt nicht.

Geschrieben von: PeterPetersen 25. May 2024, 18:30

ZITAT(Whuffo @ 25. May 2024, 19:24) *
Diese "Diskussion" führen wir doch seit drei Jahren. "Wenn die EU..." - "Wenn der Westen..."

Passiert halt nicht.

Das Argument war, dass der EU das Geld ausgeht. Das einzige was ausgehen könnte ist der Wille.

Und der Westen erhöht permanent seine Ausgaben für die Ukraine und baut Militärproduktion aus. Langsam und zu spät aber kontinuierlich.
Und der Westen kann sich dieses Spiel deutlich länger leisten als Russland

Geschrieben von: goschi 25. May 2024, 18:50

Bisher gab es in Europa trotz steigender Militärausgaben keinerlei Wohlstandseinbruch, die meisten menschen spüren eher die verbesserte Wirtschaftslage durch produktionsstandorte.
Russland hat aber einen für alle spürbaren Wohlstandseinbruch, der kompensiert wird mit Propaganda und mehr Geld ins Land pumpen, aber das ist begrenzt machbar.

Noch kann sich Europa diesen Krieg tatsächlich ziemlich aus der Portokasse leisten, mit geradezu lächerlich geringen Ausgabenerhöhungen im Vergleich. (die Sozial- und Gesundheitskosten wuchsen in der gleichen Zeit circa gleich stark

Der Westen hat noch nichtmal mit Verschuldung angefangen für die Kriegskosten, sondern es bisher aus normalen Haushalten gedeckt.
Und dank solider Ratings, wäre das zu erstaunlich geringen Kosten möglich.

Geschrieben von: PeterPetersen 25. May 2024, 19:00

ZITAT(goschi @ 25. May 2024, 19:50) *
Bisher gab es in Europa trotz steigender Militärausgaben keinerlei Wohlstandseinbruch, die meisten menschen spüren eher die verbesserte Wirtschaftslage durch produktionsstandorte.
Russland hat aber einen für alle spürbaren Wohlstandseinbruch, der kompensiert wird mit Propaganda und mehr Geld ins Land pumpen, aber das ist begrenzt machbar.

Noch kann sich Europa diesen Krieg tatsächlich ziemlich aus der Portokasse leisten, mit geradezu lächerlich geringen Ausgabenerhöhungen im Vergleich. (die Sozial- und Gesundheitskosten wuchsen in der gleichen Zeit circa gleich stark

Der Westen hat noch nichtmal mit Verschuldung angefangen für die Kriegskosten, sondern es bisher aus normalen Haushalten gedeckt.
Und dank solider Ratings, wäre das zu erstaunlich geringen Kosten möglich.


Bei großen Zahlen haben viele Menschen Probleme mit dem Kontext und Vergleich.

Deutschland hat in 3 Jahren wegen COVID 440 Milliarden ausgegeben. Das ist Deutschland alleine.
Russische Militärausgaben im Kriegszustand 2023 sollen 130 Mrd. betragen haben.

Kurz, mit ausreichend Willen und gewisser Schmerztolleranz kann Deutschland alleine diesen Krieg finanzieren, von der EU ganz zu schweigen und für EU und USA zusammen reden wir hier über Peanuts

Geschrieben von: xena 25. May 2024, 23:05

Die EU kann nicht einfach für ein fremdes Land dauerhaft zig Milliarden Euro ausgeben. Das macht das Volk nicht mit. Wir haben selbst jede Menge Ausgaben. Da fehlt uns das Geld an anderer Stelle. Klar sind wir reich wie Schwein, aber wir brauchen auch selbst abartig viel Zaster für unsere Zipperlein. Deutschlands Infrastruktur lässt sich nicht mit Luft und Liebe erneuern, wenn die Kohle in die Ukraine abfließt. Und das hat die EU in den letzten Tagen mal klar gemacht.

Geschrieben von: Marcus Marius 25. May 2024, 23:16

ZITAT(xena @ 26. May 2024, 00:05) *
Die EU kann nicht einfach für ein fremdes Land dauerhaft zig Milliarden Euro ausgeben.


Kann sie. Machen wir in der Tat sowieso schon. Nennt man Aufbauhilfe und die EU ist der weltweit spendablste Partner den man haben kann.

ZITAT(xena @ 26. May 2024, 00:05) *
Das macht das Volk nicht mit.


Die EU hat kein Volk. Noch nicht jedenfalls. Hohles Allgemeinplätzchen.

ZITAT(xena @ 26. May 2024, 00:05) *
Wir haben selbst jede Menge Ausgaben.


Und? Hat uns bisher von recht wenig Sachen abgehalten. Der BER wurde gebaut, trotzdem zeitgleich Autobahnbrücken abrissreif kaputtgespart wurden. Was willst du mit so einer Phrase, außer dreschen?

ZITAT(xena @ 26. May 2024, 00:05) *
Da fehlt uns das Geld an anderer Stelle.


Nö. Stopfen wir halt ein paar Steuerschlupflöcher.

ZITAT(xena @ 26. May 2024, 00:05) *
Klar sind wir reich wie Schwein, aber wir brauchen auch selbst abartig viel Zaster für unsere Zipperlein. Deutschlands Infrastruktur lässt sich nicht mit Luft und Liebe erneuern, wenn die Kohle in die Ukraine abfließt. Und das hat die EU in den letzten Tagen mal klar gemacht.


Ja was jetzt? EU oder Deutschland? Oh und wählst du BSW?

Geschrieben von: Delta 25. May 2024, 23:19

Holla, Nachbars Haus brennt nach Brandstiftung und es droht sich in die Nachbarschaft auszubreiten.... löschen?...nee, zu teuer! Nachbar mit Eimern ausrüsten... ja vielleicht, aber nur soviel, dass die Hütte kontrolliert abbrennt, ansonsten könnten wir den Brandstifter provozieren. Wir schauen einfach mal, ob wir mit dem Gartenschlauch das Feuer am Überspringen hindern können, weil sonst können wir uns heute Abend die Grillparty nicht mehr leisten.... das ist ein schräges Bild, aber es ist auch eine schräge Zeit.

Wir können ein "fremdes Land" dauerhaft nicht mit Milliarden ausstatten? Yes, we can...whatever it takes...and it will be enough! Vor 12 Jahren ging das noch, um die Gemeinschaftswährung am Absturz zu hindern. War halt ne "Bazooka" und nicht nur nen "Doppelwumms". Der Krieg geht Europa noch viel zu wenig ans Geld. Wenn es ans Geld und die Währungsstabilität ginge... dann wäre Geld da! Ist leider die einzige Sprache, die die EU auf internationalem Parkett fließend spricht.

Geschrieben von: Merowinger 25. May 2024, 23:29

ZITAT(xena @ 26. May 2024, 00:05) *
Und das hat die EU in den letzten Tagen mal klar gemacht.
Eine Quelle bitte! Von der Leyen oder Ratspräsident Michel haben das gesagt? Glaube ich nicht. Vielleicht ein Korrespondent der Stimmen einiger EU Mitglieder aus dem Süden wiedergab.

Geschrieben von: goschi 25. May 2024, 23:31

die EU und alle grossen Staaten der EU könnten völlig problemlos Kriegsanleihen ausgeben zu einem lächerlich geringen Zinssatz, weil die Zinsen für Anleihen sind immer noch klitzeklein.
Man ist noch nichtmal so weit, dass man wirklich die Haushalte ausdehnen muss.

Geschrieben von: PeterPetersen 25. May 2024, 23:45

2023 waren allein im D Haushalt für Gas- und Strombremsen 83 Mrd. EUR eingeplant. Ukraine soll 2025 15 Mrd. Militärhilfen bekommen.

Geschrieben von: General Gauder 26. May 2024, 00:02

Geht es vielleicht um diese Aussage hier?

ZITAT
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat im Gespräch mit dem Spiegel die Bundesregierung aufgefordert, eine Haushaltsnotlage zu erklären, um die Hilfen für die Ukraine zu finanzieren. "Der Krieg lässt sich nur mit Schulden gewinnen", betonte er. Er könne nicht nachvollziehen, so Kiesewetter, warum die Corona-Pandemie als eine solche Notlage eingestuft worden sei, um 200 Milliarden Euro für eine Strom- und Gaspreisbremse zu finanzieren, aber der Krieg die Kriterien einer Notlage nicht erfülle.

Mit der Erklärung einer Notlage könnten die strengen Vorgaben der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse ausgesetzt werden; diese Erklärung müsste mit einer Mehrheit vom Bundestag verabschiedet werden. Eine solche Ausnahme von der Schuldenregel ist laut Grundgesetz nur "im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen" möglich.


https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-samstag-390.html

Wenn ja dann meint Kiesewetter eigentlich das man den Krieg ohne Schulden nicht so führen kann das alles andere wie Sozialstaat, Bildung und Infrastrukturausbau auf dem gleichen Level wie bisher weiter gehen kann und man dort eben keinerlei Einsparungen vornehmen müsse. Das ist meilenweit davon entfernt, dass wir uns den Krieg nicht leisten können, das sagt einfach aus das wir das nötige nicht tun wollen.
Außerdem akzeptiert das Volk sehr wohl wenn gewaltige Milliarden Beträge ausgegeben werden, man muss es einfach nur erklären können bzw. Verkaufen können und hier ist das Problem wenn es etwas gibt in dem Scholz unglaublich schlecht ist dann Kommunikation, er kann das einfach nicht und weil er dort ständig auf die Nase fällt versteht das Volk seine Politik nicht und lehnt sie ab.

Geschrieben von: Salzgraf 26. May 2024, 08:19

Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski sagte in einem Interview mit dem britischen Guardian, Washington habe Moskau angeblich über seine Bereitschaft informiert, „alle russischen Streitkräfte in der Ukraine mit konventionellen Waffen anzugreifen“, falls Moskau strategische Atomwaffen einsetzen sollte.

ZITAT
“The Americans have told the Russians that if you explode a nuke, even if it doesn’t kill anybody, we will hit all your targets [positions] in Ukraine with conventional weapons, we’ll destroy all of them.

https://www.theguardian.com/world/article/2024/may/25/poland-foreign-minister-radoslaw-sikorski-long-term-rearmament-europe

Wenn die USA nicht via Biden/Blinken heftigst dementiert, dann hätten die USA eine dicke rote Linie gezogen.

Geschrieben von: 400plus 26. May 2024, 08:25

ZITAT(xena @ 26. May 2024, 00:05) *
Die EU kann nicht einfach für ein fremdes Land dauerhaft zig Milliarden Euro ausgeben.


Natürlich kann sie das, und ohne mit der Wimper zu zucken.

Geschrieben von: General Gauder 26. May 2024, 09:12

ZITAT(Salzgraf @ 26. May 2024, 09:19) *
Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski sagte in einem Interview mit dem britischen Guardian, Washington habe Moskau angeblich über seine Bereitschaft informiert, „alle russischen Streitkräfte in der Ukraine mit konventionellen Waffen anzugreifen“, falls Moskau strategische Atomwaffen einsetzen sollte.
ZITAT
“The Americans have told the Russians that if you explode a nuke, even if it doesn’t kill anybody, we will hit all your targets [positions] in Ukraine with conventional weapons, we’ll destroy all of them.

https://www.theguardian.com/world/article/2024/may/25/poland-foreign-minister-radoslaw-sikorski-long-term-rearmament-europe

Wenn die USA nicht via Biden/Blinken heftigst dementiert, dann hätten die USA eine dicke rote Linie gezogen.

Hatten die das nicht schon 2022 gesagt confused.gif

Geschrieben von: Holzkopp 26. May 2024, 09:48

Wenn ich mich recht erinnere wurde diese Konsequenz damals durch einen (pensionierten) ehemaligen General kommuniziert, allgemein versehen mit dem Hinweis, dass der sowas nicht unabgestimmt verbreitet.

Ich finde dafür aber gerade keine Quelle mehr.

Das war die klare Botschaft über Bande gespielt. Und es ging da auch nicht um strategische, sondern bereits um taktische Nuklearwaffen.

Ich denke, der Einsatz einer strategischen Kernwaffe öffnet das Tor zur Hölle. Und das hat auch je einen Flügel nach China und Indien. Eine solche Eskalation wird keiner dulden.

Geschrieben von: PeterPetersen 26. May 2024, 10:01

ZITAT(Holzkopp @ 26. May 2024, 10:48) *
Wenn ich mich recht erinnere wurde diese Konsequenz damals durch einen (pensionierten) ehemaligen General kommuniziert, allgemein versehen mit dem Hinweis, dass der sowas nicht unabgestimmt verbreitet.

Ich finde dafür aber gerade keine Quelle mehr.

Das war die klare Botschaft über Bande gespielt. Und es ging da auch nicht um strategische, sondern bereits um taktische Nuklearwaffen.

Ich denke, der Einsatz einer strategischen Kernwaffe öffnet das Tor zur Hölle. Und das hat auch je einen Flügel nach China und Indien. Eine solche Eskalation wird keiner dulden.

Das war Patreaus in Okt. 2022 in ABC News als Hypothetische Reaktion
https://youtu.be/6h--3wTmLSw?si=lA8MIU2GHGM8GptN

Ab ca. 3:30


Geschrieben von: HerrRossi 26. May 2024, 10:06

ZITAT(xena @ 25. May 2024, 23:05) *
Die EU kann nicht einfach für ein fremdes Land dauerhaft zig Milliarden Euro ausgeben. Das macht das Volk nicht mit. Wir haben selbst jede Menge Ausgaben. Da fehlt uns das Geld an anderer Stelle. Klar sind wir reich wie Schwein, aber wir brauchen auch selbst abartig viel Zaster für unsere Zipperlein. Deutschlands Infrastruktur lässt sich nicht mit Luft und Liebe erneuern, wenn die Kohle in die Ukraine abfließt. Und das hat die EU in den letzten Tagen mal klar gemacht.

Die EU kann, wenn der politische Wille da ist. Und ich bin mir sicher, fast alle Parteien in der EU ( ausser z.B. in D die Afd und BSW) haben den ernst der Lage begriffen.
Sollte, bei ausbleibender Unterstützung der westlichen Länder, die RA schaffen die Ukraine zu besetzen, haben wir spätestens dann, ganz andere Probleme, als fehlendes Geld für die "marode" Infrastruktur" etc. .
Solange Putin die Möglichkeit hat, Mensch und Material in Massen zu verheizen, wird er nicht aufhören zu zündeln um seine imperialen Großmacht Fantasien durchzusetzen, koste es was es wolle.
Man kann nicht so tun, als würde uns das nichts angehen, und die Augen vor der Realität verschließen.
Keiner will einen Krieg in den Menschen sterben, egal welcher Seite. Aber solange es Regime gibt, denen die eigene Bevölkerung egal ist, nur damit sie ihr Ego befriedigen können, werden wir keine Ruhe finden.
Und dagegen hilft halt nur Aufrüstung und Abschreckung.

Geschrieben von: Salzgraf 27. May 2024, 08:24

ZITAT(General Gauder @ 26. May 2024, 10:12) *
ZITAT(Salzgraf @ 26. May 2024, 09:19) *
Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski sagte in einem Interview mit dem britischen Guardian, Washington habe Moskau angeblich über seine Bereitschaft informiert, „alle russischen Streitkräfte in der Ukraine mit konventionellen Waffen anzugreifen“, falls Moskau strategische Atomwaffen einsetzen sollte.
ZITAT
“The Americans have told the Russians that if you explode a nuke, even if it doesn’t kill anybody, we will hit all your targets [positions] in Ukraine with conventional weapons, we’ll destroy all of them.

https://www.theguardian.com/world/article/2024/may/25/poland-foreign-minister-radoslaw-sikorski-long-term-rearmament-europe

Wenn die USA nicht via Biden/Blinken heftigst dementiert, dann hätten die USA eine dicke rote Linie gezogen.

Hatten die das nicht schon 2022 gesagt confused.gif

es ist ein deutlicher Unterschied, ob ein Privatmensch mit militärischwen Hintergrund eine Idee äußert, die die offiziellen Stellen schlicht dementieren können als wenn ein Verteidigungsminister eines NATO-Landes, welches sich noch besonders in dem Konflickt engagiert, etwas offiziell äußert.

Geschrieben von: goschi 27. May 2024, 08:52

das waren nicht irgendwelche Privatpersonen, das waren dem US Sicherheits-Apparat sehr nahe Personen, wie Pistorius, die eben gezielt auch dafür genutzt werden, Dinge öffentlich auszusprechen, die öffentlich werden sollen, ohne dass sie offiziell verkündet werden.

Das war ein sogenanntes offenes Geheimnis.

Geschrieben von: Brünnhilde 27. May 2024, 23:25

ZITAT(goschi @ 26. May 2024, 00:31) *
die EU und alle grossen Staaten der EU könnten völlig problemlos Kriegsanleihen ausgeben zu einem lächerlich geringen Zinssatz, weil die Zinsen für Anleihen sind immer noch klitzeklein.
Man ist noch nichtmal so weit, dass man wirklich die Haushalte ausdehnen muss.


Es gibt in Deutschland bestenfalls 100 Personen, die wirklich wissen, was "Geld" ist, und was man damit machen kann.

In den USA sind das - auch relativ gesehen - etwas mehr.

Es gibt keine Geldknappheit.

Die Ukraine kann beliebig unterstützt werden, ohne dass in der EU zu Wohlstandsverlusten kommt.

Geschrieben von: Sensei 28. May 2024, 01:15

ZITAT
Es gibt in Deutschland bestenfalls 100 Personen, die wirklich wissen, was "Geld" ist, und was man damit machen kann.


Sidenote:
Es gibt allein rund 2000 VWL Absolventen in Deutschland - pro Jahr!
Es gibt Millionen von deutschen die wissen, was eine Geldpresse ist.

Geschrieben von: goschi 28. May 2024, 06:11

ZITAT(Brünnhilde @ 28. May 2024, 00:25) *
ZITAT(goschi @ 26. May 2024, 00:31) *
die EU und alle grossen Staaten der EU könnten völlig problemlos Kriegsanleihen ausgeben zu einem lächerlich geringen Zinssatz, weil die Zinsen für Anleihen sind immer noch klitzeklein.
Man ist noch nichtmal so weit, dass man wirklich die Haushalte ausdehnen muss.


Es gibt in Deutschland bestenfalls 100 Personen, die wirklich wissen, was "Geld" ist, und was man damit machen kann.

In den USA sind das - auch relativ gesehen - etwas mehr.

Es gibt keine Geldknappheit.

Die Ukraine kann beliebig unterstützt werden, ohne dass in der EU zu Wohlstandsverlusten kommt.

A-Ha...

Oooookay......

Also 99 nebst dir?

Geschrieben von: MamaPapaZombie 28. May 2024, 08:49

Wer ist denn mit den 100 Personen gemeint?

Geschrieben von: 400plus 28. May 2024, 09:02

Wahrscheinlich die paar MMTler, die als einzige den Durchblicktm haben und von der pöhsen Mainstream-VWL ignoriert werden.

Geschrieben von: Scipio32 28. May 2024, 09:09

Zu Geld und Finanzen hätte ich in der Tat so einige Fragen...

Geschrieben von: Sensei 28. May 2024, 09:11

Gerne - aber nicht hier im Thread.

Es sei denn, du willst der Ukraine anregen, massenweise Hrywnja zu drucken.

Das beendet den Ukrainekrieg dann durch Hyperinflation und Zusammenbruch der Ukr. Wirtschaft wink.gif

Geschrieben von: Delta 28. May 2024, 11:36

Die Herstellung einer hohen Inflation mit weiterer Verarmung weiterer Teile der Bevölkerung und beschleunigtem Verfall der öffentlichen Infrastruktur durch Vernichtung der zivilen Wirtschaft, Ausdünnung der erwerbsfähigen Bevölkerung und Verschleuderung der staatlichen Ressourcen im und für den Krieg überlassen wir weiterhin mal besser Russland. wink.gif

Geschrieben von: PeterPetersen 28. May 2024, 11:55


ZITAT(Delta @ 28. May 2024, 12:36) *
Die Herstellung einer hohen Inflation mit weiterer Verarmung weiterer Teile der Bevölkerung und beschleunigtem Verfall der öffentlichen Infrastruktur durch Vernichtung der zivilen Wirtschaft, Ausdünnung der erwerbsfähigen Bevölkerung und Verschleuderung der staatlichen Ressourcen im und für den Krieg überlassen wir weiterhin mal besser Russland. wink.gif


nach 30ish Jahren Friedensdividende und Trittbrettfahren wenn es darum ging die Handelswege für unsere Wirtschaft offen zu halten kann sich die D/EU Sicherheitspolitik durchaus auch einen tieferen Schluck aus der Finanzpulle gönnen, ohne gleich Richtung Russland abzubiegen. Insbesondere dann, wenn man den Wohlstand aufrechterhalten (verteidigen) will.

Das wäre eine deutlich nachhaltigere Investition mit deutlich weniger dramatischen Auswirkungen auf Inflation etc., als die COVID Maßnahmen (ohne jetzt eine Diskussion über den Sinn und Unsinn dieser Maßnahmen anfangen zu wollen).

Geschrieben von: Panzerpionier 28. May 2024, 12:31

Die Finanzierung der Ukraine-Hilfen, sowohl militärisch, als auch zivil, sollte man innerhalb der NATO und EU, z.B. auf der Ramsteinkonferenz, gemeinsam stemmen. Es ist einfach unfair und unsolidarisch, wenn einige Länder wie Dänemark, die USA und Deutschland gemessen am BIP viel leisten und beitragen und andere Länder, ich will hier jetzt hier keine Namen nennen, sich einen schlanken Fuss machen und nach der Devise Team: Toll erledigt ein anderer für mich, handeln.
Deshalb sollte man den gleichen Prozentsatz vom BIP eines jeden Landes vereinbaren, und dieser Prozentsatz sollte dann auch von den Staatshaushalten Jahr für Jahr bereitgestellt werden. Dadurch käme dann mit allen Ländern, auch bei einem relativ geringen Prozentsatz eine große Summe zusammmen. Wenn das ein oder andere Land, wie bspw. Ungarn kein Geld für die Militärhilfe bereitstellen will, dann müssten die Gelder halt für zivile Projekte, beim Wiederaufbau nach dem Krieg zurückgehalten und eingesetzt werden. Da könnte dann, selbst Ungarn nichts dagegen einwenden, schließlich bekommen sie selbst auch hohe Subventionsgelder von der EU.

Wenn Gelder aus diesem gemeinsamen Topf für Waffenkäufe wie bspw. Caesar Haubitzen, Munition, in einem Land getätigt werden, müsste die Summe der Wertschöpfung mit den anderen Ländern verrechnet werden. So, dass nicht Länder mit einer nennenswerten Rüstungsindustrie, wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland von den gemeinsamen Geldern profitieren.

Geschrieben von: goschi 28. May 2024, 12:35

Wohlhabenden Länder profitieren u.a. auch sehr aktiv von den weniger wohlhabenden EU-Ländern, der reine BIP-Vergleich sagt wenig und schlussendlich ist es positiv, wenn die Länder das stemmen, die es problemlos tragen können.

Solidarität bedeutet nicht, dass allen das gleiche aufgelastet wird, sondern dass die mehr tragen, die es können.

Geschrieben von: Panzerpionier 28. May 2024, 13:31

ZITAT(goschi @ 28. May 2024, 13:35) *
Wohlhabenden Länder profitieren u.a. auch sehr aktiv von den weniger wohlhabenden EU-Ländern, der reine BIP-Vergleich sagt wenig und schlussendlich ist es positiv, wenn die Länder das stemmen, die es problemlos tragen können.

Solidarität bedeutet nicht, dass allen das gleiche aufgelastet wird, sondern dass die mehr tragen, die es können.

Das ist eine Frage der Perspektive und des Blickwinkels. Die USA tragen bspw. sehr viel zur Unterstützung der Ukraine bei, obwohl es dort Vorstädte gibt, wo die Armut stellenweise größer ist als in Lissabon, Porto, Madrid oder Barcelona.

Deutschland hatte 2023 ein BIP von 4,1 Billionen Euro, die USA 27,3 Billionnen USD. Andere Länder wie GB oder Frankreich noch nicht mit einbezogen. Da käme schon bei einem kleinen Prozentsatz von weit unter 0,5 Prozent des BIP, eine sehr große Summe zusammen, wenn alle mitmachen würden. Alle würden einbezahlen, aber trotzdem wäre es dann für alle mühelos zu stemmen. Man würde es kaum merken. Ohne, dass Politiker jetzt schon davon sprechen, für die Ukraine Kredite aufnehmen zu wollen.

Außer ein paar wenigen, reichen Ländern wie Norwegen, die Schweiz (neutral) und Luxemburg gibt es keine Länder in Europa, die, die Ukraine-Hilfen einfach aus der Portokasse bezahlen können.

Geschrieben von: Sensei 28. May 2024, 13:57

ZITAT(Panzerpionier @ 28. May 2024, 13:31) *
Deshalb sollte man den gleichen Prozentsatz vom BIP eines jeden Landes vereinbaren, und dieser Prozentsatz sollte dann auch von den Staatshaushalten Jahr für Jahr bereitgestellt werden. Dadurch käme dann mit allen Ländern, auch bei einem relativ geringen Prozentsatz eine große Summe zusammmen. Wenn das ein oder andere Land, wie bspw. Ungarn kein Geld für die Militärhilfe bereitstellen will, dann müssten die Gelder halt für zivile Projekte, beim Wiederaufbau nach dem Krieg zurückgehalten und eingesetzt werden. Da könnte dann, selbst Ungarn nichts dagegen einwenden, schließlich bekommen sie selbst auch hohe Subventionsgelder von der EU.


So funktioniert internationale Zusammenarbeit nicht.
Selbst innerhalb der meisten Länder kann man nicht so durchregieren.

Ohne Vetorecht in die Steuererhebung der Einzelstaaten eingreifen?! Forget it! Wenn ein Staat auf etwas nicht verzichten kann, dann auf die Steuerrechte.
Erst recht bei den USA ("No Taxation without representation!")


EDIT:
USA: Millitärhilfen: 0.198% of GDP (Rang: 15)
Deutschland Millitärhilfen: 0.252% of GDP (Rang: 13)

https://www.ifw-kiel.de/de/themendossiers/krieg-gegen-die-ukraine/ukraine-support-tracker/

Und diese Werte sind ordentlich schöngerechnet.

Geschrieben von: 400plus 28. May 2024, 14:10

ZITAT(Sensei @ 28. May 2024, 14:57) *
So funktioniert internationale Zusammenarbeit nicht.
Selbst innerhalb der meisten Länder kann man nicht so durchregieren.

Ohne Vetorecht in die Steuererhebung der Einzelstaaten eingreifen?! Forget it! Wenn ein Staat auf etwas nicht verzichten kann, dann auf die Steuerrechte.
Erst recht bei den USA ("No Taxation without representation!")


Das ist doch kein Eingriff in die Steuererhebung, nur eine gegenseitige Verpflichtung, Betrag x bereitzustellen. Ähnlich wie das 0.7%-Ziel der Entwicklungshilfe oder die Finanzierung der Weltbank. Ist halt die Frage, wie "robust" man eine solche Verpflichtung machen kann und will (2%-Ziel lässt grüßen). Außerhalb der EU wäre das immer eine "Koalition der Willigen", innerhalb der EU könnte man schon Sanktionen und Gegenrechnungen aufstellen, zumindest bei den Nettoempfängern.

Geschrieben von: Panzerpionier 28. May 2024, 14:20

ZITAT(Sensei @ 28. May 2024, 14:57) *
Ohne Vetorecht in die Steuererhebung der Einzelstaaten eingreifen?! Forget it! Wenn ein Staat auf etwas nicht verzichten kann, dann auf die Steuerrechte.
Erst recht bei den USA ("No Taxation without representation!")

Nein, so meinte ich das nicht. Natürlich wird es kein Vetorecht in die Steuererhebung der einzelnen Staaten geben. Man sollte sich auf freiwilliger Basis zu einer jährlichen Zahlung, gemessen am BIP verpflichten. Ich bin halt nur der Meinung, dass man die Lasten und die Kosten des Ukraine-Krieges gleichmäßig auf alle Länder in der NATO und EU verteilen sollte. Die baltischen Staaten und Dänemark leisten da einiges mehr, als der große Rest. Es wäre fairer, wenn alle gleich viel zahlen und leisten würden.

Mir ist natürlich auch klar, dass mein Anliegen keine Aussicht auf Erfolg hätte. Dafür ist man sich in der NATO und vor allem in der EU zu uneins.

Geschrieben von: Sensei 28. May 2024, 14:25

Theoretisch schon - für beides.

Aber so eine Abgabeverpflichtung bekommt man in der EU nicht beschlossen.
Und freiwillige Selbstverpflichtungen werden sehr gerne unterlaufen.


Zumal die Hilfen ja eh ein undurchsichtiger Mischmasch sind.


Öffentlich - halböffentlich - geheim.
Abgaben von Militärmaterial - Budgethilfen - Beihilfen für Industriebestellungen - Abgaben aus Industriebestellungen - Ringtausch - Training ...

Geschrieben von: Panzerpionier 28. May 2024, 14:41

ZITAT(Sensei @ 28. May 2024, 15:25) *
Aber so eine Abgabeverpflichtung bekommt man in der EU nicht beschlossen.
Und freiwillige Selbstverpflichtungen werden sehr gerne unterlaufen.

Ja, genau diese Befürchtung habe ich auch. Da bin ich ganz deiner Meinung.

Geschrieben von: Merowinger 28. May 2024, 18:27

ZITAT(Sensei @ 28. May 2024, 15:25) *
Aber so eine Abgabeverpflichtung bekommt man in der EU nicht beschlossen.
Das ginge nur indirekt über die allgemeine Mittel welche die EU im besten Fall durch selbst erhobene Steuern erhält und nicht durch Mitgliedszahlungen. Dann ist die jeweilige nationale Politik mit ihren koalitionären Zwängen und Wahlen aus dem Schneider und das Geld ist "gewaschen" genug.

Geschrieben von: Scipio32 28. May 2024, 18:33

Das wird doch immer absurder...

Geschrieben von: Merowinger 28. May 2024, 18:38

Absurd ist das eigentlich nicht, nein, es zeigt auf wie der Blick zumeist auf die eigenen unmittelbaren Interessen fokussiert ist. Eine Konstruktion wie die Europäische Union ist und bleibt viel Arbeit. Im Kern geht es zuerst um das Schaffen und Halten von gegenseitigem Vertrauen.

Geschrieben von: wARLOCK 28. May 2024, 18:47

Bei der unmittelbaren finanziellen Unterstützung -damit der ukrainische Staat irgendwie am laufen bleibt- könnte ich mir das noch vorstellen.
Beim Material wird's schwierig. Die Rüstungsindustrie ist nicht gleichmäßig verteilt und bspw. Deutschland würde von einer solchen Abgabe überproportional profitieren. Da kann ich eine gewisse Unzufriedenheit durchaus nachvollziehen.
Uns fällt es leicht bei Rheinmetall Munition zu bestellen, weil wir wissen, dass ein erheblicher Teil des Geldes im eigenen Wirtschaftskreislauf bleibt.

Geschrieben von: Brünnhilde 28. May 2024, 23:27

ZITAT(Panzerpionier @ 28. May 2024, 14:31) *
Außer ein paar wenigen, reichen Ländern wie Norwegen, die Schweiz (neutral) und Luxemburg gibt es keine Länder in Europa, die, die Ukraine-Hilfen einfach aus der Portokasse bezahlen können.


Da spricht das Klischee der schwäbischen Hausfrau resp. Krämerseele.

Die USA haben das "Leih- und Pachtgesetz 2022 zur Verteidigung der Demokratie in der Ukraine" verabschiedet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Leih-_und_Pachtgesetz_2022_zur_Verteidigung_der_Demokratie_in_der_Ukraine

Das heisst übersetzt: Whatever it costs.

Es geht dabei nicht um Geld als knappes Gut.

Es geht um die Güter. Es geht darum, der Ukraine genug Güter zur Verfügung zu stellen.

Das Geld ist nur die Begleitmusik.

Geschrieben von: Sensei 29. May 2024, 07:57

ZITAT(Brünnhilde @ 29. May 2024, 00:27) *
Da spricht das Klischee der schwäbischen Hausfrau resp. Krämerseele.


Nein, hier spricht die Macht des faktischen Standes der Dinge.

Und es geht nicht darum, dass Staaten kein neues Geld schöpfen könnten. Wenn unbegrenzt Politischer Wille da wäre, dann hätten Staaten theoretisch unbegrenzt viel Geld.

Sondern darum, dass man Mehrausgaben innenpolitisch durchsetzen muss. Und staatliche Mehrausgaben einfach mal durchzuwinken, fällt den allermeisten Staaten schwer.

[Und die Frage, wieviel uns die Verteidigung der Ukraine wert ist oder sein sollte, ist noch einmal eine andere Diskussion ]

Geschrieben von: 400plus 29. May 2024, 08:09

ZITAT(Brünnhilde @ 29. May 2024, 00:27) *
Es geht um die Güter. Es geht darum, der Ukraine genug Güter zur Verfügung zu stellen.

Das Geld ist nur die Begleitmusik.


Nö, Geld ist die Recheneinheit, die ausdrückt, was die Produktion von Gütern gegenüber anderen Gütern kostet. Und wenn diese Kosten als zu hoch empfunden werden, werden diese Güter halt nicht produziert. Das Leih- und Pachtgesetz hat auch eine Obergrenze von 47 Milliarden. Und wie die letzten Monate in den USA gezeigt haben, ist es kein Selbstläufer.

Geschrieben von: PeterPetersen 29. May 2024, 08:37

Sorry aber um was geht es hier? Wollt ihr wirklich argumentieren, dass dem Westen das Geld fehlt um die Ukraine 10 mal mit so viel Waffen auszustatten wie Russland es sich leisten kann, ohne das es der Ottonormalbürger es großartig merkt?

Wir reden hier über 2 vs. 50 Billionen BIP. Das ist Faktor 25. Also für jeden Prozentpunkt BIP den Russland in den Krieg investiert muss "die Allianz" 0,04 Prozentpunkte BIP investieren um diese Ausgaben zu matchen. Wenn "die Allianz" entscheiden würde 2% des BIP zu investieren (immer noch im Bereich des kaum merkbaren aus Bürgersicht), dann müsste Russland auf 50% hochgehen um es zu matchen.
Über weitere Argumente brauchen wir da eigentlich nicht mehr reden. Da geht es dann nur noch um wollen, Strategie, Risiken und warum manche wollen und andere nicht.

Geschrieben von: Sensei 29. May 2024, 08:59

ABER Politiker "Wollen" nicht.

Das steckt im System.
Kann man scheiße finden, ist (in den meisten Ländern) aber erst einmal so.

Schau dir nur das Gezank um das 2 % Ziel an - und dabei ging es in Deutschland nur um die fehlenden ~0.5 % BIP.


Die Sicherheit der Ukraine, UND Europas, ist Politikern wie Scholz ja nicht einmal wert, Verfahren zur Erweiterung der Rüstungsbetriebe zu verbessern. Oder den Einsatz der bereits gelieferten Waffen in der Ru Grenzregion zu erlauben.
Und das würde beides nicht einen Euro kosten.

Geschrieben von: 400plus 29. May 2024, 09:06

ZITAT(PeterPetersen @ 29. May 2024, 09:37) *
Sorry aber um was geht es hier? Wollt ihr wirklich argumentieren, dass dem Westen das Geld fehlt um die Ukraine 10 mal mit so viel Waffen auszustatten wie Russland es sich leisten kann, ohne das es der Ottonormalbürger es großartig merkt?


Nein, nur dass "Es gibt keine Geldknappheit. Die Ukraine kann beliebig unterstützt werden, ohne dass in der EU zu Wohlstandsverlusten kommt." eben eine Vereinfachung ist. Hilfe an die Ukraine kostet Geld, das von irgendwoher kommen muss, und das hat reale und politische Kosten. In der Gesamtschau halte ich diese Kosten immer noch für recht gering und den sicherheitspolitischen "return on investment" für zu gut, um es nicht zu machen, aber ganz zu negieren, dass es diese Kosten gibt, ist eben auch falsch.

Geschrieben von: Brünnhilde 29. May 2024, 22:33

ZITAT(PeterPetersen @ 29. May 2024, 09:37) *
Da geht es dann nur noch um wollen, Strategie, Risiken und warum manche wollen und andere nicht.


Es wollen und werden alle.

Das amerikanische Leih- und Pachtgesetz 2022 heisst ja nicht zufällig so wie das Gesetz von 1941.

Wieviel Mrd Dollar das Gesetz inkludiert, ist völlig unerheblich.

Die Ukraine wird all das bekommen, dass Russland in den nächsten zwei Jahren keine signifikante Gebietsgewinne mehr macht.

Und dann mal schauen, was in Russland passiert.

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