Putin, Alles über Putin: Wer ist er? Was treibt ihn an? Wohin geht er er? |
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Putin, Alles über Putin: Wer ist er? Was treibt ihn an? Wohin geht er er? |
11. Jul 2023, 13:32 | Beitrag
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Divisionär Beiträge: 10.192 Gruppe: Moderator Mitglied seit: 10.09.2003 |
Ich wollte eigentlich etwas schreiben über Putin im Russia Today-Thread, aber es passte nicht so ganz und dann suchte ich nach einem Thread über Putin. Es gibt zwar schon ein paar spannende Themen wie
- Hitler, Stalin, Putin, Zuma - Intelligenz bei Autokraten - Putin und Schröder - Sind die beiden so eng wie es aussieht? - Putin kündet neue Atomrakete an (2004) - Bütikofer wegen Putin abgemahnt aber dort passt es auch nicht rein. Ich glaube, deshalb, dass Putin als Person durchaus in einem eigenen Thread diskutiert werden kann. -------------------- Europeans who remember their history understand better than most that there is no security, no safety, in the appeasement of evil (Ronald Reagan)
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11. Jul 2023, 13:34 | Beitrag
#2
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Divisionär Beiträge: 10.192 Gruppe: Moderator Mitglied seit: 10.09.2003 |
Ich kann die Behauptung von gewissen Leuten, Putin bedeute Stabilität nicht recht nachvollziehen. Putin ist ein Hassadeur und nicht zu vergleichen mit z.B. einem Breschnew. Putin sieht sich vielleicht auf einer Mission, die heisst aber garantiert nicht "Stabilität". Dass er das Land runterreitet und die Risiken nicht richtig kalkulieren kann, bewies er mit dem Krieg in der Ukraine zu genüge.
Dazu habe auch gleich einen im Netz dazu gefunden aus dem Jahre 2018: Warum Breschnew nicht Putin werden konnte, aber Putin Breschnew werden könnte ZITAT In seiner nicht gerade wissenschaftlichen Breschnew-Biographie hat der Journalist und damalige Duma-Abgeordnete Alexander Chinschtein erklärt, „Warum Breschnew nicht Putin werden konnte“ (...) . Seine Antwort: weil er nicht rechtzeitig, auf dem Höhepunkt seiner Erfolge Mitte der 1970er Jahre, zurücktrat und dadurch das Land in sieben Jahre Niedergang und Verfall stürzte. (...) Es stellt sich die Frage, ob nicht Putin zu Breschnew werden könnte, einem alten kranken Mann, der nicht von der Macht lassen kann?
Beide Männer stehen für Stabilität – Breschnew war die Antwort auf Stalins Terror und Chruschtschows Reformfuror, Putin die Erlösung nach den Chaosjahren unter Jelzin. Beide versprachen der Bevölkerung Ruhe im Innern und Stärke nach außen. Doch während Putin von Beginn an kritische Print- und TV-Medien drangsalierte, bald auch politische Kontrahenten (...) ausschaltete (...) schwebte Breschnew eine langfristige Öffnung der Gesellschaft vor. (...) Zusammen mit KGB-Chef Andropow hegte er die Idee, der Bevölkerung zunächst ein gewisses Maß an Wohlstand zu garantieren, um dann mit Demokratie zu experimentieren. (...) Stabilität bedeutete für Breschnew vor allem Wohlstand für alle, die Bauern zu gleichberechtigten Bürgern zu machen, für jeden eine eigene Wohnung, eine Datsche und ein Auto fürs Wochenende. Er erklärte die Anhebung des Lebensstandards zur Generallinie der Partei und investierte Millionen in den Einkauf von ausländischen Lebensmitteln und Konsumgütern. Die Finanzierung funktionierte über den Verkauf von sibirischem Öl und Gas in den Westen, der die nötigen Devisen brachte. Ihm war bewusst, nur eine satte Bevölkerung würde nicht auf die Barrikaden gehen. Ein ähnlicher Altruismus lässt sich bei Putin nicht beobachten. (...) Putin setzt nach wie vor nicht auf „Brot“, sondern auf – „Spiele“. Vorläufiger Höhepunkt der „Spiele“ Putins war die Annexion der Krim im Frühjahr 2014. Sie bescherte Putin Sympathiewerte von 80 Prozent und nahm viele seiner einstigen Kritiker für ihn ein. Der Schachzug war so einfach wie genial: Anstatt sich um Sozialprogramme zu kümmern, spielte Putin die patriotische Karte (...) Putin bedient sich hier eher aus dem Repertoire Stalins: Er zeichnet ein Schwarz-Weiß-Bild, auf dem Russland von Feinden umzingelt ist und zusammenhalten muss, um nicht unterzugehen. Dazu gehört das Anfachen des Phantomschmerzes der einstigen Supermacht genauso wie das Zündeln in der Ukraine und der Anti-Amerikanismus: Wir gegen die Welt, die sich gegen uns verschworen hat. (...) Während Putin sich als Anti-Amerikanist profiliert, hatte Breschnew das genaue Gegenteil im Sinn: für seine Aussöhnung mit dem Westen hätte er gern zusammen mit Willy Brandt 1971 den Friedensnobelpreis bekommen. Er stieß 1969 den KSZE-Prozess an und unterschrieb 1975 in Helsinki dessen Schlussakte; er brachte SALT I und SALT II auf den Weg (...). Er träumte davon, zusammen mit Brandt, Pompidou und Nixon (...) Europa und der Welt eine dauerhafte Friedensordnung zu geben. Breschnew musste nicht fürchten, dass die Bevölkerung gegen seinen Westkurs rebellieren würde, wohl aber das Politbüro (...). Während Putin Außenpolitik als Mittel zum (innenpolitischen) Zweck betreibt, war Breschnew von seinen eigenen traumatischen Weltkriegserfahrungen getrieben und, abgesehen von der Eitelkeit, dafür den Nobelpreis zu beanspruchen, vom Wohl der Bevölkerung geleitet (...). Anders als Putin, der proaktiv das militärische Abenteuer sucht, war für Breschnew der Einmarsch immer die ultima ratio, die er gern vermieden hätte. Das galt sowohl für Prag 1968, als auch für Afghanistan 1979. Anders als Putin führte er diese Situationen nicht herbei, sondern glaubte aus der Systemlogik heraus – dem Machterhalt der sowjetischen Hemisphäre –, nicht mehr anders handeln zu können. Die Frage ist, welche weiteren Zündeleien und Frozen Conflicts Putin – seiner Logik folgend – der Welt in den kommenden sechs Jahren bescheren wird, um seine Macht zu sichern. Sowohl Putin als auch Breschnew zeig(t)en sich gern maskulin, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise: Breschnew demonstrierte seine Leidenschaft für schöne Frauen, und schnelle Autos nur privat im inneren Kreis seiner Genossen oder gegenüber westlichen Staatsmännern. Putin wird dagegen wie ein Filmstar mit bloßer Brust beim Angeln, beim Tauchen nach Antiquitäten, beim Fliegen mit den Kranichen oder beim Reiten auf einem Bären gezeigt. (...) Über Breschnews Kult wurde gelacht, wenn auch sicher ganz unintendiert. Während sein Personenkult seit 1973 immer groteskere Formen annahm, wurde die Diskrepanz zu seinem körperlichen Verfall immer größer: Breschnew war von der Tablettensucht gezeichnet, die ihn über rote Teppiche nur noch schwanken und Reden nur noch lallen ließ. Je mehr Orden er einheimste, desto mehr Witze entstanden über ihn. (...) Doch ist auffällig, dass es über Putin keine Witze gibt. Die Satiresendung über ihn hat er gleich als erste abschalten lassen. Während Breschnew Witze liebte und gesagt haben soll, solange sie über mich lachen, mögen sie mich, scheint Putin vollkommen humorfrei zu sein. Doch hat er Breschnew voraus, dass er mit der Selbstvermarktung als Popstar durchaus einen Teil der Bevölkerung erreicht. Der Personenkult ist flexibler und professioneller geworden: Der Breschnew-Kult richtete sich an die ältere Weltkriegsgeneration; der Putinkult adressiert die hippe Jugend. (...) Politisch waren die Eltern nicht, die Revolution zerstörte ihre heile Welt, sodass Sohn Leonid ab 1921 als Packer jobben musste, während sein Berufswunsch Schauspieler eigentlich war. Putin wurde 1952 in Leningrad geboren. (...) Obwohl er als junger Mann und Sportler Anfang der 1970er Jahre in zwei Filmen als Stuntman mitwirkte, träumte er nicht von der Schauspielerei, sondern davon, Geheimdienstagent zu werden. (...) Es war die Zeit, in der sich der KGB als „smart“ verstand, nicht als Henker wie unter Stalin, sondern als wachsame Erziehungsbehörde, die „Strauchelnde“ erst ermahnte, ihnen in einer zweiten Phase drohte und, sollte auch das nicht wirken, sie erst dann, möglichst geräuschlos, aus dem Verkehr zog: per Verbannung, Ausbürgerung, Lagerhaft oder Zwangseinweisung in die Psychiatrie. Während Breschnew sich vor dieser Arbeit drückte, die Dissidenten nicht verstand und sie nur allzu gern Andropow überließ, scheint Putin an diesem Menschen-Reparaturbetrieb Gefallen gefunden zu haben, in dem man nur den richtigen Hebel umlegen muss, um ein Individuum, mal mit mehr, mal mit weniger Druck, wieder auf die rechte Bahn zu bringen – oder notfalls auszusortieren. In dieser Hinsicht ist Putin vielleicht mehr Sowjetmensch, als es Breschnew je war. Über Breschnews Ende ist nahezu alles bekannt: sieben Jahre Siechtum, die das Land lähmten und ruinierten, bis am Ende Breschnews Herz von dem Tablettenkonsum so geschwächt war, dass es am Morgen des 10. November 1982 zu schlagen aufhörte. Breschnew soll zweimal, 1976 und 1979, seinen Rücktritt angeboten haben, aber das Politbüro lehnte ab, weil es eine Erschütterung des Machtgleichgewichts fürchtete – und kein Nachfolger in Sicht war. Es ist spannend, wie Putins Ende aussehen wird. (...) Dass Putin es besser machen wird als Breschnew, wie Chinschtein glaubt, muss er noch beweisen. (...) -------------------- Europeans who remember their history understand better than most that there is no security, no safety, in the appeasement of evil (Ronald Reagan)
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