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> Vad, Precht, Varwick, Friedenstauben, Appeasementschafe oder gar Putinversteher?
Madner Kami
Beitrag 7. Dec 2022, 23:04 | Beitrag #901
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Auch der Krieg der Franken gegen die Sachsen hatte Kreuzzugscharakter, denn die Bekehrung der Heiden war explizites Ziel, neben der reinen Unterwerfung.

Ansonsten finde ich, muckensen, verengst du den Begriff Kolonialismus zu sehr. Formal hast du zwar recht, dass gerade die Vorgänge im Mittelalter diverse Details von unserem Alltagsverständnis von Kolonialismus vermissen lassen, das ändert aber dennoch nichts daran, dass die Vorgänge kolonialistisch waren. Und diese Vorgänge sind ja auch deutlich älter. Wie erwähnt, die Franken. Oder man denke mal wo der Name der Stadt Köln herkommt. Kolonialismus, das Ausbreiten eines Volkes auf das Territorium eines anderen Volkes, unter der Verdrängung, Unterwerfung oder Assimilation der ursprünglichen Bevölkerung ist alt. Richtig alt. Sowas konnte man schon in Mesopotamien beobachten. Dazu braucht es keine Nationalstaaten.

Der Beitrag wurde von Madner Kami bearbeitet: 7. Dec 2022, 23:05


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Delta
Beitrag 7. Dec 2022, 23:23 | Beitrag #902
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Ich finde diese Diskussion hochspannend xyxthumbs.gif

Wie wäre denn eine Definition von "Kolonie" zu treffen? Wenn ich mir Machiavelli anschaue, dann hat er eine klare Trennlinie: Kolonie ist alles, was zwar durch Eroberung oder sonstige Landnahme unter eigene Kontrolle gebracht wurde, aber nicht zum eigenen Staatsgebiet gehören soll (das wiederum wäre Annexion, die dann aber auch Bürgerrechte für die Zielbevölkerung vorsehen würde), bzw. dadurch eine gewisse innerstaatliche Autonomie besitzt (vgl. British Empire). Das scheint mir eine - auch noch aus heutiger Perspektive - grundsätzlich sinnvolle Definition zu sein, um Annexion von Kolonisation zu unterscheiden.

Im Endeffekt läuft es aufs gleiche hinaus: Kontrolle. Bei Annexion erfolgt die Kontrolle unter Einbeziehung ins Staatsgebiet, bei Kolonialisierung geht man zwar Scheisse mit den Einwohnern des Ziellandes um, aber eigentlich will man sie nicht haben. Hinsichtlich der Ukraine, wo wir herkommen, dann würde ich eher , zumindest bei den Oblasten, für die es verkündet wurde, von Annexionsversuch sprechen. Eine Annexion, die dadurch "notwendig" wurde, als Kolonialisierung durch eine genehme Marionettenregierung in Kiew nicht mehr umsetzbar war.

Ob im Plan des Meisterstrategen™ irgendwann mal, eine Annexion oder "nur" Kolonisation der Gesamtukraine, oder eine Mischlösung vorgesehen war, das maße ich mir nicht an zu beurteilen.


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Madner Kami
Beitrag 7. Dec 2022, 23:42 | Beitrag #903
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ZITAT(Delta @ 7. Dec 2022, 23:23) *
Wie wäre denn eine Definition von "Kolonie" zu treffen? Wenn ich mir Machiavelli anschaue, dann hat er eine klare Trennlinie: Kolonie ist alles, was zwar durch Eroberung oder sonstige Landnahme unter eigene Kontrolle gebracht wurde, aber nicht zum eigenen Staatsgebiet gehören soll (das wiederum wäre Annexion, die dann aber auch Bürgerrechte für die Zielbevölkerung vorsehen würde), bzw. dadurch eine gewisse innerstaatliche Autonomie besitzt (vgl. British Empire). Das scheint mir eine - auch noch aus heutiger Perspektive - grundsätzlich sinnvolle Definition zu sein, um Annexion von Kolonisation zu unterscheiden.


Das halte ich für falsch oder zumindest irreführend. Gerade die "klassischen" europäischen Kolonien in Amerika würden durch diese Definition doch zu Annexionen erklärt werden und die einzigen europäischen Kolonien machiavellistischer Auffassungen wären vielleicht noch so Sachen wie Tsingtao und Macau und eventuell die schwarzafrikanischen Kolonien, aber selbst da wäre es im Bereich Südafrika sehr durcheinander, denn erst Annektieren die Holländer die Gegend und das Gebiet wird erst durch die Burenkriege eine Kolonie? Ne, mit der Definition läuft man irgendwie gegen eine Wand.
Der Fehler entsteht meiner Meinung nach in dieser Definition durch den Begriff der Bürgerrechte. Diese wurden den Kolonisten ja durchaus zugestanden, nur eben nur den eigenen Kolonisten, während die Urbevölkerung ausgegrenzt wurde. Aber selbst das passt ja nicht, weil die europäischen Nationen sehr unterschiedlich mit den Indigenen und den Mischlingen aus Indigenen und Europäern umgingen. Die Engländer zum Beispiel waren ja extrem exklusiv, während die Franzosen da sehr freizügig waren und die Spanier sich nie wirklich eins wurden und ein immer komplexeres System entwarfen was irgendwann einfach nur noch absurd und völlig undurchdringlich war. Von dem unterschiedlichen Umgang mit den "reinen" Kolonisten mal ganz abgesehen. Die britischen Kolonien waren Bürger zweiter Klasse, weil sie im Parlament nicht repräsentiert waren. Das sieht in den französischen Kolonien dann aber ganz anders aus, insbesondere im Verlauf der Revolution und auch einen spanischen Kolonisten konnte man von einem spanischen Mutterländerler nicht unterscheiden (obgleich es durchaus soziale Ausgrenzung in diesem Bereich gab).

Der Beitrag wurde von Madner Kami bearbeitet: 7. Dec 2022, 23:51


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muckensen
Beitrag 7. Dec 2022, 23:48 | Beitrag #904
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@Madner Kami

Vielleicht war mein Post missverständlich, aber ich bestreite keineswegs die Existenz von Kolonien oder Kolonialisierungsbestrebungen vor der Zeit der Nationalstaaten. Bereits die alten Griechen "kolonialisierten", und dies lange vor Roms Colonia Agrippina, den Mittelmeerraum. Meine Aussage bezog sich auf den Kolonialismus, ein Begriff, der meiner Ansicht nach in das Zeitalter der imperialistischen Kolonialreiche gehört, um die Expansionspolitik der europäischen Großmächte (später auch Japans und der USA) ab der frühen Neuzeit unmissverständlich zu beschreiben. Ausgesprochen habe ich diesen Gedanken deshalb, weil allein diesem Kolonisieren das ideologische Element der v.a. rassischen Überlegenheit innewohnt – denn schließlich geht es den Kritikern der deutschen Politik ja gerade um deren Herablassung gegenüber Osteuropa.

Karl der Große z.B. wollte die Sachsen nicht zu Christen machen, weil er sie für unzivilisierte Barbaren hielt – und übrigens verbot ihm sein theologischer Berater Willerich von Bremen jegliche Zwangstaufen, die nach dem Dogma der Kirche sowieso wertlos sind –, sondern weil er sich erhoffte, mit Sachsen, die den Franken ähnlicher geworden waren, besser klarzukommen, um diese Bedrohung seiner Ostgrenzen zu beseitigen. Und nachdem die Sachsen christianisiert worden waren, galten sie nicht etwa als Menschen zweiter Klasse, sondern hatten ausreichenden Zugang zur Macht, um nach der Teilung von Verdun sogar letztlich die ostfränkische Krone zu erlangen. Hätten die Inder oder Nigerianer jemals die Macht im British Empire übernehmen können?

Deswegen, meine ich, ist die Unterscheidung angebracht: Nicht alles, was mit Kolonien zu tun hat, ist Kolonialismus.

Der Beitrag wurde von muckensen bearbeitet: 7. Dec 2022, 23:49


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ZITAT(ramke @ 13. Jan 2023, 20:09) *
Bald heisst es, Leopard Panzer werden nur geliefert wenn der Jadeaffe vor Vollmond zurück im Tempel ist.

 
Madner Kami
Beitrag 7. Dec 2022, 23:57 | Beitrag #905
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ZITAT(muckensen @ 7. Dec 2022, 23:48) *
@Madner Kami

Vielleicht war mein Post missverständlich, aber ich bestreite keineswegs die Existenz von Kolonien oder Kolonialisierungsbestrebungen vor der Zeit der Nationalstaaten. Bereits die alten Griechen "kolonialisierten", und dies lange vor Roms Colonia Agrippina, den Mittelmeerraum. Meine Aussage bezog sich auf den Kolonialismus, ein Begriff, der meiner Ansicht nach in das Zeitalter der imperialistischen Kolonialreiche gehört, um die Expansionspolitik der europäischen Großmächte (später auch Japans und der USA) ab der frühen Neuzeit unmissverständlich zu beschreiben. Ausgesprochen habe ich diesen Gedanken deshalb, weil allein diesem Kolonisieren das ideologische Element der v.a. rassischen Überlegenheit innewohnt – denn schließlich geht es den Kritikern der deutschen Politik ja gerade um deren Herablassung gegenüber Osteuropa.

Karl der Große z.B. wollte die Sachsen nicht zu Christen machen, weil er sie für unzivilisierte Barbaren hielt – und übrigens verbot ihm sein theologischer Berater Willerich von Bremen jegliche Zwangstaufen, die nach dem Dogma der Kirche sowieso wertlos sind –, sondern weil er sich erhoffte, mit Sachsen, die den Franken ähnlicher geworden waren, besser klarzukommen, um diese Bedrohung seiner Ostgrenzen zu beseitigen. Und nachdem die Sachsen christianisiert worden waren, galten sie nicht etwa als Menschen zweiter Klasse, sondern hatten ausreichenden Zugang zur Macht, um nach der Teilung von Verdun sogar letztlich die ostfränkische Krone zu erlangen. Hätten die Inder oder Nigerianer jemals die Macht im British Empire übernehmen können?

Deswegen, meine ich, ist die Unterscheidung angebracht: Nicht alles, was mit Kolonien zu tun hat, ist Kolonialismus.


Ich verstehe warum du diese Abgrenzung treffen willlst, nur ergibt dies sprachlich in dieser Form keinen Sinn. Imperien und Kolonien gab es schon immer, demzufolge sind auch Imperialismus und Kolonialismus schon immer existent. Es tut Not da eine sprachliche Abgrenzung zu finden, sonst redet man aneinander vorbei, wenn man über die eventuellen Unterschiede sprechen möchte (bei denen ich mir nicht sicher bin, ob es diese wirklich in einer relevanten Form gibt).

Desweiteren stimme ich nicht darin überein, dass das Frankenreich, bzw. die Teilung desselben ein Beispiel von guter Intregration ist. Die Form des Staates des Frankenreiches war einfach anfällig für innere Übernahmen, da braucht man nur mal an die Ursprünge der Karolinger zu denken, denn deren Iteration des Frankenreich ist erst durch so eine interne Ursurpation überhaupt entstanden (Charlesmagnes Vorfahren waren, verkürzt ausgedrückt, die höchstrangigen Diener des Haushalts der Merowingerkönige). Und sowieso ist das Auseinanderbrechen des Reiches und die folgenden Diadochenkriege doch das beste Beispiel für die inneren, unvereinbaren Gegensätze. Es ist kein Zufall, dass West- und Ostfrankia sich zu zwei sprach-kulturell sehr unterschiedlichen Staaten entwickelten, die sich bis ins 20- Jahrhundert um das Mittelreich prügelten, was sprachlich-kulturell im wahrsten Sinne des Wortes irgendwo dazwischen liegt.

Der Beitrag wurde von Madner Kami bearbeitet: 8. Dec 2022, 00:16


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Salzgraf
Beitrag 8. Dec 2022, 10:09 | Beitrag #906
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zum Thema Osterweiterung des mittelalterlichen Deutschland:
da wurde das (römische) teile und herrsche eingesetzt. Ein paar Anführer (Fürsten, Clanchefs...) hat man am (Katzen-) Tisch platziert und die anderen hat man bekämpft. Nach 2-3 Generationen wurde die erste Gruppe als gleichwertig betrachtet und die Übergangszone war dadurch ostwärts verschoben.
Da es Staatsbürgerschaften im modernen Sinne damals noch nicht gab, kann sie kein Kriterium hinsichtlich Verhältnis der Völker sein.

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Kreuzzüge gen Osten: z.B. Wendenzüge
https://www.grin.com/document/87927
 
Salzgraf
Beitrag 9. Dec 2022, 14:00 | Beitrag #907
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Neuzugang: Jeffrey D. Sachs, in der UN- Hierarchie verankert
ZITAT
Jeffrey D. Sachs ist Universitätsprofessor und Direktor des Zentrums für nachhaltige Entwicklung an der Columbia University, wo er von 2002 bis 2016 das Earth Institute leitete. Außerdem ist er Präsident des UN Sustainable Development Solutions Network und Kommissar der UN Broadband Commission for Development. Er war Berater von drei Generalsekretären der Vereinten Nationen und ist derzeit SDG-Beauftragter von Generalsekretär Antonio Guterres. Sachs ist der Autor des kürzlich erschienenen Buches "A New Foreign Policy: Jenseits des amerikanischen Exzeptionalismus" (2020). Zu seinen weiteren Büchern gehören: "Building the New American Economy: Smart, Fair, and Sustainable" (2017) und "The Age of Sustainable Development," (2015) mit Ban Ki-moon.


Schlussfolgerung seines Textes:
ZITAT
Der Ukraine-Krieg ist ein äußerst gefährlicher Krieg zwischen atomaren Supermächten in einer Welt, die dringend Frieden und Zusammenarbeit braucht.

https://www.heise.de/tp/features/Frieden-in....html?seite=all
engl. Original:
https://www.commondreams.org/views/2022/12/...e-peace-ukraine

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Argumente inkl. Vorgeschichte ab 2009 finden sich hier:
https://threadreaderapp.com/thread/1598132925085913088.html

Der Beitrag wurde von Salzgraf bearbeitet: 9. Dec 2022, 14:08
 
400plus
Beitrag 9. Dec 2022, 14:12 | Beitrag #908
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Sachs war auch einer der Unterzeichner des Precht-Zeh-Ergusses im Juni und ist auch während Covid schon ziemlich abgedreht.
 
Salzgraf
Beitrag 9. Dec 2022, 14:42 | Beitrag #909
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ZITAT(400plus @ 9. Dec 2022, 14:12) *
Sachs war auch einer der Unterzeichner des Precht-Zeh-Ergusses im Juni und ist auch während Covid schon ziemlich abgedreht.

Danke. war mir nicht bewußt.
 
Glorfindel
Beitrag 9. Dec 2022, 15:01 | Beitrag #910
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Ja, meines Erachtens sehr problematisch:
ZITAT
(...)
Es gibt vier Kernfragen, über die verhandelt werden muss: Die Souveränität und Sicherheit der Ukraine, die heikle Frage der Nato-Erweiterung, das Schicksal der Krim und die Zukunft des Donbass.

Die Ukraine fordert vor allem, ein souveränes Land zu sein, frei von russischer Vorherrschaft und mit sicheren Grenzen. In Russland gibt es einige, vielleicht auch Putin selbst, die glauben, dass die Ukraine wirklich ein Teil Russlands ist.

Es wird keinen Verhandlungsfrieden geben, wenn Russland nicht die Souveränität und die nationale Sicherheit der Ukraine anerkennt, die durch ausdrückliche internationale Garantien des UN-Sicherheitsrats und von Staaten wie Deutschland, Indien und der Türkei gestützt werden.
(...)
Der wichtigste Punkt für eine Vermittlung ist anzuerkennen, dass alle Parteien legitime Interessen haben und berechtigte Missstände zu beklagen haben. Russland ist zu Unrecht und gewaltsam in die Ukraine eingedrungen. Die USA haben unrechtmäßig den Sturz Janukowitschs im Jahr 2014 konspirativ gepusht und die Ukraine anschließend schwer bewaffnet, während sie die Nato-Erweiterung vorantrieben, um Russland im Schwarzen Meer einzukreisen. Nach dem Sturz Janukowitschs weigerten sich die ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und Wolodymyr Selenskyj, das Minsk-II-Abkommen umzusetzen.

- Zur Sicherheit der Ukraine: Putin hat mehr oder weniger sämtliche Verträge und Abmachungen gebrochen, die man brechen kann. Zusicherungen von Putin sind sinnlos. Ich sage das bereits seit 2014. Leider waren viele anderer Ansicht. Die Grossmächte, inkl. Russland, haben bereits für die Sicherheit und Souveränität garantiert (Budapester Memorandum). Genützt hat es nichts. Zusicherungen, ohne eine eigene starke Armee, helfen rein gar nichts. Ich verweise hierzu im Übrigen auch auf die Garantieerklärungen von Grossbritannien und Frankreich 1939 Polen gegenüber. Polen haben die rein gar nichts genützt.
- Ich glaube nicht, dass die Ukraine, ein Land, dessen Souveränität international anerkannt ist, bereit ist, über die Souveränität zu diskutieren. Oder müssen wir auch über die Souveränität der baltischen Staaten diskutieren?
- Die USA hätten den Sturz von Janukowitsch konspirativ gepushed und die Ukraine anschliessend schwer bewaffnet? Die NATO triebe die Umzingelung von Russland voran? Die Ukraine hätte sich geweigert, das Minsk-II-Abkommen umzusetzen? Schon sehr einseitig, finde ich.

Die ganze Argumentation läuft darauf hinaus, sich den Forderungen Putins zu beugen. Das ist sehr Varwick, das ist in meinem Augen auch sehr "Peace-for-our-time", also reines Appeasement pur überzeugt nicht, gerade wenn es noch damit verbunden wird, der Ukraine ja keine Waffen zu liefern. Ich habe nichts dagegen, Verhandlungskanäle zu öffnen. Gleichzeitig ist jedoch politisch, wirtschaftlich und militärisch der Druck auf Russland aufrechtzuerhalten. Die Russen werden imho die Kriegshandlungen dann einstellen, wenn sie zur Ansicht gelangt sind, dass es sich nicht mehr lohnt. Dieser Punkt ist noch nicht erreicht. Und der Vertragsfrieden wird hoffentlich anders aussehen als es sich diese Leute vorstellen. Solange Russland meint, mit militärischen Mitteln etwas erreichen zu können, wird es keinen dauerhaften Frieden geben. Wie der anzustrebende Frieden aussieht, wissen wir, wie der dann tatsächlich erreichte Frieden aussieht können wir nicht wissen. Wenn wir jetzt schon sagen - wie dies insbesondere Varwick tut - man solle Russland das geben, was es wolle ("fairer Interessenausgleich"), dann unterminiert man seine eigene Verhandlungsposition bereits jetzt.



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Beitrag 9. Dec 2022, 15:10 | Beitrag #911
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ZITAT(Salzgraf @ 9. Dec 2022, 14:42) *
ZITAT(400plus @ 9. Dec 2022, 14:12) *
Sachs war auch einer der Unterzeichner des Precht-Zeh-Ergusses im Juni und ist auch während Covid schon ziemlich abgedreht.

Danke. war mir nicht bewußt.

Wenn Telepolis es verlinkt, dann kann man davor ausgehen das der Autor für VTler zumindest anschlussfähige Positionen vertritt...


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400plus
Beitrag 9. Dec 2022, 18:59 | Beitrag #912
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Ist jetzt nicht so, dass Sachs nicht seine Fans hätte: Viktor Orban auf Twitter
 
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Beitrag 13. Dec 2022, 17:55 | Beitrag #913
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Sachs ist tatsächlich ein ganz anderes Level, er war jetzt wohl sogar bei Chefpropagandist Solovyov zu Besuch:
https://twitter.com/francis_scarr/status/1602686613976481792
 
Glorfindel
Beitrag 14. Dec 2022, 09:46 | Beitrag #914
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Ich halte Sachs, Varwick, Vad usw. für bewusste oder unbewusste Propagandisten von Putin. Klar, sie verurteilen den Krieg Russlands gegen die Ukraine (mit einer Rechtfertigung würden sie sich jedoch völlig ins Abseits stellen). Auf der anderen Seite verbreiten sie aber meines Erachtens ziemlich stark eingefärbte Meinungen und eigentlich immer wieder das Selbe:

- dass die Ukrainer verlieren werden, mit oder ohne westlichen Waffen (zumindest wurde dies erzählt, bis es durch das Kriegsgeschehen widerlegt wurde)
- dass Russland gewinnen werde bzw. Putin niemals aufgeben werde bzw. man Russland als Nuklearmacht nicht besiegen könne
- dass die Waffenlieferungen die Sache nur schlimmer machen würden, den Krieg eskalieren würde und es ein Gebot der Humanität sei, keine Waffen zu liefern
- dass ein schlechter Frieden, möglicherweise sogar die Kapitulation, besser sei als den Krieg fortzusetzen
- dass keine Friede im Moment möglich sei, weil Hardliner in der Ukraine und im Westen gar kein Interesse an einem Frieden hätten
- dass die NATO/der Westen/die USA Russland grosses Unrecht mit der Osterweiterung, mit einer angeblichen Einkreisung Russlands usw. angetan habe
- dass 2014 in der Ukraine ein Putsch stattgefunden hat und dass der Westen/die USA dahinter gestanden hätten
- dass Sanktionen für den Westen wirtschaftlich sehr schlimm seien und es deshalb besser sei, mit Russland ein Auskommen zu finden und dass der Westen gegebenenfalls Druck auf die Ukraine ausüben müsse
- dass die militärische Unterstützung der Ukraine einen Nuklearkrieg und oder ein Krieg zwischen der NATO und Russland provozieren könnte und deshalb zu unterlassen ist.

Was wird damit bezweckt?
- Die Unterstützung der Ukraine soll beginnen zu bröckeln?
- Allfällige Verhandlungspositionen der Ukraine bzw. des Westens sollen bereits zum Voraus unterminiert werden, indem dazu aufgerufen wird, Russland Zugeständnisse in Bezug auf die Krim, den Donbass und die Sanktionen zu machen
- es sollen sich unbelegte Behauptungen in den Köpfen der Menschen festsetzen ("die Ukraine möchte gar nicht verhandeln", "der Westen hat Russland zum Krieg provoziert", "die USA hätten Nordstream2 sabobiert", "2014 fand ein Putsch in der Ukraine statt" usw.)


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Beitrag 14. Dec 2022, 09:57 | Beitrag #915
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ZITAT(Glorfindel @ 14. Dec 2022, 09:46) *
Ich halte Sachs, Varwick, Vad usw. für bewusste oder unbewusste Propagandisten von Putin.


Bei Sachs ist der Fall für mich klar. Wer mit Solovyov redet, macht das bewusst.
 
Glorfindel
Beitrag 14. Dec 2022, 10:10 | Beitrag #916
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Sachs hat zum Ukrainekrieg so einiges geäussert, auch vieles, dass wir bereits von den wie Vad, Varwick usw. kennen (Russland wird militärisch gewinnen, Waffenlieferungen sind schädlich, die USA/Grossbritannien hätten im März einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine torpediert usw.).

Von Sachs' Homepage:

ZITAT
Wer steckt hinter dem offensichtlichen Sabotageakt gegen die Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2? Eine Vermutung von US-Ökonom Jeffrey Sachs schlägt ein wie eine Bombe. In einem Bloomberg-Interview stellte Sachs, Direktor des Earth Institute an der Columbia University und ein renommierter Buchautor, den Verdacht in den Raum: Die USA könnten für die Lecks verantwortlich sein – und „vielleicht auch Polen“.

Um seine These zu begründen, verwies der 68-Jährige auf gewisse Radar-Überwachungen, die Helikopter des US-Militärs zeigen, und wie diese über den Nord-Stream-Pipelines kreisen würden. Auch die vielen politischen Drohungen in den USA, die Pipeline-Verbindungen zu unterbrechen, sieht Sachs als Indizien für eine mögliche Verwicklung der USA in den Vorfall.
(...)

Die Zerstörung der Nord-Stream-Pipelines nennt der US-Ökonom einen weiteren schweren Schlag für Deutschland, da sie eine schnelle Rückkehr zu russischen Gasflüssen noch schwieriger mache. „Die Pipelines wurden wohl auch deswegen zerstört“, vermutet Jeffrey Sachs.

In dieser Hinsicht wäre ein Verhandlungsfrieden zur Beendigung des Ukraine-Krieges aus Sachs’ Sicht der wichtigste Weg zu einer wirtschaftlichen Erholung Europas. „Solange der Krieg andauert, wird die Wirtschaftskrise in Europa andauern.“ Wichtige Bedingungen für einen Verhandlungsfrieden seien bereits im März zwischen Russland und der Ukraine vereinbart worden, verweist der Ökonom, doch es scheine, dass die USA und das Vereinigte Königreich gegen die vereinbarten Bedingungen waren, insbesondere gegen die Neutralität der Ukraine, bemängelt Sachs. Das Scheitern der Verhandlungen habe dazu geführt, dass der Krieg fortgesetzt und damit die Wirtschaftskrise Europas vertieft worden sei.

Sein Vorschlag: Europa sollte beide Kriegsparteien drängen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, und die USA und das Vereinigte Königreich auffordern, einen Kompromiss statt eines fortgesetzten Krieges zu unterstützen. (...) Mit der möglichen Eskalation des Krieges zu einem nuklearen Konflikt hätten sich die Gefahren in den letzten Tagen enorm vervielfacht, so Sachs. (...)

https://www.jeffsachs.org/interviewsandmedi...nd3zx37s3bgeje3

ein weiterer Artikel von Sachs:
ZITAT
(...)
In 1990, Germany and the US gave assurances to Soviet President Mikhail Gorbachev that the Soviet Union could disband its own military alliance, the Warsaw Pact, without fear that NATO would enlarge eastward to replace the Soviet Union. It won Gorbachev’s assent to German reunification in 1990 on this basis. Yet with the Soviet Union’s demise, President Bill Clinton reneged by supporting the eastward expansion of NATO. (...)

Russia was initially protected from NATO enlargement to Ukraine by Ukraine’s pro-Russian president Viktor Yanukovych, who led the Ukrainian parliament to declare Ukraine’s neutrality in 2010. Yet in 2014, the US helped to overthrow Yanukovych and bring to power a staunchly anti-Russian government. The Ukraine War broke out at that point, with Russia quickly reclaiming Crimea and supporting pro-Russian separatists in the Donbas, the region of Eastern Ukraine with a relatively high proportion of Russian population. Ukraine’s parliament formally abandoned neutrality later in 2014. (...)

Attempts to end the war in the Donbas through the Minsk Agreements failed when Ukraine’s leaders decided not to honor the agreements, which called for autonomy for the Donbas. After 2014, the US poured in massive armaments to Ukraine and helped to restructure Ukraine’s military to be interoperable with NATO, as evidenced in this year’s fighting.

The Russian invasion in 2022 would likely have been averted had Biden agreed with Putin’s demand at the end of 2021 to end NATO’s eastward enlargement. The war would likely have been ended in March 2022, when the governments of Ukraine and Russia exchanged a draft peace agreement based on Ukrainian neutrality. Behind the scenes, the US and UK pushed Zelensky to reject any agreement with Putin and to fight on. At that point, Ukraine walked away from the negotiations.

Russia will escalate as necessary, possibly to nuclear weapons, to avoid military defeat and NATO’s further eastward enlargement. The nuclear threat is not empty, but a measure of the Russian leadership’s perception of its security interests at stake. (...)

https://www.jeffsachs.org/newspaper-article...typd6rjgfesszm4
Sachs behauptet,
- die NATO-Osterweiterung hätte gegen Abmachungen verstossen
- die USA hätten in der Ukraine einen Putsch initiert, um eine anti-russische Regierung an die Macht zu bringen. Zuvor hätte Janukovitsch dafür gesorgt, dass Russland sicher sei
- die Ukraine hätte Bemühungen zu einem Frieden in der Ukraine untergraben, indem sie sich entschieden hätte, die Minsk II-Vereinbarung nicht einzuhalten
- der Angriff Russlands auf die Ukraine hätte Biden verhindern können, wenn er damit einverstanden gewesen wäre, auf eine weitere NATO-Osterweiterung zu verzichten
- der Krieg hätte vermutlich Ende März beendet werden können, wenn die USA und Grossbritannien nicht die Ukraine dazu gedrängt hätte, weiter zu kämpfen

Sorry, aber das ist dann schon sehr, sehr einseitig und teilweise werden hier falsche Behauptungen vorgebracht. Und Sachs argumentiert meines Erachtens nicht nur hier klar pro-russisch, sondern auch in anderen Stellungsnahmen.


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Beitrag 14. Dec 2022, 10:51 | Beitrag #917
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ZITAT(Glorfindel @ 14. Dec 2022, 10:10) *
- die NATO-Osterweiterung hätte gegen Abmachungen verstossen


Woher kommt dieses unsägliche Narrativ eigentlich? Wer hat das als erstes rausgehauen?


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Glorfindel
Beitrag 14. Dec 2022, 12:13 | Beitrag #918
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ZITAT(Madner Kami @ 14. Dec 2022, 10:51) *
ZITAT(Glorfindel @ 14. Dec 2022, 10:10) *
- die NATO-Osterweiterung hätte gegen Abmachungen verstossen


Woher kommt dieses unsägliche Narrativ eigentlich? Wer hat das als erstes rausgehauen?

Hauptsächlich von Putin und seinen Leuten. Es wird dabei mit oder ohne Absicht durcheinandergebracht, was westliche Politiker vor Beginn der Deutschlandverhandlungen geäussert haben und was am Verhandlungstisch der Zwei-plus-vier-Staaten tatsächlich besprochen und beschlossen wurde. Angefangen damit hat möglicherweise Gorbatchow.

Es gab ursprünglich eine Diskussion darüber, ob ein wiedervereinigtes Deutschland NATO-Mitglied bleiben könne oder nicht. Dabei änderten sowohl die Westallierten wie auch die Sowjetunion ihre Meinung. Eine Zusage, dass die NATO sich nicht auf das Gebiet des ehemaligen Wahrschauer Paktes ausweiten würde, gab es nicht, schon gar nicht irgendwie in einen Vertrag eingegossen.

Die NATO-Osterweiterung bzw. der Beitritt der baltischen Staaten und von Staaten des ehemaligen Wahrschauer Paktes ist im Übrigen weniger auf den Willen der Ausdehnung des Einflussbereiches der USA nach Osteuropa zurückzuführen, sondern eher auf eine Bedürfnis der beitretenden Staaten (welche ja auch um Anschluss an die NATO ersucht haben).

ZITAT
Russlands Präsident Putin fordert neue Sicherheitsgarantien für sein Land. Schließlich habe die NATO ihr Versprechen, sich nicht nach Osten auszudehnen, gebrochen. Doch was ist dran an diesem Versprechen? (...)

Wesentlich für die Behauptung einer Zusage an die Sowjetunion sind Gespräche im Februar 1990 zwischen dem damaligen US-Außenminister James Baker und Staatschef Michail Gorbatschow. Einem Memorandum zufolge sagte Baker damals: Die Amerikaner hätten verstanden, dass für die Sowjetunion und andere europäische Länder Garantien wichtig seien für den Fall, dass die USA ihre Präsenz in Deutschland im Rahmen der NATO beibehalten würden, "sich die gegenwärtige Militärhoheit der NATO nicht ein Zoll in östlicher Richtung ausdehnen wird". Gemeint war jedoch das Gebiet der DDR - an eine NATO-Mitgliedschaft von Staaten des 1990 noch bestehenden Warschauer Paktes war damals nicht zu denken.

https://www.tagesschau.de/faktenfinder/nato...europa-101.html

ZITAT
Ob es nach dem Mauerfall 1989 zur deutschen Einheit kommen würde, hing davon ab, ob die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs sich über die militärische Bündniszugehörigkeit Gesamtdeutschlands verständigen würden. Nachdem der Westen jahrzehntelang Freiheitsrechte für DDR-Bürger eingefordert hatte und verbal für die Überwindung der deutschen Teilung eingetreten war, kehrte sich diese Haltung zunächst ins Gegenteil um: Skepsis und Bremsen – darunter ausgerechnet seitens der britischen Premierministerin Thatcher, die wie keine andere zuvor immer als Kämpferin für Freiheit und Selbstbestimmung aufgetreten war.

Umgekehrt gab die Sowjetunion zweieinhalb Monate nach dem Mauerfall das Prinzip der deutschen Zweistaatlichkeit auf: Am 26. Januar 1990 fiel in einer Sitzung der sowjetischen Führung die Entscheidung zugunsten eines wiedervereinigten Deutschlands. Gorbatschow sagte, dass in der DDR keine realen Kräfte mehr existierten, stellte aber klar: “Das Wichtigste ist, dass niemand damit rechnen soll, dass ein vereinigtes Deutschland in die NATO kommt.“ (...)

Am 10. Februar 1990 empfing Gorbatschow Bundeskanzler Kohl und machte dabei die historische Zusage, dass die Deutschen selbst entscheiden könnten, ob sie in einem Staat leben wollten oder nicht. Bedingungen knüpfte er daran nicht, sondern verwies auf die geplanten Zwei-plus-vier-Verhandlungen.

Bei der Auftaktkonferenz in Bonn, wo sich am 5. Mai 1990 die Vertreter beider deutscher Staaten und der vier Siegermächte versammelten, hätte die Sowjetunion die Gelegenheit gehabt, die früheren Äußerungen von Baker und Genscher zur NATO-Erweiterung auf den Tisch zu legen und die westlichen Verhandlungspartner damit zu konfrontieren. Doch genau das tat Moskau weder am 5. Mai noch bei den folgenden Konferenzen.

Anfang Juni 1990 auf dem Gipfeltreffen zwischen den USA und der Sowjetunion in Washington und Camp David schien dann der Durchbruch in der NATO-Frage geschafft: Gorbatschow widersprach Präsident Bush sen. nicht, dass gemäß der Schlussakte von Helsinki auch das vereinigte Deutschland allein bestimmen dürfe, welchem Bündnis es angehören wolle.

Doch erst bei dem sogenannten Strickjackentreffen mit Bundeskanzler Kohl im Kaukasus sechs Wochen später gab Gorbatschow die eindeutige Zusage, dass Gesamtdeutschland die freie Bündniswahl habe. Rückblickend nennt er den Grund für den Positionswechsel in der NATO-Frage – dieser habe der politischen Logik entsprochen. “Da wir einerseits Deutschlands volle und uneingeschränkte Souveränität anerkannten, bedeutete das andererseits auch, dass Deutschland selbst über seine Bündniszugehörigkeit entscheiden darf.“ (...)

https://www.bpb.de/themen/europa/years-of-c...en-versprechen/

ZITAT
Kaum eine andere Frage hat das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen so stark belastet, wie die Osterweiterung der NATO. Im Narrativ des Kremls spielt dieser Schritt des atlantischen Bündnisses eine zentrale Rolle. Die NATO-Osterweiterung sei Kernpunkt einer umfassenden Strategie des Containment, der Schwächung und Erniedrigung Russlands. Militärisches Mittel für die Ausführung dieser Strategie sei es, Militärbasen in unmittelbarer Nachbarschaft Russlands aufzubauen und militärische Kräfte der NATO immer dichter an die russischen Staatsgrenzen heranzuführen.

Das Narrativ des Kremls hat eine starke moralische Dimension. Dem Westen wird Wortbruch vorgeworfen. Die Osterweiterung habe gegen Verpflichtungen verstoßen, die europäische und amerikanische Politiker und die NATO 1990 in den Verhandlungen zur deutschen Einheit und auch im darauf folgenden Jahr übernommen hätten. (...)

Gorbatschow hatte als wichtigster potentieller Kronzeuge jahrelang dieses Narrativ mit befördert. (...) Letztendlich bekannte er sich doch zur historischen Wahrheit. Gegenüber der russischen Zeitung „Kommersant“ stellte er im Oktober 2014 klar: „Das Thema ,NATO-Expansion‘ wurde überhaupt nicht diskutiert, und es wurde in diesen Jahren [1989-1990] nicht aufgeworfen. (...) Nicht ein einziges osteuropäisches Land hat diese Frage angesprochen, noch nicht einmal nachdem der Warschauer Pakt 1991 aufgehört hatte zu existieren. Westliche Staats- und Regierungschefs haben sie auch nicht erhoben.“ (...)

Die These eines Linkage zwischen einer angeblichen westlichen Verpflichtung, die NATO nicht über die Grenzen Gesamtdeutschlands nach Osten auszudehnen und der Zustimmung Gorbatschows zum Verbleib Deutschlands im westlichen Bündnis hat nun Schützenhilfe bekommen. (...)

Stephen F. Cohen, bekannt für seine Putin- und Russland-freundlichen Schriften, hat die von Blanton und Savranskaya aufgestellten Behauptungen aufgegriffen und schreibt: „Gorbatschow traf die Entscheidung zur Wiedervereinigung Deutschlands und seiner Mitgliedschaft in der NATO auf der Grundlage fester Zusicherungen seiner damaligen ,westlichen Partner‘, dass die NATO im Gegenzug niemals auch nur ‚einen Zoll nach Osten‘ in Richtung Russland erweitert würde. […] Alle beteiligten westlichen Mächte − die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland selbst − haben Gorbatschow mehrfach sowie unmissverständlich dasselbe Versprechen gegeben. Wenn wir fragen, wann der Westen, insbesondere Washington, nach dem Ende der Sowjetunion Moskau als möglichen strategischen Partner verloren hat, muss man hier mit Erklärungen ansetzen.“ (...)

Das zentrale Beweisstück sind und bleiben auch bei Blanton und Savranskaya die Gespräche zwischen US-Außenminister Baker und Gorbatschow sowie dem sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse am 9. Februar 1990. Sie zitieren bekannte Dokumente, denen zufolge Baker Gorbatschow versichert hat, dass „weder der [US-]Präsident noch ich irgendwelche unilateralen Vorteile aus den Prozessen ziehen wollen“. Die Amerikaner hätten begriffen, dass es „nicht nur für die Sowjetunion, sondern auch für andere europäische Länder wichtig ist, Garantien dafür zu haben, dass, wenn die Vereinigten Staaten ihre Präsenz in Deutschland im Rahmen der NATO beibehalten, sich die gegenwärtige Militärhoheit der NATO [‚NATO’s present military jurisdiction‘] nicht ein Zoll in östlicher Richtung ausdehnen wird“. Worum ging es bei Bakers Formulierung und der ebenfalls in den Gesprächen mit Gorbatschow und Schewardnadse benutzten Version „NATO’s jurisdiction for forces of NATO“? Doch um nichts anderes, als dass es östlich von Deutschland keine Truppen geben sollte, die in die integrierten Führungsstrukturen der NATO eingegliedert wären. Schließlich waren die Bundeswehr sowie die Streitkräfte der meisten anderen westeuropäischen Verbündeten einem gemeinsamen NATO-Kommando unter einem US Vier-Sterne-General als Oberbefehlshaber unterstellt, wodurch das Bündnis in sowjetischer Sicht zu einem Instrument amerikanischer Militärpolitik geworden war. Gedacht war bei dieser Ausnahmeregelung für NATO-Streitkräfte anfangs auch nur an eine Übergangszeit bis zum Abzug der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte aus der DDR. Es war ja auch kaum vorstellbar, dass sich gleichzeitig Truppen der NATO und der Sowjetunion im östlichen Teil Deutschlands aufhielten.

Es ist (...) unzulässig, aus Zusicherungen bezüglich einer Ausdehnung von NATO-Kommandostrukturen und der Stationierung von NATO-Truppen auf dem Territorium der ehemaligen DDR auf etwaige Zusagen hinsichtlich einer Erweiterung des Bündnisses östlich des vereinigten Deutschlands zu schließen. Genau dies tun aber die beiden Autoren – und auch Putin. In dem von ihm zitierten Passus von 2007 wirft er bei seiner Darstellung der NATO-„Garantien“ die Aussagen Wörners vom 17. Mai 1990 mit der Zeit „nach dem Zerfall des Warschauer Pakts“ − ein Ereignis, das am 1. Juli 1991 stattfand − in einen Topf. Im Original der Rede Wörners ist allerdings der Geltungsbereich der Zusicherungen eindeutig. Wörner versicherte, dass NATO-Truppen nicht „jenseits des Gebiets der Bundesrepublik “ stationiert würden, wobei klar ist, dass es um den östlichen Teil Deutschlands ging, nicht um ehemalige Mitglieder des noch existierenden Warschauer Pakts. Dies wird durch einen (...) Nachsatz des Generalsekretärs unterstrichen: „Wir [die NATO] könnten uns eine Übergangszeit vorstellen, in der eine verringerte Anzahl von Sowjettruppen in der heutigen DDR stationiert bleiben.“ Wörners Zusicherung ist folgerichtig im Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 wie folgt aufgenommen worden: „Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.“5 Einer der wichtigsten Zeitzeugen, Horst Teltschik, an dieser Zeitenwende der deutschen Geschichte außenpolitischer Berater Bundeskanzler Helmut Kohls, hat diese Zusammenhänge wie folgt bestätigt: (...) "Zu keinem Zeitpunkt war die Rede über eine Erweiterung der NATO über Deutschland hinaus. Es wurde nur über den Übergangsstatus der ehemaligen DDR und Berlin verhandelt, solange sowjetische Truppen in der DDR stationiert waren." (...)

Fazit
Abschließend stellt sich die Frage, warum die Osterweiterung der NATO über die Grenzen der ehemaligen DDR hinaus kein Thema von Gesprächen oder Verhandlungen mit Gorbatschow war. Gründe dafür gibt es sowohl auf westlicher als auch auf sowjetischer Seite. Westliche Staats- und Regierungschefs und Außenminister standen 1990 keineswegs unter dem Eindruck, dass sich der Warschauer Pakt in kurzer Zeit auflösen würde. Aber auch wenn es anders gewesen wäre, konnte der Westen sich nicht ganz einfach über das in der KSZE-Grundakte festgelegte Recht der freien Bündniswahl für ihre Unterzeichnerstaaten hinwegsetzen. (...)

Das Fazit ist, dass es 1990 keine belastbaren Zusicherungen und keine Verhandlungen über eine Erweiterung der NATO über die Grenzen des vereinigten Deutschlands hinaus gab.

https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/...liche-garantien


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Nite
Beitrag 14. Dec 2022, 12:33 | Beitrag #919
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Im Prinzip ist die ganze Debatte um irgendwelche Zusagen ein schlechter Witz.
Damals wurde wirklich jede Marginalie vertraglich fixiert, und ein angeblich derart zentraler Punkt soll sich dann in keinem einzigen Vertrag finden lassen?


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ramke
Beitrag 14. Dec 2022, 12:35 | Beitrag #920
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Wenn es eine Einzige Zusage gibt, die diesbezüglich vereinbart wurde und die auch bis heute konsequent durchgezogen wird, dann sind es keine US, Britischen oder Französischen Truppen in den neuen Bundesländern.


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Beitrag 14. Dec 2022, 12:37 | Beitrag #921
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ZITAT(ramke @ 14. Dec 2022, 12:35) *
Wenn es eine Einzige Zusage gibt, die diesbezüglich vereinbart wurde und die auch bis heute konsequent durchgezogen wird, dann sind es keine US, Britischen oder Französischen Truppen in den neuen Bundesländern.


Diese wurde aber auch schriftlich festgehalten: Artikel 5(3) des Zwei-Plus-Vier-Vertrages
 
Glorfindel
Beitrag 14. Dec 2022, 12:58 | Beitrag #922
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Das Deutschland bündnisfrei wird, war am Anfang Thema, dann aber fallen gelassen. Dass sich die NATO nicht nach Osten erweitern darf, wurde nie zugesichert. Die Sowjetunion rechnete weder mit ihrem eigenen Ende noch mit dem Ende des Warschauer Paktes.

Zeichnend ist aber, dass Vad, Varwick, Precht und auch Sachs bewusst oder unbewusst russische Propaganda und
Lügen immer wieder verbreiten - dass war mir lange Zeit (ausser vielleicht bei Precht) nicht bewusst.


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Beitrag 14. Dec 2022, 13:47 | Beitrag #923
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ZITAT(Salzgraf @ 9. Dec 2022, 14:00) *


Sachs behauptet - wie Vad - dass im März die Ukraine und Russland kurz vor einem Waffenstillstand standen, die Ukrainer aber den Verhandlungstisch verliessen. Das ist hahnebüchener Unsinn aus der Verschwörungsecke.

Das mit der russisch-orthoxen Kirche ist dann Angesichts des unchristlichen Verhaltens dieser Kirche in diesem Krieg fast schon eine Verdrehung der Tatsachen.

ZITAT
(...) Im März 2022, einen Monat nach der russischen Invasion, erzielten Putin und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wesentliche Fortschritte in Hinsicht auf eine pragmatische Beendigung des Krieges durch Verhandlungen, die auf einer Nichterweiterung der Nato, internationalen Garantien für die Souveränität und Sicherheit der Ukraine und einer späteren friedlichen Lösung der Probleme auf der Krim und im Donbass beruhte. Türkische Diplomaten waren die sehr geschickten Vermittler.

Doch dann verließ die Ukraine den Verhandlungstisch, vielleicht auf Drängen Großbritanniens und der USA, und verfolgte eine Politik, Verhandlungen so lange zu blockieren, bis Russland militärisch aus der Ukraine vertrieben werde. Daraufhin eskalierte der Konflikt, und Russland annektierte nicht nur die beiden Regionen des Donbass (Luhansk und Donezk), sondern auch die Regionen Cherson und Saporischschja.

Kürzlich heizte Selenskyj die Situation weiter an, indem er forderte, die ukrainischen Verbindungen zu russisch-orthodoxen Einrichtungen zu kappen und damit die religiösen Brücken zwischen ethnischen Russen und vielen ethnischen Ukrainern abzubrechen, die ein Jahrtausend zurückreichen. (...)


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Beitrag 14. Dec 2022, 15:00 | Beitrag #924
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ZITAT(400plus @ 9. Dec 2022, 14:12) *
Sachs war auch einer der Unterzeichner des Precht-Zeh-Ergusses im Juni und ist auch während Covid schon ziemlich abgedreht.

Was mich noch Wunder nehmen würde, ist, wie Sachs überhaupt in diesen illustren Kreis gekommen ist. Sachs ist doch Amerikaner und passt von dem her nicht in diese Gruppe, welche hauptsächlich aus Deutschen besteht.

Argumentatorisch passt er aber voll in die Gruppe rein.


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Salzgraf
Beitrag 14. Dec 2022, 16:40 | Beitrag #925
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ZITAT(Glorfindel @ 14. Dec 2022, 12:58) *
Dass sich die NATO nicht nach Osten erweitern darf, wurde nie zugesichert.

Wenn es zu dem Thema eine Vereinbarung gegeben hätte, wäre sie in der NATO-Russland-Grundakte sowohl aus zeitlicher (nach Zerfall WP, Beitrittswünsche Baltikum/Polen) als auch sachlicher Logik fixiert worden.

Der Beitrag wurde von Salzgraf bearbeitet: 14. Dec 2022, 16:44
 
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Beitrag 14. Dec 2022, 17:30 | Beitrag #926
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ZITAT(Nite @ 14. Dec 2022, 12:33) *
Im Prinzip ist die ganze Debatte um irgendwelche Zusagen ein schlechter Witz.
Damals wurde wirklich jede Marginalie vertraglich fixiert, und ein angeblich derart zentraler Punkt soll sich dann in keinem einzigen Vertrag finden lassen?


Ich habe ja letztens am Rande erwähnt, dass mein Duscheninstallateur seine AfD-Affinität sehr zur Schau getragen hatte und dabei fiel auch die Aussage, dass Genscher der UdSSR so eine Zusage gemacht habe. Ich konfrontierte ihn damit, dass selbst wenn Genscher das getan hätte, er in so einer Frage gar keine Autorität gehabt habe und auch, dass das ganze vertraglich im Gegensatz zu vielem anderen nirgends festgehalten wurde und schon alleine dadurch gegenstandslos wäre. Er entgegnete daraufhin, dass man das damals ja auch immer mit Handschlag gemacht hätte und, dass so ein Handschlag unter Männern eine ganze andere Qualität habe. Als ich ihm dann anbot meinen Auftrag auch nur mit Handschlag zu besiegeln, fand er das plötzlich nicht mehr. facepalm.gif


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Beitrag 14. Dec 2022, 17:35 | Beitrag #927
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Eigentlich macht die Behauptung überhaupt keinen Sinn. Wenn man aber verschiedene Aussagen von verschiedenen Akteuren zu verschiedenen Zeiten aus dem Zusammenhang reisst und nichtchoronologisch wieder zusammensetzt, dann kann man diese (Verschwörungs-) Theorie zusammenzimmern. Wie bereits von Nite richtig erwähnt, wenn die Sowjetunion darauf bestanden hätte, dass die NATO sich nicht nach Osten erweitern darf, und die Westmächte damit einverstanden gewesen wäre, dann wäre dies vertraglich fixiert worden.

Es handelt sich um eine Verschwörungstheorie, welche nicht nur Leute wie Daniele Ganser verbreiten, sondern auch z.B. Precht schon von sich gegeben hat oder jetzt Jeffrey Sachs (ich meine auch Sarah Wagenknecht und andere Politiker haben das auch schon verbreitet). Damit wird suggeriert, die NATO hätte Russland Unrecht getan. Soweit ich gesehen habe, muss man hier zumindest Varwick zugute halten, dass er nichts solches Zeug erzählt (ich hoffe, ich irre mich nicht).

Tatsächlich ist das alles Blödsinn. Die osteuropäischen Staaten waren völlig frei, der NATO beizutreten. Russland geht dies grundsätzlich gar nichts an und es wäre auch nicht viel passiert, wenn Russland sich nicht aggressiv verhalten hätte. Ich sehe nicht, wo die westliche Staaten Russland bedroht hätten. Die NATO hat hauptsächlich reagiert.

Meines Erachtens handelt es sich bei dieser Behauptung um Propaganda (genauso wie bei ein paar anderen Behauptungen, wie dass es keinen Frieden im Donbass gegeben hätte, weil die Ukraine Minsk-II nicht eingehalten hätte oder dass die Ukraine im März die Friedensgespräche mit Russland abgebrochen hätte, obwohl Russland bereit gewesen sei, sich auf die Krim zurück zu ziehen gegen die Zusicherung, dass die Ukraine nicht der NATO beitretet). Nachdem diese Geschichte(n) immer wieder auch von Prominenten erzählt werden, ist durchaus damit zu rechnen, dass da auch etwas bei den Leuten hängen bleibt.

Eigentlich habe die Geschichte auch immer für Quatsch gehalten mit dieser Zusicherung auf eine NATO-Osterweiterung zu verzichten, gerade weil damals davon überhaupt keine Rede war und auch kein schriftliches Dokument existiert, wirklich sicher bin ich mir aber auch erst, seit ich mich diesbezüglich informiert habe und v.a. erkannt habe, wie verdreht von Seiten der Befürworter der These - sie bringen v.a. Aussagen zur NATO-Zugehörigkeit von Russland vor - die Begründungen sind.


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Beitrag 14. Dec 2022, 18:08 | Beitrag #928
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ZITAT(Madner Kami @ 14. Dec 2022, 17:30) *
ZITAT(Nite @ 14. Dec 2022, 12:33) *
Im Prinzip ist die ganze Debatte um irgendwelche Zusagen ein schlechter Witz.
Damals wurde wirklich jede Marginalie vertraglich fixiert, und ein angeblich derart zentraler Punkt soll sich dann in keinem einzigen Vertrag finden lassen?

(...) selbst wenn Genscher das getan hätte, er in so einer Frage gar keine Autorität gehabt habe und auch, dass das ganze vertraglich im Gegensatz zu vielem anderen nirgends festgehalten wurde und schon alleine dadurch gegenstandslos wäre. (...)

Genscher hat im Januar 1990 anlässlich eine Vortrages tatsächlich folgendes geäussert:

ZITAT
„was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben“


Genscher sagte damals, die NATO solle eine entsprechende Erklärung abgeben. Er sprach aber logischerweise gerade nicht für die NATO. Das konnte er auch gar nicht. Die NATO hat dann aber nie eine entsprechende Erklärung abgegeben und Deutschland hat sich nicht dazu verpflichtet, eine NATO-Osterweiterung zu verhindern. Im Jahre 1990 hat eigentlich noch niemand an eine NATO-Osterweiterung gedacht. Einige hatten wohl auch mehr Angst vor einem wiedervereinigten Deutschland wie von der Sowjetunion. Ein Jahr später sah das dann schon anders aus.

1997 haben Nato und Russland die Nato-Russland-Grundakte vereinbart. Darin akzeptierte der damalige Präsident Boris Jelzin eine Osterweiterung der Nato und bekam im Gegenzug ein eingeschränktes Mitspracherecht eingeräumt. Bei der Aufnahme der baltischen Staaten wurde deshalb Russland nicht mehr gefragt und die Russen haben es auch nicht beanstandet.

Man muss auch sehen, dass der Westen, insbesondere auch Deutschland, aber auch andere Staaten, Russland nach der Wende und dann nochmals während der Russlandkrise finanziell geholfen haben.



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Beitrag 14. Dec 2022, 19:06 | Beitrag #929
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Der Mytos des „Wortbruches“ der NATO wird von russischer Seite nur vorgeschoben um die eigen Vertragsbrüche zu legitimieren. Der Westen hat zuerst einen Vertrag gebrochen darum können wir jetzt alle Verträge brechen. Kindergarten, eigentlich…
Der Witz ist ja eigentlich die Realität das alle östlichen NATO Mitglieder wegen genau dem jetzigen Ukraineszenario um fast jeden Preis in die NATO wollten. Und Russland bestätigt jetzt genau warum sie alle Recht hatten….



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....Nur beim Letzteren bin ich mir nicht sicher.

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Glorfindel
Beitrag 14. Dec 2022, 20:12 | Beitrag #930
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Ich habe noch ein Video aus einer MDR-Talkshow u.a. Mit Krone-Schmalz und Gysi ausgegraben, in welchem über die schädlichen Russlandsanktionen, die unbegründete Angst der osteuropäischen Staaten vor Russland, die angeblich gleichgeschaltete Presse, der lächerliche Einsatz der Bundeswehr im Baltikum und Machenschaften der Amerikaner, um Europa und Russland gegeneinander aufzusetzen gesprochen wird.

https://youtu.be/6iJbVdmebkw?t=1513

Der Beitrag wurde von Glorfindel bearbeitet: 15. Dec 2022, 14:20


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