Ich habe vor kurzen das Buch "Brown von der Insel" von C.S Forrester gelesen. Darin wird beschrieben, wie sich im ersten WK der imaginäre Kreuzer Ziethen nach einem siegreichen Gefecht mit einem halb so schweren (4 zu 8k Tonnen glaube ich) englischen Schiff in eine Bucht einer unwegsamen Galapagos-Insel zurückzieht, um seine Schäden zu beheben. Genauer ist einer der wenigen Treffer des englischen Schiffes zwischen Zitadelle und Vorschiff eingeschlagen.
in dem Buch wird die Formung einer Stahlplatte beschrieben. Wie es im Buch halt so ist. Es wird geschwitzt und gehämmert und schlussendlich, nachdem diverse andere Sachen passiert sind, ist der Fahrradflicken aufgebracht und die Fahrt geht weiter.
Was konnte im ersten WK, oder meinentwegen auch im zweiten, noch mit Bordmitteln repariert werden? Ab welchen Schäden ging dies nicht mehr*? Was wurde damals an Ersatz- und Reparaturmaterial mit sich geführt? Und wie sieht es heute damit aus? Sind die Fähigkeiten hierzu überhaupt noch vorhanden? Bei heutigen Schiffen gibt es natürlich noch eine nötige Unterscheidung zwischen Elektronik und Mechanik/Schiffskörper.
Oder ist dem Forrester da die Fantasie komplett durchgegangen und eine solche Reparatur war, wenn auch provisorisch, schon damals ohne Werft oä. absolut nicht zu machen?
* Ich erinnere zB dunkel eine notwenige Reparatur der Graf Spee in Montevideo im Jahr 1939, die wohl durch mehr Manpower der Bevölkerung deutlich beschleunigt hätte werden können, hätten politische Gründe nicht das Auslaufen vor Abschluss der Reparaturen bedingt. Das weisst ja zumindest bei einigen leichten bis mittleren Beschädigungen darauf hin, dass hier nicht Spezialgerät, sondern Arbeitskraft und Zeit die kritischen Punkte gewesen sein könnten.
Ich weiß von einem Kreuzer der USN im 2.WK, dass das Vorschiff bei einem Taifun verloren hatte und man mit Bordmitteln das Schiff abgedichtet und heim zur Werft gefahren ist. Mehr ist mir in der Richtung aber auch nicht bekannt.
Achso ja. Yorktown wurde in der Korallensee auch schwer beschädigt und wurde mit Bordmitteln zusammen geflickt um zur Werft auf Hawaii zu fahren.
Gleiches gilt für diverse Torpedoschäden, inklusive der Lützow, die 1940 vor Norwegen beinahe ihr Heck verloren hat und dennoch erfolgreich nach Kiel geschleppt werden konnte.
Als ich auf der HMS Belfast war, erstaunte mich die umfangreiche Ausstattung mit Werkzeugmaschinen. Sind heute auch noch Drehbank und Fräsmaschinen an Bord?
Rein mechanisch ist mit ein paar geschickten Leuten, reichlich Acetylen und Sauerstoff und ein bisschen Material sehr viel möglich. Da bekommt man auch große Löscher notdürftig gestopft.
Heute wird es eher das Problem sein das der Stellungsregler X oder die SPS Baugruppe Y nicht mehr will. Da kannst du dann nur tauschen. Wenn du was da hast.
Was da noch helfen kann ist ein geschickter Programmierer aber ich würde mal bezweifeln das Programmänderungen an der Schiffssteuerung möglich ist.
Grundsätzlich: https://www.maritime.org/doc/dc/part8.htm
ctrl-f "steel plate" und ähnliches. Ist von 1945.
Dazu wieviel für solche Zwecke mitgeführt wird siehe z.B. folgenden Satz dort
- "Plate patches (see fig. 34-10) have proved of great value in this war. One small ship returned from an action with eighty-four of them in use. "
aber auch
- Many large holes in decks and bulkheads have been successfully repaired in battle areas by welding on steel plates. This method is not so safe, speedy and reliable as most uninitiated people think it to be, and it may be necessary to employ one of the temporary patches previously described while preparations are being made to weld on steel plates. Moreover, smaller vessels having only one welding machine may have that machine demolished by the first enemy salvo, and larger vessels may be without adequate power as a result of a large explosion.
Weil Schweißen nicht das Maß aller Dinge ist gibts an Bord auch Bolzenschußgeräte, auch für den Unterwassereinsatz. Im Bereich der Schiffstechnik sind je nach Größe der Einheit auch Geräte zur Herstellung von Behelfsmitteln da, auch entsprechende "Rohmaterialen". Man sollte auch nicht unterschätzen, was mit dem guten alten Holz, Planen und Segeltuch so möglich ist. Schlussendlich sich viele Krieger immer noch so gebaut, dass man auf ganze Abteilungen verzichten kann, da wird gegengeflutet und weiter gehts. Siehe SMS Moltke oder auch Seydlitz.
Bei den Booten ist/war die Frage, wo sich die USG befindet - lange wurde sie auf dem Tender eingeschifft, der auch die Werkzeugmaschinen und Werkzeuge dabei hat. Auch die Korvetten heute dürften auf einen Tender angewiesen sein. Die F125 hat den Raum und ist wartungs- und reparaturfreundlich entworfen, hat allerdings eine Größenordnung geringere Besatzung und somit weit weniger Personen mit entsprechender Ausbildung. Da die Zeit der Panzerschiffe lange vorbei ist, sehen die Anforderungen und Gefechtsschäden natürlich auch reichlich anders aus.
@MeckiMesser: Danke für den Link zum Volocopter, sehr interessant.
Wobei die Selbstreparatur seit flächendeckender Einführung von Schweißgeräten einfacher ist. Im 1.WK hatte man das noch nicht. Da musste man sich noch anders behelfen, was auch den ruhigen Arbeitslatz und die Zeit, die dafür gebraucht wurde, erklären. Besagter Schaden am amerikanischen Kreuzer, wo das ganze Vorschiff bis zum ersten Geschützturm abbrach, wäre ohne Schweißgeräte mit Mitteln des 1.WK wohl nicht zu retten gewesen.
Das klingt, als sei die HMS Warspite schlussendlich an dem durchbrochenen Kiel gesunken. Das stimmt aber aus zwei Gründen nicht. Erstens wurde nicht der Kiel durchbrochen, sondern der Hüllenboden wurde durchschlagen (allerdings mit einem 20 Fuß breiten Loch, also fast 7 Meter). Und zweitens ist die HMS Warspite auf dem Weg zum Abbrechen auf Grund gelaufen und nie wieder abgeschleppt worden, da sie zu viel Wasser im Rumpf hatte. Mit einem durchschlagenen Kiel wäre das Schiff nun wirklich nicht mehr "mit Zement zu flicken" gewesen. Sie war auch so, wie Du ja schreibst, für den kurzen Rest ihrer Karriere gezeichnet. Der Turm X und die 6-Zöller waren futsch und das Loch im Rumpf wurde nur mit einem Caisson aus Zement abgedichtet.
Unwahrscheinlich, da die Prinz Eugen erst im Sommer 1940 in Dienst gestellt wurde Gemeint ist die Ex-Deutschland "Luetzow", nicht die "Luetzow" aus der Hipper-Klasse.
Genau, es geht um das "Panzerschiff", nicht den schweren Kreuzer. Der ist ja niemals fertiggestellt worden, sondern wurde an die UdSSR verkauft. Die tatsächliche Lützow, also die ehemalige Deutschland und Typschiff der Klasse, erhielt im Rahmen der Operationen vor Norwegen (Weserübung) 1940 einen Torpedotreffer durch ein britisches Uboot.
Die USS New Orleans muss eine irrsinnig gute interne Druckverteilung gehabt haben oder schieres Glück. Die Torpedos, die eigentlich für ihr Schwesterschiff USS Minneapolis gedacht waren, haben alle vorderen Munitionsmagazine und Treibstofftanks zur Explosion gebracht und alle vor dem 2. Turm abgerissen. Die USS Minneapolis hat ihren Bug übrigens in der gleichen Schlacht verloren. Die Überholung und Reparatur der USS New Orleans beinhaltete dann auch noch den 2. Turm der USS Minneapolis, der auf der USS New Orleans installiert wurde.
Die Formung einer Stahlplatte kann ich mir nur schwer vorstellen, dazu dürfte es 1. an Know How an Bord fehlen und 2. schlicht nicht das passende Werkzeug an Bord geben, speziell im 1. Wk. Aber okay, ist eben ein Buch, übrigens von einem klasse Autor
Generell kann man aber selbst heute noch recht viel an Bord selber machen. Wie schon erwähnt wird auch heute noch auf Kriegern reichlich Holz mitgeführt (Balken, Planken), hinzu kommen Lecksegel. Was das Lehrbuch über die Leckabwehr nicht her gibt, wird eben improvisiert, zumindest wenns sein muss. Wirklich erstaunlich was mit Leckpatsche, Bolzenschussgerät und Co. tatsächlich alles möglich ist und wie die Sachen, richtig aufgebaut, wirklich halten. Lieber quäle ich mich mit einem schwer beschädigten Schiff heim, als das Schiff und letztlich die Besatzung, aufzugeben. Letzteres ist natürlich nur im Kriegsfall relevant. Bei schweren Schäden wird heute möglichst der nächste NATO Stützpunkt angelaufen und dann kommen Ersatzteile und Fachleute aus dem Heimatland.
Ersatzteile werden vor längeren Touren im großen Stil nachgeordert, natürlich geht aber trotzdem dann immer das kaputt, wofür man keine Ersatzteile hat... Unbegrenzt Stauraum hat man speziell für die größeren Sachen eben nicht.
Bei der Ablösung durch uns hats beim Auslaufen unseren Vorgänger bei OAA erwischt. Was genau kaputt gegangen ist kann ich nicht sagen, nach unserem Kenntnisstand hats wohl die Außenhaut übel erwischt. Einer der Hafenschlepper hats wohl zu gut gemeint und ist wohl mit ordentlich Karacho in die Bordwand. Nach dem Begutachten der ersten Schäden nahm man dann dennoch wieder Fahrt auf und hats letztlich pünktlich heim geschafft. Die Instandsetzung hat aber wohl mehrere Stunden gedauert - Geht also alles, je nach Schadensart. Evtl. wurde hier auch noch beim notwendigen Tankstop im Mittelmeerraum nachgebessert. Hier gibs dann für einige Stunden die bereits hier erwähnte "Ruhe" die notwendig ist um einen Schaden wirklich vernünftig zu "behandeln", speziell wichtig vor der Biscaya. Techniker aus Deutschland könnten dann ggf. auch zugegen sein.
Anders als zur der Zeit der großen Segelkriegsschiffe dürfte der Kommandant einer "Blechschüssel" aber "heute" eine erneute Konfrontation mit einem Gegner definitiv meiden. Es sind eben alles nur Behelfsreparaturen.
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