Hallo,
kann mir jemand erklären, weshalb eine MiG 21, geflogen von bestimmten Staaten den Codenamen "Fishbed" hat, und bei anderen Staaten den Codenamen "LanceR" ?
Lancer ist ja eigentlich schon an die B1 vergeben. Und ein Unterscheid nur durch eine großgeschriebenes R ?
Welche Systematik steckt da dahinter ?
Danke.
Grüße Mork
"Fishbed" ist eine NATO Bezeichnung, mit der ehemals Warschauer Pakt Flugzeuge gekennzeichnet wurden. Alle Jäger erhielten einen Namen mit einem Anfangsbuchstaben mit "F", "F" für "Fighter". Das gleiche für Bomber -->"B". usw.
"LanceR" ist ein Produktname des Herstellers des Aufwertungsrüstsatzes für einige MiG-21 und hat mit der NATO Kodierung nichts zu tun. Das grosse "R" darin ist ebenfalls nur ein Marketing Gag.
Die B-1 hat den Beinamen "Lancer" erhalten. Dieser wurde durch die US-Luftstreitkräfte vergeben. Siehe auch den 2. Link unten, unter dem Kapitel "Namen". Das ist völlig unanbhängig von anderen Bezeichnungen auf dieser Welt. Beispiele dafür: "Rafale", "Eurofighter" und "JAS-39 Gripen"
https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Codename%20
https://de.wikipedia.org/wiki/Bezeichnungssystem_f%C3%BCr_Luftfahrzeuge_der_US-Streitkr%C3%A4fte
LanceR sind von Aerostar und Elbit für Rumänien modernisierte MiG-21. Lancer ist der letztliche Name des anfangs als MiG-21 DD geführten KWS-Projekts, das große R ein Marketingspaß.
Das hat mit dem NATO Reporting Code der MiG-21 nichts zu tun.
Nein, eine Mig 21 bleibt immer eine "Fishbed" egal welcher Rüststand.
Das eine hat mit dem anderen schlichtweg nichts zu tun. Zu Paktzeiten hätte die NATO die rumänische KWS gegebenenfalls als Variante der FISHBED geführt, meinetwegen als MiG-21 FISHBED-P oder FISHBED-R oder welcher Kennbuchstabe da gerade an der Reihe gewesen wäre.
Der NATO Reporting Code ist eine Vereinfachung der Ansprache eines bestimmten Musters. Dessen Vergabesystematik ermöglicht es auch jenen, die mit den eigentlichen Musterbezeichnungen selbst nicht viel anfangen können, zumindest die Grundaufgabe eines Luftfahrzeugs unmittelbar zu erkennen. Darüber hinaus schafft man ein übersichtliches Kennzeichnungssystem für Luftfahrzeuge, denen lokale Bezeichnung man möglicherweise noch gar nicht kennt, deren lokale Bezeichnung fremdartig oder -sprachlich ist oder einem für eigene Zwecke ungeeigneten oder gleich gar keinem einheitlichen System folgt.
"FISHBED-D" sagt mir beispielsweise, es handelt sich um die vierte gesichtete Version eines Kampfflugzeug-Grundmusters, ohne mit kryptischen Zeichenkolonnen wie MiG-21PF/PFL/PFM/PFS/RFM/FM/SPS/SPS-K hantieren zu müssen. Das reicht für den Hausgebrauch völlig aus. Wenn die Bildaufklärung sagt, auf dem Fliegerhorst XY stehen drei FISHBED, vier FLANKER und drei BISON, dann weiß auch Oberleutnant Mustermann, der mit MiG-21, Su-27 und M-4 nichts anfangen kann, dass das sieben Kampfflugzeuge und drei Bomber sind.
Wobei man sagen muss, dass die NATO Bezeichnungen heute umgangssprachlich weniger Relevanz haben als im Kalten Krieg. Damals kannte man viele korrekte östliche Bezeichnungen noch gar nicht. Das ist heute anders, vor allem, weil die Vielfalt abgenommen hat. Eine Su-30 z.B. kennt heute jeder, eine Flanker wohl eher nicht mehr so viele. S-300 kennt heute auch jeder, der mit der Materie zu tun hat, aber wer kennt einfach so aus dem Handgelenk die NATO-Bezeichnung? In Diskussionen ist es immer gut, wenn man die korrekte Bezeichnung verwendet und die ist heute bei jedem Ding bekannt.
Und wenn sich OLt Mustermann dann noch sehr gut mit den NATO Reporting Names auskennt, weiß er sogar, dass es sich jeweils um jetgetriebene Lfz handelt.
Schönen Dank erstmal für die Aufhellungen.
D.h. im Ergebnis, dass eine FISHBED eine FISHBED ist, unabhängig davon ob sie von der NATO geflogen wird (Bsp. Muränien), oder von einem "feindlichen" Staat.
Und eine MiG 29 war auch dann eine FULCRUM, wenn sie von der Bundeswehr geflogen wurde. (?)
Im Prinzip klar. Das sind ja eben Reporting Names, es geht darum ein Namen für das Kind zu haben, um Lagebilder abgeben zu können. Es sind keine Produktnamen.
Das Konzept wird in dem Moment aber mehr oder weniger aufgelöst, wo man ab 1990 in großer Zahl ehemalige Ostblockmuster inspizieren konnte und sie in den Luftflotten der Partnerländer fand. Ab da war man sich über die Fähigkeiten der Waffensysteme viel genauer im Klaren. Und das ist eben der Unterschied. Man vergab ja an die eigenen Waffensysteme keine derartigen Reporting Names. Da waren die Fähigkeiten ja völlig klar.
Es stellt sich mir allerdings die Frage inwiefern man das Wegfallen der schnellen und einfachen Klassifizierung wieder kompensieren möchte. Soll jeder Pilot nun die einzelnen SU-27/30/33/35-Varianten auseinander halten können?
Die Vielfalt der Muster dürfte ja mit der Zeit eigtl. eher abnehmen. Dennoch hat die Methode immer noch eine Daseinsberechtigung. Auch per Funk ist 'Flanker' schneller und verständlicher durchgegeben als SU-Irgendwas (wenn überhaupt richtig festgestellt).
Gibt/gab es auf Rusischer/WP seite eigentlich etwas vergleichbares?
Nicht nur bis in die 90er. Auch heute noch wird weiter mit dem System gearbeitet. Nur in der Öffentlichkeit haben diese Bezeichnungen heute weniger Relevanz.
War mir fast klar. Hab nur keine neuere Klassifikation als russische Flugzeuge aus den 1990ern gefunden. Vermutlich kam da aber einfach nix mehr.
Naja, im Flugzeugbereich gab es auch nix neues, da fast alles auf Flanker basiert. Bei welchem Buchstaben ist man denn heute bei Flanker angekommen? Lediglich die Su-34 bekam den Namen Fullback, da sie doch erheblich vom Grunddesign abweicht. Ich habe aber Fullback bisher noch nirgends in der Literatur gelesen, außer vielleicht in Klammern. Die neuen ICBMs haben neue Bezeichnungen und auch einige neue Lenkwaffen, die zwischenzeitlich entwickelt wurden. aber selbst bei der neuesten ICBM wird deren russische Bezeichnung verwendet, Sarmat, obwohl die sicherlich auch eine NATO Bezeichnung hat. Sarmat geht auch leicht über die Zunge. Da habe ich aber auch nicht mehr den Überblick, da ich lieber die Originalbezeichnungen verwende und nicht militärisch unterwegs bin um mal nen schnellen Alias verwenden zu müssen. Die Su-57 hat anscheinend immer noch keinen NATO Namen bekommen, oder er ist noch nicht durchgesickert.
Die Su-57 wird FRAZOR genannt. Hab ich auch gerade erst gelesen.
Ah, Danke. Ist mir auch neu.
Und die Su-47 FIRKIN. Die ~neue J-10 aus China läuft als FIREBIRD.
Das ist für die UdSSR im Kalten Krieg auch recht einfach gewesen. Die freie Presse im Westen und die vergleichsweise hohe Transparenz westlicher Militäre ermöglichte eine korrekte Ansprache aller Typen. Dem gegenüber waren westliche Geheimdienste nicht selten darauf angewiesen beim Paradeüberflug neue Typen und Varianten mühsam zu identifizieren; andere Quellen waren im Ostblock ja deutlich spärlicher. Dass insbesondere die USA dazu neig(t)en alles mit Spitznamen zu versehen, lieferte direkt einprägsame Eigennamen. Die Tradition gab es ja im Ostblock in der Form nicht, zumindest nicht mit offiziellem Charakter.
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