Wie verteidigt man das Baltikum?, Möglich? Falls ja, wie? Was macht die NATO? |
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Wie verteidigt man das Baltikum?, Möglich? Falls ja, wie? Was macht die NATO? |
12. May 2017, 10:06 | Beitrag
#1
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Divisionär Beiträge: 10.054 Gruppe: Moderator Mitglied seit: 10.09.2003 |
Ich möchte in diesem Thread folgende Frage, losgelöst von der 75-Milliarden-Wünsch-Dir-Was-Bundeswehr diskutieren:
- Können die baltischen Staaten verteidigt werden und falls ja, wie? - welche Mittel sind für eine Verteidigung des Baltikums notwendig, sodass eine glaubhafte Abschreckung gewährleistet ist? - was trägt die NATO dazu bei und was könnte sie beitragen? - was können die baltischen Staaten und Polen dazu beitragen und was haben sie dazu noch zu unternehmen? Ich möchte dies unter folgenden Bedingungen: - Ich möchte diesen Thread geographisch auf das Baltikum beschränken; - ich möchte hauptsöchlich die Frage der Möglichkeit der militärischen Abschreckung und der militärischen Verteidigung diskutieren und den Thread auf diese Frage beschränken; - Ich möchte deshalb die Frage, ob man grundsätzlich das Baltikum verteidigen will nicht diskutieren, sondern dies als gegeben annehmen, ansonsten mach die Diskussion keinen Sinn. Das bedeutet nicht, das man nicht Annahmen treffen kann, das einzelne Staaten daran nicht interessiert sein könnten; - Ich möchte die Frage, ob der Aufbau von militärischen Mitteln zur Verteidigung Russland provozieren könnte und deshalb zu unterbleiben habe, nicht diskutieren, weil ansonsten die Fragestellung keinen Sinn mehr macht; - Ich möchte die Frage, ob Russland tatsächlich daran denkt, ins Baltikum einzumarschieren nicht diskutieren (weil wir dies nicht wissen), sondern einfach von den heutigen russischen politischen und militärischen Möglichkeiten und Gegebenheiten ausgehen. Edit: � gelöscht. Sonst unverändert. Der Beitrag wurde von Glorfindel bearbeitet: 12. Mar 2023, 13:21 -------------------- Europeans who remember their history understand better than most that there is no security, no safety, in the appeasement of evil (Ronald Reagan)
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12. May 2017, 12:43 | Beitrag
#2
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Oberstleutnant Beiträge: 10.452 Gruppe: VIP Mitglied seit: 11.05.2003 |
Letztendlich ist das Ganze Kalter Krieg in Klein: Es kommt drauf an, wer schneller ist und weniger verliert. Kaliningrad ist sowohl Chance wie Risiko für Russland... wobei auf russischer Seite zu überlegen ist, wie viele Eier man in diesen Korb packt, angesichts der Tatsache, dass aus Mittel- und Nordeuropa verhältnismäßig schnell und "großflächig" Luftstreitkräfte herangeführt werden können. Eine massive Aufstockung der dortigen Kräfte kann kaum unbeobachtet bleiben, womit man der Nato Vorwarnzeit gibt. Ohne Verstärkungen dort ist es eine Frage der Zeit und des Mittelansatzes der Nato, wie lange Kaliningrad durchhält, womit wiederrum der Durchmarsch von Russland über Lettland und Litauen hohe Priorität erhält. Die Rolle Weißrusslands und des polnischen Korridors klammere ich mal aus. Damit sind wir in einem sehr bekannten Szenario: Wie schnell sind Verstärkungen über die Ostsee im Baltikum, bzw. wie schnell die Russen durch das Baltikum? Kaliningrad ist damit in meinen Augen das Minimalziel der Russen, Estland würde dann unhaltbar werden.
Doch man muss so ein Szenario auch auf größerer Ebene betrachten. Würde Russland so einen Stunt im Norden versuchen, hätte das auch massive Auswirkungen auf bspw. die Ukraine und das Schwarze Meer. Selbst wenn die Türkei nicht mitzieht, sich neutral verhält so wäre die Schwarzmeerflotte neutralisiert... wenn die Ukraine nicht sogar in irgendeiner Form mit der Nato übereinkommt und Durchmarschrechte gewährt (gegen wohlwollendes Wegsehen im Donbass). Das geht dann natürlich in beide Richtungen, aber gerade im Süden gibts ne Menge Land, dessen Eroberung wenig militärischen Impakt für Russland hätte... bei hoher Wahrscheinlichkeit für "unfreundliche Bevölkerung". Um die Nato in Europa zu neutralisieren, müsste Russland Mitteleuropa erreichen und das ist ohne Massenvernichtungswaffen heute unwahrscheinlicher als im KK. Die Wege sind deutlich länger und man muss durch mehr "feindliches Territorium". Damit erhöht sich der Handlungs- und Verstärkungszeitraum für die süd/westlichen Mitglieder enorm... und die strategischen Optionen bspw. für einen Ausbruch der Baltischen Flotte für Angriffe gegen Truppennachführungen sind geringer. Die Nordflotte hat ihre Optionen zwar noch, aber deutlich weniger einsatzbereite Assets als noch in den 80igern. Insgesamt sehe ich persönlich keinen Grund, was so eine Aktion bringen sollte. Die Balten werden sich nicht fügen, selbst wenn man russischstämmige Bevölkerungsteile als "Besatzer" einsetzt; Polen wird ein harter Brocken und damit wäre das Zeitfenster schon zu: Die USAF hätte vorher schon verlegt, die Nato-LWs ebenfalls Kontingente geschickt, wodurch der Luftraum im Kampfgebiet mindestens Niemandsland wäre... sowohl für Wirkungsmissionen wie auch für Aufklärung. Und ohne Langstreckenwirkung gegen Entsatz würde der russische Vormarsch sich verlangsamen... bzw. die Fähigkeit zum Finden des bestmöglichen Schwerpunkts im Angriff wäre reduziert. -------------------- Dans ce pays-ci, il est bon de tuer de temps en temps un amiral pour encourager les autres - Voltaire
Im Gegensatz zum Hirn meldet sich der Magen, wenn er leer ist. ------------------------------------------------------------- Deutsche Waffe mit großer Reichweite: NICHT Taurus putins Waffe mit großer Reichweite: SPD |
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12. May 2017, 13:38 | Beitrag
#3
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Fähnrich Beiträge: 121 Gruppe: Members Mitglied seit: 05.01.2009 |
Doch man muss so ein Szenario auch auf größerer Ebene betrachten. (snip) Ich sehe das genauso. Man muss auch die strategische Ebene berücksichtigen. Und auch die sicherheitspoitischen Denkweisen des kalten Krieges lassen sich wieder anwenden. Die Lage Russlands ist für schnelle Anfangsoperationen im Baltikum sicher sehr günstig. Hier haben sie viele taktische Möglichkeiten. Die strategische Lage ist für Russland dagegen deutlich ungünstig. Allein aufgrund der schieren Masse an Nachschub und Land-, Luft- und Seestreitkräften, die die NATO mittelfristig zuführen kann. Die NATO wird mit Sicherheit auf Basen und Stützpunkte in Schweden und Finnland zurückgreifen können (inkl. Host-Nation-Support), selbst wenn sich diesen beiden Länder nicht direkt an den Kampfhandlungen beteiligen sollten. Die Nutzung ukrainische Basen ist sicher auch nicht ausgeschlossen (gibt dann eine ganz üble offene Flanke im Süden für den Nachschub). Ein dauerhaftes Besetzen des Baltikums halte ich deshalb für fast ausgeschlossen, vorausgesetzt die Alliierten sind auch wirklich willens zur Verteidigung der Verbündeten. Das schließt insbesondere ein, dass sie auch bereit sind, eigene ggf. hohe Verluste zu akzeptieren. Ein realistischeres Szenario wäre die Finnlandisierung des Baltikums: Man inszeniert einen Vorfall mit den russischen Minderheiten. Heizt das über Social Media ordentlich an (in der eigene Bevölkerung, aber besonders in den NATO-Staaten). Unter dem Vorwand, die Sicherheit der russischen Minderheit schützen zu müssen, besetzt man in kurzer Zeit Teile des Baltikums und stellt wichtige staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen dort unter russisches Kontrolle (Fernsehen, Internet ...). Die baltischen Streitkräfte brauchen dafür gar nicht vollständig vernichtet werden. Nach 3 Tagen bietet man der NATO einen Verhandlungsfrieden an. Rückzug der russischen Truppen, dafür müssen die baltischen Staaten aus NATO und EU ausscheiden und unter russischen Einfluss gestellt werden, da nur so die Sicherheit und die Rechte der russischen Bevölkerung geschützt werden können. Der Beitrag wurde von cons bearbeitet: 12. May 2017, 13:42 |
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