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> Führungs-infrastruktur in sowjetischen, russischen und ukrainischen Streitkräften, ausgelagert aus dem russischen Krieg in der Ukraine Thread
Reitlehrer
Beitrag 20. Jun 2022, 10:09 | Beitrag #1
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Die Meldung der Russen behauptete, dass Sie ein Hauptquatier mit Kaliber angegriffen und einen General und 50 Offiziere getötet hätten.

Ich halte es durchaus für möglich das die Russen

- einen Gefechtsstand/Hauptquatier aufklären können, z.B. durch Einpeilung des Funkverkehrs
- diesen Gefechtsstand mit einer oder mehreren Kaliber auch zu treffen

Die Anzahl ein General und 50 Offiziere passt ja ungefähr zu Größenordnung einer Division und ein General im Divisiongefechtsstand heißt ja nicht General direkt an die Front geschickt.

Allerdings wundert mich immer wieder, wie schnell nach einem Angriff, die Wirkung bekannt wird.
Bis die Anzahl der Gefallenen und Verwundeten ermittelt ist, dauert es ja schon beim Angegriffenen, der vor Ort ist eine ganze Weile.

Ich gehe mal davon aus, dass einfach geschätzt wird. Annahme es befindet sich die Anzahl von X Personen im Zielgebiet.
Die Wirkung der Gefechtsköpfe lässt erwarten, dass a-% getötet und b% verwundet werden.


 
Glorfindel
Beitrag 20. Jun 2022, 10:39 | Beitrag #2
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Irgend eine russische Meldung bedeutet gar nichts. Die Russen behaupten einfach etwas. Das tun sie immer wieder und daraus kann auf gar nichts geschlossen werden.

Die Ukrainer haben keine Divisionen, sondern Brigaden und Kommandos (Stufe Korps). Letztere befinden sich mit sehr, sehr grosser Wahrscheinlichkeit in unterirdischen Anlagen, welche die Russen nicht einfach so zerstören können, auch nicht mit Kaliber und vermutlich auch nicht mit Atomwaffen. Erstere befinden sich vermutlich, wenn immer möglich, ebenfalls in unterirdischen Anlagen. Es sind die Russen, bei welchen die Generäle von vorne zu führen versuchen. Aber eigentlich führt man so nicht.

Es ist möglich, dass ein Divisionskommandant die Truppen an der Front besucht, um u.a. die sich ein eigenes Bild z.B. von den Kampfvorbereitungen zu machen. Aber führen kann er eigentlich nicht wirklich von vorne. Aus Fahrzeugen heraus kann nur sehr beschränkt eine Division oder eine Brigade geführt werden. Geführt nach Möglichkeit aus einem Hauptquartier heraus, welches die notwendigen Räumlichkeiten aufweist (Büros, Sitzungsräume, Operationszentrale, Nachrichtenzentrale, Essräume, Schlafräume etc.) mit entsprechenden Arbeits- (Computer, Drucker, Plotter, Beamer, etc. etc. ), Übermittlungseinrichtungen (Funk, Telefon, Internet, etc.), Schutz (Unterirdische Anlagen, Sicherungseinheiten etc.) und Logistik verfügen.


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Europeans who remember their history understand better than most that there is no security, no safety, in the appeasement of evil (Ronald Reagan)
 
Mart
Beitrag 21. Jun 2022, 02:17 | Beitrag #3
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ZITAT(Glorfindel @ 20. Jun 2022, 11:39) *
Irgend eine russische Meldung bedeutet gar nichts. Die Russen behaupten einfach etwas. Das tun sie immer wieder und daraus kann auf gar nichts geschlossen werden.

Wir nennen es psychologische Kriegsführung, in Russland heißt das politisch-ideologische Diversion - PID.

ZITAT(Glorfindel @ 20. Jun 2022, 11:39) *
Die Ukrainer haben keine Divisionen, sondern Brigaden und Kommandos (Stufe Korps). Letztere befinden sich mit sehr, sehr grosser Wahrscheinlichkeit in unterirdischen Anlagen, welche die Russen nicht einfach so zerstören können, auch nicht mit Kaliber und vermutlich auch nicht mit Atomwaffen. Erstere befinden sich vermutlich, wenn immer möglich, ebenfalls in unterirdischen Anlagen.

Da ich mich damit ein wenig auskenne - das ist so pauschal wie falsch.
In den letzten 30 Jahren dürfte sich da weder wissenschaftlich-technisch noch real baulich viel getan haben: Sowjetische (somit auch ukrainische) Bunker sind nach Schutzklassen eingeteilt: S, A, B, C, D, E. Von extrem geschützt bis Spiltterschutz. Das hat sehr viel mit Geld zu tun: Extrem geschützte Bauten sind extrem teuer - und daher extrem selten. Die Einteilung nach Klassen geht von verschiedenen Lastfällen sowie verschiedenen Abständen der Detonation aus, dafür gibt es Lehrbücher, die teilweise auch offen sind. Um es extrem zu verkürzen: Es gibt bunkerbrechende konventionelle Waffen, die es schaffen. Sonderwaffen (Kernwaffen) schaffen es, wenn sie den Lastfall der gegebenen Schutzklasse übersteigen: Bei einer aufgesetzten Detonation in der Nähe des Schutzbauwerks (sagen wir einfach mal 500m) gibt es den sog. seismischen Schock, das ist mit einem Erdbeben vergleichbar. Das Schutzbauwerk bewegt sich in extrem kurzer Zeit bis zu einem halben Meter im Erdreich - und kann dabei quasi zerbrechen. Aber selbst wenn nicht: Der Schock ist derart, dass Personen gegen Wände geschlagen werden. Alles sehr verkürzt wie gesagt.

ZITAT(Glorfindel @ 20. Jun 2022, 11:39) *
Es sind die Russen, bei welchen die Generäle von vorne zu führen versuchen. Aber eigentlich führt man so nicht.

Oh doch. Die russische Seite führt so, allerdings ist die Sache etwas anders gedacht - darf ich bitte weiter ausführen?

ZITAT(Glorfindel @ 20. Jun 2022, 11:39) *
Es ist möglich, dass ein Divisionskommandant die Truppen an der Front besucht, um u.a. die sich ein eigenes Bild z.B. von den Kampfvorbereitungen zu machen. Aber führen kann er eigentlich nicht wirklich von vorne. Aus Fahrzeugen heraus kann nur sehr beschränkt eine Division oder eine Brigade geführt werden. Geführt nach Möglichkeit aus einem Hauptquartier heraus, welches die notwendigen Räumlichkeiten aufweist (Büros, Sitzungsräume, Operationszentrale, Nachrichtenzentrale, Essräume, Schlafräume etc.) mit entsprechenden Arbeits- (Computer, Drucker, Plotter, Beamer, etc. etc. ), Übermittlungseinrichtungen (Funk, Telefon, Internet, etc.), Schutz (Unterirdische Anlagen, Sicherungseinheiten etc.) und Logistik verfügen.


Vielleicht ist es klug, sich auf die sowjetische/russische Begrifflichkeit(en) einzulassen, um das Denkmodell zu verstehen. Und da muss man zunächst zwei Begriffe strikt trennen. Das eine ist der Kommandopunkt. Vom Kommandopunkt aus wird die Einheit geführt. Das andere ist die derzeitige/aktuelle Örtlichkeit des Kommandopunkts, mal Gefechtsstand, mal Bunker, mal sonstwie genannt: Anders gesagt: Wo hat der Kommandeur in dieser Sekunde seinen Kommandopunkt aufgeschlagen? Er hat dafür mehrere, teils vorbereitete Objekte zur Verfügung - ich komme darauf zurück.

In aller Verkürzung kann man sagen, dass die sowjetische/russische Seite konventionell nur den Angriff kennt. Der erfolgreiche Angriff bedingt, dass im eroberten Territorium keine baulich vorbereiteten Strukturen für einen Kommandopunkt sind. Von daher führt bis einschließlich der Ebene Division (Kdr: GM) der Kommandeur von einem mobilen Kommandopunkt - technisch stehen ihm dafür ein Fahrzeug + Unterstützungsfahrzeuge sowie eine Mi-9 zur Verfügung.

Ab Ebene der Armee stehen dem Kommandeur für seinen Kommandopunkt in immer gleichem System mehrere ortsfeste Bauten im eigenen Land zur Verfügung: Es gibt den Hauptgefechtsstand, den Ausweichgefechtsstand (bei Verlust des ersten), den vorgeschobenen Gefechtsstand (aus ihm wird bei Angriff geführt), den rückwärtigen Gefechtsstand (Org Versorgung/Logistik). Natürlich wurde darauf geachtet, dass die Funksendestelle dieses Organistationsmodells abgesetzt (ca 40km) ist. Alle diese Bauwerke sind verbunkert, Schutzklasse C bis D, selten B.
Zusätzlich steht dem Kommandeur ab Ebene Armee ein mobiler Gefechtsstand zur Verfügung, speziell ausgerüstete Fahrzeuge sowie ein Mi-9.

Bei diesem Schema deutet sich ein Problem an:
Das Modell ist auf siegreichen Angriff ausgelegt. Die eigenen Truppen stehen in Feindesland. Sofern nun die elektronische Störung durch den Gegner funktioniert, verliert der Kommandeur seine Führungsfähigkeit. Um weiter führen zu können (und das ist im russischen Befehlsmodell unabdingbar) muss er seinen Kommandopunkt vom vorgeschobenen Gefechtsstand zum mobilen Gefechtsstand verlegen, der nun hinter der Front in Feindesland entfaltete.

Daraus ergeben sich mehrere erhebliche Probleme:
Erstens ist ein mobiler Gefechtsstand (da reden wir gern mal über 20 Fahrzeuge, die entfalteten) recht gut aufklärbar. Zweitens hat der Kommandeur gerade seine ortsfeste schwer verbunkerte Funksendestelle verloren, nicht via Kabel erreichbar. Zwar führt der mobile Gefechtsstand eine mobile Funksendestelle mit, die deutlich entfernt entfaltet - aber zu dieser braucht es auch Kommunikation durch den mobilen Gefechtsstand. Wenn man keine Kabel verlegt, ist das verräterisch.

Ich schlussfolgere:
Der Kommandopunkt muss zwingend nach vorn verlegen, wobei dieses "vorn" gar nicht die Front selbst meint. Gemeint ist: Der Kommandeur hat seinen Kommandopunkt hinter die Front in Feindesland verlegt. Wegen des örtlich neu auftretenden Funkverkehrs auf vielen Frequenzen ist dieser topografische Punkt bei guter Aufklärung als Hochwertziel erkennbar.

@Administration
Ab und an verschwinden Beiträge von mir. Ich kritisiere das nicht, ihr müsst das Forum lesbar halten, ihr macht das sehr gut. Und das sage ich, obwohl ab und an ein Beitrag von mir verschwindet. - Darf dieser Beitrag bitte bleiben? Ich halte ihn für wichtig.
(Hingegen darf diese persönliche Anmerkung gern gelöscht werden.)


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brainwarrior
Beitrag 21. Jun 2022, 14:05 | Beitrag #4
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ZITAT(Mart @ 21. Jun 2022, 03:17) *


Danke, aufschlussreich!
 
Merowinger
Beitrag 21. Jun 2022, 14:55 | Beitrag #5
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ZITAT(Mart @ 21. Jun 2022, 03:17) *
Zwar führt der mobile Gefechtsstand eine mobile Funksendestelle mit, die deutlich entfernt entfaltet - aber zu dieser braucht es auch Kommunikation durch den mobilen Gefechtsstand. Wenn man keine Kabel verlegt, ist das verräterisch.

Wer weiß es: Inwiefern läßt sich eine (enge) Richtfunkverbindung elektromagnetisch oder energetisch aufklären?
 
goschi
Beitrag 21. Jun 2022, 14:59 | Beitrag #6
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ZITAT(Merowinger @ 21. Jun 2022, 15:55) *
ZITAT(Mart @ 21. Jun 2022, 03:17) *
Zwar führt der mobile Gefechtsstand eine mobile Funksendestelle mit, die deutlich entfernt entfaltet - aber zu dieser braucht es auch Kommunikation durch den mobilen Gefechtsstand. Wenn man keine Kabel verlegt, ist das verräterisch.

Wer weiß es: Inwiefern läßt sich eine (enge) Richtfunkverbindung elektromagnetisch oder energetisch aufklären?

Auch die haben natürlich leichte Nebenkeulen, aber grundsätzlich ist Richtfunk schwer aufklärbar, das ist ja der Wert davon (nebst hoher Datenrate, das kam aber erst später hinzu)
Aber Richtfunk hat qua der nötigen Sichtlinie eben auch direkt ein begrenztes Einsatzfeld.

auf die Schnelle fand ich nur dieses Diagramm einer zivilen Richtantenne (TV/Radio), militärische sind da aber nicht grundsätzlich total anders:


die Nebenkeulen sind schon sehr viel kleiner und vor allem auch in einem nur begrenzten Winkel detektierbar, wirklich gute Richtstrahlantennen dürften da noch weniger produzieren.


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Qui tacet, consentire videtur
ZITAT(Forodir @ 31. May 2023, 20:26) *
Dass die Russen viele Verluste haben aufgrund ihrer offensiven Vorgehensweise, die sie sich bei Zapp Brannigan abgeschaut haben, ist davon unbenommen.
 
Merowinger
Beitrag 21. Jun 2022, 16:53 | Beitrag #7
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ZITAT(goschi @ 21. Jun 2022, 15:59) *
ZITAT(Merowinger @ 21. Jun 2022, 15:55) *

Wer weiß es: Inwiefern läßt sich eine (enge) Richtfunkverbindung elektromagnetisch oder energetisch aufklären?

Auch die haben natürlich leichte Nebenkeulen, aber grundsätzlich ist Richtfunk schwer aufklärbar

Die grundsätzlichen Antennendiagramme von Richtantennen sind mir bekannt. Die Nebenkeulen lassen sich durch Abschirmung noch weiter unterdrücken, was zu noch mehr Fokus führt. Aber ich habe ja auch noch die Gegenstelle, und die strahlt deutlich über den beabsichtigten Adressaten hinaus und wird nur von der Erdkrümmung gestoppt. Aus der Luft sollte deutlich mehr zu erkennen sein, nur halt die Gegenstelle besser als die vorgelagerte. In diese Richtung ging meine Frage, aber auch z.B. was ungewollte und ggf. nicht gerichtete Nebenemissionen auf anderen Frequenzen angeht.

Der Beitrag wurde von Merowinger bearbeitet: 21. Jun 2022, 18:34
 
Mart
Beitrag 21. Jun 2022, 23:01 | Beitrag #8
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ZITAT(Merowinger @ 21. Jun 2022, 17:53) *
ZITAT(goschi @ 21. Jun 2022, 15:59) *
ZITAT(Merowinger @ 21. Jun 2022, 15:55) *

Wer weiß es: Inwiefern läßt sich eine (enge) Richtfunkverbindung elektromagnetisch oder energetisch aufklären?

Auch die haben natürlich leichte Nebenkeulen, aber grundsätzlich ist Richtfunk schwer aufklärbar

Die grundsätzlichen Antennendiagramme von Richtantennen sind mir bekannt. Die Nebenkeulen lassen sich durch Abschirmung noch weiter unterdrücken, was zu noch mehr Fokus führt. Aber ich habe ja auch noch die Gegenstelle, und die strahlt deutlich über den beabsichtigten Adressaten hinaus und wird nur von der Erdkrümmung gestoppt. Aus der Luft sollte deutlich mehr zu erkennen sein, nur halt die Gegenstelle besser als die vorgelagerte. In diese Richtung ging meine Frage, aber auch z.B. was ungewollte und ggf. nicht gerichtete Nebenemissionen auf anderen Frequenzen angeht.

Wie Du schon sagst: In der direkten Linie der Richtfunkverbindung ist es möglich, also auch außerhalb der Linie der beiden Gegenstellen, quasi dahinter. Hinzu kommt aber ein Trick: Sowjetische/russische Richtfunkverbindungen haben ein festes Abstandsmaß. Das ist -wenn ich das recht im Kopf habe- 40 km. Wenn Du die eine Gegenstelle hast, kannst Du einen Kreisring von sagen wir 39 bis 41 km ziehen, dort muss die unbekannte Gegenstelle sein. Lass uns nicht über einige km streiten - jedenfalls engt das die Positionierungsmöglichkeit der gesuchten Gegenstelle deutlich ein. Hinzu kommt Topografie, es muss ja quasioptische Sicht vorhanden sein.

Nun könntest Du mit einem Peilfahrzeug (oder Drohne) den Bereich hinter dem Kreissegment (auf eigenem Gebiet) abfahren bzw. abfliegen und schauen, wann Sendeleistung ankommt: Die Frequenzkanäle der verschiedenen Richtfunk-Gerätesätze sind bekannt. Wenn Du nun diese Linie gefunden hast, hast Du so etwas ähnliches wie eine Kreuzpeilung, nun ist das gesuchte Gebiet ganz deutlich eingegrenzt.

Hinzu kommt erleichternd: Obwohl die Gerätesätze mobil sind, setzt(e) die sowjetische/russische Seite diese auf eigenem Gebiet quasistationär ein. Die werden (wurden) nicht ständig verlegt.

Ungefragt:
Troposphärenfunk ist nochmal anders, mit anderen Abstandsnormativen (aus der Erinnerung: 130 km), noch schwerer peilbar. Da wird aber mit riesigen Sendeleistungen gearbeitet, da würde ich an Wärmeerkennung denken wollen.

Der Beitrag wurde von Mart bearbeitet: 21. Jun 2022, 23:05


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speedy100
Beitrag 21. Jun 2022, 23:24 | Beitrag #9
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ZITAT(Mart @ 22. Jun 2022, 00:01) *
ZITAT(Merowinger @ 21. Jun 2022, 17:53) *
ZITAT(goschi @ 21. Jun 2022, 15:59) *
ZITAT(Merowinger @ 21. Jun 2022, 15:55) *

Wer weiß es: Inwiefern läßt sich eine (enge) Richtfunkverbindung elektromagnetisch oder energetisch aufklären?

Auch die haben natürlich leichte Nebenkeulen, aber grundsätzlich ist Richtfunk schwer aufklärbar

Die grundsätzlichen Antennendiagramme von Richtantennen sind mir bekannt. Die Nebenkeulen lassen sich durch Abschirmung noch weiter unterdrücken, was zu noch mehr Fokus führt. Aber ich habe ja auch noch die Gegenstelle, und die strahlt deutlich über den beabsichtigten Adressaten hinaus und wird nur von der Erdkrümmung gestoppt. Aus der Luft sollte deutlich mehr zu erkennen sein, nur halt die Gegenstelle besser als die vorgelagerte. In diese Richtung ging meine Frage, aber auch z.B. was ungewollte und ggf. nicht gerichtete Nebenemissionen auf anderen Frequenzen angeht.

Wie Du schon sagst: In der direkten Linie der Richtfunkverbindung ist es möglich, also auch außerhalb der Linie der beiden Gegenstellen, quasi dahinter. Hinzu kommt aber ein Trick: Sowjetische/russische Richtfunkverbindungen haben ein festes Abstandsmaß. Das ist -wenn ich das recht im Kopf habe- 40 km. Wenn Du die eine Gegenstelle hast, kannst Du einen Kreisring von sagen wir 39 bis 41 km ziehen, dort muss die unbekannte Gegenstelle sein. Lass uns nicht über einige km streiten - jedenfalls engt das die Positionierungsmöglichkeit der gesuchten Gegenstelle deutlich ein. Hinzu kommt Topografie, es muss ja quasioptische Sicht vorhanden sein.

Nun könntest Du mit einem Peilfahrzeug (oder Drohne) den Bereich hinter dem Kreissegment (auf eigenem Gebiet) abfahren bzw. abfliegen und schauen, wann Sendeleistung ankommt: Die Frequenzkanäle der verschiedenen Richtfunk-Gerätesätze sind bekannt. Wenn Du nun diese Linie gefunden hast, hast Du so etwas ähnliches wie eine Kreuzpeilung, nun ist das gesuchte Gebiet ganz deutlich eingegrenzt.

Hinzu kommt erleichternd: Obwohl die Gerätesätze mobil sind, setzt(e) die sowjetische/russische Seite diese auf eigenem Gebiet quasistationär ein. Die werden (wurden) nicht ständig verlegt.

Ungefragt:
Troposphärenfunk ist nochmal anders, mit anderen Abstandsnormativen (aus der Erinnerung: 130 km), noch schwerer peilbar. Da wird aber mit riesigen Sendeleistungen gearbeitet, da würde ich an Wärmeerkennung denken wollen.


Kann man nicht extrem komprimiert senden ? Mit hohen Frequenzen kriegt man möglicherweise einige Worte in ein 5s Signal. Ok für ein HQ ist das zu wenig Traffic.

 
Mart
Beitrag 22. Jun 2022, 00:33 | Beitrag #10
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ZITAT(speedy100 @ 22. Jun 2022, 00:24) *
Kann man nicht extrem komprimiert senden ? Mit hohen Frequenzen kriegt man möglicherweise einige Worte in ein 5s Signal. Ok für ein HQ ist das zu wenig Traffic.

Wir kommen jetzt doch recht weit vom Thema ab - ich versuche es kurz zu machen:

Technik der Fernmeldetruppe (sowjetisch/russisch Nachrichten) ist sehr langlebig. Das ist überall so, ich darf an die irre lange Einführung von TETRA erinnern. Bei militärischer Nachrichtentechnik ist das alles noch einen Zahn schlimmer: Die Anforderungen sind immens: Verfügbarkeit, Störsicherheit, EMP-Schutz, da sind viele Anforderungen, die das Zivilleben so gar nicht kennt. Daher wird noch immer (auch) getastfunkt, Sprechfunk betrieben usw. Hinzu kommt, dass man neue Technik entweder ziemlich zeitgleich ausrollen muss - oder abwärtskompatibel halten muss.
Das ist irre teuer, egal bei wem. Und Geld und Material ist in jeder Gesellschaft begrenzt - was stabil funktioniert, behält man bei.

Nun wurde mir nicht jede geheime Entwicklung der letzten 30 Jahre bei russischer Technik persönlich vorgeführt, vielleicht gibt es da große Entwicklungen, die ich gar nicht kenne. Auf ale Fälle gibt es das von Dir vorgeschlagene Modell bei sowjetisch/russischem Satellitenfunk und bei Troposphärenfunk. Da muss man aber bedenken, dass die derzeitige Gegenseite exakt diese Technik kennt, sehr gut kennt.


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Stefan Kotsch
Beitrag 22. Jun 2022, 20:06 | Beitrag #11
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ZITAT(Mart @ 20. Jun 2022, 02:17) *
...
Vielleicht ist es klug, sich auf die sowjetische/russische Begrifflichkeit(en) einzulassen, um das Denkmodell zu verstehen. Und da muss man zunächst zwei Begriffe strikt trennen. Das eine ist der Kommandopunkt. Vom Kommandopunkt aus wird die Einheit geführt. Das andere ist die derzeitige/aktuelle Örtlichkeit des Kommandopunkts, mal Gefechtsstand, mal Bunker, mal sonstwie genannt:
...

Ich komme jetzt erst dazu, da mal was zu schreiben.

Kommandopunkt und Bunker sind keine Begriffe der russischen Truppenführung. Zumindest sind sie MIR nicht bekannt.

Die für den Warschauer Vertrag verbindliche Gefechtsvorschrift Division/Brigade/Regiment von 1983, letztmalig geändert 1990, schrieb und da hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert:

"Der Gefechtsstand ist die grundlegende Führungsstelle des Divisionskommandeurs (Regimentskommandeurs). ..."

"Die luftbewegliche Führungsstelle der Division und die B-Stelle des Reginentskommandeurs sind Elemente der Gefechtsstände."

"Der vorgeschobene Gefechtsstand ist für die Erhöhung der Operativität der Führung bestimmt. ... Er wird in der Richtung des Hauptstoßes (der Hauptanstrengung [hier: Verteidigung]) so nah wie möglich hinter den Truppenteilen der ersten Staffel entfaltet, damit der Kommandeur persönlich ... beobachten ... und Einfluss nehmen kann...."

Das sind die Führungsstellen der Division und des Regiments. Der Begriff Bunker wird nicht benutzt. Wenn der Kommandeur sich ganz tief eingraben will, ok, dann ist das seine Entscheidung. DIe jeweilige Führungsstelle bleibt aber in jedem Fall und immer mobil. Denn sämtliche Fernmeldemittel sind auf Führungs-BTR oder LKW untergebracht. Diese Fernmeldemittel können fernbedient werden, aber man wird sie nicht aus den Fahrzeugen ausbauen. Das wäre ein unerwünschter Verlust der Mobilität und außerdem technisch in dem meisten Fällen nicht realisierbar.

Die Armee kann sicher aus festen vorbereiteten Bauwerken führen, nur wird das eher nicht zutreffen bei Kriegen außerhalb der eigenen Landesgrenzen.

Mart, kannst Du Deine Quellen zu Deiner Ansicht offenlegen?

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 22. Jun 2022, 20:50
 
Mart
Beitrag 23. Jun 2022, 03:23 | Beitrag #12
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 22. Jun 2022, 21:06) *
ZITAT(Mart @ 20. Jun 2022, 02:17) *
...
Vielleicht ist es klug, sich auf die sowjetische/russische Begrifflichkeit(en) einzulassen, um das Denkmodell zu verstehen. Und da muss man zunächst zwei Begriffe strikt trennen. Das eine ist der Kommandopunkt. Vom Kommandopunkt aus wird die Einheit geführt. Das andere ist die derzeitige/aktuelle Örtlichkeit des Kommandopunkts, mal Gefechtsstand, mal Bunker, mal sonstwie genannt:
...

Kommandopunkt und Bunker sind keine Begriffe der russischen Truppenführung.

Oh doch. Also Bunker natürlich nicht, klar.

ZITAT(Stefan Kotsch @ 22. Jun 2022, 21:06) *
Zumindest sind sie MIR nicht bekannt.

Das ändert sich gerade. smile.gif
Hast Du zufällig das NVA-Militärwörterbuch russisch-deutsch zur Hand? Ich habe meins irgendwo ... da sollte "kommandnui punkt" militäroffiziell zu Gefechtsstand übersetzt werden.

ZITAT(Stefan Kotsch @ 22. Jun 2022, 21:06) *
Die für den Warschauer Vertrag verbindliche Gefechtsvorschrift Division/Brigade/Regiment von 1983, letztmalig geändert 1990, schrieb und da hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert:
"Der Gefechtsstand ist die grundlegende Führungsstelle des Divisionskommandeurs (Regimentskommandeurs). ..."

Das ist mir durchaus bekannt. Das Problem bei dieser Übersetzung ist aber, dass sie etwas ortsfestes, gern einen Bunker suggeriert. Der Kommandopunkt einer Einheit ist aber da, wo der Kommandeur nebst Teilen des Stabs führt - siehe meine umfangreichere Erörterung. bedenke bitte: Ich wollte erklären, warum "von vorn" geführt wird und dass das teilweise missverstanden wird.

ZITAT(Stefan Kotsch @ 22. Jun 2022, 21:06) *
Mart, kannst Du Deine Quellen zu Deiner Ansicht offenlegen?

Das taucht oft in russischsprachigen Unterlagen zu Schutzbauwerken auf. Vielleicht hilft als erstes die russsiche Wikipedia, ich hoffe der LInk ist klickbar. Sonst bitte nach kommandnui punkt" dort suchen.
https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%9A%D0%BE%...%BD%D0%BA%D1%82


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Stefan Kotsch
Beitrag 23. Jun 2022, 06:45 | Beitrag #13
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Der russische "Komandny Punkt" ist übersetzt die "Führungsstelle" in der (ost)deutschen Gefechtsvorschrift. Kommt ja von komandovanie = Führung.
Und so ist "Der Gefechtsstand ... die grundlegende Führungsstelle des Divisionskommandeurs (Regimentskommandeurs). ..."

Das mit den massiven Betonbunkern wird zwar in dem WiKi-Link beschrieben, aber für eine Armee als Strukturelement einer Streitkraft halte ich das für eher unwahrscheinlich, wenn auch die Armee mobil führen soll. Und das war ja für den Krieg gegen die Ukraine der Plan. Die dort auch eingesetzte 41. Armee und die 2. Armee zum Beispiel kommen ja vom Ural. Wo sollen da die massiven Bunker-Führungstellen herkommen. Die können sich also nur mit eigenen Pionierkräften was für die Unterbringung ihrer Gefechtsstände zusammenzimmern.

@edit
Wir haben hier sicher nur ein Missverständnis. Der Komandny Punkt der russischen Division/Armee ist der Gefechtsstand nach deutschem (NVA) Verständnis. Der Komandny Punkt ist also keine eigenständige Führungseinrichtung zusätzlich zum Gefechtsstand.

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 23. Jun 2022, 07:13
 
Mart
Beitrag 24. Jun 2022, 02:41 | Beitrag #14
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Entschuldigt bitte, Stefan und ich müssen noch ein Missverständnis aufarbeiten.
ZITAT(Stefan Kotsch @ 23. Jun 2022, 07:45) *
Das mit den massiven Betonbunkern wird zwar in dem WiKi-Link beschrieben, aber für eine Armee als Strukturelement einer Streitkraft halte ich das für eher unwahrscheinlich, wenn auch die Armee mobil führen soll. Und das war ja für den Krieg gegen die Ukraine der Plan. Die dort auch eingesetzte 41. Armee und die 2. Armee zum Beispiel kommen ja vom Ural. Wo sollen da die massiven Bunker-Führungstellen herkommen. Die können sich also nur mit eigenen Pionierkräften was für die Unterbringung ihrer Gefechtsstände zusammenzimmern.

Tue mir bitte den Gefallen, meinen ursprünglichen Beitrag zur Sache nachzulesen. Denn exakt das hatte ich beschrieben. Ab Ebene Armee gibt es das System der festen FüSt im Heimatland. Aber gewonnen werden Kriege auf den Gebiet des Gegners - und da sind keine solche. Und genau das erklärt dieses (nur angebliche) "Führen an der Front" - mir ging es darum zu erklären wie das wirklich gedacht ist - und warum das bei den russischen Truppen in der Ukraine oft schief ging.

Hinzu kommt übrigens noch eine Sache:
Der ganze Zauber der ortsfesten oder Feldführung ist/war auf die Ebenen Armee und Division ausgelegt, darauf waren die Nachrichtenmittel (Fernmelde) optimiert. Wenn Du da permanent herumschraubst (mal Brigade, mal Division, mal wieder Brigade, mal mit verstärkten Batallionen) kommt das Modell der Nachrichten (Fernmeldetruppe) nicht hinterher.

Suchhilfe für ursprünglichen Beitrag: Beitrag #5644
http://www.whq-forum.de/invisionboard/inde...t&p=1459726

P.S:
Irgendwo tauchte noch ein weiteres Missverständnis auf, aber wohl bei jemand anders.
Ich sprach davon, dass sowjetische/russische Nachrichtentechnik quasi ortsfest genutzt wird. Daraus wurde wohl geschlussfolgert, dass Soldaten Sender und Empfänger rumschleppen und dann irgendwie in Häusern oder Bunkern sind - das ist ein völliges Missverständis. Das meinte ich völlig anders:

Ein Nachrichtengerätesatz (Fernmelde) ist typischerweise in einem LKW-Koffer fest verlastet. Und das bleibt auch alles im LKW-Koffer! Der ist nicht sofort betriebsbereit, weil man noch Antennen aufbauen muss, Stromagggegat anbauen, Erdungen machen muss uswusf. Aber das eigentliche System ist im LKW-Koffer und bleibt auch da, das ist eine fix montierte und betriebsbereite Technik.

Das im Westen gängige Bild einer mobilen Fernmeldestation ist das der ständigen Verlegbarkeit. Das können sowjetische/russische Stationen natürlich auch - nur wird das fast nie genutzt!

So eine Feldfernmeldezentrale besteht aus (je nach Ebene) gern mal 20 Fahrzeugen. Und da gibt es dann feste Aufstellschemen, Abstandsschemen - weil das in diesem riesigen Reich überall funktionieren muss. Und da halten sich dann alle dran. Ergebnis der Veranstaltung ist, dass mobile Nachrichtentechnik eben nicht alle naselang verlegt wird - die steht dann da. Und die steht sich im Zweifel die Räder eckig.

Das war gemeint mit "mobile Nachrichtentechnik quasi ortsfest".

Der Beitrag wurde von Mart bearbeitet: 24. Jun 2022, 06:13


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Stefan Kotsch
Beitrag 24. Jun 2022, 18:03 | Beitrag #15
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ZITAT
Der ganze Zauber der ortsfesten oder Feldführung ist/war auf die Ebenen Armee und Division ausgelegt, darauf waren die Nachrichtenmittel (Fernmelde) optimiert.


Dieses Abstellen auf ortsfeste Führungsstellen ist mir unverständlich. Weil das eigentlich für moderne Streitkräfte widersinnig ist. Und darauf bezog sich meine Quellennachfrage. Und mein Hinweis auf zwei Armeen die vom Ural kommen.

Die Fernmeldetechnik einer Armee ist natürlich umfangreicher. Aber Mobilität des Armee-Gefechtsstandes erfordert ja wegen der gößeren Entfernung zum vorderen Rand auch ganz andere Auf- und Abbauzeiten. Das ist auch mobil, aber anders, nur jedenfalls nicht "ortsfest".

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 24. Jun 2022, 18:06
 
Glorfindel
Beitrag 24. Jun 2022, 18:13 | Beitrag #16
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Das mit den ortsfesten Führungseinrichtungen stehe ich jetzt etwas anders. Natürlich werden Fürhungseinrichtungen auch verschoben, aber wo sollen sie den hin? In Zelte? Wenn ein Divisions-HQ verschieben will, dann werden mögliche Standorte für das neue HQ erkundet. Wir haben gesehen, dass die Russen Flugplätze bevorzugen. Aus verschiedenen Gründen gehe ich davon aus, dass man, wenn immer möglich, unterirrdisch gehen wird. Das mag jetzt vielleicht weniger auf ein dynamisches Kampfgschehen zutreffen, aber sobald es statisch wird, hat dies doch erhebliche Vorteile, auch wenn das Leben unterirrdisch nicht das beqemeste ist.

Der Beitrag wurde von Glorfindel bearbeitet: 24. Jun 2022, 18:46


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Stefan Kotsch
Beitrag 24. Jun 2022, 19:03 | Beitrag #17
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Es ist vermutlich eher eine Frage der Führungskultur. Schon aus dem WKII ist bekannt, dass sowjetische Kommandeure sehr gerne selbst nach "Vorne" fuhren. Um Druck zu machen, Verlangsamungen aufzulösen und Schwung rein zu bringen. Das ist wohl Teil der russischen heldischen Führungskultur. Eine Ursache wird sich sicher in den fatalen Folgen der vielen Säuberungswellen in der Sowjetunion zu finden sein. Gnade Stalin, wenn Dein Truppenteil nicht erfolgreich ist. Ehe der Nagant am Hinterkopf drückt, geht man selbst nach vorne. Unter Putin wird sich das nicht viel zum Besseren gewandelt haben. Wir verfolgen die vielen Absetzungen von Kommandeuren höherer Ebenen gerade mit Erstaunen.

Der Armee-Gefechtsstand ist nun ausreichend weit hinten. Wenn es Kommandeure dort erwischt, dann könnten Sorglosigkeit und Überheblichkeit die Ursache sein. Alles in der russischen Armee ist nach Eigendarstellung vom Feinsten, es gibt "keine Analoga" dafür in der Welt. Wenn der Standort des Gefechtsstandes nicht oft genug gewechselt wird, dann ist er irgendwann aufgeklärt. Unter aktuellen Bedingungen sogar schneller als offenbar die russischen Offiziere und Generale sich vorstellen konnten. Auch ein Armee-Gefechtstand ist kein Botschaftsgrundstück mit Immunität.

Nur als Illustration wie sich sowas extrem darstellen kann: In der NVA war der Gefechtstand laut STAN nur mit gepanzerten Führungsfahrzeugen ausgestattet. Die Offiziere des Regimentstabes sollten von diesen Fahrzeugen aus führen. Hochbeweglich und mit Fernmeldeverbindungen. Realität: Wir hatten ein heizbares Zelt 10x5 Meter in dem sich der gesamte am Führungsprozess beteiligte Offiziersbestand aufhielt. Mit schicken Lichttischen zum Karten malen, etc.. Kann mich an eine Einlage "Artillerieüberfall" von Inspektionsoffizieren des Armeestabes erinnern. Ich als S3-Offizier und Neuling wollte schon zur erstbesten Bodenwelle hechten. Aber die Herren Genossen setzten sich die Schutzmaske auf und arbeiteten weiter. Maske deswegen, weil bei Artillerie von "Bunt schießen" ausgegangen wurde, also bei Verwendung auch von Kampfstoffgeschossen. Ich war tief beeindruckt...

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 24. Jun 2022, 19:05
 
goschi
Beitrag 25. Jun 2022, 11:16 | Beitrag #18
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ZITAT(Forodir @ 31. May 2023, 20:26) *
Dass die Russen viele Verluste haben aufgrund ihrer offensiven Vorgehensweise, die sie sich bei Zapp Brannigan abgeschaut haben, ist davon unbenommen.
 
Glorfindel
Beitrag 1. Jul 2022, 16:45 | Beitrag #19
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 24. Jun 2022, 19:03) *
Es ist vermutlich eher eine Frage der Führungskultur. (...)

Ich kann das jetzt hauptsächlich vom Standpunkt der Schweizer Armee festhalten. Bei der Infanterie geht eine Kommandoposten, wenn es irgendwie geht, ab Stufe Bataillon unterirdisch. Stufe oberhalb - das wäre jetzt Territoraldivision, ist der Kommandoposten ohnehin unterirdisch und geht, wenn immer möglich, nicht raus, d.h. nicht auf Fahrzeuge.

Ich war lange Zeit bei der Infanterie, jetzt aber im Bereich der mechanisierten Kriegsführung. Man sieht da einen deutlichen Unterschied in der Mentalität der Infanterie und der mechanisierten Truppen. Die mechanisierten Truppen fahren irgendwo hin, vernichten dort den Gegner und fahren dann wieder weiter. Wenn die Infanterie irgendwo hin geht, dann richtet sie sich ein, um zu bleiben. Das macht sich auch bei Wahl der Führungseinrichtung bemerkbar. Infanterieverbände suchen sich Führungseinrichtungen, wo sie lange bleiben können. Für die mechanisierten Truppen ist ist dies nicht so wichtig.

Brigadekommandanten führen aber in der Schweizer Armee in der Regel nicht an der Front. Ich glaube, dass wird mehrheitlich nicht als sinnvoll erachtet.

Die Arbeitshilfe "Mechanisierte Einsatzbrigade" besagt folgendes:
ZITAT
Die Führungseinrichtungen schaffen die notwendigen physischen Voraussetzungen für
die Führungsfähigkeit. Der Stab der Mechanisierten Einsatzbrigade basiert hauptsächlich
auf teilmobilen Führungseinrichtungen, d h improvisiert eingerichteten Arbeitsräumen
oder Führungscontainern. Sofern Führungsanlagen verfügbar sind, ist bei der Planentwicklung
auch die Nutzung von ortsfesten Führungseinrichtungen einzubeziehen. Zudem
ermöglichen die Mittel des Mechanisierten Brigadestabsbataillons dem Kommandanten
der Mechanisierten Einsatzbrigade die Führung aus mobilen Führungseinrichtungen wie
der Führungs- und Kommandantenstaffel.


Dagegen führt das Reglement Taktische Führung dazu folgendes aus:
ZITAT
Eine Führungseinrichtung ist der Ort oder die ortsfeste, teilmobile oder mobile
Installation, welche die Abwicklung der Führungsprozesse ermöglichen.
Es werden unterschieden: Hauptquartier, Kommandoposten, Führungsstaffel,
Kommandantenstaffel.
Eine besondere Bedeutung haben die ortsfesten und in der Regel umfassend
geschützten Führungseinrichtungen (...). Meist sind diese mit
Führungsunterstützungsmitteln umfassend ausgerüstet. Verbindungsmittel
sind redundant ausgelegt und diversifiziert und teilweise sind auch Fachund
Führungsinformationssysteme bereits vor Ort betriebsbereit.



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Beitrag 1. Jul 2022, 19:57 | Beitrag #20
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ZITAT(Glorfindel @ 1. Jul 2022, 17:45) *
ZITAT(Stefan Kotsch @ 24. Jun 2022, 19:03) *
Es ist vermutlich eher eine Frage der Führungskultur. (...)

Ich kann das jetzt hauptsächlich vom Standpunkt der Schweizer Armee festhalten. Bei der Infanterie geht eine Kommandoposten, wenn es irgendwie geht, ab Stufe Bataillon unterirdisch. [...]

Ich war lange Zeit bei der Infanterie, jetzt aber im Bereich der mechanisierten Kriegsführung. Man sieht da einen deutlichen Unterschied in der Mentalität der Infanterie und der mechanisierten Truppen.

Die Schweizer Infanterie (bzw. die Schweizer Armee mit Ausnahme der Truppen außerhalb des Reduit und beweglicher Reserven) sollte aber vermutlich auch vergleichsweise statisch (mit Festungswerken usw.) kämpfen oder? Dann bieten sich ortsfeste, unterirdische Führungseinrichtungen an, insbesondere wenn man so viele Berge hat wink.gif

Wenn das Gefecht beweglich geführte werden soll, die Ausbildung es ermöglicht und die Natur nicht die entsprechenden Voraussetzungen bietet (wie in Deutschland) sind die Gefechtsstände beweglich. Im Kalten Krieg hatten Feldheer und Territorialheer bis Korpsebene ausschließlich bewegliche Gefechtsstände.
 
Glorfindel
Beitrag 1. Jul 2022, 20:15 | Beitrag #21
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Ja, bis 2003 wurde die Infanterie relativ statisch eingesetzt. Kommt dazu, dass man in der Lage war, fast das ganze Land mit Truppen abzudecken, d.h. die Infanterie hätte ein engmaschiges Verteidigungsnetz aufgezogen und die mechanierten Truppen hätten mittels Gegenangriffen den Gegner vernichtet.


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Glorfindel
Beitrag 1. Jul 2022, 21:13 | Beitrag #22
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Ich muss hiercnoch ergänzen, dass die Schweizer Armee sofort unteridisch geht. Ein Infanteriezug kann einen Unterstand bestellen und diesen entweder selber verbudeln oder mittels Bagger selber vergraben. Ich bin mir aber sicher, dass wenn wir wochenlang in Kherson gelegen wären, wären wir unterirdisch gegangen. Die Front steht dort ja seit vielen Wochen mehr oder weniger still.


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