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> Israel, Israel
Madner Kami
Beitrag 7. Dec 2018, 23:54 | Beitrag #1231
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Schuld haben die, die auf beiden Seiten den Konflikt am Laufen halten. Die Frage wer angefangen hat und wer damit quasi die "Urschuld" trägt, ist so sinnig wie die Frage danach, ob es erst ein Hühnerei gab oder erst ein Huhn.


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xena
Beitrag 8. Dec 2018, 00:42 | Beitrag #1232
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Naja, so einfach ist das aber auch nicht. Wenn in einem Gebiet, das seit gut 2000 Jahren von Arabern bewohnt wird plötzlich immer mehr Juden auftauchen und immer mehr Land abkaufen und das gewachsene Bevölkerungsgefüge durcheinander bringen, dann kann ich die Reaktion der Araber verstehen. Die Hagana hat übrigens nicht gerade wenige Verbrechen verübt und war eine Terrororganisation. Nun hat es sich umgedreht, die Israelis sind jetzt die Offiziellen und die anderen die Terroristen. Der Israelische Staat wurde über den Köpfen der dort lebenden Araber beschlossen. Ich kann sie durchaus verstehen, wie ich auch die Juden/Israelis verstehen kann selbstbestimmt in ihrem gelobten Land leben zu wollen. Ich werde mich hüten dem einen oder anderen mehr Recht zu geben. Der stärkere gewinnt und das ist derzeit Israel.


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Cuga
Beitrag 8. Dec 2018, 09:00 | Beitrag #1233
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Es hat sich nichts umgedreht, die Araber waren zu keinem Zeitpunkt während des letzten Jahrhunderts Herren des Landes. Die jüdische Bevölkerung haben sie trotzdem malträtiert, wie das auch überall sonst auf der Welt passiert ist. Die jüdischen Neuankömmlinge waren in ihren Methoden nicht weniger brutal als die Araber es vorher schon mit den ursprünglichen Juden der Region waren.
Israelis und Palästinenser, Hisbollah, &c geben sich auch jetzt noch nicht viel, aber nur eine der Seiten hat es geschafft eine halbwegs freiheitliche Zivilgesellschaft aufzubauen und seiner Bevölkerung Wohlstand zu ermöglichen, anstatt sich nur dem Hass und religiösem Unsinn hinzugeben. Die Iraner haben von dem Moment der Machtübernahme an gegen Israel gearbeitet und versucht Einfluss in jeder antiisraelischen Terrororganisation zu erhalten.


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ZITAT(Nite @ 18. Aug 2023, 23:51) *
Österreich ist wenn man den Balkan mit deutscher Bürokratie kreuzt
 
Stefan Kotsch
Beitrag 8. Dec 2018, 10:08 | Beitrag #1234
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Seit etwa 1512 gehört die Region zum osmanischen Reich. Und blieb es bis zum Zusammenbruch des osmanischen Reiches. Schon 1897 haben die Zionisten die Region wiederentdeckt als Land ihrer Träume und sie begannen das politisch zielgerichtet auszuformen. Erste Ansiedlungen fanden statt. Man kaufte Land von dortigen Anwohnern, die sich keinesfalls als Palästinenser vestanden. Oder man besetzte freies Land. Jedenfalls waren die ehemalig europäischen Juden auf Grund ihrer westlichen Bildung dramatisch erfolgreicher im Wirtschaften als die dortigen Alteinwohner. Das gedieh wohl so prächtig, dass die eher judenfeindlichen westlichen Staaten ihre Chance sahen die Juden los zu werden (oder so in der Preislage...) und das Völkerbundsmandat für Palästina beschlossen, mit dem Ziel „Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“. Dies unter der Bedingung, „dass nichts getan werden soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina […] beeinträchtigen würde“. WiKI. Die Sache nahm Fahrt auf und es kam zunehmend zu Konflikten mit den alteingesessenen Arabern. Die Gewaltbereitschaft stieg stark an, in den 20-er Jahren kam es zu ersten Massakern an Juden, Mitte der 30-er Jahre kam der Arabische Aufstand. Die paramilitärische HAGANA ist dann auch 1920 gegründet worden, aber ganz sicher nicht als Terrororganisation, sondern zur Selbstverteidigung. Der Konflikt geht auch in weiten Teilen darauf zurück, dass hier sehr unterschiedlche Kulturen zusammenprallten, die sich beim Kommunizieren sehr schwer taten sich gegenseitig zu verstehen (kommt uns das nicht bekannt vor?). Die Juden gewannen die Oberhand im Konflikt, weil sich sich viel besser organisierten und durch hocheffizientes Wirtschaften auch die Mittel bereitstellen konnten. Letztlich hat Großbritannien als Mandatsmacht kapituliert beim Versuch das Ganze zu ordnen. Und so war die Staatsgründung Israels nur noch eine Formalie.

Beide Seiten sehen nicht eben glücklich aus in ihrem Handeln. Es bleibt aber festzustellen, dass die Juden am Ende die bisherigen Landeigentümer und Bewohner verdrängt haben um selbst Herren des Bodens zu werden. Ein Kernproblem ist der Wille der Juden, keine Vermischung mit Altbewohnern (der Begriff Palästinenser kommt erst etwa Mitte der 60-er Jahre auf) zuzulassen und ein rein jüdisch besiedeltes Gebiet zu schaffen, was mit religiösen Begründungen auf jüdisches Vorrecht untermauert wird. Und so sehen das auch namhafte Juden selbst. Das sind einfach historische Fakten.

Wie Xena schon schreibt, es fällt äußerst schwer hier für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen. Das auch, weil beide Seiten so gut wie nicht kompromissbreit sind. UND, das war ja der Auslöser des Disputs über das Recht zur Selbstverteidigung, mit dem Iran an der Spitze wird von antiisraelischen Kräften der Konflikt permanent angefeuert und mit terroristischen und kriegerischen Methoden geführt. Dagegen darf man sich mit allem Recht in Selbstverteidigung wehren. Das aber Israel sein Staatsgebiet schon weit über die Grenzen bei Staatsgründung hinausgeschoben hat, das ist Israel sicher mit Recht vorzuwerfen.

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 8. Dec 2018, 10:15
 
Dave76
Beitrag 8. Dec 2018, 16:10 | Beitrag #1235
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 8. Dec 2018, 10:08) *
[...]

Beide Seiten sehen nicht eben glücklich aus in ihrem Handeln. Es bleibt aber festzustellen, dass die Juden am Ende die bisherigen Landeigentümer und Bewohner verdrängt haben um selbst Herren des Bodens zu werden. Ein Kernproblem ist der Wille der Juden, keine Vermischung mit Altbewohnern (der Begriff Palästinenser kommt erst etwa Mitte der 60-er Jahre auf) zuzulassen und ein rein jüdisch besiedeltes Gebiet zu schaffen, was mit religiösen Begründungen auf jüdisches Vorrecht untermauert wird. Und so sehen das auch namhafte Juden selbst. Das sind einfach historische Fakten.

Israel war und ist selbstverständlich der Staat der Juden, nach jahrhundertelanger Verfolgung, welche im Holocaust gipfelte, eine leider notwendige Konsequenz und Tatsache. Israel ist aber auch eine Demokratie und eben gerade keine jüdische Theokratie, es ist offen und bietet allen seinen Bürgern ein gleichberechtigtes Leben in Freiheit und mit vollen demokratischen Rechten, und das unabhängig von Religion, Hautfarbe und Geschlecht, ein absolutes Einzelstück und Ausnahme in dieser Region. Den paradoxen Charakter Israels, gleichzeitig Heimat und Sehnsuchtsort aller Juden und damit ein religöser Staat zu sein, aber eben genauso ein freies, den sekulären Idealen der Aufklärung verpflichtetes Land, hat der erste Präsident Chaim Weizmann gut auf den Punkt gebracht, als er noch vor der Staatsgründung gefragt wurde, wann es denn eine jüdischen Staat geben werde, überraschte er seine Zuhörer mit der Antwort „nie“. Lächelnd fügte er hinzu: „Wenn es einen Staat gibt, wird er nicht jüdisch sein, und wenn er jüdisch sein wird, wird er kein Staat sein.“
Israel ist weit davon entfernt ein rein jüdischer Staat zu sein, 20% der Bevölkerung sind arabische Israelis mit vollem Staatsbürgerstatus.

ZITAT(Stefan Kotsch @ 8. Dec 2018, 10:08) *
Wie Xena schon schreibt, es fällt äußerst schwer hier für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen. Das auch, weil beide Seiten so gut wie nicht kompromissbreit sind. UND, das war ja der Auslöser des Disputs über das Recht zur Selbstverteidigung, mit dem Iran an der Spitze wird von antiisraelischen Kräften der Konflikt permanent angefeuert und mit terroristischen und kriegerischen Methoden geführt. Dagegen darf man sich mit allem Recht in Selbstverteidigung wehren. Das aber Israel sein Staatsgebiet schon weit über die Grenzen bei Staatsgründung hinausgeschoben hat, das ist Israel sicher mit Recht vorzuwerfen.

Das sehe ich nicht so, die Palästinenser haben schon mehrere Chancen auf einen eigenen Staat in den Wind geschrieben, Hass und Ablehnung Israels regieren auf Seiten der Palästinenser, sowie auf Seiten ihrer Unterstützer, die oftmals eher an einer Fortführung des Konflikts interessiert sind, gemäßigte Stimmen sind selten oder werden unterdrückt.
Zur angeblich "weiten Hinausschiebung über die ursprünglichen Staatsgrenzen": Meinst du Gaza und die West Bank?


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xena
Beitrag 8. Dec 2018, 16:29 | Beitrag #1236
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Israel ist ein jüdischer Staat genau so wie europäische Staaten christliche Staaten sind, obwohl es hier gut 10% Nichtchristen gibt. Die Prägung zählt. Ich habe ein Interview mit Ben Gurion gesehen, wo er über eine andere Israel Vision erzählt als das was Israel heute geworden ist. Man hatte damals durchaus andere Vorstellungen.

Die Palästinenser sind ein Spielball der umliegenden Araber. Ohne ihre ständige Einmischung und ihrer politischen Agitation hätte es sicherlich schon längst einen Palästinenser Staat gegeben. Man darf nicht alle Palästinenser verurteilen, dass sie selbst Schuld daran seien, weil sie irgend welchen Extremisten folgen. Die Masse ist relativ leicht manipulierbar, auch hier in Europa. Da geben sich die Menschen um den Globus herum nicht viel. Man muss die Verantwortlichen strafen, nicht das ganze Volk.


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Stefan Kotsch
Beitrag 8. Dec 2018, 18:34 | Beitrag #1237
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ZITAT(Dave76 @ 7. Dec 2018, 16:10) *
Zur angeblich "weiten Hinausschiebung über die ursprünglichen Staatsgrenzen": Meinst du Gaza und die West Bank?


Das meinte ich im Vergleich mit der Karte Israels bei Staatsgründung. Ich muss mich aber korrigieren. Bis auf die umstrittenen Siedlungsgebiete und Jerusalem hat sich die Grenze im Großen und Ganzen gesehen kaum verschoben. Da hätte ich vorher nachlesen sollen. Den Golan muss man sowieso gesondert sehen.

ZITAT(xena @ 7. Dec 2018, 16:29) *
Israel ist ein jüdischer Staat genau so wie europäische Staaten christliche Staaten sind, obwohl es hier gut 10% Nichtchristen gibt.

Ein Kernproblem ist es wohl, das es eben nicht so einfach ist. Und hier bin ich auch vollständig überfordert und völlig ratlos. Das Selbstverständnis der Juden in Fragen Staat, Religion, Nationalität ist mir in ganz weiten Teilen unverständlich.

Mal paradox hinterfragt. Gibt es atheistische Katholiken? Sind alle Katholiken der festen Überzeugung ein und dem selben Volk anzugehören? Stellen Katholiken ihre Überzeugung Angehörige des Katholizismus zu sein noch vor die jeweilige Staatsbürgerschaft? Und diese Fragen kann man zu jeder Religion stellen. Ich denke mal, hier sehen sich die Juden in einer so ziemlich absolut unifikativen Situation. Im Vergleich mit Angehörigen anderer Religionen.

Wie kann es antisemitisch sein, wenn ein atheistischer deutscher Staatsbürger, de nie in die Synagoge geht und den Talmud nicht kennt, sich als Jude bezeichnet und es als Judenhass bezeichnet, wenn er in irgend einen Zoff gerät? Oder ist es so, dass die wenigen aktiv religiösen Juden, denen man es ansieht weil sie z.B. in der Öffentlichkeit Kippa tragen, die Nichtreligiösen mit jüdischer Mutter (schon die nächste Ratlosigkeit...) gleichsam vereinnahmen und in deren Namen sprechen ohne das die das auch wollen, und eine jüdische Sonderstellung manifestieren die der Umwelt nachvollziehbar fremd bleibt?

Wie schon oben geschrieben. Ich bin hier in jeder Hinsicht ratlos. Das entzieht sich für mich aller bekannten Logik. Und ich fürchte, dies ist ein Teil des uralten Problems.

 
xena
Beitrag 9. Dec 2018, 16:01 | Beitrag #1238
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Da bist Du nicht der einzige der ratlos ist. Die Juden verstehen sich ja als Volk, anders als andere Religionen. Jude ist somit nicht nur eine Religion, es ist auch eine Volkszugehörigkeit was sie einmalig macht. In Israel lebt man das Judentum, die Erziehung und Bildung ist jüdisch geprägt, so wie sie hier in Europa christlich geprägt ist und nach christlichen Werten erfolgt, auch wenn man selbst atheistisch ist. Um diese Prägung kommt man nicht herum. Wahrscheinlich werden sich die Juden in einem ähnlichen Spannungsfeld bewegen, wie die Muslimas, die sich so langsam modernisieren und Staat und Religion als etwas getrenntes sehen wollen, der Islam das aber nicht gerade einfach macht.

Sind schon verkorkste Gesellschaften im Nahen Osten, aus unserer Sicht...


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SailorGN
Beitrag 9. Dec 2018, 16:48 | Beitrag #1239
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Verkorkst nur, weil sie nicht unseren Standards entsprechen^^

Das Judentum und "die Juden" sind ein Produkt jahrtausendelanger Verfolgungserfahrung. Ob sie sich damit zumindest im Altertum und der antike von der Masse anderer Gruppen unterschieden sei dahingestellt, jedoch ist die Verfolgung ein zentrales Motiv der kulturellen Identität. Begonnen mit Ägypten über Babylon bis hin zu Diaspora hat dieses Motiv die kulturelle Matrix (inkl. Thora) geprägt. In der Diaspora wurde es auch nicht besser, die ersten Opfer der Kreuzzüge waren die jüdischen Ghettos bspw. im Rheintal. Über die weitere gewöhnliche (gesellschaftliche Ächtung und Stigmatisierung) und aussergewöhnliche Judenverfolgung (Pestprogrome) bis hin zur Shoa muss ich hier nicht reden. Diese Gruppe (Volk, Religion oder Ethnie trifft es eben nicht) hat sich dort jetzt einen Staat aufgebaut, hauptsächlich nicht gegen den Willen der dort lebenden Menschen, sondern gegen den Willen der umliegenden Länder. Schon der Arabische Aufstand war ohne den Zufluss ausländischer Mittel (aus Ägypten, Jordanien etc.) nicht möglich. Auch der Palästinakrieg wurde durch die arabischen Länder begonnen und verloren... Dieser Überfall der Araber, die Niederlage und die damit verbundenen Gewinne der Israelis werden gerade von "Pro-Palästinensern" verzerrt und umgedeutet. Nicht die Israelis haben diesen Krieg mit konventionellen Streitkräften begonnen, sondern die Araber.


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xena
Beitrag 9. Dec 2018, 19:29 | Beitrag #1240
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Verfolgung ist eine europäische Erfahrung. In den arabischen Gebieten hatten die Juden kaum Probleme und Verfolgung. Man hat sich gegenseitig respektiert, auch wenn die Juden nicht den Stellenwert hatten wie die Araber. Das hat sich seit der Gründung Israels grundlegend geändert. Wobei es in Marokko immer noch so ist, wie es früher in der ganzen arabischen Welt war. Diese Verfolgungserfahrung ist eher ein Ding der europäischen Juden. Das merkt man auch in Israel zwischen den aus Europa eingewanderten und aus dem arabischen Raum stammenden Juden. Da gibt es durchaus Reibungsflächen. Derzeit kommen sehr viele Juden aus Russland bzw ehemalige UDSSR, sodass dort gewitzelt wird, dass Russisch die eigentliche Landessprache geworden ist. Das verändert wiederum das Gefüge in Israel mehr ins orthodoxe, weil die russischen Juden eher orthodox geprägt sind. Das wird auch die zukünftige Politik in Israel beeinflussen.


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Madner Kami
Beitrag 9. Dec 2018, 21:33 | Beitrag #1241
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ZITAT(xena @ 9. Dec 2018, 19:29) *
Verfolgung ist eine europäische Erfahrung. In den arabischen Gebieten hatten die Juden kaum Probleme und Verfolgung. Man hat sich gegenseitig respektiert, auch wenn die Juden nicht den Stellenwert hatten wie die Araber.


Wait. What? Weniger Verfolgung vielleicht, aber "kaum"?

Der Beitrag wurde von Madner Kami bearbeitet: 9. Dec 2018, 21:37


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Stefan Kotsch
Beitrag 9. Dec 2018, 23:08 | Beitrag #1242
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Verfolgung war wohl kaum zu sehen. Traditionelle Ablehnung war sicher nicht untypisch. Aber europäische Juden waren fester akzeptierter Teil der Gesellschaft. Bis 1933 ist wohl kaum ein Jude wegen Verfolgung emigriert.
 
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Beitrag 10. Dec 2018, 11:44 | Beitrag #1243
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Nein, von "fest akzeptierter Teil der Gesellschaft" kann bei Juden in Europa keine Rede sein, außer vielleicht in Großstädten. Aber Europäer sind vor 1950 vor allem eine Landbevölkerung. Das Wort Pogrom ist hier der richtige Suchbegriff und Pogrome beschränken sich beileibe nicht auf das Zarenreich. Dort kam es seit Mitte de 19. Jahrhunderts immer wieder zu eben solchen Pogromen gegen Juden und in der Folge zu Auswanderungen. Antisemitische Politik waren Juden in Europa aber natürlich aus den Jahrhunderten zuvor schon bekannt. In den meisten Teilen Europas nahm die Ablehnung der Juden aber im Zeitalter des Nationalismus eine neue Form an. Nicht umsonst sind die ersten Aliyoth (Pl. zu Aliyah), also die Auswanderungen ins heutige Palästine (damals traditionell bekann als Großsyrien) vor allem Bewegungen osteuropäischer Juden.

Aber es sind eben nicht nur osteuropäische Juden, die Pogrome in Europa treffen. Wann immer die lokale Bevölkerung einen Sündenbock braucht, kann es die jüdischen Gemeinden auch im restlichen Europa und der von den westlichen Welt beeinflussten Ländern treffen: 1904 in Irland, 1911 in Wales, 1919 in Argentinien und Polen. Und dann darf man die Pogrome in der muslimischen Welt zwischen Persien und Mittelmeer nicht vergessen: 1910 im iranischen Shiraz, 1929 in Hebron und Safed, 1934 im türkischen Thrakien und algerischen Constantine, 1938 in Tiberias (Palästina), 1941 in Bagdad, 1945 in Kairo und im ganzen britisch besetzten Tripolitanien , wo antisemitische Gesetze der italienischen Kolonialregierung seit den 1930ern Juden diskriminierte.

Gewalt gegen Juden war bis 1945 in den Köpfen der Europäer omnipräsent. Man mag sich davon im westlichen Europa distanziert und es auf die "weniger zivilisierten" Bereiche der Welt verschoben haben wollen, aber den Juden hat das nichts genützt. Sie waren allzu oft die Sündenböcke, auch und besonders im angeblich zivilisierte und städtischen Westen. Das zeigt die Dreyfus-Affäre bestens. Ja, irgendwann wird Dreyfus rehabilitiert, aber das dauert über 20 Jahre von 1894 bis 1906. Nicht umsonst ist diese Affäre ein wesentlicher Stein des Anstoßes für Theodor Herzl und seine zionistische Idee doch endlich einen Staat nur für Juden zu schaffen. Kaum setzen die Aliyoth aber so richtig ein (die zweite Aliyah erfolgte ab 1904) geht es aber halt in Palästina weiter. Wie man an der obigen Aufzählung erkennen kann, war aber britische Herrschaft für Juden anscheinend kein guter Umstand.


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Dave76
Beitrag 10. Dec 2018, 12:00 | Beitrag #1244
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 9. Dec 2018, 23:08) *
Verfolgung war wohl kaum zu sehen. Traditionelle Ablehnung war sicher nicht untypisch. Aber europäische Juden waren fester akzeptierter Teil der Gesellschaft. Bis 1933 ist wohl kaum ein Jude wegen Verfolgung emigriert.

Leider denken heute fast die Hälfte wieder an Auswanderung: Laut neuester Studie der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) haben 44% der deutschen Juden in den letzten fünf Jahren an Emigration gedacht (38% aller europäischen Juden). Die Zahlen in dieser Studie zum Antisemitismus sind insgesamt sehr besorgniserregend.

-----Trennung------

Der Vollständigkeit halber noch mal:

ZITAT
An diesen 58 Ländern scheiterte die Verurteilung der Hamas

07.12.2018
Es war eine Herzensangelegenheit der scheidenden US-Botschafterin Nikki Haley: Erstmals sollte die UN-Vollversammlung eine hamaskritische Resolution verabschieden. Aber erneut gab es keine Mehrheit dafür.
[...]
Bei einem Erfolg wäre es das erste Mal gewesen, dass die 193 Mitgliedstaaten umfassende Vollversammlung die Hamas direkt verurteilt. Die Hamas bezeichnete das Ergebnis in der Nacht zum Freitag als „Schlag ins Gesicht der US-Regierung“. Die USA verurteilten den Ausgang der Abstimmung. Zuvor hatte das Gremium mit knapper Mehrheit entschieden, dass die Resolution eine Zweidrittelmehrheit benötigen würde. „Haaretz“ berichtet (englischsprachig) ausführlich über die Abstimmung und dokumentiert auch, wer für die Zweidrittelmehrheit votierte.
[...]

[...]
https://www.welt.de/politik/ausland/article...-der-Hamas.html


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revolution
Beitrag 10. Dec 2018, 15:05 | Beitrag #1245
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Die islamische Welt, plus China und Russland, scheinen den amerikanischen Entwurf einer Anti-Hamas Resolution geschlossen abzulehnen. Geopolitisch nachvollziehbar.

Aber warum haben Mokrinesien, Kiribati, Saint-Kitts, San Marino, Fiji Inseln, Capverdische Inseln, Antigua Barbuda, Haiti, Papua Neuguinea, Honduras, etc... diesen US Antrag unterstützt? Ohne diese "Staaten" wäre eine 2/3 Mehrheit ohnehin schwer geworden.

 
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Beitrag 10. Dec 2018, 18:31 | Beitrag #1246
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ZITAT(revolution @ 10. Dec 2018, 15:05) *
Die islamische Welt, plus China und Russland, scheinen den amerikanischen Entwurf einer Anti-Hamas Resolution geschlossen abzulehnen. Geopolitisch nachvollziehbar.

Aber warum haben Mokrinesien, Kiribati, Saint-Kitts, San Marino, Fiji Inseln, Capverdische Inseln, Antigua Barbuda, Haiti, Papua Neuguinea, Honduras, etc... diesen US Antrag unterstützt? Ohne diese "Staaten" wäre eine 2/3 Mehrheit ohnehin schwer geworden.


Vielleicht weil es Geld gab aus KSA oder Iran?

@ all
Israel und die Israelis haben zur Gewalt, zum Einen weil sie Progrome und die Shoa im kollektiven Gedächtnis haben. Das ging soweit, das ich 1999 noch jemanden getroffen habe der nicht mit mir als Deutschem reden wollte. Zusätzlich haben ein tiefes Misstrauen gegen die Araber weil es sehr viele Anschläge in Israel gab. Man sieht dort öfters kleine Zeichen an den Straßen, ähnlich den Kreuzen bei uns, und die bezeichnen nicht Verkehrsunfälle wie bei uns, sondern Anschläge. Gleichzeitig hat man eine Überheblichkeit gegenüber den Arabern, da sie oft nur als Hilfsjobs haben und diesen nicht immer gerecht werden.
 
Praetorian
Beitrag 10. Dec 2018, 18:32 | Beitrag #1247
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ZITAT
Israeli media reports that the United States government is blocking the Israel's sale of 12 American-made F-16s to Croatia. In March 2018 the Croatian government decided to procure used F-16D Barak fighter jets from Israel, in order to replace its ageing fleet of Russian jets. According to Channel 10 News, the US is blocking the $500 [million] deal because on the grounds that Israel "acted unfairly and that it made a profit on the back of the US." Senior officials told the media outlet that Israel equipped the F-16D Barak fighter jets with advanced indigenous electronic systems in order to give it an edge compared to US made fighter jets. US Secretary of State Mike Pompeo reportedly told Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu: "I am in favor, but Defense Secretary Mattis is against it - he is the one who is blocking it."
DID Rapid Fire

Die Begründung dürfte Trump persönlich diktiert haben rolleyes.gif


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This just in: Beverly Hills 90210 - Cleveland Browns 3
 
Stefan Kotsch
Beitrag 10. Dec 2018, 19:19 | Beitrag #1248
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ZITAT(Schwabo Elite @ 9. Dec 2018, 12:44) *
Nein, von "fest akzeptierter Teil der Gesellschaft" kann bei Juden in Europa keine Rede sein, außer vielleicht in Großstädten.


Mein Autoritätszeuge Ari Shavit unterscheidet deutlich zwischen den osteuropäischen Juden und den restlichen. Den osteuropäischen Juden sei es vergleichsweise wirklich übel ergangen, sie bildeten auch die Masse der frühen Auswanderer nach Palästina. Shavit schreibt, das 19. Jahrhundert war insgesamt gesehen ein überhaupt ein goldenen Zeitalter für die westeuropäischen Juden und weiter, Herzl und die Zionisten sahen eine große Gefahr, nämlich, dass die Juden faktisch aussterben. Säkularisierung und Emanzipierung - auch in ihren begrenzten Formen - ließen die Grundlage des jüdischen Überlebens erodieren, fast Shavit die Situation zusammen. Die Fähigkeit der Juden, in der Diaspora eine nicht auf Glauben basierende jüdische Kultur zu bewahren, war auf einmal bedroht, schreibt Shavit. Berühmte Juden als Beispiel:Einstein, Mendelson, Marx, Franz Kafka, Heinrich Heine, Gustav Mahler, Niels Bohr, Modigliani, Marc Chagall.

______
Und beiläufig, weil ich die angeführten Pogrome einmal nachlesen wollte, dieser Treppenwitz der Geschichte: Das Pogrom 1911 in Wales und der Auslöser:.
"DIE POGROME IN SUED-WALES. Ihre Ursachen und Wirkungen. Oktober 1911

Russland will eben nicht als das einzige Pogromland dastehen, es will seine eigene Pogrompolitik rechtfertigen und hat daher ein Interesse daran, Pogrome in anderen Ländern möglich zu machen. Ausserdem war gerade England bis heute der einzige und letzte Zufluchtsort der russischen Freiheitskämpfer. Russland aber liegt daran, die russischen Revolutionäre zu kompromittieren und ihnen ihre letzte Zufluchtsstätte zu nehmen. Darum lässt es in Europa verkünden, dass die meisten Revolutionäre Juden sind ….

An einem kalten Dezembermorgen überfallen fünf russische „Revolutionäre“ drei Londoner Polizisten in Houndsditch und knallen sie nieder. Natürlich mussten die Mörder „jüdische Revolutionäre“ sein.
Die naiven Engländer, die sich in Russlands Intriguen wenig auskennen, stellen das Gegenteil fest. Der Hospitalsarzt, ein englischer Christ, erklärt, dass der tot aufgefundene Mörder kein Jude, sondern ein slawischer Christ sei. Mittlerweile aber regt eine russische Dame der hohen Gesellschaft in den „Times“ an, dass „England den jüdischen Revolutionären und Mördern aus Russland seine Tür verschliessen möge“. Die ganze konservative Presse nimmt von dieser Anregung Notiz und leitet eine Hetze gegen die russischen Juden ein, die eine wahre Pogromstimmung heraufbeschwört. Die Juden im East-End leben in Angst.
...
In Londoner massgebenden Kreisen sprach man offen von einer gegen Juden und Revolutionäre gerichteten Provokation der russischen Regierung. Und heute weiss jeder gebildete Engländer, was er über den Fall Houndsditch zu denken hat."
smokin.gif
Quelle->

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 10. Dec 2018, 20:02
 
Stefan Kotsch
Beitrag 10. Dec 2018, 19:45 | Beitrag #1249
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ZITAT(revolution @ 9. Dec 2018, 15:05) *
Die islamische Welt, plus China und Russland, scheinen den amerikanischen Entwurf einer Anti-Hamas Resolution geschlossen abzulehnen. Geopolitisch nachvollziehbar.

Das Russland ablehnt scheint wirklich nachvollziehbar. Putins Russland hat sich noch nie mit Initiativen für Gewaltlosigkeit in internationalen Beziehungen, Meinungsfreiheit, liberale Demokratie etc. hervorgetan. Die "Partner" Russland sind bei Betrachtung dann auch dementsprechend. Aber hier verlassen wir das Thema zu sehr.
 
Schwabo Elite
Beitrag 10. Dec 2018, 19:47 | Beitrag #1250
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Puh, der Text ist schon etwas problematisch, aber immerhin mal eine zeitgenössische Quelle. xyxthumbs.gif

Zu Shavit und seiner Einschätzung Herzls und der Situation für die Juden im 19. Jahrhundert: Ich teile sie nicht. Herzl war ausdrücklich schockiert von der Dreyfus-Affäre und gleichzeitig war er eben antisemitische Politik aus Österreich-Ungarn gewohnt. Die Bewertung des 19. Jahrhunderts als "Goldene Zeit" ist ex post vielleicht nachvollziehbar, zeitgenössisch waren sich Juden aber eben - zu Recht - nie sicher wie lange so eine Phase des Friedens dauern würde. Diese zeitgenössische Bewertung ist im Angesichte der Barbarei des 20. Jahrhunderts dann eben doch genauer gewesen als vom 21. Jahrhundert zurückblickend auf das 19. Jahrhundert mit Lob zu blicken. Insbesondere weil die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts noch voll von Restriktionen war: Erst allmählich durften Juden überhaupt alle Bürgerrechte wahrnehmen und Bürger sein.


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Stefan Kotsch
Beitrag 10. Dec 2018, 20:29 | Beitrag #1251
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Der Kern ist eigentlich, dass die Situation in Westeuropa beim weitem nicht so schlimm war wie wir uns das heute vorstellen. Juden waren zumehmend in weitenTeilen der Gesellschaft durchaus akzeptiert und Teil der Gesellschaft. Zahllose Ärzte, Wisenschaftler, Beamte, Armeeoffiziere, erfolgreiche Händler, Banker, Künstler sprechen schon eine deutliche Sprache. Das die förmliche Gleichberechtigung aber nicht gleichzusetzen ist mit Auflösung von traditionell überkommenen antisemitischen Vorbehalten, das zeigt leider die Situation im Jahr 2018. Shavit schreibt ja auch, dass man die Gefahr nicht nur in der Selbstauflösung durch Säkularisierung sah, sondern zunehmend eine Veränderung der Situation zur Verschlechterung vernahm. Insbesondere verweist er hier ja auch auf die Dreyfus-Affäre. Jedenfalls sahen die Zionisten ihr Heil in der Auswanderung nach Palästina (was auch der Ausgangsgedanke des Disputs gewesen war). Die Mehrheit der ausgewanderten Zionisten beschreibt Shavit übrigens tatsächlich als säkular. Den Umschwung in der Grundlinie der israelischen Gesellschaft verortet Shavit ins Jahr 1973. Ab hier und auch mit der starken Neueneinwanderung durch das Leben in autoritär geführten Gesellschaften geprägter Juden wie der Sowjetunion und ultraorthodoxer Juden aus dem Maghreb, dem Iran und Irak beginnt die israelische Politik konservativer, unversöhnlicher und Religionsbasierter zu werden. Was Shavit bedauert.

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 10. Dec 2018, 20:30
 
SailorGN
Beitrag 10. Dec 2018, 20:39 | Beitrag #1252
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@SE: Nein. Im 19. Jahrhundert, gerade in der Entstehung der (deutschen) Nationalstaaten mit der Judenemanzipation in den Befreiungskriegen war für Juden erstmals eine Gruppenzugehörigkeit jenseits der jüdischen Identität greifbar. Mit der Staatsbürgerschaft und den damit verbundenen Rechten konnte man wegkommen vom Stigma. Gleichzeitig bot die beginnende Industrialisierung und Spezialisierung neue, nicht durch zünftige oder staatliche Restriktion verbaute Aufstiegsnischen. Man vergleiche dazu Ali, Götz: Warum die Deutschen? Warum die Juden? Diese Möglichkeiten boten nunmehr eine wirkliche Assimilation, welche auch die spezifisch jüdische Identität bedrohte. Nicht umsonst kam damals auch das Reformjudentum auf, welches ja auch Elemente der Angleichung, bsp. an protestantisch-christlichen Ritus brachte. Den traurigen Höhepunkt der Assimilationsbestrebungen bildete die massenhafte Freiwilligenmeldung zum WK 1... und die Folgen waren verheerend, bzw. bereiteten die antisemitische Saat erneut ("Judenzählung" und die daraus resultierenden fake news).

Edit: Stefan, die verbesserte Situation in Westeuropa war ein Resultat der Frz. Revolution. Im Absolutismus war die Situation nicht wirklich prall, zwar gab es keine mittelalterlichen Progrome mehr, aber "der Jude" war immer noch rechtlos und der Willkür ausgeliefert, besonders wenn es um höhere Positionen ("Hofjude") ging. Da reichte ein plötzlicher Herrschertod und man landete im Kerker.

Der Beitrag wurde von SailorGN bearbeitet: 10. Dec 2018, 20:43


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Stefan Kotsch
Beitrag 10. Dec 2018, 20:51 | Beitrag #1253
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Völlige Übereinstimmung.
 
Schwabo Elite
Beitrag 10. Dec 2018, 22:42 | Beitrag #1254
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ZITAT(SailorGN @ 10. Dec 2018, 20:39) *
@SE: Nein. Im 19. Jahrhundert, gerade in der Entstehung der (deutschen) Nationalstaaten mit der Judenemanzipation in den Befreiungskriegen war für Juden erstmals eine Gruppenzugehörigkeit jenseits der jüdischen Identität greifbar. Mit der Staatsbürgerschaft und den damit verbundenen Rechten konnte man wegkommen vom Stigma.

Ein äußerst langsamer Prozess, der in Österreich-Ungarn bis in die Zeit nach dem Krieg mit Preußen andauerte und selbst in Frankreich weit in das 19. Jahrhundert hinein ragte. Noch 1840 war Frankreich maßgeblich beteiligt an der Damaskusaffäre, das More Judaico wurde in Frankreich erst 1846 endgültig abgeschafft. In französisch Algerien hatte Juden noch bis 1870 keine vollen Bürgerrechte.
Natürlich wird es besser, aber gut ist anders.


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Stefan Kotsch
Beitrag 10. Dec 2018, 23:26 | Beitrag #1255
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Ich denke, insbesondere im aktuellen Kontext gesehen, können wir uns auf den Zeitraum Ende 19. Jhd. bis erstes Drittel des 20. Jhd. beschränken.
 
Schwabo Elite
Beitrag 11. Dec 2018, 11:11 | Beitrag #1256
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Da würde ich auch schon eher zustimmen. Ich denke so von 1881 bis 1929 ist eine gute Zeit, aber mit zwei wichtigen Eingrenzungsdaten: Die Gründerkrise sorgte für antisemitische Verschwörungstheorien, die insbesondere Kampfbegriffe und Allgemeinplätze des späteren Antisemitismus wie "Hochfinanz", den "raffenden", "gierigen", "blutsaugenden", "jüdischen" Finanzkapitalisten sowie "Plutokraten" und "Wucherer" hervorbrachte. Von 1878 bis 1881 tobte dann noch der Berliner Antisemitismusstreit in der deutschen Öffentlichkeit, bei der sich so prominente und einflussreiche Figuren wie Theodor Mommsen, Heinrich von Treitschke, Wilhelm Marr und Adolf Stoecker klar zu der sogenannten "Judenfrage" positionierten.

Diese Judenfrage fasst die Debatte um die Position der Juden in Europa damals gut zusammen. Die Diskussion begann in England um 1750, zog sich aber im Prinzip 150 Jahre hin. Konkret ging es um die Frage, ob Juden gleichgestellte Bürger in Europas Staaten sein konnten. Während Liberale wie Theodor Mommsen dafür waren, gab es viele illeberale Kräfte, in Deutschland vor allem Adolf Stoeckers "Berliner Bewegung", die dagegen waren. Dabei agierten auf der einen Seite Schwergewichte wie Heinrich von Treitschke ("die Juden sind unser Unglück"), Wilhelm Marr (Erfinder des Wortes "Antisemitismus" und Gründer des ersten antisemitischen Vereins der "Antisemitenliga") und die Berliner Bewegung, welche die sogenannte "Judenemanzipation" ablehnten oder einhegen wollten und konkret Ängste schürten . stellten sich liberale Politiker und Kulturgrößen wie Theodor Mommsen, Johann Gustav Droysen, Werner und Georg von Siemens oder Rudolf Virchow mehr oder weniger scharf dagegen.

Nach der Kantorowicz-Affäre (1880), die ein wenig an Rosa Parks Geschichte erinnert, kam es dann 1880 zur sogenannten "Notabeln-Erklärung", in der sich eben jene liberalen Notabeln des Reiches gegen den Antisemitismus stellten und insbesondere gegen die umlaufende Antisemitenpetition der Berliner Bewegung. Diese Antisemitenpetition forderte konkret vier Dinge: a) Die Entfernung oder Zurückdrängung von Juden aus Staatsdienst, Heer und Justiz, b) Verbot der Anstellung von Juden in den Volksschulen und nur in Ausnahmen ihre Beschäftigung an höheren Schulen und Hochschulen, c) die Wiederaufnahme der amtlichen Statistik über die jüdische Bevölkerung und d) Einschränkung der Einwanderung von Juden aus Österreich-Ungarn und Russland. Konkret sah die Antisemitenliga und die Unterzeichner der Petition folgende Gefahr:

"Ihr wählt die Fremdherrschaften in Eure Parlamente, Ihr macht sie zu Gesetzgebern und Richtern, Ihr macht sie zu Diktatoren der Staatsfinanzsysteme, Ihr habt Ihnen die Presse überantwortet, … was wollt Ihr denn eigentlich! Das jüdische Volk wuchert mit seinen Talenten und Ihr seid geschlagen, wie das ganz in der Ordnung ist und wie Ihr es tausendfach verdient habt." [W. Marr, Dem Semitismus gehört die Weltherrschaft, 1879]

Die Notabeln-Erklärung mag die Rücknahme der Gesetzte des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches zur Gleichstellung der Juden verhindert haben. Dennoch wirkten all diese Allgemeinplätze weiter: In der Weimarer Republik gab es keine vergleichbare Erklärung der kulturellen und politischen Eliten. In der Folge setzten sich die Revisionisten gesetzlich in den Dreißigern durch. Daher auch der Begriffs der "Endlösung der Judenfrage", den zwischen 1914 und 1918 die Deutschvölkische Partei (DVP, wohl kaum zufällig die gleiche Abkürzung wie die spätere Parte) propagierte. Nach der Auflösung der DVP gingen die Mitglieder in der DNVP und dem Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund auf. Offenbar sahen liberale Kräfte die Frage nach 1881 aber als erledigt an, zum Leidwesen für ganz Europa. Denn Antisemitismus war nur die Spitze des Eisberges der Illiberalität. Die Idee, dass nicht die soziale Frage die Lösung für die Moderne bringen würde, sondern die "Endlösung der Judenfrage" verbarg aber eben genau das Problem: Es ging, damals wie heute, um Fragen der Verteilung und Partizipation. Die Liberalen und Linken wollten eine breitere Masse des Volkes beteiligen, Rechte und Illiberale wollten eine Lösung durch Exklusion. Die Juden traf es aus Tradition gepaart mit der Schöpfung neuer Ideen wie Rasse und Nation.

Bezeichnend sind hier vor allem die Akteure und ihre Strukturen. Die Berliner Bewegung, die Antisemitismusliga und ihre theoretischen Grundlagenwerke wie Wilhelm Marrs "Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum" haben schon die eine oder andere Ähnlichkeit zu heutigen Strukturen der islamfeindlichen Bewegungen. Nur dass AfD, Pegida und ihre europäischen (und amerikanischen) Gegenstücke nicht über eine so große Zahl kulturell und politisch anerkannter Persönlichkeiten verfügen und Europa mulitpolarer aufgestellt ist als das Deutsche Reich 1880. Bedient werden aber erneut die gleichen Allgemeinplätze, bestenfalls abgewandelt durch zeitgenössische Konstrukte und Phrasen. Im Kern geht es noch immer um Rasse und Nation, manche Rechte finden neuerdings "das Abendland" sei jüdisch-christlich, aber zu viel Judentum ist den Rechten noch immer nicht gut. Es sei denn, man kann "die Juden" dazu verdingen "die Moslems" auszugrenzen. Denn heute sind Moslems als Lehrer, Polizisten, Richter, Politiker, Journalisten und generell Arbeitnehmer die neuen Feinde.

Der komplex der Islamfeindlichkeit ist dann aber ein Fall für einen anderen Thread. wink.gif


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xena
Beitrag 11. Dec 2018, 12:58 | Beitrag #1257
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Und interessanterweise beklagen die Deutschen Juden heute mehr Antisemitismus aus Muslimischer Seite als aus der Rechten Ecke. Ebenso ist der allgemeine Antisemitismus und der aus der linken Ecke heute wieder höher als vor 20 Jahren. Insgesamt ist der Antisemitismus aus diesen Richtungen weit höher als aus der Rechten Ecke. Gab gerade gestern eine schöne Statistik in ARD oder ZDF (weiß nicht mehr). Man bekommt es aus den Köpfen einfach nicht raus. In Frankreich wird es inzwischen auch immer heftiger und es wandern viele Juden aus Frankreich aus. Da fragt man sich schon was in unserer Gesellschaft schief gelaufen ist.


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Stefan Kotsch
Beitrag 11. Dec 2018, 14:23 | Beitrag #1258
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ZITAT(xena @ 10. Dec 2018, 12:58) *
Und interessanterweise beklagen die Deutschen Juden heute mehr Antisemitismus aus Muslimischer Seite als aus der Rechten Ecke.


Hm, der Tagesspiegel schreibt dazu dies:
"Die Polizei stellte 2017 insgesamt 1453 antisemitische Delikte fest, ...
...
Bei 1377 Delikten geht die Polizei von rechts motivierten Tätern aus. 33 Straftaten werden ausländischen Judenfeinden - ohne Islamisten - zugeschrieben, weitere 25 Delikte „religiös motivierten“ Antisemiten, also meist muslimischen Fanatikern ausländischer sowie deutscher Herkunft. Bei 17 Taten war es der Polizei trotz erkennbarem Judenhass nicht möglich, ein politisches Milieu zu ermitteln. Nur ein einziges Delikt, eine Volksverhetzung, war nach Erkenntnissen der Polizei links motiviert."

Quelle ->

Das passt was nicht zusammen. Soll die Dunkelziffer so viel höher liegen?

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 11. Dec 2018, 14:24
 
Dave76
Beitrag 11. Dec 2018, 14:36 | Beitrag #1259
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ZITAT(xena @ 11. Dec 2018, 12:58) *
Und interessanterweise beklagen die Deutschen Juden heute mehr Antisemitismus aus Muslimischer Seite als aus der Rechten Ecke. Ebenso ist der allgemeine Antisemitismus und der aus der linken Ecke heute wieder höher als vor 20 Jahren. Insgesamt ist der Antisemitismus aus diesen Richtungen weit höher als aus der Rechten Ecke. Gab gerade gestern eine schöne Statistik in ARD oder ZDF (weiß nicht mehr). Man bekommt es aus den Köpfen einfach nicht raus. In Frankreich wird es inzwischen auch immer heftiger und es wandern viele Juden aus Frankreich aus. Da fragt man sich schon was in unserer Gesellschaft schief gelaufen ist.

Die Studie hatte ich hier schon erwähnt:
ZITAT(Dave76 @ 10. Dec 2018, 12:00) *
ZITAT(Stefan Kotsch @ 9. Dec 2018, 23:08) *
Verfolgung war wohl kaum zu sehen. Traditionelle Ablehnung war sicher nicht untypisch. Aber europäische Juden waren fester akzeptierter Teil der Gesellschaft. Bis 1933 ist wohl kaum ein Jude wegen Verfolgung emigriert.

Leider denken heute fast die Hälfte wieder an Auswanderung: Laut neuester Studie der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) haben 44% der deutschen Juden in den letzten fünf Jahren an Emigration gedacht (38% aller europäischen Juden). Die Zahlen in dieser Studie zum Antisemitismus sind insgesamt sehr besorgniserregend.

[...]
Und hier komplett gepostet:
ZITAT(Dave76 @ 10. Dec 2018, 18:51) *
ZITAT
EU-Studie zu Antisemitismus
Jeder dritte Jude denkt über Wegzug aus Europa nach

10.12.2018
Die EU hat mehr als 16.000 Juden über ihre Erfahrungen mit Antisemitismus befragt. Das Ergebnis ist ernüchternd. Als Schuldige machen sie verschiedene Gruppen aus.

http://m.spiegel.de/politik/ausland/antise...-a-1242676.html


http://www.whq-forum.de/invisionboard/inde...t&p=1410928


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Dave76
Beitrag 11. Dec 2018, 16:05 | Beitrag #1260
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 11. Dec 2018, 14:23) *
ZITAT(xena @ 10. Dec 2018, 12:58) *
Und interessanterweise beklagen die Deutschen Juden heute mehr Antisemitismus aus Muslimischer Seite als aus der Rechten Ecke.


Hm, der Tagesspiegel schreibt dazu dies:
"Die Polizei stellte 2017 insgesamt 1453 antisemitische Delikte fest, ...
...
Bei 1377 Delikten geht die Polizei von rechts motivierten Tätern aus. 33 Straftaten werden ausländischen Judenfeinden - ohne Islamisten - zugeschrieben, weitere 25 Delikte „religiös motivierten“ Antisemiten, also meist muslimischen Fanatikern ausländischer sowie deutscher Herkunft. Bei 17 Taten war es der Polizei trotz erkennbarem Judenhass nicht möglich, ein politisches Milieu zu ermitteln. Nur ein einziges Delikt, eine Volksverhetzung, war nach Erkenntnissen der Polizei links motiviert."

Quelle ->

Das passt was nicht zusammen. Soll die Dunkelziffer so viel höher liegen?

Die Studie, um die es geht und die ich oben verlinkt habe, hat 16000 Juden in ganz Europa befragt. Zu den Tätern:

ZITAT
Gefragt, wer die Täter seien, geben 31 Prozent an: "Jemand, den ich nicht beschreiben kann". 30 Prozent sagen: "Jemand mit einer extremistischen islamischen Ansicht". 21 Prozent nennen "Jemand mit einer politisch linken Ansicht", 21 Prozent "Mitschüler, Mitstudenten oder Kollegen", 16 Prozent "Teenager oder Teenager-Gruppen", 13 Prozent "Jemand mit einer politisch rechten Ansicht". Oft überschneiden sich die Angaben auch. In Deutschland nennen sogar 41 Prozent extremistische Muslime als die Schuldigen, Rechtsextremisten machen 20 Prozent aus.


Die Daten aus deinem Tagesspiegelartikel stammen hingegen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und dort wiederum aus dem Sonderbericht "Politische Motivierte Kriminalität" (PMK), dort werden jedoch natürlich lediglich zur Anzeige gebrachte Fälle aufgeführt. Darüberhinaus werden antisemitische Vorfälle im PMK oftmals fälschlicherweise automatisch der rechten Szene zugeordnet:

ZITAT
Benjamin Steinitz, Leiter der Recherche‐ und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Berlin, hat an diesen Zahlen seine Zweifel: »Die Zahlen geben weder das Ausmaß antisemitischer Straftaten wieder, noch sind die Tätergruppen genau erfasst.« Viele Juden würden antisemitische Straftaten nicht anzeigen, weil sie resigniert haben. »Andere sagen: Wenn ich alles anzeige, was ich mitbekomme, wäre ich den ganzen Tag auf der Polizeiwache.«

Oft wird auch die mangelnde Information durch die Polizei kritisiert, sagt Steinitz: »Die Anzeigensteller hören monatelang gar nichts und bekommen dann einen Brief von der Staatsanwaltschaft, in dem steht, das kein Täter ermittelt werden konnte.«

Aber auch die Zuordnung der Delikte sei zweifelhaft: »Wir kennen Fälle, wo Israelis antisemitisch beschimpft wurden, die Tat aber in der PMK dem Unterthema ›Israel‐Palästina‐Konflikt‹ und nicht Antisemitismus zugeordnet wurde.« PMK ist die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität, in der all diese Fälle auftauchen. Steinitz nennt noch ein Beispiel zumindest fragwürdiger Zuordnung: »Hitlergrüße und ›Sieg Heil‹-Rufe auf einer Al‐Quds‐Demonstration in Berlin wurden als rechtsradikale Straftaten gewertet, obwohl der Hitlergruß ja auch bei der Hisbollah üblich ist.«

Damit eine antisemitische Straftat vom jeweiligen polizeilichen Staatsschutz als solche verfolgt wird, müssen die Polizeibeamten bei der Aufgabe der Anzeige das antisemitische Motiv erkennen. Diese Aufgabe ist anspruchsvoll, sagt Steinitz, »leider wird Antisemitismus als Motiv häufig nicht erkannt. Wir haben das Gefühl, dass polizeiliche Befragungen von Betroffenen sogar von Begriffen aus der Statistik beeinflusst sind. Wenn Israelis bei der Anzeigenstellung entgegnet wird, ihre Erfahrung sei kein Antisemitismus, sondern Gegenstand des ›Israel‐Palästina‐Konflikts‹, dann haben wir gleich auf mehreren Ebenen ein Problem.«

https://www.juedische-allgemeine.de/politik/hass-in-zahlen/


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