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WHQ Forum _ Infanterie _ Dienstgrad Korporal

Geschrieben von: Jackace 4. Feb 2021, 00:05

Gerade habe ich mit Erstaunen auf https://de.wikipedia.org/wiki/Dienstgradabzeichen_der_Bundeswehr gesehen, dass ab Oktober diesen Jahres der Korporal/ Stabskorporal als höchster Mannschaftsdienstgrad bei der BW eingeführt werden soll.

Hat dazu jemand mehr Infos, wieso, weshalb, warum? Anglifizierung oder echter Bedarf?

Geschrieben von: Holzkopp 4. Feb 2021, 00:32

Spontan gibts bei Wiegold dazu zwei Artikel:

https://augengeradeaus.net/2020/08/neue-dienstgrade-korporal-und-stabskorporal-fuer-die-leistungsstaerksten-mannschaften/

und

https://augengeradeaus.net/2019/10/neues-besoldungsgesetz-neue-zulagen-hoeherer-avz-und-der-korporal/


Geschrieben von: Forodir 4. Feb 2021, 07:23

Kurz gesagt, versuch über Geld Leute ranzukriegen bzw. zu halten.
Richtig Sinn ergibt es nicht und die Truppe wollte das auch nicht zudem man ja mit Uffz/StUffz ja bereits eine Möglichkeit gehabt hätte.
So quetscht sich jetzt die Besoldungsgruppe Mannschaften bis A6, alle Unteroffizier mit und ohne Portepee von A6 bis A9.
Eine Reform und ein echtes Soldatenbesoldungsgesetz ist schon lange überfällig.

Geschrieben von: Funker Andreas 4. Feb 2021, 08:26

Einer der Gründe war wohl auch, dass Uffze und StUffze im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte zu Fachdienern reduziert wurden. Während die früher oft Trupp- und Gruppenführer waren, macht das mittlerweile ein Feldwebeldienstgrad. Und mittlerweile ist aufgefallen, dass eine Ebene zwischen Mannschafter und Feldwebel fehlt. Und der Dienstgrad Korporal ist nicht "neu", die Österreicher und Schweizer haben ihn und auch einzelne deutsche Staaten haben ihn benutzt (Quelle Wikipedia).

Korrigiert mich, wenn ich gerade etwas Falsches geschrieben habe.

Geschrieben von: Forodir 4. Feb 2021, 11:15

So weit so richtig, nur wo wäre das Problem gewesen die Uffze und Stuffze genau dafür wieder zu nehmen?
Die Diskussion ist vorbei, aber es ergibt eben keinen Sinn und man muss es auch nicht schön reden.


Geschrieben von: PzArt 4. Feb 2021, 12:59

Für was braucht man denn wirklich ACHT (!) verschieden Dienstgrade in der Mannschaftslaufbahn innerhalb der Besoldungsgruppen A 3 bis A 6?! Das Ganze ist doch an Absurdität kaum noch zu überbieten.

Gerade hinsichtlich des Personalkörpers der BW würde eine umfassende Reform hinsichtlich Besoldung, Dienstzeiten, Laufbahnrecht und Versorgung mittlerweile echt Not tun, auch um in Sachen Attraktivität voranzukommen. Dieses Gestöpsel an Symptomen ist echt schon grotesk.

Ist denn mittlerweile eigentlich etwas bekannt wie das Dienstgradabzeichen für die Korporäle/ Stabskorporäle aussehen soll?

Geschrieben von: Funker Andreas 4. Feb 2021, 13:22

ZITAT(Forodir @ 4. Feb 2021, 11:15) *
So weit so richtig, nur wo wäre das Problem gewesen die Uffze und Stuffze genau dafür wieder zu nehmen?
Die Diskussion ist vorbei, aber es ergibt eben keinen Sinn und man muss es auch nicht schön reden.


Ich sehe da überhaupt kein Problem. Die Uffze ohne Portepee wären wieder Trupp und Gruppenführer geworden und die Feldwebel Gruppenführer und Zugführer. So, wie es mal war.

Geschrieben von: Merowinger 4. Feb 2021, 13:57

Das war in der Zeit der Wehrpflicht so und passt nicht mehr. Und "Inflation rückwärts" ginge praktisch nur mit einer Währungsreform...

Geschrieben von: PzArt 4. Feb 2021, 15:08

Diese "Währungsreform" sehe ich aber gerade in Sachen Personal, Besoldungsrecht, Versorgung, Dienstzeiten usw. mittlerweile als dringend notwendig an. Das drängt sich mir fast mehr auf als so manche Entscheidung zur Modernisierung/ Erhöhung der Einsatzbereitschaft.

Geschrieben von: Schwabo Elite 4. Feb 2021, 15:22

ZITAT(Forodir @ 4. Feb 2021, 07:23) *
Eine Reform und ein echtes Soldatenbesoldungsgesetzt ist schon lange überfällig.



ZITAT(Forodir @ 4. Feb 2021, 11:15) *
Die Diskussion ist vorbei, aber es ergibt eben keinen Sinn und man muss es auch nicht schön reden.


Das fasst es gut zusammen. Die Bw ist da nie aus ihrem Erbe von Wehrpflicht und Geschichte rausgekommen. Man hängt einerseits an der überlieferten Besoldungs- und Dienstgradordnung, egal wie viele Pommes, Fische und Rennbahnen man verteilen muss. Andererseits will man was für die neuen Profis machen und erfindet neue Dienstgrade. Das geht im Prinzip seit 1989 so, als man den Stabsgefreiten eingeführt hat. Ähnlich sieht es meiner Meinung nach im Bereich zwischen Feldwebeln und Offizieren aus, wo "Warrant Officer"-artige Strukturen guttäten. Und nein, die Feldwebellaufbahn und die Fachoffizierlaufbahn sind nicht identisch. Man bindet sich in Deutschland da immer noch die Krücke der Verwaltungslaufbahnen aus mittlerem, gehobenem und höherem Dienst ans Bein.

Geschrieben von: NielsKar 4. Feb 2021, 17:05

Diese ganze Sache ist der größte Irr- und Unsinn. Helfen wird das nämlich nichts.

Außerdem weiß ich aus einem eher zufällig entstandenen Gespräch mit einem sehr sehr hochrangigen General, dass selbst die oberste militärische Führungsebene relativ schnell eingesehen hat, dass das Ganze nicht durchdacht ist, als u.a. verschiedene Verbände und viele andere Stimmen dagegen Sturm gelaufen sind.

Diese oberste Riege hätte dann sogar versucht das wieder zurückzunehmen, aber das sei zu dem Zeitpunkt bereits im Ministerium abgezeichnet worden, und deswegen hätte man angeblich nichts mehr dagegen tun können (bzw. wollte nicht m.M.n.):

,,Das ist durch.'' Man müsse das jetzt so hinnehmen, obwohl man sich rückblickend etwas anderes gewünscht hätte.

Vielleicht hätte man das mal mehr erörtern sollen, bevor man solche weitreichenden (gerade in finanzieller Hinsicht) Papiere zur Unterzeichnung weiterleitet.. Da konnte ich mir echt nur noch an den Kopf fassen..

Geschrieben von: Forodir 6. Feb 2021, 17:27

ZITAT(Merowinger @ 4. Feb 2021, 13:57) *
Das war in der Zeit der Wehrpflicht so und passt nicht mehr. Und "Inflation rückwärts" ginge praktisch nur mit einer Währungsreform...


Das passt immer noch sehr gut von der Dienstgrad-Struktur, nur müsste man sich lösen von der Kopplung Dienstgrad und Besoldung und da flexibler werden.
Da aber gerade Verwaltungsrecht und Gesetzte in Stein gemeißelt sind sowie eine Führung sowohl Politisch, militärisch als auch im Beamtenapparat die flexibel ist, wie ein eingemauertes Brecheisen gebe ich dir da recht, dass es da keine Änderung geben wird.

Geschrieben von: 400plus 6. Feb 2021, 18:04

Im Endeffekt bräuchte es halt wahrscheinlich eine eigene Besoldungsgruppe "S". In meinen Augen wäre das auch durchaus sachgerecht, weil die überwiegende Mehrheit der Soldaten auf Zeit dient und sich das Dienstverhältnis doch deutlich von Lebenszeitstellungen in den anderen Beamtenlaufbahnen unterscheidet. Ob das dann politisch durchsetzbar ist, ist natürlich eine andere Frage.

Geschrieben von: Forodir 7. Feb 2021, 10:01

Das Thema gibt es schon seit mindestens 12 Jahren, auch auf Ministeriums-Ebene. Kommt aber nie weit und scheitert an inneren widerständen (unter anderem der DBwV ist dagegen, die haben den Korporal übrigens mit gepusht) vor allem das BMI ist strikt dagegen.

Was mir besonders auffällt, am Korporal ist natürlich die dämliche Stellenbesetzung. Nehmen wir die Batterie in der ich Diene. Dort gibt es zwei Korporal-Stellen. Das sind die Feuerleit-Soldaten, so weit, so gut macht auch Sinn. Ich brauche dort gut ausgebildete und motivierte Soldaten und die Ausbildung dauert lang und sie haben ein recht hohes Maß an Verantwortung, wenn sie den Feuerkampf leiten (natürlich soll der Fw darüber schauen aber das geht halt nicht immer bzw. irgendwann weiß er das es seine Soldaten können).

Aus verschiedenen Gründen habe ich mir die MSA (Munition Sicherung Austausch Gruppe) genommen, laut ISO/ORG ist das ein Fw (Geschütz-Feldwebel) mit 10 Soldaten, sollte dieser auf ein Geschütz müssen, weil die Besatzung ausgetauscht werden muss oder weil halt Dinge passiert sind, steht der Rest ohne Führer da. Kein Problem, man hat ja erfahrene OsTGefr., nur hat jetzt der genauso viel zu tun und genauso viel Verantwortung wie der Flt-Sdt und sogar Führungsverantwortung.
Wie erkläre ich ihm jetzt das er leider Pech hatte und dummerweise den falschen Dienstposten?

Deswegen Reform her, Grundgehalt mit Dienstposten Aufschlag. Egal bei wem, der Fw der S3-Fw ist hat einfach mehr Verantwortung und deutlich mehr Arbeit als der Lt. der frisch vom Studium kommt und ein Team(sic!) leitet. usw. usf.
Ja das ist viel Arbeit und würde eine Menge hauen und stechen verursachen, aber die Leute würden endlich wissen, warum sie auf Dienstposten wollen und evtl. dort bleiben wollen und nicht einfach weitergeschoben werden nur damit der Dienstgrad draufgepappt werden kann, gerade bei den Offzen ist das richtig schlimm, die Zeit der Universal-Offiziere ist auch schon lange vorbei.

Rant off. Wie auch immer ich befürchte, dass man eine Reform wie auch immer diese aussieht niemals machen wird.

Geschrieben von: Schwabo Elite 8. Feb 2021, 10:30

ZITAT(Forodir @ 6. Feb 2021, 17:27) *
Das passt immer noch sehr gut von der Dienstgrad-Struktur, nur müsste man sich lösen von der Kopplung Dienstgrad und Besoldung und da flexibler werden.



ZITAT(400plus @ 6. Feb 2021, 18:04) *
Im Endeffekt bräuchte es halt wahrscheinlich eine eigene Besoldungsgruppe "S".



ZITAT(Forodir @ 7. Feb 2021, 10:01) *
Das Thema gibt es schon seit mindestens 12 Jahren, auch auf Ministeriums-Ebene. Kommt aber nie weit und scheitert an inneren widerständen (unter anderem der DBwV ist dagegen, die haben den Korporal übrigens mit gepusht) vor allem das BMI ist strikt dagegen.


Richtig, das BMI hat da grundsätzlich die Einstellung, dass alles gleich laufen muss. Denen ist es schon unrecht, dass es mehr als Besoldungsarten A und B sowie Angestellte nach TV gibt. Warum auch immer da Probleme gesehen werden, vmtl. weil es Verhandlungszeiten bindet.
Aber der Korporal ist einfach nur ein Irrweg, insbesondere mit dem Namen. Der Name steht in der westlichen militärischen Traditionen (also der einzigen, in der es ihn gibt) für den niedrigsten Unteroffiziersgrad. Und deswegen ging im späten 19. Jh. aus dem Korporal auch der Dienstgrad des Unteroffiziers hervor. Und solange wir den (Stabs-)Unteroffizier haben, ist der Korporal einfach nur verwirrend. Der Vizekorporal ("Vice-Corporal") indes würde noch halbwegs sinnvoll sein, weil das im preußischen Heer der höchste Mannschaftsdienstgrad (Gemeine) war, der ab 1810 den Dienst eines Unteroffiziers verrichtete.

Aber wenn man die Lösungen seiner Probleme in Dienstgraden von vor 200 Jahren sucht, darf man keine Rettung erwarten. Zumal ich bei der Bundeswehr voll erwarten würde, dass ein Vizekorporal oder Vizeunteroffizier ergänzt würde durch einen Stabsvizeunteroffizier. Natürlich mit Zulage. wink.gif

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