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> Zum Selbstschutz
Malefiz
Beitrag 18. Sep 2017, 16:44 | Beitrag #61
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ZITAT(kaitano @ 18. Sep 2017, 17:08) *
Die Ehre ist definitiv ein notwehrfähiges Rechtsgut und ich bin ja durchaus ein Freund des deutschen, breiten Notwehrrechts.
Aaaber, dadurch das die Notwehrhandlung im Gesetz nicht konkret aufgeführt wird, kann man auch nicht pauschal sagen wann, welche Handlung geboten und erforderlich ist und wann welche nicht.
Bei einem Angriff auf die Ehre, ist in meinen Augen bei tödlicher (oder potentiell tödlicher) Gewalt idR von einem krassen Missverhältnis der Verhältnismäßigkeit auszugehen, auch wenn ich sonst immer noch der festen Überzeugung bin, dass es bei der Notwehr sonst keine Verhältnismäßigkeit der Mittel oder Güterabwägung gibt (außer halt im Falle eines krassen Missverhältnisses)


Das Problem ist eher, dass der Angriff auf die Ehre rechtswidrig (es muss also zumindest den Straftatbestand der Beleidigung erfüllen) und gegenwärtig sein muss. Hat dich jemand beleidigt, darfst du ihm danach keine mehr auf den Deckel geben, du musst schon eine gegenwärtige Beleidigungstirade mit dem Einsatz von Notwehr beenden.

@ KSK: Es gibt ein Urteil bei dem der Wurf einen Glases gegen einen Täter der durch wiederholtes absichtliches anpusten mit Zigarettenrauch als Verteidigung eines Angriff auf die Ehre (zusätzlich zur gefährlichen Körperverletzung) gewertet wurde und als Notwehrhandlung straffrei blieb. Du bist auch hier in der Wahl deiner Mittel nicht eingeschränkt: Die Verteidigung muss nur geeignet sein einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff abzuwehren


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kaitano
Beitrag 18. Sep 2017, 17:11 | Beitrag #62
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Da ist ja wieder das schwierige. Mit fällt jetzt, so aus dem Stehgreif, auch keine „passende“ Notwehrhandlung ein. Zumal noch erschwerend hinzukommt, dass ein Angriff (hier z.B. eine Beleidigung) Gegenwärtig sein muss. Wenn eine Beleidigung ausgesprochen ist, ist damit auch der Angriff abgeschlossen und nichtmehr gegenwärtig, und damit nicht mehr Notwehrfähig (im Gegensatz zu einem Diebstahl/Raub, welcher nicht mit beginn, sondern erst mit erfolgreicher Flucht abgeschlossen ist).
Nichts desto trotz, ist die Ehre (wie jedes Individualgut) Notwehrfähig.

Obwohhhl, vielleicht fällt mir doch etwas ein.
Wenn jemand z.B. auf meine Häuserwand (oder mein Wahlplakat oder so etwas) z.B. „Judensau“, „Nazi“, „Kinderficker“ o.Ä. Pinselt (hier kommt natürlich noch ggf. Sachbeschädigung etc. hinzu), und ich ihm sein Handwerkszeug wegnehme und dieses dabei ggf. zerstöre oder beschädige (also die Spraydose, Farbtopf, Edding...) ist dies in meinen Augen durch die Notwehr gedeckt (Zerstörung seines Individualguts (Eigentum)). Wenn er sich dabei den kleinen Finger bricht ist dies natürlich Grenzwertig aber noch durch die Notwehr gedeckt und selbst bei notwehrfeindlicher Rechtsprechung, als „Notwehrexzess“ Straffrei bleiben. Wenn ich dem Jenigen aber von hinten mit dem Baseballschläger einen überbrate, wäre dies (in meinen Augen) ein krasses Missverhältnis.
Besprüht jemand aber z.B. eine Bushaltestelle, ist dies in meinen Augen nicht Notwehrfähig, weil dort kein Individualgut angegriffen wird.

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Da hier immer wieder „Schwerter“ und „Katana“ aufgeführt werden, würde mich mal interessieren ob jemand Erfahrung im Schwertkampf oder Fechten hat?
Ich habe ein paar Jahre Kendo gemacht (1. Dan, also wirklich nichts Besonderes und das beeindruckendste an mir, war wohl mein Kiai ^^) und wüsste nicht, was ich in geschlossenen vier Wänden mit einem Schwert anstellen sollte. Training innen (zu Hause, nicht in der Sporthalle) war schon kaum denkbar.
Selbst die Samurai, welchen ja als Zeichen ihres Standes erlaubt war, zwei Schwerter (Daishou 大小) zu tragen, nutzen ein Wakizaki (脇差) in geschlossenen Räumen.


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Styx
Beitrag 18. Sep 2017, 22:56 | Beitrag #63
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Schwert ist albern in den engen Räumen einer Wohnung da hilft auch das Kendo net weiter. Aber eigentlich ist es egal was man zu hause in den eigenen vier Wänden einsetzt entscheidend ist das ich im Nachgang ne sehr gute Begründung für die Notwehr bzw den Notwehrexess zur Hand habe, egal ob ich dem Einbrecher den Feuerhaken vom Kamin drüber gezogen hab oder ihm mittels Schreckschußpistole ne Leuchtkugel ins Gesicht geschossen hab.


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Rund 550 Millionen Kleinwaffen befinden sich weltweit im Umlauf. Das ist eine Waffe für jeden zwölften Menschen auf diesem Planeten! Daher stellt sich mir die Frage: Wie können wir auch noch die anderen elf bewaffnen?  
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Havoc
Beitrag 18. Sep 2017, 23:03 | Beitrag #64
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Bezieht sich auf Kaitano:
Bei einer Beleidigung hast Du erstmal das Problem des Beweises und zweitens mit dem geeignetem Mittel. Es beschimpft Dich jemand- Du knallst ihm eine. Das Problem: Die Ohrfeige kam nach dem verbalen Angriff.
Das dürfte auf eine strafmildernde Affekthandlung hinauslaufen, es sei denn Du kannst glaubhaft darlegen, dass die Beleidigungen fortgeführt worden wären, wenn Du nicht diese durch die Ohrfeige unterbunden hättest.

Bei der Sachbeschädigung: Du erwischt jemanden auf frischer Tat, der eine Hauswand beschmiert: Es besteht die Möglichkeit der vorläufigen Festnahme durch jedermann (§ 127 StPO). Grundsätzlich steht der Mensch über den Sachwert, es ist das mildeste erfolgversprechende Mittel anzuwenden.
Der Staatsanwalt wird vermutlich unterstellen, dass die Sprühaktion durch eine einfache Ansprache hätte unterbunden werden können. Wenn die Ansprache in Form einer Beleidigung erfolgt wäre, wäre diese m. M. durch das Notwehrgesetz gedeckt, da sie den Sprayer dazu veranlassen sollte seine Sprühaktion zu unterlassen. Ein kontrolliertes zu Boden bringen und fixieren sollte durch §127 StPO gedeckt sein, Du kannst aber nicht bis zum Eintreffen der Polizei dann an ihm die übelsten Würge- und Hebeltechniken ausprobieren.
 
Hummingbird
Beitrag 18. Sep 2017, 23:47 | Beitrag #65
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ZITAT(Styx @ 18. Sep 2017, 23:56) *
Schwert ist albern in den engen Räumen einer Wohnung da hilft auch das Kendo net weiter.
Das kommt wohl auf die Wohnsituation an und Schwerter gibt es auch in unterschiedlichen Längen. Das kann man nicht so pauschal als Unsinn abtun.
 
kaitano
Beitrag 19. Sep 2017, 07:28 | Beitrag #66
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@ Havoc
Das Problem mit der verbalen Beleidigung und der Gegenwärtigkeit bzw. dem andauern der Handlung führte ich ja auf.

Vielleicht hätte eine Ansprache genügt, damit der Sprayer seine Aktion einstellt. Vielleicht aber auch nicht. Die ist auch nicht wichtig, da Notwehr eben nicht das absolut mildeste Mittel fordert. Gefordert wird nur, dass das Mittel geeignet und erforderlich ist.

Reine Sachbeschädigung reicht für Notwehr gar nicht aus. Beim Besprühen, als Beispiel einer Beleidigung, ging es darum das klar ist, dass damit ganz klar eine bestimmte Person gemeint ist (also z.B. Ich als Judensau oder Nazi tituliert werde). Das einfache Besprühen irgend einer Häuserwand oder Bushaltestelle, mit einer allgemeinen und ggf. abstrakten Parole erfüllt zwar den Tatbestand der Sachbeschädigung (ggf. auch Volksverhetzung, Gefährdung der Öffentlichen Ordnung etc. pp.), sind aber keine Individuellen Rechtsgüter und damit nicht Notwehrfähig.
Natürlich kann es zum Einsatz der Notwehr kommen, wenn ich vom „Jedermannsrecht“ gebrauch mache.


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WalterPPK
Beitrag 19. Sep 2017, 12:14 | Beitrag #67
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ZITAT(Schwabo Elite @ 14. Sep 2017, 23:52) *
ZITAT(WalterPPK @ 14. Sep 2017, 14:49) *
Damit ich also eine Schuss bereite Gaspistole bei mir tragen darf, ist ein kleiner Waffenschein notwendig. Gibt es für diesen Gründe, den nicht zu erhalten? Also Verfehlungen die einen für "nicht tauglich" einstufen, sei es aus der Vergangenheit oder oder?

Gruss
Walter

https://de.wikipedia.org/wiki/Kleiner_Waffenschein

wink.gif

Vielen Dank Schwabo smile.gif

hab mir das Antragsformular im Internet runtergeladen und dann lasse ich mich mal überraschen, was beim Antrag bei raus kommt.

Gruss
Walter
 
Ta152
Beitrag 19. Sep 2017, 15:26 | Beitrag #68
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ZITAT(Room 101 @ 15. Sep 2017, 02:40) *
< snip >
zum Teleskopschlagstock: Ich war bisher noch in keinem vergleichbaren realen Gefecht aber in Übungskämpfen Schlagstock alleine gegen Markierungsmesser geht das meistens schlecht für den mit dem Stock aus.

< snip >


Da waren dann aber vermutlich beide Seiten Trainiert. Bei einer Typischen Selbstverteidigungssituation wir man davon ausgehen das der Verteidiger ungeübt ist und da würde ich mir (und den meisten anderen) mit einem Schlaggegenstand deutlich höhere Wirkung vorstellen. Vorteil ist vor allem das er deutlich besser dosierbar ist, bei einem Messer kann man praktisch nichts anders als eine schwere Körperverletzung erzeugen.




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Hummingbird
Beitrag 19. Sep 2017, 15:38 | Beitrag #69
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ZITAT(Ta152 @ 19. Sep 2017, 16:26) *
Da waren dann aber vermutlich beide Seiten Trainiert. Bei einer Typischen Selbstverteidigungssituation wir man davon ausgehen das der Verteidiger ungeübt ist und da würde ich mir (und den meisten anderen) mit einem Schlaggegenstand deutlich höhere Wirkung vorstellen. Vorteil ist vor allem das er deutlich besser dosierbar ist, bei einem Messer kann man praktisch nichts anders als eine schwere Körperverletzung erzeugen.
Das halte ich auch für fragwürdig, dass sich die Gewalteinwirkung mit einem Schlagstock so gut dosieren lässt. Bei einem Kopftreffer hast du schnell ein stumpfes Schädel-Hirn-Trauma und wenn der erste Treffer nicht so heftig war, dass er den Gegner handlungsunfähig macht, dann geht das ganze schnell in den Ringkampf über und das ist es besonders, was bei der Selbstverteidigung vermieden werden sollte.
 
Kameratt
Beitrag 19. Sep 2017, 17:29 | Beitrag #70
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ZITAT(kaitano @ 19. Sep 2017, 08:28) *
@ Havoc
Das Problem mit der verbalen Beleidigung und der Gegenwärtigkeit bzw. dem andauern der Handlung führte ich ja auf.

Vielleicht hätte eine Ansprache genügt, damit der Sprayer seine Aktion einstellt. Vielleicht aber auch nicht. Die ist auch nicht wichtig, da Notwehr eben nicht das absolut mildeste Mittel fordert. Gefordert wird nur, dass das Mittel geeignet und erforderlich ist.

Aber die Erforderlichkeit impliziert doch genau, dass stets das mildeste Mittel eingesetzt wird. Ist eine Lösung geeignet, es gibt jedoch eine bessere Alternative, so ist sie dann nach dieser Prüfung nicht erforderlich.
 
Ta152
Beitrag 20. Sep 2017, 09:51 | Beitrag #71
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ZITAT(Hummingbird @ 19. Sep 2017, 16:38) *
ZITAT(Ta152 @ 19. Sep 2017, 16:26) *
Da waren dann aber vermutlich beide Seiten Trainiert. Bei einer Typischen Selbstverteidigungssituation wir man davon ausgehen das der Verteidiger ungeübt ist und da würde ich mir (und den meisten anderen) mit einem Schlaggegenstand deutlich höhere Wirkung vorstellen. Vorteil ist vor allem das er deutlich besser dosierbar ist, bei einem Messer kann man praktisch nichts anders als eine schwere Körperverletzung erzeugen.
Das halte ich auch für fragwürdig, dass sich die Gewalteinwirkung mit einem Schlagstock so gut dosieren lässt. Bei einem Kopftreffer hast du schnell ein stumpfes Schädel-Hirn-Trauma und wenn der erste Treffer nicht so heftig war, dass er den Gegner handlungsunfähig macht, dann geht das ganze schnell in den Ringkampf über und das ist es besonders, was bei der Selbstverteidigung vermieden werden sollte.


Ob der unterschied zwischen Schädel-Hirn-Trauma und Stichwunde in der Brust sollte nicht so relevant sein. Wobei das Schädel-Hirn-Trauma so ziemlich das Maximum ist.


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Hummingbird
Beitrag 20. Sep 2017, 17:55 | Beitrag #72
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ZITAT(Ta152 @ 20. Sep 2017, 10:51) *
Ob der unterschied zwischen Schädel-Hirn-Trauma und Stichwunde in der Brust sollte nicht so relevant sein. Wobei das Schädel-Hirn-Trauma so ziemlich das Maximum ist.
Der Unterschied ist wie gut sich ein Angreifer auf Distanz halten lässt. Ich rede jedenfalls von einer legalen Notwehrsituation und nicht davon wie man jemanden "am besten" aufhält, der mit Diebesgut flüchtet.
 
kaitano
Beitrag 20. Sep 2017, 20:19 | Beitrag #73
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ZITAT(Hummingbird @ 20. Sep 2017, 18:55) *
Ich rede jedenfalls von einer legalen Notwehrsituation und nicht davon wie man jemanden "am besten" aufhält, der mit Diebesgut flüchtet.

??


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Almeran
Beitrag 21. Sep 2017, 16:02 | Beitrag #74
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ZITAT(Hummingbird @ 20. Sep 2017, 18:55) *
ZITAT(Ta152 @ 20. Sep 2017, 10:51) *
Ob der unterschied zwischen Schädel-Hirn-Trauma und Stichwunde in der Brust sollte nicht so relevant sein. Wobei das Schädel-Hirn-Trauma so ziemlich das Maximum ist.
Der Unterschied ist wie gut sich ein Angreifer auf Distanz halten lässt. Ich rede jedenfalls von einer legalen Notwehrsituation und nicht davon wie man jemanden "am besten" aufhält, der mit Diebesgut flüchtet.

Je nach Wert des Diebesgut ist das eine legale Notwehrsituation. Für einen Kugelschreiber solltest du niemandem eine über den Kopf ziehen, beim Diamantcollier sieht das ganz anders aus.


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Glorfindel
Beitrag 21. Sep 2017, 16:18 | Beitrag #75
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Man sollte nur Dieben hinterherschiessen, die auch etwas wichtiges gestohlen hatten und auch dann, sollte man ein treffsicherer Schütze sein.

Entscheid 107 IV 12 des Schweizerischen Bundesgerichtes:

ZITAT
S. (geb. 1949) betreibt in Basel eine Wechselstube und ein Münzengeschäft, in dem sich der Tresor für beide Geschäfte befindet. Am 12. Oktober 1978 packte er nach Geschäftsschluss, ca. um 19.55 Uhr, Banknoten und Münzen in eine Mappe, um sie im Tresor zu verwahren. Als er mit beiden Händen das Scherengitter der Wechselstube schliessen wollte und die Mappe daher für einen Augenblick zwischen seinen Füssen und dem Gitter abstellte, wurde diese von M. (geb. 1960), der sich von hinten angeschlichen hatte, weggerissen. M. rannte mit der Mappe davon. S., der zu seinem Schutz meistens eine Pistole auf sich trägt, schrie zuerst "Halt" und gab, als dies nichts nützte, einen Warnschuss in die Luft ab. Zugleich machte er sich an die Verfolgung des flüchtigen Diebs. (...) S. gab einen zweiten und kurz darauf einen dritten Warnschuss ab. M. hörte die Rufe und Schüsse, glaubte sogar, es werde gezielt auf ihn geschossen, setzte aber gleichwohl seine Flucht mit der Geldmappe fort. Andere Personen, die M. hätten aufhalten können, waren nicht in Sicht. Langsam vergrösserte sich der Vorsprung des flüchtigen Diebes. Als S. erkannte, dass der Dieb ihm mit der Beute entwischen werde, blieb er stehen und gab auf 10-15 m einen gezielten Schuss auf den Unterschenkel des M. ab. Dieser wurde getroffen, liess die Mappe fallen und flüchtete hinkend weiter. S. ergriff die Mappe und verfolgte den Dieb nicht weiter. M. konnte jedoch in der Folge verhaftet werden. Er hatte einen leichten Streifschuss aussen am linken Unterschenkel erlitten, der komplikationslos heilte.
Die Mappe enthielt Werte von insgesamt ca. Fr. 53'000.-, was dem Verdienst des S. während 1 1/2 bis 2 Jahren entsprach. Die Werte waren nicht versichert und nicht versicherbar.

S. ist ein geübter Schütze. Ein später unter Mitwirkung der Polizei durchgeführtes Probeschiessen unter analogen Bedingungen ergab, dass von ca. 15 bei Dunkelheit auf 15-20 m abgegebenen Schüssen keiner auf Kniehöhe oder darüber einschlug.

(...)

Wer ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht wird, ist berechtigt, den Angriff in einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren.

a) Nach der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung muss die Abwehr nach der Gesamtheit der Umstände als verhältnismässig erscheinen. Zu prüfen sind dabei namentlich die Schwere des Angriffs, die durch den Angriff und die Abwehr bedrohten Rechtsgüter, die Art des Abwehrmittels und dessen tatsächliche Verwendung. (...)

b) Besondere Zurückhaltung ist geboten bei der Abwehr mit gefährlichen Werkzeugen, deren Verwendung stets die Gefahr schwerer oder gar tödlicher Verletzungen mit sich bringt (Messer, Beile, Schusswaffen, etc.).

Die einzige Möglichkeit des Beschwerdegegners war die Abgabe eines gezielten Schusses, der geeignet war, dem Dieb die Fortsetzung der Flucht mitsamt der Beute zu erschweren. Auf dem Spiel standen dabei einerseits ein nicht versicherter und nicht versicherbarer Betrag, der nahezu dem Einkommen entsprach, das S. in zwei Jahren verdienen konnte, anderseits eine leichte bis mittelschwere Schussverletzung des Unterschenkels des Flüchtigen. Die Vorinstanz berücksichtigt zutreffend den Umstand, dass der Beschwerdegegner, wie sich bei einem Probeschiessen herausstellte, ein überdurchschnittlich treffsicherer Schütze ist und dass daher, wie S. wusste, die Gefahr einer schweren Körperverletzung (etwa Zerschmetterung eines Knies) oder gar einer Tötung des Diebes bei den konkreten Gegebenheiten nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen war. Unter diesen Umständen war die gezielte Schussabgabe, durch welche unbestrittenermassen keine unbeteiligten Personen gefährdet wurden, ein angemessenes Mittel zur Abwehr des dreisten Angriffs auf das Eigentum.


Es handelt sich dabei um einen Leitentscheid (richtungsweisenden Entscheid) des obersten Schweizerischen Gerichtes zum Notwehrrecht. Ganz wichtig natürlich auch, dass ein Probeschiessen durchgeführt wird.

Der Beitrag wurde von Glorfindel bearbeitet: 21. Sep 2017, 16:24


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Hummingbird
Beitrag 21. Sep 2017, 17:01 | Beitrag #76
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Interessant. In einem anderen Thread wurde mir mal erklärt, dass es unmöglich ist ins Bein zu schießen.
 
xena
Beitrag 21. Sep 2017, 17:09 | Beitrag #77
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Für den durchschnittlichen Schützen dürfte es schwer sein. Wenn der dann einige Dutzend Meter weg ist, dürfte es kaum noch möglich sein, dass ein ungeübter Schütze die Beine trifft und nicht was anderes. Allerdings kann man immer noch eine Schlagader treffen und der Dieb an Ort und Stelle verbluten bevor die Rettung da ist. Ob das noch angemessen ist? Ein Rettungssanitäter hat mir erzählt, dass wenn es die Hauptschlagader im Oberschenkel erwischt, sie dann diese kaum an Ort und Stelle dicht bekommen. Wer Schusswaffen verwendet, geht ein großes Risiko ein.

Der Beitrag wurde von xena bearbeitet: 21. Sep 2017, 17:11


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Hummingbird
Beitrag 21. Sep 2017, 17:15 | Beitrag #78
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ZITAT(Almeran @ 21. Sep 2017, 17:02) *
Je nach Wert des Diebesgut ist das eine legale Notwehrsituation. Für einen Kugelschreiber solltest du niemandem eine über den Kopf ziehen, beim Diamantcollier sieht das ganz anders aus.
Du merkst das es da einen schmalen Grat gibt und du mit so was vor Gericht mächtig Pech haben kannst...
 
Glorfindel
Beitrag 21. Sep 2017, 17:16 | Beitrag #79
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Vorliegend hat der Schütze aber auf die Unterschenkel geschossen und diese auch getroffen. Da dürfte es kaum zu einer tödlichen Schussverletzung kommen. Beim Oberschenkel sieht es dann schon anders aus. Dass der Schütze in einer solchen Situation trifft, zeigte er ja bei einem Probeschiessen.


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Malefiz
Beitrag 21. Sep 2017, 21:46 | Beitrag #80
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ZITAT
Ein Rettungssanitäter hat mir erzählt, dass wenn es die Hauptschlagader im Oberschenkel erwischt, sie dann diese kaum an Ort und Stelle dicht bekommen. Wer Schusswaffen verwendet, geht ein großes Risiko ein.


Dafür führt in Deutschland jeder Notarztwagen ein Tourniquet mit.


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Camouflage
Beitrag 21. Sep 2017, 21:56 | Beitrag #81
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Das stimmt nicht.


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Almeran
Beitrag 22. Sep 2017, 09:38 | Beitrag #82
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ZITAT(Hummingbird @ 21. Sep 2017, 18:15) *
ZITAT(Almeran @ 21. Sep 2017, 17:02) *
Je nach Wert des Diebesgut ist das eine legale Notwehrsituation. Für einen Kugelschreiber solltest du niemandem eine über den Kopf ziehen, beim Diamantcollier sieht das ganz anders aus.
Du merkst das es da einen schmalen Grat gibt und du mit so was vor Gericht mächtig Pech haben kannst...

Ein gezielter Schuss auf den Torso eines fliehenden Einbrechers mit Todesfolge gab in Sittensen 9 Monate Bewährung. Da hat sogar die Staatsanwaltschaft Freispruch gefordert - weil sie selber als auch die Vorinstanz der Meinung waren, dass hier Notwehr vorlag. Die Rechtsauslegung ist in diesen Extremfällen nicht 100% klar, aber es drohen jetzt nicht gerade lange Haftstrafen.

Mit der Schuld am Tod eines Menschen muss natürlich jeder selber leben, das will ich nicht kleinreden.


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Malefiz
Beitrag 22. Sep 2017, 10:32 | Beitrag #83
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ZITAT(Camouflage @ 21. Sep 2017, 22:56) *
Das stimmt nicht.


Immer noch nicht? In Hamburg, Bayern und Berlin ist es schon länger so weit, ich war der Meinung dass die anderen langsam auch mal ihren Arsch hochbekommen hätten. Paris ist eine Weile her und spätestens seit dem weiß man ja wie wichtig die Dinger sind.


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Camouflage
Beitrag 22. Sep 2017, 11:24 | Beitrag #84
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Das ist halt in erster Linie Sache der Kreise bzw. kreisfreien Städte. In der Beziehung ist Deutschland ein Flickenteppich und von einheitlichen Standards weit entfernt.


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Xizor
Beitrag 22. Sep 2017, 16:02 | Beitrag #85
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ZITAT(Almeran @ 22. Sep 2017, 10:38) *
Ein gezielter Schuss auf den Torso eines fliehenden Einbrechers mit Todesfolge gab in Sittensen 9 Monate Bewährung.


Weil der Schütze nicht wusste, dass der fliehende Einbrecher seinen Geldbeutel dabeihatte und damit der Angriff auf ein notwehrfähiges Rechtsgut noch andauerte. Hätte er das gewusst wäre der Schuss nach Auffassung des Gerichts von Notwehr gedeckt gewesen.
 
Glorfindel
Beitrag 22. Sep 2017, 16:58 | Beitrag #86
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...so einfach sollte man es sich nicht machen. Der Fall war wesentlich komplexer. Der tödliche Schuss gab der Schütze damals in Todesangst ab, aber nicht aus einer Notwehrsituation hinaus. Ähnlich wie im Schweizerischen Recht, wo die Notwehr Verhältnismässig sein muss, muss die Notwehr erforderlich sein, was etwa das Selbe ist.


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skape
Beitrag 22. Sep 2017, 18:26 | Beitrag #87
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Ist nicht auch entscheidend, dass der Täter "fliehend" war und damit der Angriff beendet war?


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Warning! Unpleasant spoiler: You lost the game!
 
Father Christmas
Beitrag 22. Sep 2017, 18:40 | Beitrag #88
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ZITAT(skape @ 22. Sep 2017, 19:26) *
Ist nicht auch entscheidend, dass der Täter "fliehend" war und damit der Angriff beendet war?


Xizor hat es ja geschrieben. Der Täter war fliehend, mit der Geldbörse des Geschädigten. Der Geschädigte wusste aber nicht, dass der Täter die Geldbörse noch einstecken hatte. Für ihn war der Angriff damit also beendet.
Hätte der Geschädigte gewußt, dass der weglaufende Täter die Geldbörse noch einstecken hatte und hätte die Geldbörse einen entsprechenden Wert gehabt, dann wäre der Angriff weiterhin gegenwärtig und Notwehr in der Form gerechtfertigt.

Wäre der Schuss fehl gegangen und der Täter hätte daraufhin Geldbörse weggeworfen, wäre der Angriff damit beendet gewesen (sofern der Schütz gewußt hätte, dass der Täter die Geldbörse noch einstecken hat).

Der Beitrag wurde von Father Christmas bearbeitet: 22. Sep 2017, 18:43


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ZITAT(Wodka @ 28. Sep 2015, 12:38) *
Zur Kritik an der deutschen Justiz. Natürlich foltert die deutsche Justiz nicht, denn das würde bedeuten, dass ein Richter das Foltern anordnet. Damit verkennt der Fragesteller bereits die Gewaltenteilung in Deutschland. Für Folter ist nach der Gewaltenteilung die Exekutive zuständig.


#flapjackmafia
 
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Beitrag 22. Sep 2017, 18:54 | Beitrag #89
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ZITAT(KSK @ 18. Sep 2017, 17:29) *
ZITAT(kaitano @ 18. Sep 2017, 17:08) *
Die Ehre ist definitiv ein notwehrfähiges Rechtsgut und ich bin ja durchaus ein Freund des deutschen, breiten Notwehrrechts.

Konkretisiere das doch bitte mal. Welche Art Ehrverletzung würde denn welche Art der notwehrhaften Gesetzesübertretung begründen?


Ein anhaltender Beleidigungsschwall, länger andauernde Konstellationen der Beleidigung auf sexueller Grundlage, bspw.
Da dürfte die übliche Ohrfeige drin sein...


Anderes Thema:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ag-e...etzung-notwehr/


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ZITAT(Wodka @ 28. Sep 2015, 12:38) *
Zur Kritik an der deutschen Justiz. Natürlich foltert die deutsche Justiz nicht, denn das würde bedeuten, dass ein Richter das Foltern anordnet. Damit verkennt der Fragesteller bereits die Gewaltenteilung in Deutschland. Für Folter ist nach der Gewaltenteilung die Exekutive zuständig.


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