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> Klarstand und Verfügbarkeit, Wie steht die Bundeswehr im Vergleich mit dem Ausland?
Dave76
Beitrag 17. Mar 2019, 10:43 | Beitrag #1
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ZITAT
Sonntag, 17. März 2019
Die meisten Tiger fliegen nicht

Bundeswehr-Ausstattung weiter desolat

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat der Bundeswehr eine "Trendwende Material" versprochen - doch die ist offenbar noch lange nicht in Sicht. Das zeigen neue Zahlen über die zur Verfügung stehenden Waffensysteme.

Die Ausstattung der Bundeswehr ist laut einem Zeitungsbericht weiterhin mangelhaft. Das zeige der neueste, als geheim eingestufte "Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr", schreibt die "Welt am Sonntag". Die Zeitung konnte nach eigenen Angaben in einige aktuelle Waffensystemsteckbriefe aus der sogenannten Digitalisierung Meldewesen Materielle Einsatzbereitschaft einsehen.

Demnach verfügen beispielsweise die Heeresflieger über einen Gesamtbestand von 53 Kampfhubschraubern vom Typ Tiger. Davon seien im vorigen Jahr durchschnittlich aber nur 11,6 Maschinen einsatzbereit gewesen, berichtet die "WamS". Bei den Transporthubschraubern NH90 seien es 17,5 von 71 gewesen, bei den Transporthubschraubern vom Typ CH-53 seien 15,9 von 71 Maschinen einsatzbereit gewesen.
[...]
https://www.n-tv.de/politik/Bundeswehr-Auss...le20911734.html


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Delta
Beitrag 19. Mar 2019, 02:30 | Beitrag #2
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Das Verteidigungsministerium rechnet in seinen Einsatzbereitschaftszahlen das Verhältnis "Einsatzbereit" (kann fahren, funken, schießen) immer gegen den "verfügbaren Bestand" (in der Truppe vorhanden), nicht zum strukturellen Soll. Das ist einerseits sinnvoll, weil man kaum die Leistung der Instandhaltung gegen nicht vorhandene Autos rechnen kann (die HIL muss z.B. ständig 70% der verfügbaren Flotte einsatzbereit halten), ist aber für die Kräfteplaner der Teilstreitkräfte, die aus der Truppe einsatzbereite Kräfte/Verbände/Großverbände für v.a. NATO- Verpflichtungen schnitzen müssen ein steter Pain in the Ass, genauso wie fehlendes Personal.

Wenn von 170 verfügbaren Leopard 2 110 einsatzbereit sind, dann sind das 65% Einsatzbereitschaft. Das bedeutet aber nicht, dass 65% der Panzertruppe einsatzbereit ist, die ein strukturelles Soll von ca. 250 Pz hat (bei noch 5 Btl + Schule), sondern, dass man der NATO nur 2 Btl anbieten kann. Das sind 40% der Truppengattung. Und die sind mehrheitlich schon verbraten für VJTF (ca. 44 KPz von L93 und 414) und eFP (ca. 10 KPz von 104).

Das sind übrigens Bereiche, in denen mehr Geld (neben dem Abbau des Ersatzteilbeschaffungsstaus) echt was helfen würde, die Kampfkraft recht zügig zu steigern. Da reitet ja auch das Heer mit seiner "Division 2027" so drauf rum, also bereits beschaftes Gerät in der Truppe ausreichend für eine Division hinzustellen, bevor man an die großen Modernisierungen geht.

Der bettelnde Blick über die Landesgrenzen hilft übrigens nicht weiter.
Woher sollen die Truppen denn kommen? Haben doch die meisten europäischen Staaten nur noch ein bis zwei Brigaden stehendes Heer, die großen Staaten 1-2 Divisionen, die man ernsthaft in den Einsatz bringen könnte. Die Demografie ist ähnlich, die Finanzen sind ähnlich, die Depots sind ähnlich leer, die Einsatzbelastung ist ähnlich hoch... die einzigen, die wohl noch der Masse nach Korps- oder Armeezeichen über eigene Truppen zeichnen können sind wahrscheinlich die Türken.
Und ein Großteil der Mahalla ist gebunden in den Auslandseinsätzen oder rotierenden NATO - Verpflichtungen wie eFP, die Kräfte fressen: Um ein deutsches Bataillon durchhaltefähig in den Einsatz zu bringen, benötigt man planerisch das Personal von sechs! Bataillonen, um die festgeschriebenen Regenerationszeiten für das Personal einzuhalten. Zum Glück dafür unterm Strich nur einmal das Gerät. Allerdings plus den ganzen logistischen, sanitätsdienstlichen und IT- technischen Rattenschwanz für jedes Einsatzgebiet. Einmal NATO Response Force bedeutet, dass eine Brigade für vier Jahre nicht für andere Aufträge bereit steht. Das deutsche Heer hat 6 Brigaden plus die Luftlandebrigade, die Hälfte dieser Truppe ist raus, weil für Evakuierungsoperationen auf Standby und den deutschen Anteil der D/F- Brigade, das sind 2 Jägerbataillone, die Löcher bei der 10. PzDiv stopfen.

Kurzer google/Wikipediacheck zeigt für die anderen Europäer:
  • Bei den Franzosen siehts nicht viel besser aus: 2 Divisionen, die sich jährlich mit den Einsätzen abwechseln, die Truppe rotiert durch Afrika, sichert danach im Inland oder den Überseedepartements und ist danach für Krisenreaktion auf Standby, um die Handlungsfreiheit Frankreichs v.a. in Afrika sicherzustellen,
  • UK hat die VJTF 2017 aus 14 Nationen zusammengestoppelt mit allen Problemen, die sowas mit sich bringt,
  • Niederlande: 3 Brigaden, zwei davon je einer deutschen Division unterstellt, hohe Bindung in NRF und eFP,
  • Tschechien: 2 Brigaden, davon eine modernisiert, Bindung in eFP,
  • Norwegen: 1 Brigade, mit Sicherung der Landesgrenze, NRF und eFP beschäftigt,
  • Belgien: 5 Kampfbataillone,
  • Luxemburg: einige Aufklärer,
  • Ungarn: 2 Brigaden, zumeist altes Sowjetzeug, wollen bis 2026 eine moderne Division mit deutschem Gerät rüsten,
  • Slowakei: vergleichbar mit Ungarn, nur ohne Modernisierung,
  • Kroatien: eine modernisierte Brigade, eine zweite mit Zeug noch aus dem letzten Krieg,
  • Italien und Spanien sind genauso wie Portugal finanziell chronisch klamm,
  • Griechenland und Türkei sind mit sich selbst beschäftigt,
  • die Polen haben nominell drei Divisonen, die sie wohl v.a. selbst an der Ostgrenze brauchen,
  • hab ich irgendwen vergessen...?
  • achja, Estland, Lettland, Litauen (insgesamt 6 Millionen Bevölkerung) haben je ca. eine Kampfbrigade, plus unterschiedlich große Mobilmachungsreserven, die sind aber seit der Krimaktion 2014 auch nur noch begrenzt verfügbar, ähnliches gilt auch für Bulgarien und Rumänien, die im Südosten des Bündnisgebiets ca. eine Divsision hinstellen.


Wenn man da überall die Einsätze und sonstigen rotierenden Einsätze streicht, die Truppe zurückholt, das Gerät wartet und die Munitionsvorräte aufstockt, dann ja dann, kommt Europa - auch ohne die Türken und Griechen und nach Abzug der Nationen, die einen Großteil ihrer Kräfte zur Bewahrung ihrer eigenen territorialen Integrität selbst grenznah einsetzen, auf eine frei verfügbare Manövermasse von 2- 3 Korps, die allerdings derzeit von Brigadegrenze zu Brigadegrenze kaum miteinander sprechen oder sich unterstützen können, sei es wegen der Sprache, oder selbst wenn sie alle Englisch draufhaben, unterschiedlicher IT- und Funkausstattung und unterschiedlicher logistischer Systeme.

Das Rahmennationenkonzept, das Deutschland anbietet, ist da gar nicht so schlecht: Gemeinsam üben, Interoperabilität verbessern, vielleicht sogar gemeinsame multinationale größere Truppenkörper mit festen Couleurverhältnissen aufbauen.
Aber da muss Deutschland auch den notwendigen Schritt gehen und die notwendigen Voraussetzungen schaffen, dass das klappt. Und das bedeutet eben, die Brigaden als operatives Element wieder dorthin zu packen, wo sie hingehören, wenn man größere Landstreitkräfteformationen aufbauen will - nämlich zu den Manöverelementen - und die Divisionsebene als den geeigneten Standard für den "Anlehnungsrahmen" aufzubauen. Mit der notwendigen Führungsmittelausstattung, mit Gefechtsständen, mit Divisionstruppen. Maßstäbe in der Standardisierung von Ausrüstung vorgeben. Die Korpsebene zumindest für ein Korps von zahnlosen Stäben zu kriegstauglichen Korps mit der Befähigung zu Deep und Rear Operations mit eigenen Korpstruppen ausbauen. So ähnlich steht das ja auch im Fähigkeitsprofil, ehemals "Bühlerpapier", das ist schon sinnvoll. Gibts halt nicht für umsonst. Derzeit siehts leider nur nach "weiter so" mit ein bisschen mehr Panzern aus. So wird das nichts mit der "Armee der Europäer".







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Thou canst not kill that which doth not live. But you can blast it into chunky kibbles.

Limitless are the ways of mankind in its virulent capacities
Ironic it may seem, for us a chance exists to see
In us also lies the capacity to transcend
 

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