Im Ukrainekrieg sehen wir auf beiden Seiten erhebliche Unterschiede in der Einsatztaktik gepanzerter / mechanisierter Verbände zwischen dem wie es im Lehrbuch steht
und der tatsächlichen Einsatzweise. Vom modernen hochmobilen Gefecht bis hin zum seit dem 2. WK klassischen Vorgehensweisen wie z.B. dem tiefen Eindringen von Panzerspitzen
in den gegnerischen Raum waren nur am Anfang des Kriegs Ansätze erkennbar. Wir sehen nun statischen Einsatz von MBT, z.T. in der Rolle als Artillerie, Sturmgeschütz usw,
was teilweise an die Anfangsphase des 2. WK erinnert, wo man noch nicht recht wusste, wie man KPZ am besten einsetzt.
Die Fragen lauten:
Warum ist das so?
Lassen sich daraus allgemeine Schlüsse für die Zukunft ziehen?
Muss man Einsatzgrundsätze aufgrund technischer Entwicklungen abändern?
Welche Fehler machen beide Seiten / welchen Zwängen unterliegen sie beim Panzereinsatz?
(In Teilen wurde das schon im Hauptbeitrag "Russischer Krieg in der Ukraine" andiskutiert, aber es ist -denke ich- einen eigenen Thread wert.)
Der Einsatz von Kampfpanzern, sowohl im Häuser und Ortskampf, wie auch in der Verteidigung, entspricht imho durchaus der Doktrin. Sowohl die Russen wie auch die Ukrainer führen ein Gefecht der Verbundenen Waffen, mit dem Einsatz von mechanisierten Verbänden und der Unterstützung von viel Artillerie.
Überbautes Gelände begünstigt die Verteidiger. Der Angreifer kann es umgehen und versuchen einzunehmen. Der Anfang des Krieges war imho davon geprägt, dass die Russen vermutlich rasch an den Dnepr vorstossen wollten und im Süden sicher auch an den Dnjestr. Aufgrund dessen, dass sie viele grössere Ortschaften nicht einnehmen konnten, und im Bereich nördlich von Kiev auch in sehr ungünstigem Gelände angriffen (keine Möglichkeiten neben die Strasse zu gehen infolge sumpfigem Gelände) und auch des Umstandes, dass die Ukrainer überall Truppen hatten (insbesondere auch die Territorialverteidigung), ist es ihnen nicht gelungen, ihre ursprünglichen Ziele zu erreichen. Im Osten, aber auch im Süden, verteidigen die Ukrainer in der Tiefe ("Defence in Depth"), d.h. nicht alle Truppen stehen an der Front, sondern die Verteidigung der Ukrainer ist in die Tiefe gestaffelt. Damit wird versucht die Russen abzunutzen (was vermutlich mehrheitlich auch gelingt) und den inneren Schwung des Angriffes zu brechen. Die Russen versuchen die Verteidigung mittels Artillerie aufzubrechen. Wenn die Ukrainer Gelände nicht mehr halten können, dann lassen sie sich zurückfallen auf neue Verteidigungsstellungen.
Warum ist das so?
Ich meine zum Teil aufgrund des Geländes, der ukrainischen Taktik und des zu geringen Mittelansatzes der Russen.
Lassen sich daraus allgemeine Schlüsse für die Zukunft ziehen?
Muss man Einsatzgrundsätze aufgrund technischer Entwicklungen abändern?
Ich meine im Moment nicht. Man sollte sich einfach an die Einsatzgrundsätze halten.
Welche Fehler machen beide Seiten / welchen Zwängen unterliegen sie beim Panzereinsatz?
- Bei den Russen ist die mangelnde Zusammenarbeit von Kampfpanzern und Infanterie zu nennen. In schwierigem Gelände, insbesondere aber in überbauten Gelände, sind die Kampfpanzer alleine gegen verteidigende Infanterie hilflos. Es kam immer wieder vor, dass russische Kampfpanzer oder überhaupt russische Fahrzeuge, in Ortschaften reingefahren sind, ohne Begleitinfanterie, und dann von hinten oder von der Seite zusammengeschossen wurde. Das Zusammenspiel von abgesessener Infanterie und Kampfpanzern muss verbessert werden. Die Ukrainer sind imho im Moment (noch?) materiell und quantitativ zu schwach, um die Russen in einem Panzerkrieg zu verwickeln.
- Meiner Meinung nach fehlt den Russen sodann weitgehend eine angemessene Feuerunterstützung mittels Close Air Support und auch gelenkter Artillerie. Stattdessen setzen sie auf Feuerwalzenmethode, TOS-1 und ähnliches.
- Im Weiteren sehe ich den Kräfteansatz der Russen kritisch. Wir haben eine riesige Front und es wird da schwierig ein Schwergewicht zu bilden. Im Moment ist es so, dass die Russen im Osten, im Donbass, ganz langsam vorankommen, ansonsten aber nicht kaum. Wahrscheinlich sind auch die russischen Kräfte überdehnt.
- Schliesslich muss man sich fragen, ob das Denken in BTG's wirklich zielführend ist und nicht zu klein räumig und ob die russische Armee überhaupt in der Lage ist, z.B. mit einer Panzerarmee einen koordinierten und konzentrierten Angriff zu fahren.
Danke Glorfindel!
Da ich in allen Punkten mitgehen kann möchte ich mir nur einen zur näheren Betrachtung rauspicken und eine weitere Frage stellen.
Ist das Denken in BTG zielführend?
Ich glaube, das es ein sehr modernes und zielführendes Konzept ist, bei denen man die Mittel in einer kleineren Einheit bündelt,
welche sonst nur in einer OMG oder Brigade vereint waren. Es ähnelt ein wenig der Armored Cavalery der USA, die auch in einer kleinen Einheit
die Fähigkeiten einer Brigade wiedergespiegelt haben. Das kann sehr effektiv sein, aber man braucht die richtigen Soldaten (vorallem gute Unteroffiziere), Ausbildung und Technik und noch wichtiger: die richtige Taktik dafür. Und genau das haben die Russen alles nicht.
Sie würden mit Ihrer klassischen Doktrin besser fahren.
Wenn das gut gemacht ist, kann man sehr schnelle Entscheidungszyklen erzielen und rasant schnell Gefechte führen ohne dauernde Abstimmung mit "oben".
Dafür ist aber die russische Armee der denkbar schlechteste Apparat.
Zum Anwendungsfall Ukraine bzw. zur Anwendung von BTG in Großkonflikten:
BTG sind aus meiner Ansicht sehr sehr gut für kleine Konflikte oder als Spezialverband, der unabhängige Aufgaben erfüllt (Aufklärung / Verzögerungsgefecht mit maximaler Wirkung und schnellem Absetzen vom Feind). Das geht in dieser Spielart nur als kompakte Einheit.
Wenn es um die Einnahme von Städten oder das durchstoßen ganzer Fronten geht, ist die BTG wieder auf genaue Koordination mit
weiterer Ari und Nachbarverbänden angewiesen und dafür ist sie nicht gemacht.
Frage an alle:
Welche Rolle spielt die Durchsättigung mit Panzerabwehrhandwaffen bis ATGM für die mechanisierten Kräfte und kann man
diesem Problem mit klassischen Einsatzkonzepten beikommen?
Hinsichtlich der Russen sind wir immer noch zu sehr vom Kalten Krieg und dessen Doktrin geprägt. Die heutige Struktur hat aber mit der damaligen kaum noch was zu tun und die damalige Kriegsführung ist heute mit dieser Battlegroup Struktur nicht mehr möglich. Das hat auch damit zu tun, dass der Russe nicht mehr Auge in Auge mit der NATO an einer heißen Grenze steht. Die Wahrscheinlichkeit einen, wenn auch zu Anfang, konventionellen Krieg gegen die NATO tendiert gegen Null, deswegen auch die geänderte Struktur. Die Battle Group Struktur passt aber gut für die Niederschlagung von Konflikten mit den ex sowjetischen Republiken. Tschetschenien war der Prototyp der Kriegsführung der Russen gegen abtrünnige Republiken. In der Ukraine machen die Russen das gleiche wie damals in Tschetschenien und später auch in Syrien. Panzer werden nun als Unterstützung der Infanterie genutzt und man terrorisiert das Volk, indem man Stück für Stück wahllos Teile der Infrastruktur heraus schießt und Wohngebiete immer wieder ab und zu beschießt. Der Panzer ist da auch ein Teil davon, der direkt oder indirekt beteiligt ist. Es werden eben alle Rohre verwendet, die man hat. Der Panzer war schon immer ein Multifunktionsgerät. Gegen Panzer wenn welche da waren, ansonsten gegen Infanterie und Befestigungen.
Im Westen hat sich in der Vorstellung das Bild des duellierenden Panzer festgefressen, weil wir einer schieren Übermacht von Panzern gegenüber standen und der Hauptjob unserer Panzer war nun mal sowjetische Panzer aufzuhalten. Es war nicht in unserm Szenario den Osten zu überfallen und deren Städte einzunehmen. Bei uns ging es immer nur darum andere Panzer auszuschalten.
BTG scheinen für mich der Versuch zu sein, eine komplexe Armee im kleinen wiederzugeben. Für einen ausgewachsenen Krieg wo man punktuell viele Mittel braucht, ist das aber der denkbar schlechteste Ansatz, denn auch hier gilt: Viele Köche verderben den Brei. Statt eine Armee auf ein Ziel vorrücken zu lassen, hat man X Armeechen die den gleichen Krieg führen und vom Prinzip her, sogar jedes Armeechen seinen eigenen kleinen Krieg führt (mal vorausgesetzt, dass die Führungsoffiziere auch wirklich in "Auftragstaktik" denken und führen könnten, aber alleine daran scheitert es bei den Russen ja schon). Das kann nur funktionieren, wenn die BTGs sehr gut vernetzt sind und sich gegenseitig zuarbeiten, aber genau das können die Russen nicht. Stattdessen haben sie, so wie ich es verstehe, ihre BTGs komplett von einem mehrschichtigen Zentralkommando abhängig gemacht, das jede Bewegung absegnet oder sogar überhaupt erst selbstständig plant und diesen Plan dann von den BTGs ausführen lässt. Was halt völliger Schwachsinn ist.
Anders ausgedrückt haben sie hundert kleine eigenständige Armeen erzeugt aber trotzdem nur einen Kommandostab der für alles verantwortlich ist. Man versucht die Quadratur des Kreises. Zwei fundamental gegensätzliche, ja nachgerade widersprüchliche militärorganisatorische Systeme sollen zusammen zu einem guten Ergebnis führen. Das kann nicht funktionieren. Wenn ein Zentralkommando alles plant und befiehlt, dann braucht man keine BTGs. Wenn ich meine Armeen "agil" und vor allem flexibel miteinander arbeiten lassen möchte, dann kann ich von den Kommandanten der BTGs nicht erwarten, dass sie erst auf den Befehl warten durch die Lücke in der Front zu stoßen und auf Dünnkirchen vorzurücken, wenn ich dieses nicht ganz passende aber als angedachtes Ergebnis erscheinende Ereignis mal als Beispiel bringen darf.
Alleine an diesem Widerspruch scheitert ja der ganze russische Vorstoß schon und die unterentwickelte Logistik, unzureichende Luftunterstützung und die viel zu wenigen "Boots on the Ground" per BTG tun dann ihr übriges und versalzen die Suppe dann völlig. Beim Versuch eine weniger komplexe Armee aufzubauen, habe sie die Komplexität der Armee weiter erhöht...
Die wesentlichen Punkte hat wohl Glorfindel schon alle im 2. Post genannt.
Hier gibt es keine revolutionär neuen Erkenntnisse in diesem Konflikt.
Zum Herausstreichen aber noch einzelne Hervorhebungen von mir:
- Bedeutung von Führung (hierarchisch), und Kommunikation (horizontal UND vertikal)!
Ein dynamischer Kampf der verbundenen Waffen kann ohne moderne, ungestörte, abhörsichere Kommunikationsmittel- und Verfahren nicht funktionieren!
Gerade auch die ganze taktische Luftkampagne krankt draunter (und unter fehlenden Aufklärungsmitteln. Wenn die Su-25 die Ziele per Fernglas aufklären muss ... aber anderes Thema)
- tendenziell stärkere Durchsetzung der Front mit Aufkärungsmitteln (nicht ganz neu, aber Drohnentechnologie kommt langsam richtig in der Front an)
- tendenziell stärkere Durchsetzung der Front mit ATGM
- in der Verteidigung ist der einfache Schützengraben immer noch von hoher Bedeutung.
last, but not least:
- Der derzeit mit Abstand stärkste Gegner der NATO ist längst nicht so stark wie erwartet. Dafür aber deutlich konfliktbereiter und unberechenbarer als gedacht.
Das Problem liegt im Workload bei "selbstständigen" verbänden, die ihren gesamten Support mitschleppen. Da ist es grundsätzlich erstmal egal, ob BTG, Brigade oder Division. Bei Division und Brigade klappt es "im Westen" deshalb besser, weil man die Arbeitslast auf mehr Schultern im Stab verteilen kann. Arbeitslast meint hier neben dem Befehlen und dem Alltagsbetrieb vor allem das Filtern/Aufbereiten von Infos und das Anwenden von Knowhow auf die Infos. Damit bekommt der jeweilige Kdr von seinen Spezialisten "mundgerecht" aufbereitete Infos und Vorschläge, die er dann zu "Gesamtentscheidungen" zusammenfügt. Eine BTG als "ad hoc" Formation hat keinen Stab und wenn dochh keinen eingespielten. Westliche Armeen haben eine grundsätzlich bessere Arbeitsteilung und Möglichkeit zur Spezialisierung bereits auf niedriger Ebene (Uffz/FW), womit Arbeitslasten besser verteilt und Aufträge professioneller abgearbeitet werden können.
Dieser Trend wird sich auch weiter verstärken, da neue "Warfare-Areas" auch auf niedrigen taktischen Ebenen eine Rolle spielen (EloKa, Drohnen, Cyber). Gerade bei den Panzern sieht man es jetzt besonders deutlich: Diese sind "Hochwertziele", gleichzeitig haben sie eine große Signatur auf dem Schlachtfeld. Sie werden schneller aufgeklärt als Infanterie und bevorzugt mit Hightech bekämpft. Gleichzeitig sind MBT als Plattformen in der Lage, fast alle anderen Gefechtsteilnehmer in Sichtweite effektiv zu bekämpfen. Ich sehe es als Marinemensch so, dass hochwertige Gefechtsfahrzeuge wie MBT und SPZ noch mehr zu Mehrzweckplattformen werden MÜSSEN, um ihre Dominanz zu behalten. Das bedeutet, sie müssen sich neben den "traditionellen" Gefechtsrollen auch in den neuen "Warfare-Areas" behaupten oder mindestens verteidigen können. Da wir vom Gefecht der verbundenen Waffen ausgehen muss ein MBT nicht alles können, bspw. kann die aktive Drohnenabwehr durch SPZ mit MK durchgeführt werden. Allerdings sollte im Bereich des passiven Schutzes und der passiven Sensorik der MBT aufgrund seiner physikalischen Voraussetzungen (Leistung, Größe/Masse/Volumen) ein Fähigkeitsträger werden...
Naja, aber ein Bat-Stab ist für die Größe und vor allem die Supportelemente doch zu klein. Dazu ist es doch sinnbefreit, wenn bspw. der Batterieführer der unterstellten GRAD eine Stabsrolle einnimmt und die Batterie "führungslos" ist. In der BW würde ich ja dem dienstältesten "Unterführer" dann unterstellen, dass er das Ding wuppen kann, aber nicht bei den russen, die sowieso ein Führungsproblem haben.
Und wenn die BTG dann eh nur der Arm der Brigade/Division ist, warum baut man die Brigade/Div nicht gleich so auf, zumal man in den dortigen Stäben bereits die entsprechenden Stellvertreter hat....? Das ergibt alles keinen Sinn, nicht mal für russen.
Gemäß sowj. /russ. Lehre führt der BtlStab eine reguläre Entschlussfassung durch. Das gilt sogar für die KpChefs.
Der Haken dabei ist der, dass kein oder nur extrem wenig Raum für eigene Ausgestaltung gegeben ist. Strenge Kommandotaktik halt. Sozusagen ein Entschluss ohne eigene Ideen.
Ich halte BTG's, so wie sie aufgebaut sind, für einen Irrweg, zumindest für eine moderne-westliche Armee. Man braucht keine Panzerhaubitzen auf Stufe Bataillon, möglicherweise nicht einmal auf Stufe Brigade. Was man benötigt ist Feuer und bei entsprechender Vernetzung bekommt man das auch von der Stufe Division oder Brigade. Das Gleiche gilt auch für die übrigen Unterstützungsmittel, für Génie/Pioniere, für Logistik usw.. Ja, ab- und zu werden Géniemittel wie Brückenlegepanzer, Pionierpanzer usw.., benötigt, um Hindernisse zu überwinden, zu beseitigen oder zu erstellen. Aber wenn ein Bataillon permanent solche schweren Mittel mitführt, blockiert dies das Bataillon einmal rein physisch, es erschwert aber auch die Führung massiv. Man muss sich vorstellen, eine BTG verfügt zirka über doppelt soviele Infanteristen wie eine Panzergrenadierkompanie, aber über massiv mehr Unterstützungsmittel.
Bei den TOS-1 muss ich immer an den hier denken:
Man erhofft sich eine hohe moralische Wirkung bei gleichzeitiger komplexer Versorgung und Logistik.
Wirkt TOS-1 denn so oder wie stehen die Chancen als Infanterist einen solchen Angriff zu überstehen? Wenn man z.B. einen Zug über 80-100m Frontbreite verteilt, zerlegt es den? Ich meine TOS "saturiert" ja das Gelände....
Auf Videos habe ich gesehen, daß der TOS-1 eine hohe Streuung hat. Vielleicht kann man das Feuer eines einzelnen Werfers überstehen, bei einem Zug sieht das sicher anders aus.
Eine BTG schreit ja förmlich nach Führen mit Auftrag. Hier beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz.
Die BTG wirkt auf mich wie der Versuch einer kleinen Expeditionstruppe alles mitzugeben, was sie evtl. brauchen könnte.
Das mag für begrenzte Konflikte in irgendeiner rebellierenden Ecke Russlands gar keine schlechte Idee sein, da Sie dort eigenständig
und ohne große Unterstützung vorgeht.
Russland hat in der Militärtheorie eine große Tradition und die Theorie war seit den 1920ér Jahren ihrer Zeit meist weit vorraus.
Nur in der Umsetzung wollte es nie recht klappen. Wahrscheinlich hat man auch hier versucht eine gute Theorie in die Praxis umzusetzen,
nur kann diese von der russischen Armee aus den o.g. Gründen nicht funktionierend umgesetzt werden.
Mit der BTG wollte man wohl strukturell mehr Flexibilität und Initiative, das Gefecht der verbundenen Waffen, Auftragstaktik usw. erzwingen,
ohne die anderen Vorraussetzungen zu berücksichtigen. In einem großen Konflikt braucht aber die BTG ihrerseits doch wieder Unterstützung
und Abstimmung mit Nachbarverbänden und das erfordert Kommunikation.
Neben den bereits erwähnten Problemen in der Führung, Taktik und Unterführern
besteht offensichtlich auch seit jeher ein großes technisches und strukturelles Kommunikationsproblem bei den Russen.
Die Sovietarmee plante ihre Operationen exzessiv durch und regelte alles durch Befehl.
Eine solche Vorgehensweise minimiert den Kommunikationsbedarf, da alles einem großen Drehbuch folgt und keiner mit eigenen Ideen aus der Reihe tanzt.
Die Kommunikationsmittel, die man dafür bräuchte sind offensichtlich der Kleptokratie zum Opfer gefallen, da (wie schon diskutiert) selbst Oberste mit Privathandys ihre Truppen führen müssen. Auch scheint mir, dass es keine Kultur der Kommunikation nach den Seiten und nach Oben gibt, weil sie nicht
in der Tradition der russischen Armee verwurzelt ist, die nur den o.g. großen Schlachtplan kennt, dem alle folgen.
Nebenbei:
Die BTG orientiert sich m.E.n. an einem Armored Cavalry Regiment. Das hatte auch alles am Start: Schwere Ari, Luftabwehr, Brückenleger usw.:
https://forum.steelbeasts.org/forum/thread/7648-us-armored-cavalry-regiment-1994/
nur ist die BTG halt noch mal einen Level kleiner und dann wird es wohl zu komplex.
Die Sowjetunion war ja im Grunde ein großes Heerlager. Logistik war integraler Bestandteil der Gesellschaft. In einem großen Krieg hätte jeder fahrbare Untersatz für die Logistik herhalten müssen. Es gab damals auch eine eigene Pionierorganisation mit eigenem Material, die die Nachschubwege im Hinterland aufrecht erhalten hätte müssen. Von daher war Nachschub früher kein Problem. Aber die Denke von damals dürfte nicht so ganz ins Heute transformiert worden sein und man meint immer noch auf die privaten Transportmittel zurück greifen zu können. Das mag in einem großen Vaterländischen OK sein, aber in einem begrenzten Konflikt ein Unding. Damit nimmt man der lokalen Wirtschaft Betriebsmittel weg die für die Aufrechterhaltung der Wirtschaft notwendig sind.
Naja, die sogenannte Transformation ist jedenfalls noch nicht wirklich in den Köpfen angekommen und die BTG können nur dann wirklich funktionieren, wenn diese auch komplett durchgezogen ist, also auch das mindset aller Beteiligten. Der Krieg trifft die Russen zu einer ungünstigen Zeit. Zum Glück für die Ukraine.
Ähm, nein, sowohl Panzerchris, als auch xena (im letzten Satz).
Der Mindset ändert sich nicht von heut auf morgen, die Voraussetzungen im der "Denke" waren nie da und sicher auch ein Grund für das Scheitern der Brigadereform. Das grundsätzliche militärische Denken in der SU/russland war/ist anders als im Westen. Der wichtigste Unterschied ist seit dem Bürgerkrieg (ab 1919) die unbedingte Regelungsmacht der Politik über das Militär; das war erkennbar an den Führern der frühen RA, dem Einsatz politischer Führer als Militärs (Stalin hatte da ein ausgesprochen unglückliches Händchen) und der Unterordnung militärischer Planung unter politische Vorgaben (Winterkrieg, div. Offensiven/Operationen im WK2). Gleichzeitig herrschte vor allem im russisch/sowjetischen Militär der Glaube an die Unerschöpflichkeit der eigenen Reserven bis 43 und später ab den 50iger Jahren vor. Die erfolgreichsten Operationen der RA fanden statt, als man eben nicht massive zahlenmäßige Überlegenheit hatte. Die mustergültige Operation Auguststurm (der Angriff auf die Mandschurei/Japan 1945) war absolut untypisch gemessen an den üblichen Vorurteilen und definitiv geprägt von den Lektionen, die man in Europa gesammelt hat: Bezogen auf die Mannstärke hatte man nicht mal 2:1, bei Panzern und Artillerie natürlich mehr... die Japaner hatten insbesondere entlang des Amur extreme Befestigungen und das Gelände war größtenteils abscheulich. Die RA hat hier aber, gemessen an Feind- und Eigenstärke, Operationsdauer und Verlusten die erfolgreichste OP des ganzen Krieges durchgeführt, vergleichbar mit den Blitzkriegerfolgen der Deutschen. Und warum passte es? Ein eigenes Oberkommando für die gesamte Op, dazu mehrere separate Fronten für geografisch unterschiedliche Gebiete. Jede Front hat die Truppen bekommen, die zur Geografie, Klima und Feindlage passten: Der westliche Abschnitt mit Wüste und Gebirge hat mongolische Kavallerie, mechanisierte Kavallerie, BT-7-Panzer und leichte Sturmgeschütze bkommen, weil das Gelände der größte Feind war. Im Westen, am Amur und den Stellungssystemen der Japaner gabs schwere Panzer, schwere Artillerie. Die Infanteriekontingente wurden nach den Kampferfahrungen zugewiesen, Einheiten, welche in Gebirgen wie den Karpaten zuletzt unterwegs waren den Gebirgsabschnitten und Einheiten aus dem Kurland mit Waldkampf- und Stellungserfahrung im Osten. Genauso wurden die "Unterführer" der Fronten, Korps und Armeen ausgewählt.
Die ganze OP war das Gegenteil von dem, was man in der Ukraine heute sieht... und was man in den letzten Jahren von russland gesehen hat.
Die logistischen Erfahrungen des WK2 bei den russen sind durch einen wichtigen Faktor verzerrt: In der 2, Kriegshälfte, also mit Beginn der erfolgreichen Offensiven stand massive Unterstützung aus Lend/Lease bereit. 10.000ende LKW, Jeeps kamen, dazu Stiefel, Effekten, Rationen, fertiger Treibstoff. In der Mandschurei-Op wurden diese Dinge bspw. direkt nach Wladiwostock geliefert; aus dem Westen kam Technik tlw. nagelneu aus den Fabriken am Ural. Auch schon bei OP Bagration, beim Sturm auf Berlin etc. war Logistik eine Sache, die aus den USA kam. Die russen konnten ihre Logistik in den OP ab 43 gut organisieren, weil man bis dahin auch immer realistischer wurde, was die Annahmen betrafen. Bis 45 wussten sie sehr genau, wie viel sie wann brauchten und waren sich auch der Tatsache bewusst, wenn physisch nicht möglich war, genug heranzubringen (wie eben nach Beginn der OP in der Mandschurei). Dann wurde priorisiert. Die russen haben sowohl in der Anfangsphase des WK2 als auch in Afghanistan, in Tschetschenien und jetzt in der Ukraine ihre Planungen auf falschen Grundannahmen fußen lassen bzw. wurden durch völlig unrealistische politische Vorgaben dazu gedrängt.
Und trotz aller Diskussionsbeiträge ist für mich eines nicht wirklich nachvollziehbar:
Wie grundlegende Panzertaktik und Operationstaktik funktioniert ist spätestens seit dem 2.WK bestens bekannt.
Wenn ich RU wäre, hätte ich als Angreifer doch wenigstens versucht (und würde es noch immer versuchen)
an einer geeigneten Stelle einen Schwerpunkt zu bilden und mechanisiert durchzustossen und dann ebenfalls klassisch
im Hinterland Amok zu laufen, Kessel zu bilden, strategische Punkte einzunehmen etc.
Die Technik von heute (im vgl. zum 2. WK) gibt doch bei Manövergeschwindigkeit, Durchhaltefähigkeit
und Unterstützung, Führungsmittel, Aufklärung usw. um Welten mehr her als früher....
Ja, das gilt auch für die Verteidiger, aber grundsätzlich verspricht ein mit Masse ausgeführter Panzerstoß
größeren Lohn als überall kleinteilig auf 1. WK Taktik zu verfallen.
Die Ukraine hat(te) in Teilen panzerungünstiges Gelände. Aber jetzt im Sommer ist die Ukraine doch weitgehend
eine große Ebene mit Feldern. Ja es gibt mehr Dörfer als früher, aber auch dafür gibt es Rezepte: Niederhalten, Umgehen, Infantrie usw.
Man sieht jede Menge kleintaktisches hin und her von BTG aber nichts was man im Zeitalter
der vollmechanisierten Armeen als echte Operation betrachten könnte.
Das Einzige wie ich mir das ansatzweise erklären kann, ist dass man das am Anfang für nicht nötig erachtete und nun einfach
nicht mehr die Kräfte dafür massieren kann....
Aber irgendwo im RU-Generalsstab muss doch einer mal gemerkt haben, dass man zur Abwechslung vielleicht die
erprobte Srategie in Erwägung ziehen sollte?!
Die großmäulige Ankündigung es handele sich bei dieser "Spezialoperation" um Desertstorm auf Steroiden ist in diesem Zusammenhang lachhaft.
Ich würde gerne mal Mäuschen spielen wenn Natogenerale Abends bei einem Bier sich über die russischen Kollegen äußern:
Verwunderung? Stinrunzeln? Lachen?
Edit: Nicht das Ihr denkt, ich wäre von der Ru Performance enttäuscht. Ich bin lediglich massiv irritiert, da ich dachte, dass auf deren Seite
eigentlich auch Profis sitzen müssten
Frag mal @Delta, er hatte sich im russischen Krieg-Thread schon vor Monaten dazu ausgelassen und den Tränen nahe, weil er vom russischen Vorgehen enttäuscht war.
Schade, dass die RA trotz all dieser Mängel immer noch Agieren kann.
Lancaster Gesetz. Wer genug Quantität aufbringen kann, der überwiegt erfolgreich die Qualität des Gegners.
Ein Grund mehr der UA die Quantität zur Verfügung zu stellen die sie braucht.
Imhttps://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_von_Lanchester wurde das Zitat mathematisch formuliert, bevor es Stalin (mutmaßlich) gesagt hat.
Das war ja auch die Strategie der Russen im Kalten Krieg. Der Westen hat versucht mit Qualität dagegen zu halten, wobei man in den späten 80ern durchaus auch Masse in Form von Assault Breaker und anderer Programme, nur in anderer Form, aufbringen wollte.
Die BTG entsprechen überhaupt nicht dem Quantitätsprinzip. Für die Russen wäre es besser gewesen, die wären bei ihrer Divisionsstruktur geblieben. Mit der großen Kelle austeilen können sie. Alles andere liegt den Russen nicht.
Ich brings hier nochmal, weil ich das Buch jetzt durch hab:
David m. Glantz: The soviet strategic offensive in Manchuria, 1945 "August Storm", 2003, London.
Da wir hier über die BTGs sprechen ist das Kapitel zu den Marschformationen auf den unterschiedlichen Ebenen interessant. Dabei haben Armee, Korps und Divisionen einerseits an zweiter Stelle (an Erster waren Aufklärer) in den Marschkolonnen "Vorausabteilungen" aus verschiedensten Elementen und andererseits war die folgende Marschkolonne "bunt" durchmischt, damit bspw. Inf schnell Arti zur Unnterstützung da hatte.
Die 6. Gardepanzerarmee marschierte in vier Marschkolonnen, wobei jede folgende Vorausabteilung hatte: Ein Schützenregiment, ein Panzerbatallion, ein Artilleriebatallion. Darauf folgte immer eine mechanisierte oder motorisierte Brigade/Div. Das 10. Mechanisierte Korps hatte als Vorausabteilung 1 eine mechanisierte Brigade, ein Selbstfahrlafettenregiment und ein Gardemörserbatallion (Katjuscha); parallel dazu gabs die Vorausabteilung 2, bestehend aus einer Panzerbrigade und einem Motorradregiment.
Bei der 22. Schützendivision gabs eine "advanced party" und eine "main force" in der Vorausabteilung. Erstere bestand aus einer Schützenkompanie, einem Panzerbüchsenzug, einem Mörserzug (82mm) und einer Panzergruppe. Die main force: Schützenbatallion, eine Batterie Artillerie, 2 Panzerbüchsenzüge; dann ein vermindertes Sturmpionierbat (Sappers) mit 3 Panzern, Panzerbüchsenzug und eine Batterie Selbstfahrlafetten.
Grundsätzlich waren damit "taktische Gruppen" auf allen Ebenen zum Ende des 2. Weltkrieges Usus. Diese Gruppen waren für den Erfolg der SU in der Mandschurei ausschlaggebend: Sporadisch auftretende Sicherungen und isolierte Einheiten in der Verteidigung konnten sie selbstständig bekämpfen und werfen. Die schweren Befestigungen am Amur und Ussuri wurden vorgeplant gestürmt (typische Stabsarbeit, geplante Artillerie und anschließend im Sturmtruppverfahren mit Panzersupport genommen). Danach befanden sich die Einheiten für den Rest der Operation fast ausschließlich in Marschformation, ein Wechsel in eine Gefechtsaufstellung der "Großeinheiten" wurde nicht mehr nötig und war teilweise aufgrund der Geografie gar nicht möglich. Hier hat die RA den Kampfgruppengedanken der Wehrmacht übernommen.
Um so mehr ist es verwunderlich, daß Russland die Kompetenz und Erfahrungen, welche Sie definitv hatten
nicht in Einsatzdoktrin und tatsächliches Handeln umsetzen. Ebenfalls existiert die Russische Armee ja nicht im luftleeren Raum.
Sie haben Kriege weltweit genauso studiert wie alle anderen und haben die Mittel und den Intellekt diese auszuwerten.
Zudem steht ja auch Literatur zur Verfügung, die selbst jemanden der keine Ahnung hat innerhalb kurzer Zeit
in die Lage versetzen würde, die Einsatzgrundsätze mechanisierter Verbände zu verstehen. Zum Glück für die Ukraine
scheinen hier wohl eine ganze Menge Faktoren vorzuliegen, die sich gegenseitig zum Nachteil Russlands verstärken
und die - eigentlich sehr einfachen und erfolgreichen - Rezepte der mechanisierten Kriegsführung für die Russen
in der Praxis nicht ausführbar machen:
- Politische und militärische Fehlanalyse der Lage
- Glaube an die eigene Überlegenheit auf allen Ebenen
- Durchgriff der Politik auf die militärische Vorgehensweise und Strategie
- Organisatorische Fehlausrichtung auf BTG durch Erfahrungen in "Kleinkriegen" in jüngerer Zeit und Umsetzung zu moderner Org für russische Gegebenheiten
- hoher Anteil korrupter bis unfähiger Stabsoffiziere (meine Vermutung, gibt es hierfür Belege?)
- kampfunwillige Mannschaften (niedrige Moral, kein einigendes Ziel, in den Kampf gepresst, etc.)
- technologische Entwicklung wird seitens RA nicht voll ausgenutzt (nur bei der Propaganda), seitens UA schon
- mittlerweile fehlende Masse, vorhandene Masse ist an tausenden Frontkilometern gebunden
- fehlende Logistik und Gesamtausrichtung der RA für Operationen weit entfernt der logistischen Basis
Meine Vermutung lautet, dass man diese Probleme auch auf russischer Seite mittlerweile klar analysiert hat und spätestens
im nächsten Jahr, vorrausgesetzt man kann die nötige Masse aufbringen, auf einen klassischen Panzer/Mechangriff in Form
einer OMG setzen wird. Wenn die Russen ihre Geschichtsbücher entdecken, werden sie feststellen, dass selbst Deutschland
in den Ardennen unter deutlich ungünstigeren Gesamtvorraussetzungen mit einer mechanisierten Offensive einiges erreichen konnte.
(Insgesamt waren die Ardennen natürlich ein nutzloses Unterfangen, ich betrachte hier nur den Erolg des Durchstoßes bzw. der Taktik an sich).
Zu den BTG folgende Metapher/Einschätzung:
Man hat organisatorisch und von der Ausrüstung her eine sehr scharfe Schwertsspitze geschmiedet. Jedoch besteht das restliche
Schwert aus morschem Holz. Man hat auch vergessen den Ritter zu schulen, ihm aber gesagt er sei unbesiegbar und er soll
einfach nur feste draufhauen. Die Rüstung des Ritters wurde auf dem Schwarzmarkt verhökert, das Futter für das Pferd
liegt faulend weit weg im Stall. Die Pikeniere hat man eingespart, denn der Ritter ist alleine stark genug.
Zudem glaubt der König ebenfalls eine unbesiegbare Armee ins Feld zu führen....
Ich meine mal gelesen zu haben bei der Operation Konrad nicht fehlende Panzer sondern Panzergranadiere das Problem der Whrmacht war, die RA hat doch auch das Problem mit nicht ausreichender Infanterie. Beide haben das Gleiche Problem nur unter andren Vorzeichen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Konrad
Die Russen werden meines Erachtens ihre Probleme nicht in den Griff kriegen, jedenfalls nicht völlig. Das wohl gravierendste Problem ist die Vernachlässigung des Faktors Mensch. Das fängt beim Umgang mit den Rekruten an, dem rücksichtslosen Einsatz der eigenen Truppen (z.B. bei der Besetzung von Tschernobyl) geht über zur Befehlstaktik und solchen unsinnigen Dingen wie dem BMP-T, weil man versucht, den Faktor Mensch auszuschalten bzw. Infanteristen durch Maschinen zu ersetzen und hört schliesslich dort auf, wo man glaubt, einzig Kampftruppen aufstellen zu müssen (ohne an die Führung, die Logistik usw. zu denken).
Der Wurm ist ganz tief im russischen System drin. Da müsste man wirklich ganz extrem was verändern, um wirkliche Resultate zu erzielen.
Was die BTG's betrifft, ich habe es schon einige Male erwähnte: es geht nicht darum, dass die Russen verstärkte Bataillone bilden, das haben sie eigentlich schon immer getan und ist grundsätzlich auch richtig, sondern es geht darum, dass die obere Stufe vernachlässigt wird. Es ist sehr seltsam, dass die Russen in BTG's zählen (auch Shoigu tut dies). BTG's sind taktische Stufe. So gewinnt man keinen Krieg, sondern da benötigt man oberer Stufen, also mindestens Stufe Brigade und Division und oder Armee (Korps). Einen solchen Krieg gewinnt man wohl eher nicht auf taktischer Stufe, sondern zum Kampf der verbundenen Waffen gehört, dass Brigaden und oder Divisionen Operationen durchführen und nicht nur BTG's Einsätze.
Was ich im Übrigen auch glaube, ist, dass die russische Operationsplanung massgeblich von politischen Entscheidungen geprägt ist. Dass überhaupt der Krieg so unvorbereitet losgetreten wurde, spricht ja bereits für sich.
Na ja, Shoigu ist ja auch kein richtig ausgebildeter General, er ist ein Politiker, der sich vorher im Katastrophenschutz einen guten Namen gemacht hat und gleichzeitig gut mit Putin kann. Es ist also nicht überraschend, dass jemand eher Fach fremdes nur die Kampftruppen zählt und den ganzen anderen Kram vernachlässigt.
Und bei den richtigen Generälen kommt dann dasselbe Problem zum Tragen, was wir hier in der BW auch haben, es wird der befördert der dem Minister/Präsidenten nach dem Mund redet, das muss dann nicht unbedingt der beste für den Job sein.
@Tankman: Das Problem liegt darin, dass "klassischer Blitzkrieg" dann am erfolgreichsten ist, wenn er von Beginn an gefahren wird. Die russen sind in diesen Kreig reingerannt, ohne es als Krieg zu sehen und ohne ihn von vornherein als solchen zu führen. Gerade im Norden hätte man mechanisierte Ops um die Jahreszeit nicht führen können, die ganze Sache war "cursed by design". Daran ändert auch die Theorie nichts. Und diese Theorie, insbesondere die sowjetische, war auch sehr vielen Veränderungen unterworfen. Die von mir genannten Operation Auguststurm war die Quintessenz der sowjetischen Erfahrungen aus dem WK2. Diese Quintessenz bezog sich nicht nur auf Bewaffnung und Taktik, sie umfasste alle Bereiche bis hoch zur Frage der strategischen Führung und politischen Integration. Allem Anschein nach wurde das eigens für diese Op gebildete zentrale Kommando vor Ort von politischen Fragestellungen und Vorgaben völlig entlastet. Anders als bei anderen Op mischten sich Stalin und Stavka nicht in die Detailplanungen ein, die zugewiesenen Truppen wurden vom zentralen Kommando nach rein militärischen Gesichtspunkten auf die Unterformationen verteilt. Es war eine Musteroperation im Sinne was passiert, wenn ein erfahrenes Militär selbstständig eine Op plant und durchführt. In der Ukraine, in Afghanistan und tlw. auch in Tschetschenien wurde das Militär durch die Politik dahingehend beeinflusst, als dass das Militär politische Vorgaben und Einschränkungen halten muss. Die Wahrheit wird man den Stabshockern eh nie erzählt haben, und aufgrund eines verkorksten Lagebildes wurden dann verkorkste Pläne geschmiedet.
Nicht für einen schnellen Frontdurchbruch, nein.
Aber im Moment läuft es ja auf einen langsamen Abnutzungskampf hinaus.
Nein. Es ist ein Irrglaube, dass Abnutzung und Bewegung sich ausschließen. Die verlustreichsten Operationen der Sowjets wie der Deutschen im WK2 waren Bewegungsoperationen: Barbarossa und Bagration. Auch nutzt Bewegung des Angreifer extrem ab, die Verluste der Wehrmacht während Barbarossa waren enorm und ein Grund für das "zurückweichen" im Winter. Gleiches sieht man bei den russen jetzt, da ist es egal, ob Bewegung oder Grabenkampf.
Die Frage nach den Reserven darf man hier nicht stellen, die Ukraine hat die Möglichkeit, entsprechende personelle Reserven startegisch vorzuhalten und die russen können sich ihre Schwerpunkte noch frei wählen. Die Frage ist hier und heute vielmehr: was ist der politische Wille? Ist die Ukraine bereit, signifikante Kräfte, insbesondere Personal für eine Offensive zu riskieren? Die Ukraine könnte durchaus auch ohne mechanisierten Schwerpunkt in die Offensive gehen, angesichts der immer wieder auftretenden Problematik des Kampfes in besetzten Ortschaften wird die Hauptlast einer Offensive eh bei der Inf liegen. Die "tiefen Schläge" gegen gegnerische Knotenpunkte könnte statt Panzer auch die Artillerie durchführen, dazu müsste dort eine startegische Reserve gebildet werden... eventuell ein Spielplatz für M227, die ja weniger strategisch mobil sind als die Himars und gleichzeitig mehr Feuerdichte erlauben.
Man darf auch die Partisanenbewegung hinter den russischen Linien nicht vernachlässigen. Gerade dieser Widerstand könnte auf Dauer eine Menge russischer Infanterie im Hinterland binden und sollte daher gefördert werden. So kann die Ukraine Reserven aufbauen und an geeigneter Stelle einen Offensive beginnen.
Also läuft es auf die Frage hinaus, welches Vorgehen für die beiden Parteien zum Einen möglich, zum Anderen erfolgversprechend ist.
Ich kann mir nicht vorstellen, das keine Seite ein Interesse daran hat möglichst schnell eine Entscheidung herbeizuführen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es für RU langfristig Vorteile hat im Abnutzungskampf zu stehen.
Für die UA kann das von Vorteil sein, das räume ich ein. Strategisch kann Sie keine Angriffsoperation(en) durchführen,
die den Krieg in Form eines (totalen) Sieges über Russland garantiert. Sie könnte lediglich rasch Gebiete zurückerobern
und Verluste erzeugen, was aber keine Einstellung der Kampfhandlungen garantiert, sondern im allerbesten Fall
höchstens Verhandlungsbereitschaft.
Bei den Russen sieht es anders aus. Wenn Sie die Chance hätten durch tiefe Vorstöße die Ukraine kampfunfähig zu machen, würden sie es tun.
Der Abnutzungskampf ist daher nur eine Verlegenheitslösung, wahrscheinlich um Zeit zu gewinnen oder weil nichts anderes mehr geht (momentan).
Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass die USA überwiegend Ausrüstung liefern, die für einen solchen Abnutzungskampf geeignet ist,
aber nicht für die Offensive. Gezogene Rohrartillerie? Bitte? Mars als Mittel um Logistik und Bereitstellungsräume zu zerschlagen,
leichtgepanzerte Fz für den Truppennachschub und als Gefechtsfeldtaxis. Luftabwehr, Javelin usw.
Damit lässt sich gut verteidigen, aber nicht oder nur schlecht angreifen!
Also setzen die USA auf einen Abnutzungskampf, den die Ukraine auch durchhalten kann.
Und ohne den USA etwas böses zu wollen, sondern rein nüchtern und strategisch gesehen: Es ist für sie (und uns) von vielerlei Vorteil, wenn dieser Krieg lange
und verlustreich für die Russen ist und es keine schnelle Entscheidung gibt.
Und wenn es in der Presse und unserer politischen Führung nur ein bisschen mehr Expertise zu Militärischem gäbe,
würde das auch verstanden werden und entsprechend kritisch gewürdigt, um es mal harmlos zu formulieren.
Das würde auch friedenstrunkenen Tauben nie in den Sinn kommen, dass mehr Waffen einen Konflikt verkürzen könnten.
(Jetzt hab ich mich in Rage geschrieben. Zurück zum Thema)
Die natürliche Gegenmaßnahme wäre ein Befreiungsschlag der Russen. Dies aber nur unter der Vorrausetzung, dass man die Mittel dazu
freischaffen kann. Was sagen denn die OSINT und unsere üblichen Quellen hierzu? Kann man erkennen, dass RU nennenswerte Reserven
in irgendeiner Form akkumuliert? Allenfalls dilettantische (und panikartige) Versuche der Söldneranwerbung und Großmäuligkeit im Vorgehen
sind sichtbar, aber nichts konkretes.
Sicherlich wäre eine allg. Mobilmachung dafür ein Zeichen. Ich bin gespannt wie lange
der große Führer P. sich da noch aus Innenpolitischen Gründen zurückhalten will/kann.
BTW: Ich glaube nicht dass die Russen noch nennenswert brauchbares Material irgendwo rumstehen haben und die Sanktionen dürften die
Herstellung neuer Panzer nicht gerade einfacher machen. Allerdings sollte man das Potential Russlands zum Zaubern nicht unterschätzen,
das haben sie schon öfter bewiesen.
Auch wenn ich der Argumentation nur zum Teil folgen würde (Über einen schnellen Sieg der UA wäre die USA auch nicht traurig. Und eine einseitige schwächung Europas liegt auch nicht im US-Interesse):
Diese Sichtweise wird hier im Video des bekannten Portals "Task & Purpose" (aus der USA) ebenfalls geteilt:
https://youtu.be/sLkgRJqij4k
Ergo wäre es in deutschem (europäischen) Interesse den Krieg schnellstmöglich und möglichst drastisch durch Überlegenheit der UA zu entscheiden
und dafür Offensivmittel zu liefern. Der Wiederaufbau der UA und Ausbau zur Festung durch Sponsoring des Militärs schafft dringend benötigten
Aufschwung in Europa und sichert Rohstofflieferung aus UA, aber auch aus Russland, welchem man als Verlierer gnädig nach und nach den Zugang zu
den Märkten erlaubt, sofern Kriegsverbrechen geahndet werden = Alle Happy....
Stattdessen unentschiedenes Minimalgezuckel ohne strategische Gesamtsicht, sondern einzig ausgerichtet an kleinbürgerlichen Vorstellungen der Moral von Krieg und Frieden.
Kann ja verstehen wenn Liesel Müller um die Ecke das nicht durchdringt, aber von unserem Führungspersonal wäre ein bisschen Weitsicht und nüchterne Machtpolitik
doch nicht zu viel verlangt. Wenn ich einen Feelgood-Onkel als Chef will, nehme ich den Bürgermeister der nächsten Kleinstadt. Der würde es auch nicht anders machen.
Ich hätte gerne Leute mit Format, die solche Überlegungen tatsächlich anstellen, abwägen und dann umsetzen und im besten Falle mir hinterher erklären
warum sie es so und nicht anders gemacht haben. Derzeit habe ich aber das Gefühl von einer Riege von Ortsvorstehern und Bürgemeistern von Posemuckel regiert zu werden.
(Flaming Modus aus, musste mal raus )
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