Die USS John McCain ist vor Singapur mit dem Tanker Alnic MC kollidiert: https://www.theguardian.com/us-news/2017/aug/21/us-destroyer-uss-john-s-mccain-damaged-after-collision-with-oil-tanker
Foto der McCain von der malaysischen Marine:
https://twitter.com/mykamarul/status/899455636873682944
Als es heute morgen bei NTV im Live-Ticker durchlief konnte ich es kaum glauben. Schon wieder!? Und wieder so viele Vermisste...
Da fehlen mir die Worte.
€dit:
Details Frachter:
https://www.marinetraffic.com/de/ais/details/ships/636017930
Dem Schaden nach zu urteilen hatte aber diesmal die John S. McCain vorfahrt, oder?
Wie kann es eigentlich sein das es 10 Vermisste gibt?
Ich meine die werden ja nicht alle an der Reling gestanden haben und sind dann ins Wasser gefallen...
Und wenn es ganz dicke kommt, dann ist das Loch auch groß genug, dass es jemanden rausgespühlt hat.
ich kapier es irgendwie nicht.
Dass ein träger Frachter / Kreuzfahrtschiff keine schnellen Ausweichbewegungen machen kann wissen wir spätestens seit Speed2. Aber ne Fregatte / Kreuzer etc. müsste doch in der Lage sein einigermaßen zügig seine Richtung zu ändern bzw. die Geschwindigkeit zu erhöhen.
Und auch wenn man Recht (Vorfahrt) hat ist es in meinen Augen mehr als Unklug sich darauf zu berufen und stur seine Fahrt beizubehalten. Weil - der Dickere gewinnt ...
Dass die Brücke unbesetzt ist glaub ich auch nicht, und dank Radar etc. sieht man doch schon ewig früher was so um einen rum schippert und wie deren Kurs ist.
Aber ich bin ja selber von der Kraxlfraktion, und hab daher zugegebenermaßen keine Ahnung von Booten :-)
Horrido
Nachdem in der Fitzgerald-Untersuchung gerade das gesamte Kommando-Team seiner Funktion erhoben wurde wegen angeblichen Verlusts der "situational awareness", kann es sehr wohl sein, dass die McCain ein ähnliches Problem hatte.
http://www.chicagotribune.com/news/nationworld/ct-navy-uss-fitzgerald-collision-20170817-story.html
Die USN ist mittlerweile an dem Punkt die beiden Vorfälle als Teil eines Systemfehlers in der eigenen Ausbildung/Anweisung von Brückenbesatzungen zu sehen und will sich Rat von außerhalb holen.
https://www.defensenews.com/naval/2017/08/21/after-mccain-crash-cno-looks-to-industry-for-ideas/
Super Ansatz
Ich glaube Mensch vs. Technik ist eine gefährliche Diskussion. Zumal ich bezweifle, dass die USN hier nur auf Technik setzen wird.
Menschen bei der Schichtaufgaben redundant auslegen ist schwer. Und wenn eben einer versagt müssen viele dran glauben.
In erster Linie muss man sich fragen, warum die Warnsysteme nicht anschlagen. Sensorik müsste das Schiff ausreichend haben.
@SailorGN: Kann es sein, das die Warnsysteme in eng befahrenen Regionen ständig melden und dann ignoriert werden? Die Mannschaft dann stumpf wird?
Die Guard-Sektoren und CPA-Warnungen müssen manuell eingerichtet und aktiviert werden. Selbst "schlaues" Einrichten führt zu ner Menge Meldungen, die idR weggeklickt werden. In der Radar/APAR-Ausbildung werden diese Möglichkeiten zwar gezeigt, aber nicht aktiv genutzt, weil sie eben falsche Sicherheit aufbauen. Ein Alarm wird dort bspw. schon durch Kursänderungen erzeugt, wenn die Kurslinie noch wandert. Sprich, ein Schiff dreht, die Kurslinie wandert durch den Guardsektor oder hat für ne Sek. sogar CPA=0, schon piepts... mit der Zeit ist das nicht nur nervig, es wird ignoriert. Die Ausbildung zumindest vor 10 Jahren setzte auf manuelle Kontaktanwahl, Korrellation der "Gegnerbewegung" mit den Schifffahrtswegen und Plausibilitätskontrolle der geplotteten Daten. Automatische Alarme/Wachsektoren waren verpönt, erst recht an Bord.
In meinen Augen sprechen solche Unfälle nicht vom Versagen Einzelner, sondern von Gruppenversagen. Im Gegensatz zu Handelsschiffen sind auf Kriegern die Brücken auch im Friedensmarsch immer "voll", bei den Amis genauso wie bei der Deutschen Marine. Die Frage ist dabei, wer sagt wem was oder besser, wie ist die Teamkultur. Meine Erfahrung mit größeren Einheiten ist jetzt nicht so riesig, aber selbst die paar Wachen dort waren sehr gemeinschaftsorientiert. D.h. auch ein HG als Ausguck hat dem WO-KL mal gesagt, dass da was nicht scheint und er bitte in die Nock kommen möge. Noch redundanter wurde das Ganze bei entsprechender OPZ-Wache, bzw. in der Zusammenarbeit Ausguck-WO-OPZ-Navigation.
Gemäß https://amp.cnn.com/cnn/2017/08/21/politics/uss-john-s-mccain-collision/index.html gab es kurz vor der Kollision einen Ausfall der Ruderanlage. Ob das aber letztlich ursächlich war ist nicht klar.
Auf reddit wurden zu diesem Thema (und auch schon bei der Fitzgerald) folgende Punkte als problematisch genannt:
1. Die Schiffe werden älter und wartungsaufwendiger. Dem wurde aber nicht durch erhöhte Investitionen in die Wartung entgegnet.
2. Brückendienst ist wohl eher eine lästige Pflicht. Das nautische stehe gerade bei Offizieren nicht im Vordergrund. Dienst auf dem Schiff wird als Durchgangsstation auf dem Karriereweg angesehen. Entsprechend sei das Niveau des nautischen Könnens nicht so hoch. Zudem sei in der Vergangenheit die klassische Brückenbesatzung zusammengeschrumpft worden. Mehr Dienste werden von Besatzungsmitgliedern ausgeführt, deren Haupttätigkeit etwas anderes sei. Dadurch seien Motivation, Ausbildung, und Erholung nicht auf dem gewünschten Niveau.
3. Die US Navy scheint seit einiger Zeit auch Probleme mit der Rekrutierung zu haben. Deswegen seien viele Besatzungsmitglieder nicht ausreichend motiviert und vor allem seien die Schiffe häufig unterbesetzt. Als Folge gebe es lange Einsatzzeiten (9 Monate) bei denen es kaum Freigang gebe und zudem die Besatzungsmitglieder mehr Schichten übernehmen müssten.
Dass es ein grundlegendes Problem gibt sieht wohl auch die Navy so. Die Operationen der Pazifikflotte wurden http://thehill.com/policy/defense/347347-navy-chief-halts-pacific-fleet-operations-orders-review-after-collisions.
Für mich persönlich ist es unvorstellbar das die gesamte Brücke+OPZ pennt.
Selbst wenn der WO mit Papierkram beschäftigt ist hat man noch die Ausgucks und den BdW. Dazu kommt noch der Rudergänger, Signäler, Navi. Die können doch nicht alle schnarchen? Irgendwer MUSS doch mal nach draußen sehen?
Das Brückenwache oder Wache generell während der Nacht und speziell in den frühen Morgenstunden extrem langweilig und zäh sein kann, ok. Aber sowas? Ich kanns mir einfach nicht vorstellen.
In der OPZ verlässt man sich gern des nachts auf den Anderen, dem dann auch irgendwann die Augen zufallen. Aber auch da wird nicht komplett gepennt.
Erst Recht passt das alles nicht zur Straße von Malakka, immerhin ein extrem stark befahrener Seeweg.
In meinen Augen liegt hier ein Problem mit der Disziplin vor. Auch schlecht motiviertes Personal kann man auf Trab bringen, vier Wochen lang jeden Tag während der Seewache Ausguck, bei Wind und Wetter, bringen auch den Faulsten zur Vernunft. Setzt natürlich auch voraus das die Vorgesetzten entsprechend ein Interesse daran haben ihre Leute a) vernünftig auszubilden und b) die Seewachen möglichst erträglich und professionell über die Bühne zu bekommen.
Wenn ich noch einmal das Wort "Schichten" höre...dann
Erwischt hat es wohl wieder Wohndecks und wohl auch den Maschinenraum:
http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-kollision-mit-tanker-us-zerstoerer-mccain-erreicht-nach-kollision-singapur/20214124.html
Irgendwo hatte ich auch was von einem ca. 3x5 Meter großen Loch gelesen. Passt zum Wulstbug.
Erste Leichen wurden ebenfalls gefunden.
http://www.focus.de/politik/ausland/nach-crash-zwischen-us-zerstoerer-und-tanker-ueberreste-der-vermissten-matrosen-in-schiffsbauch-gefunden_id_7500891.html
Vielen Dank an SailorGN und Praetorian!
Diese Abstumpfung und das Wegklicken von Meldungen sehe ich auch bei anderen Systemen. Meiner Meinung nach sollte so etwas sofort gemeldet werden. Nicht als Anschwärzen, sondern als systembedingtes Sicherheitsrisiko. Da ist viel zu viel Toleranz bei der Abnahme bzw. Verwendung.
Traurigerweise wäre es ja möglich, bessere Algorithmen zu verwenden. Die Daten sind ja vorhanden :-(
Laut der Washington Post verlässt sich die USN aber nicht nur auf Technik.
Alle Schiffe sind angewiesen, Operationen zu stoppen und den Schulungsstand der Mannschaft zu prüfen und ggf. Maßnahmen zu ergreifen.
Zudem soll alles, bis hin zur Kultur, auf den Prüfstand.
In der US Pazifik-Flotte läuft es momentan ja nicht so rund...
http://navaltoday.com/2017/08/16/us-navy-commander-pleads-guilty-in-fat-leonard-bribery-case/
Ich sehe ein großes Problem in der Laufbahnorganisation bei der USN: Dort gibt es ja weniger feste Pfade (wie bspw. die Aufteilung in Schiffstechnik und Operation), sondern man durchläuft alle Slots um am Ende Kommandant zu werden. Dabei ist Nautik/Seewache ein notwendiges Übel. Nimmt man dann noch die stärkere Hierarchisierung dazu, dann kann daraus eine fatale Kombination von Schweigen/Gehorsam und mangelnder Ausbildung werden. Bevor man also nach neuen Algorithmen und mehr Technologie schreit müsste man die Brücken-/Wachorga mal deutlichst auditieren. Auch die Aussage hinsichtlich mehrerer Funktionen ist da eigentlich Beweis für: Etliche Marinen der Welt fahren sicher zur See, auch wenn Brückenpersonal andere "Hauptfunktionen" hat, als Beispiel sei die dt. Marine genannt, wo auf größeren Einheiten (Fregatten) Abschnittsleiter (Schiffsversorgungsoffizier, Fernmeldeoffz etc) "nebenberuflich" die Wachoffiziere in See stellen.
Der "Fat-Leonard"-Skandal läuft ja schon ne Weile (2013?). In der Größenordnung bisher unerreicht, vom System her ziemlich dreist, aber im Ausnutzen menschlicher Schwächen wie Gier und anderem fast schon banal^^ Krass ist eigentlich nur, dass dermaßen viele und hochrangige Offze mitgespielt haben, was ja bedeutet, dass diese Menschen eben durch "Banalitäten" erpressbar sind UND eben nicht überwacht wurden. Da muss sich neben der Navy selbst auch die Spionageabwehr mal in sich gehen.
Es war zu ewarten, http://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-flottenkommandeur-wird-nach-unfallserie-entlassen-a-1164153.html:
Vielen Dank, ich lese grad den Originalbericht... sehr erhellend und nachvollziehbar. Bin grad bei der ersten Kollision, der Fitzgerald... auerha, da liegt einiges im Argen. Die Probleme ein Lagebild aufzubauen sind alle bekannt und ein BrückenWO ist auch nur ein Mensch. Aber mehrfach befohlene Abstandsreportings nicht zu machen und dann auch noch permanent zur falschen Seite zu drehen und nicht an der Geschwindigkeit zu drehen ist einfach bekloppt.
Edit: Ergänzung zum zwoten Fall, McCain: Sehr seltsam. Warum verteilt man Rudersteuerung und Geschwindigkeitsregelung, ohne das Ergebnis (sprich die Rückmeldung über Ausführung des Befehls) einzufordern? Wenn der Rudergänger überlastet ist, dann muss man ihn/sie entweder ablösen oder einen Supervisor dazuholen, genug Leute waren ja anscheinend auf der Brücke. Dazu kommt, dass bei Ruderversager und den gegebenen technischen Möglichkeiten doch Mini-SOPs zur Verifizierung des Fehlers vorhanden sein müssten... und mindestens ein BrückenUnteroffizier diese auch kennen und anwenden sollte.
Die FAZ über den Untersuchungsbericht zu den Kollisionen der McCain und der Fitzgerald:
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/die-schiffsungluecke-der-u-s-navy-15541985.html
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