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> Lend & Lease im 2. WK, Ausgelagert aus den Berlin Brigades
Schwabo Elite
Beitrag 8. Nov 2016, 15:18 | Beitrag #1
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ZITAT(SailorGN @ 8. Nov 2016, 13:31) *
Die Russen sind so paranoid, weil sie tief in ihrem Inneren wissen, dass es 41/42 eine verdammt knappe Kiste war und selbst Ende 43 die SU schlicht an dem "Schock" hätte sterben können. Der ganze "Russia strongk!" Kram dient zur Überwindung der Selbstzweifel, auch die "Waffenbrüderschaft" war so eine Kiste. Überall propagiert, aber man hat sehr genau aufgepasst, dass die Mucker von DDR, UdSSR, Polen etc. bei den Manövern schön getrennt blieben... Ein paar Propagandabilder, das wars, die Zeiten an der Feldküche wurden mit 15 min Lücken geplant, die Feldlagerplätze lagen schön weit auseinander und selbst beim Offz-Empfang wurde vorher ausgewählt. Wirklich partnerschaftlich war da nix, der Russe hat befohlen und die WP-Offze haben mehr oder minder willig gehorcht.


Im Resultat stimme ich Dir zu, aber die UdSSR hätte 1941 kaum fallen können. Ja, Moskau wurd nur knapp von Deutschland nicht erobert, aber das lässt zwei wesentliche Faktoren außer Acht: 1) Deutschland hat seine eigenen realistischen Möglichkeiten während Operation Barbarossa oft übererfüllt. Man hat sich massiv verkalkuliert in der Größe des Landes und dem zu erobernden und vor allem zu beherrschenden Gebiet. Und der Krieg wurde um Wochen zu spät begonnen. Dennoch hätte es nicht besser laufen können: Massive Truppenzerschlagungen, Gebiets- und Gerätegewinne, die so gar nicht immer verwaltbar waren.

Deutschland hat schlussendlich Moskau nicht erobert, aber auch nur in seiner ideologisch verengten Sicht jemals damit rechnen können. UdSSR hingegen war massiv geschwächt durch die ausgedünnte Führung und die anfangs noch häufigen Eingriffe Stalins. Und selbst wenn Moskau eingekesselt worden wäre, was dann? Die Verstärkungen aus Sibirien wären dennoch gekommen. Man hätte schon 1941 Moskau erobern müssen, Stalin am besten töten und dann direkt den schockierten Generalen einen Diktatfrieden unterbreiten müssen, der ihnen das Leben sichert und die Konterrevolution wie ein Geschenk des Führers wirken lässt. Alles andere, jeder verbleibende Wille zum Sieg bei STAVKA hätte nur einen Generalissimus nach oben gespült, der die sehr, sehr dünne Spitze der Wehrmachtstruppen in Moskau im Januar weggefegt hätte.

Aber das spielt in der russischen Wahrnehmung keine Rolle. Denn sie wären beinahe geschlagen worden, völlig richtig, das ist der Glaube. Falsch, aber wirkmächtig. Und vor allem nagt an ihnen, dass es nicht ohne fremde Hilfe ging. Nicht nur was den Sieg 1945 an ging, da waren die Westalliierten ja nun wirklich eher ein kleines Licht in Sachen Personal und Gütern, sondern 1941. Die sibirischen Truppen waren in dieser Schlacht nun wirklich ausnahmsweise auf die Hilfe aus dem Westen angewiesen. Und das heißt eben auch: Ohne Amerika, wäre die UdSSR 1941 dann eben doch kollabiert.


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Kameratt
Beitrag 8. Nov 2016, 21:02 | Beitrag #2
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ZITAT(SailorGN @ 8. Nov 2016, 20:46) *
Dazu kam die "Zwangsläufigkeit" marxistisch-leninistischer Weltsicht, wonach der Große Endkrieg ja erfolgen muss, damit das weltweite Arbeiter- und Bauernparadies entstehen kann.

Solche Fanatiker wurden eigentlich spätestens Ende der 30er aus dem Führungskader der SU vertrieben/gesäubert. Stichwort Trozki oder Komintern. Seitdem war die Außenpolitik der SU trotz der beidseitig vorhandenen ideologischen Färbung realpolitisch geprägt.

ZITAT(Schwabo Elite @ 8. Nov 2016, 15:18) *
Die sibirischen Truppen waren in dieser Schlacht nun wirklich ausnahmsweise auf die Hilfe aus dem Westen angewiesen. Und das heißt eben auch: Ohne Amerika, wäre die UdSSR 1941 dann eben doch kollabiert.

1941 war die Hilfe der Allieirten für die SU noch marginal und selbst 1942 noch überschaubar. Ihren Höhepunkt erreichte sie erst 1944.

Der Beitrag wurde von Kameratt bearbeitet: 8. Nov 2016, 21:03
 
schießmuskel
Beitrag 8. Nov 2016, 21:58 | Beitrag #3
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Das ist korrekt, die eigentlichen Träger der Hilfslieferungen an die UDSSR waren die USA. Als die Wehrmacht vor Moskau stand, befanden sich Deutschland und die USA nicht mal im Krieg. 1941 bis Frühjahr 1942 hat die UDSSR praktisch nur punktuelle Hilfe erfahren was Material angeht. Der eigentliche Retter der UDSSR im Jahre 1941 war der Agent Sorge aus Japan. Durch ihn war Stalin informiert, dass Japan keine 2. Front in Fernost eröffnet und er konnte die ganzen sibirischen Verbände nach Westen verlegen.

Danach waren lend und lease die entscheidenden Faktoren, die die UDSSR vor einem separaten Frieden mit Deutsch bewahrt haben.


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Beitrag 8. Nov 2016, 22:08 | Beitrag #4
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ZITAT(Kameratt @ 8. Nov 2016, 21:02) *
ZITAT(Schwabo Elite @ 8. Nov 2016, 15:18) *
Die sibirischen Truppen waren in dieser Schlacht nun wirklich ausnahmsweise auf die Hilfe aus dem Westen angewiesen. Und das heißt eben auch: Ohne Amerika, wäre die UdSSR 1941 dann eben doch kollabiert.

1941 war die Hilfe der Allieirten für die SU noch marginal und selbst 1942 noch überschaubar. Ihren Höhepunkt erreichte sie erst 1944.
Das stimmt nur quantitativ betrachtet und verzerrt daher die Wahrnehmung. Die Hilfen sind 1941 an vielen Stellen entscheidend für das Durchhalten der UdSSR und damit kriegsentscheidend gewesen. Die Briten und Amerikaner beginnen schon im Juni, bzw. August (Pazifikroute) mit Lieferungen an die Sowjetunion. Ja, Matilda, Valentine und Tetrarch machen als Panzer nur 6,5 Prozent der sowjetischen Panzerstärke gegen Ende 1941 aus. Aber sie stellen ein Viertel der mittleren und schweren Panzer der Roten Armee dar im Winterkrieg 1941. Insgesamt stellen Leih-und Pachgesetz-Panzer zwischen 30 und 40 Prozent der mittleren und schweren Panzer in diesem Winter. Stalin stellte die Wichtigkeit der Lieferverträge schon im Juli 1941 gegenüber Roosevelts Entsandten Harry Hopkins klar.

Insofern stimmt Deine Aussage für das Jahr 1942 absolut. Sobald sich die UdSSR nach Januar 1942 konsolidiert hatte, wurden gänzlich andere Mengen für die nächsten Offensiven ab Frühjahr 1942 benötigt. Die konnten 1942 und auch 1943 wirklich noch nicht per Konvoi herangeschafft werden. Einerseits, weil die Kriegsproduktion in den USA erst anlief, zweitens weil die USA seit Dezember 1941 ja selbst enorme Mengen Material benötigten, weil seit dem Kriegseintritt Japans eigene Kräfte massiv ausgerüstet werden mussten und drittens, weil von da an nur noch sowjetische Schiffe Material an der amerikanischen Pazifikküste einschiffen durften, denn westalliierte Schiffe waren nun Beute für japanische Uboote. Auch der Persische Korridor war ja erst ab Sommer 1942 wirklich voll einsatzbereit.

Das ändert aber nichts daran, dass die unmittelbare, auch prä-Leih-und Pachgesetz-Hilfe der UdSSR unmittelbar ausreichend große Mengen an Material zur Verfügung stellte, um ihre Kampfkraft bis in den Winter hinein zu erhalten. So bildeten britische Piloten schon im September sowjetische Piloten bei Murmansk an ihren Hurricane aus, um die Stadt gegen die Angriffe der Wehrmacht halten zu können. Ohne Murmansk wäre die Versorgung der UdSSR ja völlig kollabiert.


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Beitrag 8. Nov 2016, 22:11 | Beitrag #5
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ZITAT(schießmuskel @ 8. Nov 2016, 21:58) *
Das ist korrekt, die eigentlichen Träger der Hilfslieferungen an die UDSSR waren die USA. Als die Wehrmacht vor Moskau stand, befanden sich Deutschland und die USA nicht mal im Krieg.


Lend-lease wurde im Februar 1941 beschlossen, da waren die USA noch mit gar niemandem im Krieg wink.gif US-Lieferungen an die UdSSR gab es bereits vor dem amerikanischen Kriegseintritt.
 
Kameratt
Beitrag 9. Nov 2016, 00:32 | Beitrag #6
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ZITAT(Schwabo Elite @ 8. Nov 2016, 22:08) *
ZITAT(Kameratt @ 8. Nov 2016, 21:02) *
ZITAT(Schwabo Elite @ 8. Nov 2016, 15:18) *
Die sibirischen Truppen waren in dieser Schlacht nun wirklich ausnahmsweise auf die Hilfe aus dem Westen angewiesen. Und das heißt eben auch: Ohne Amerika, wäre die UdSSR 1941 dann eben doch kollabiert.

1941 war die Hilfe der Allieirten für die SU noch marginal und selbst 1942 noch überschaubar. Ihren Höhepunkt erreichte sie erst 1944.
Das stimmt nur quantitativ betrachtet und verzerrt daher die Wahrnehmung. Die Hilfen sind 1941 an vielen Stellen entscheidend für das Durchhalten der UdSSR und damit kriegsentscheidend gewesen. Die Briten und Amerikaner beginnen schon im Juni, bzw. August (Pazifikroute) mit Lieferungen an die Sowjetunion. Ja, Matilda, Valentine und Tetrarch machen als Panzer nur 6,5 Prozent der sowjetischen Panzerstärke gegen Ende 1941 aus. Aber sie stellen ein Viertel der mittleren und schweren Panzer der Roten Armee dar im Winterkrieg 1941. Insgesamt stellen Leih-und Pachgesetz-Panzer zwischen 30 und 40 Prozent der mittleren und schweren Panzer in diesem Winter. Stalin stellte die Wichtigkeit der Lieferverträge schon im Juli 1941 gegenüber Roosevelts Entsandten Harry Hopkins klar.

Insofern stimmt Deine Aussage für das Jahr 1942 absolut. Sobald sich die UdSSR nach Januar 1942 konsolidiert hatte, wurden gänzlich andere Mengen für die nächsten Offensiven ab Frühjahr 1942 benötigt. Die konnten 1942 und auch 1943 wirklich noch nicht per Konvoi herangeschafft werden. Einerseits, weil die Kriegsproduktion in den USA erst anlief, zweitens weil die USA seit Dezember 1941 ja selbst enorme Mengen Material benötigten, weil seit dem Kriegseintritt Japans eigene Kräfte massiv ausgerüstet werden mussten und drittens, weil von da an nur noch sowjetische Schiffe Material an der amerikanischen Pazifikküste einschiffen durften, denn westalliierte Schiffe waren nun Beute für japanische Uboote. Auch der Persische Korridor war ja erst ab Sommer 1942 wirklich voll einsatzbereit.

Das ändert aber nichts daran, dass die unmittelbare, auch prä-Leih-und Pachgesetz-Hilfe der UdSSR unmittelbar ausreichend große Mengen an Material zur Verfügung stellte, um ihre Kampfkraft bis in den Winter hinein zu erhalten. So bildeten britische Piloten schon im September sowjetische Piloten bei Murmansk an ihren Hurricane aus, um die Stadt gegen die Angriffe der Wehrmacht halten zu können. Ohne Murmansk wäre die Versorgung der UdSSR ja völlig kollabiert.

Matilda, Valentine und Tetrarch waren zwar besser als nichts und für die Sowjets 1941 vor Moskau sicherlich auch ganz brauchbar, verblassten jedoch vor einem KW oder dem gerade aufgesetzten T-34. Murmansk selbst war auch nie wirklich in Gefahr. Dafür war das Terrain im Norden einfach zu unwegsam und die Versorgung der deutschen Truppen zu schlecht. Die Russen hatten ihrerseits mit der Murmanbahn eine leistungsfähige logistische Ader, mit der sie sowohl Truppen als auch Material entlang des Frontabschnitts zwischen Murmansk und dem Rest des Landes schnell bewegen konnten und die man auch nie wirklich ausschalten konnte. Letztlich waren das die Gründe, die das Scheitern von "Silberfuchs" bedingten.
Ferner war Murmansk 1941 aber auch nicht so wichtig, wie es erst im Laufe des Krieges wurde. Auf einem anderen Rechner habe ich die entsprechenden Statistiken aufgeschlüsselt nach Jahr und der LL-Route und kann sie bei Bedarf hier aufführen. Von der Gesamttonnage gelieferter Güter entfielen auf das Anfangsjahr des Krieges jedenfalls ca. 5% des LL-Umfangs.
Im Übrigen würde ich die Sowjetunion 1942 noch nicht "über den Berg" sehen. Der Blitzkrieg ist zwar vor Moskau gescheitert, der große Abnutzungskrieg hat jedoch gerade erst begonnen. Die Wehrmacht war weiterhin zu gefährlichen strategischen Offensiven fähig, was sich im Fall Blau auch eindrucksvoll zeigte. Ein ähnlicher Ausgang des Krieges wie im WKI (Zusammenbruch Russlands im Osten, Niederlage gegen Alliierte im Westen) schien damals noch denkbar und wurde erst mit Stalingrad absolut unrealistisch.
ZITAT(SailorGN @ 8. Nov 2016, 22:28) *
@Kameratt: Was aber nicht heisst, dass es diese Auseinandersetzungen nicht gab, trotz aller Realpolitik. Siehe der Fall Chruschtschows, oder umgekehrt, der "Putsch" gegen Honnecker als verzweifelte Massnahme die Macht der Partei zu erhalten. Oder auch die Breshnew-Doktrin... Egal wie die Intensität nun war, die Doktrin spielte immer eine Rolle und wurde auch immer mit einbezogen, ob nun zur Entspannung oder zur Verschärfung der Lage. Es ging dabei auch nicht um Fanatiker, sondern um die stetige Beeinflussung des Denkens/Handels, sowohl nach Aussen wie auch zur Rechtfertigung nach innen...

Realpolitik bedeutet keineswegs, dass keine Krisen entstehen können, sondern lediglich dass die handelnden Akteure sich realpolitische Ziele setzen. Die Machtpolitik bzw. Hegemoniestreben wird dadurch nicht abgeschafft, wohl aber eine übermäßige Ideologisierung der Außenpolitik. Eine marxistische "Weltrevolution" und Ausrottung des Kapitalismus in den westlichen Staaten stand in der Sowjetunion, im Gegensatz zu den frühen Jahren, bereits unter Stalin nicht mehr zur Debatte. Alle Radikalinskis des entsprechenden Flügels wurden sukzessive marginalisiert und teilweise auch physisch ausgelöscht.
Das sieht man ja auch jetzt an den NATO-Russland-Beziehungen, obwohl die Differenzen in der Weltanschauung heute viel viel weniger ausgeprägt sind und ein erheblicher Teil der russischen Eliten sich selbst als Teil des Westens© betrachtet.
ZITAT(Stefan Kotsch @ 8. Nov 2016, 22:54) *
Realpolitisch? Kameraden die 1990 ihr Studium an der Militärakademie in Moskau abbrechen mussten berichteten uns in Dresden, dass man in Moskau noch ein Kriegsbild von Anfang der 80er Jahre lehrte. Mit taktischen und operativ-taktischen Kernwaffenschlägen und dem ganzen vollen Programm, bis zum Endsieg. An der NVA Militärakademie in Dresden hatten da längst Gedanken fest Fuß gefasst, dass ein moderner Krieg in Mitteleuropa nicht mehr führbar sein wird ohne das Mitteleuropa irreparabel zerstört werden würde, womit jede Sinnhaftigkeit der Kriegsführung verloren ginge. Hier hatten die verantwortlichen Militärs ausnahmsweise sogar Rückendeckung durch Honnecker.

Ich kann Dir versichern, dass Nuklearwaffeneinsatz auch heute noch in Moskau weiterhin fleißig gelehrt wird. Es ging in der Diskussion jedoch nicht um die militärischen Abwägungen, sondern das zugrunde liegende ideologische Fundament, aus dem sich vermeintlich eine bestimmte Handlungsmaxime determinieren ließ. Du schreibst ja selbst, dass ihr hochmotiviert wart, einen Angriff der NATO abzuwehren, nicht jedoch das Pariser Proletariat von der Unterdrückung der Bourgeoisie zu befreien. Daran glaubten ja selbst Politoffiziere nicht.

Der Beitrag wurde von Kameratt bearbeitet: 9. Nov 2016, 00:39
 
Madner Kami
Beitrag 9. Nov 2016, 05:35 | Beitrag #7
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Bei den Lieferungen der Alliierten an Russland lohnt es sich weniger auf die Panzer zu achten, sondern auf die logistische Unterstützung (Lastwagen und Material).


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Beitrag 10. Nov 2016, 11:57 | Beitrag #8
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ZITAT(Kameratt @ 9. Nov 2016, 00:32) *
Matilda, Valentine und Tetrarch waren zwar besser als nichts und für die Sowjets 1941 vor Moskau sicherlich auch ganz brauchbar, verblassten jedoch vor einem KW oder dem gerade aufgesetzten T-34. Murmansk selbst war auch nie wirklich in Gefahr. Dafür war das Terrain im Norden einfach zu unwegsam und die Versorgung der deutschen Truppen zu schlecht. Die Russen hatten ihrerseits mit der Murmanbahn eine leistungsfähige logistische Ader, mit der sie sowohl Truppen als auch Material entlang des Frontabschnitts zwischen Murmansk und dem Rest des Landes schnell bewegen konnten und die man auch nie wirklich ausschalten konnte. Letztlich waren das die Gründe, die das Scheitern von "Silberfuchs" bedingten.
Ferner war Murmansk 1941 aber auch nicht so wichtig, wie es erst im Laufe des Krieges wurde. Auf einem anderen Rechner habe ich die entsprechenden Statistiken aufgeschlüsselt nach Jahr und der LL-Route und kann sie bei Bedarf hier aufführen. Von der Gesamttonnage gelieferter Güter entfielen auf das Anfangsjahr des Krieges jedenfalls ca. 5% des LL-Umfangs.
Im Übrigen würde ich die Sowjetunion 1942 noch nicht "über den Berg" sehen. Der Blitzkrieg ist zwar vor Moskau gescheitert, der große Abnutzungskrieg hat jedoch gerade erst begonnen. Die Wehrmacht war weiterhin zu gefährlichen strategischen Offensiven fähig, was sich im Fall Blau auch eindrucksvoll zeigte. Ein ähnlicher Ausgang des Krieges wie im WKI (Zusammenbruch Russlands im Osten, Niederlage gegen Alliierte im Westen) schien damals noch denkbar und wurde erst mit Stalingrad absolut unrealistisch.

Es geht hier allein um das Jahr 1941 und da waren KWs und T-34 in überhaupt keiner Weise ausreichend vorhanden, zumal die ersten Serien des T-34 nicht im mindesten die Kampfkraft hatten, die sie ab 1942 besaßen. Murmansk würde ich jedoch gänzlich anders bewerten als Du, nämlich nicht ex post, also mit dem heutigen Wissen, sondern aus der Sicht einer Roten Armee, die gerade völlig in der Auflösung befindlich war, große Teile ihres Offizierskorps, insbesondere auf höchsten Ebenen verloren hatte und in Finnland bereits nicht erfolgreich, gegen die Wehrmacht aber gerade ein Gros ihres im Westen stehenden schweren Geräts verloren hatte.

Diese Rote Armee konnte sich nicht sicher sein, dass sie Murmansk halten würden. Die Geländegewinne waren in manchen Stellen seitens der Achsenmächte zunächst auch gut, die deutschen Truppen aber untauglich für den Winterkrieg. Dennoch war Murmansk der zentrale Hafen für alle Hilfskonvois, auch vor Lend-and-Lease. Sein Verlust hätte die UdSSR ein Großteil der Versorgung über den Atlantik gekostet, denn Archangelsk ist wesentlich weiter entfernt von England und deutlich kürzer eisfrei. Über Murmansk, und vor allem die Eisenbahn dort, konnten aber sämtliche Hilfslieferungen direkt an die Front gebracht werden, auch hier war Archangelsk weniger nützlich, allenfalls für strategische Güter wie Fette, Treibstoffe und Nahrungsmittel.

Ich würde Dir Recht geben, dass Russland 1942 noch scheinbar nicht völlig über den Berg war, vor allem aus eigener Sicht, aber ich würde dann doch für unsere Bewertung hier eine ex post Betrachtung vorziehen: Die Wehrmacht hatte sich die eigene Überlegenheit recht genau ausgerechnet und da sah es für 1942 mit den Möglichkeiten die UdSSR noch zu schlagen eigentlich recht düster aus. Zwar war die UdSSR nicht in der Lage große Offensiven zu unterbinden, aber die Wehrmacht war nicht in der Lage diese Offensiven gegen das Herz Russlands zu richten. Fall Blau (bzw. korrekt "Unternehmen Braunschweig") zeigen das wirklich, aber anders als von Dir angeführt. Für 1942 befahl Hitler eine offensive Lösung an der Ostfront, statt einen Diktatfrieden wie 1917 zu erzwingen. Dazu wurden aber die Ölfelder in Südrussland und am Kaspischen Meer, sowie die Agrarflächen am Kaukasus benötigt, denn Deutschland konnte - auch durch die weitere Isolierung nach dem Kriegseintritt der USA - sich keinesfalls mehr aus westlichen Quellen ernähren. Hier zeigte sich das Problem in dem erfolgreichen Westfeldzug: Wollte man Westeuropa nicht verhungern lassen, muss man die UdSSR plündern. Eine Versorgung aus Übersee war unmöglich geworden. Diese Umstände machen es notwendig die UdSSR in Südrussland anzugreifen.

Gleichzeitig wurde beschlossen erneut den Zusammenschluss der nördlichen Operationen in Finnland mit denen in Russland zu erreichen. Dies machte einer Eroberung Leningrads notwendig. Mit zwei so großen Offensiven war das Jahr 1942 aber de facto bereits verplant. Selbst bei einem Erfolg aller Operationen wäre ein Einmarsch in Moskau nicht mehr realisierbar gewesen für 1942. Russland gewann dadurch also in jedem Fall bis 1943 für eine erneute Verteidiung Moskaus. Das sind alles Umstände, die den Deutschen prinzipiell bewusst waren und den Alliierten zumindest als möglicher Verlauf erscheinen konnten.

Wie ich weiter oben schrieb, war der Verlauf des Krieges gegen die UdSSR 1941 praktisch besser gewesen als man realistischerweise auf deutscher Seite hoffen durfte. Die hohen Ziele, ein Sieg vor Moskau 1941 und das Ausschalten der UdSSR in einer einzigen Kampagne, die im Spätjuni begonnen wurde, waren eigentlich von Anfang an unrealistisch. Ein Sieg war demnach nur durch Faktoren möglich, die Deutschland nicht in der Hand hatte, allen voran Stalin: Dieser verstand es aber die Kontrolle ausreichend an seine Kommandeure abzugeben, statt wie Hitler in Krisenfällen alles an sich zu reißen. Hätte Stalin wie Hitler 1943-1945 gehandelt, wäre eine Niederlage möglich geworden. So aber blieb sie in zu weiter Ferne. Es war sicher knapp, aber es erschien und erscheint knapper, als es tatsächlich war. Vieles davon liegt an der puren Mathematik von Wirtschaftsleistungen, Massenheeren und geographisch-klimatischen Gegebenheiten. Das diese Faktoren letzlich entscheidend sind, ist ein Grundelement des totalen, industrialisierten Krieges. Totalität nivelliert Einzelfaktoren wie Leistungen und Versagen.

Dadurch kann selbst für 1942, als die UdSSR noch in der Defensive war, die Entscheidung als gefallen betrachtet werden. "Über den Berg" heißt ja nicht, dass es nicht noch harte Strecken gibt, sondern nur, dass es ab da an von sich aus für einen läuft, statt gegen einen.


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Madner Kami
Beitrag 13. Nov 2016, 15:06 | Beitrag #9
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ZITAT(Schwabo Elite @ 10. Nov 2016, 11:57) *
Stuff


In diesem Sinne, sei auch mal auf den YouTube-Channel "Military History Viszualized" verwiesen. Videos wie "[Case Blue] "Road" to Stalingrad? Combat Effectiveness 1941 vs 1942" sind überaus informativ.


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Kameratt
Beitrag 14. Nov 2016, 13:45 | Beitrag #10
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ZITAT(Schwabo Elite @ 10. Nov 2016, 11:57) *
ZITAT(Kameratt @ 9. Nov 2016, 00:32) *
Matilda, Valentine und Tetrarch waren zwar besser als nichts und für die Sowjets 1941 vor Moskau sicherlich auch ganz brauchbar, verblassten jedoch vor einem KW oder dem gerade aufgesetzten T-34. Murmansk selbst war auch nie wirklich in Gefahr. Dafür war das Terrain im Norden einfach zu unwegsam und die Versorgung der deutschen Truppen zu schlecht. Die Russen hatten ihrerseits mit der Murmanbahn eine leistungsfähige logistische Ader, mit der sie sowohl Truppen als auch Material entlang des Frontabschnitts zwischen Murmansk und dem Rest des Landes schnell bewegen konnten und die man auch nie wirklich ausschalten konnte. Letztlich waren das die Gründe, die das Scheitern von "Silberfuchs" bedingten.
Ferner war Murmansk 1941 aber auch nicht so wichtig, wie es erst im Laufe des Krieges wurde. Auf einem anderen Rechner habe ich die entsprechenden Statistiken aufgeschlüsselt nach Jahr und der LL-Route und kann sie bei Bedarf hier aufführen. Von der Gesamttonnage gelieferter Güter entfielen auf das Anfangsjahr des Krieges jedenfalls ca. 5% des LL-Umfangs.
Im Übrigen würde ich die Sowjetunion 1942 noch nicht "über den Berg" sehen. Der Blitzkrieg ist zwar vor Moskau gescheitert, der große Abnutzungskrieg hat jedoch gerade erst begonnen. Die Wehrmacht war weiterhin zu gefährlichen strategischen Offensiven fähig, was sich im Fall Blau auch eindrucksvoll zeigte. Ein ähnlicher Ausgang des Krieges wie im WKI (Zusammenbruch Russlands im Osten, Niederlage gegen Alliierte im Westen) schien damals noch denkbar und wurde erst mit Stalingrad absolut unrealistisch.

Es geht hier allein um das Jahr 1941 und da waren KWs und T-34 in überhaupt keiner Weise ausreichend vorhanden, zumal die ersten Serien des T-34 nicht im mindesten die Kampfkraft hatten, die sie ab 1942 besaßen. Murmansk würde ich jedoch gänzlich anders bewerten als Du, nämlich nicht ex post, also mit dem heutigen Wissen, sondern aus der Sicht einer Roten Armee, die gerade völlig in der Auflösung befindlich war, große Teile ihres Offizierskorps, insbesondere auf höchsten Ebenen verloren hatte und in Finnland bereits nicht erfolgreich, gegen die Wehrmacht aber gerade ein Gros ihres im Westen stehenden schweren Geräts verloren hatte.

Diese Rote Armee konnte sich nicht sicher sein, dass sie Murmansk halten würden. Die Geländegewinne waren in manchen Stellen seitens der Achsenmächte zunächst auch gut, die deutschen Truppen aber untauglich für den Winterkrieg. Dennoch war Murmansk der zentrale Hafen für alle Hilfskonvois, auch vor Lend-and-Lease. Sein Verlust hätte die UdSSR ein Großteil der Versorgung über den Atlantik gekostet, denn Archangelsk ist wesentlich weiter entfernt von England und deutlich kürzer eisfrei. Über Murmansk, und vor allem die Eisenbahn dort, konnten aber sämtliche Hilfslieferungen direkt an die Front gebracht werden, auch hier war Archangelsk weniger nützlich, allenfalls für strategische Güter wie Fette, Treibstoffe und Nahrungsmittel.

Ich würde Dir Recht geben, dass Russland 1942 noch scheinbar nicht völlig über den Berg war, vor allem aus eigener Sicht, aber ich würde dann doch für unsere Bewertung hier eine ex post Betrachtung vorziehen: Die Wehrmacht hatte sich die eigene Überlegenheit recht genau ausgerechnet und da sah es für 1942 mit den Möglichkeiten die UdSSR noch zu schlagen eigentlich recht düster aus. Zwar war die UdSSR nicht in der Lage große Offensiven zu unterbinden, aber die Wehrmacht war nicht in der Lage diese Offensiven gegen das Herz Russlands zu richten. Fall Blau (bzw. korrekt "Unternehmen Braunschweig") zeigen das wirklich, aber anders als von Dir angeführt. Für 1942 befahl Hitler eine offensive Lösung an der Ostfront, statt einen Diktatfrieden wie 1917 zu erzwingen. Dazu wurden aber die Ölfelder in Südrussland und am Kaspischen Meer, sowie die Agrarflächen am Kaukasus benötigt, denn Deutschland konnte - auch durch die weitere Isolierung nach dem Kriegseintritt der USA - sich keinesfalls mehr aus westlichen Quellen ernähren. Hier zeigte sich das Problem in dem erfolgreichen Westfeldzug: Wollte man Westeuropa nicht verhungern lassen, muss man die UdSSR plündern. Eine Versorgung aus Übersee war unmöglich geworden. Diese Umstände machen es notwendig die UdSSR in Südrussland anzugreifen.

Gleichzeitig wurde beschlossen erneut den Zusammenschluss der nördlichen Operationen in Finnland mit denen in Russland zu erreichen. Dies machte einer Eroberung Leningrads notwendig. Mit zwei so großen Offensiven war das Jahr 1942 aber de facto bereits verplant. Selbst bei einem Erfolg aller Operationen wäre ein Einmarsch in Moskau nicht mehr realisierbar gewesen für 1942. Russland gewann dadurch also in jedem Fall bis 1943 für eine erneute Verteidiung Moskaus. Das sind alles Umstände, die den Deutschen prinzipiell bewusst waren und den Alliierten zumindest als möglicher Verlauf erscheinen konnten.

Wie ich weiter oben schrieb, war der Verlauf des Krieges gegen die UdSSR 1941 praktisch besser gewesen als man realistischerweise auf deutscher Seite hoffen durfte. Die hohen Ziele, ein Sieg vor Moskau 1941 und das Ausschalten der UdSSR in einer einzigen Kampagne, die im Spätjuni begonnen wurde, waren eigentlich von Anfang an unrealistisch. Ein Sieg war demnach nur durch Faktoren möglich, die Deutschland nicht in der Hand hatte, allen voran Stalin: Dieser verstand es aber die Kontrolle ausreichend an seine Kommandeure abzugeben, statt wie Hitler in Krisenfällen alles an sich zu reißen. Hätte Stalin wie Hitler 1943-1945 gehandelt, wäre eine Niederlage möglich geworden. So aber blieb sie in zu weiter Ferne. Es war sicher knapp, aber es erschien und erscheint knapper, als es tatsächlich war. Vieles davon liegt an der puren Mathematik von Wirtschaftsleistungen, Massenheeren und geographisch-klimatischen Gegebenheiten. Das diese Faktoren letzlich entscheidend sind, ist ein Grundelement des totalen, industrialisierten Krieges. Totalität nivelliert Einzelfaktoren wie Leistungen und Versagen.

Dadurch kann selbst für 1942, als die UdSSR noch in der Defensive war, die Entscheidung als gefallen betrachtet werden. "Über den Berg" heißt ja nicht, dass es nicht noch harte Strecken gibt, sondern nur, dass es ab da an von sich aus für einen läuft, statt gegen einen.


Was Murmansk anbelangt, so war ein Vormarsch von einigen dutzend Kilometern von der norwegischen und finnischen Grenze keineswegs ausreichend, um die Stadt und den Hafen zu gefährden. Im Prinzip war der Kriegsschauplatz die Ostfront en miniature. Jeder weitere Kilometer gen Osten wurde zunehmend zu einer Belastung für den Nachschub der finnischen und deutschen Truppen, während die Versorgungswege für die Sowjets von der Murmanbahn kürzer wurden. Im Unterschied zu den anderen Frontabschnitten gab es im hohen Norden jedoch niemals einen militärischen Zusammenbruch der Russen, wie es bspw. in Weißrussland der Fall war. Deshalb bewerte ich die Lage dort selbst 1941 als nicht herausragend kritisch.

Die logistische Bedeutung von Murmansk für die Hilfslieferungen der Alliierten sollte ebenfalls differenzierter betrachtet werden. Insgesamt entfielen auf die nördliche Route 1941 43% der Lieferungen, während der Großteil von 54% über den Pazifik abgewickelt wurde. Weiterhin entfielen mit 361.000 Tonnen gelieferter Fracht auf das Jahr 1941 2,1% der gesamten Prä- und Lend-Lease-Lieferungen. Auf die Nordatlantikroute kamen in diesem Jahr also nur 0,9%.
Über den Kriegszeitraum betrachtet ergab sich ein Anteil der nördlichen Route (also hauptsächlich Murmansk, aber auch Archangelsk) von 23% und somit nur der dritte Platz nach der Pazifik-Route (47%) und der persischen Route (24%). Lediglich im Jahr 1942, auf welches 14% des Gesamtumfangs kommen, wurden mit einem Anteil von knapp 40% mehr Güter über den Nordatlantik als den Pazifik geliefert.
Andererseits muss man anmerken, dass über den Pazifik hauptsächlich Treibstoff, Nahrung, Maschinen und Chemieerzeunisse geliefert wurden, während die meisten Fahrzeuge über den Atlantik, sowohl im Norden als auch über den Iran im Süden, ihren Weg in die Sowjetunion gefunden haben.

Bis Ende 1941 erhielt die UdSSR dabei 259 Valentine-, 187 Matilda-, 20 Tetrarch-Panzer aus Großbritannien sowie 182 M3 Stuart und M3 Lee aus den USA. Die sowjetische Industrie stellte ihrerseits in der zweiten Jahreshälfte knapp 2000 T-34, 1300 T-60 und etwas über 900 KW-1 her. LL-Panzer hatten somit einen Anteil von ca. 14% am Zulauf an Panzern in diesem Zeitraum. Natürlich war der T-34 zu diesem Zeitpunkt noch nicht gänzlich ausgereift, technische Probleme gab es jedoch auch mit den Panzermodellen der Alliierten. Gegenüber der Masse an T-26 und BT war der T-34 jedoch in allen Bereichen ein enormer Fortschritt.

Was die strategischen Überlegungen nach dem Scheitern des Blitzkriegs angeht, so waren die Chancen auf einen Sieg dadurch zweifellos außerordentlich gesunken und es war auch damals klar, dass Deutschland keinen Industriekrieg gegen die Alliierten gewinnen konnte. Man konnte jedoch weiterhin auf einen Zusammenbruch der Sowjetunion hoffen, um dadurch mit besseren Konditionen im Westen verhandeln zu können. Es gab zwar keinen Grund zur unmittelbaren Annahme einer kurz- oder mittelfritisgen Niederlage der SU, jedoch erschien es durchaus im Rahmen des Möglichen, dass im Falle eines erfolgreichen Vorstoßes nach Südrussland 1942, die Situation für das Land sich kaskadenartig verschlechtern konnte. Die sowjetische Ölproduktion war in Gefahr, die Kornkammer des Landes verloren. Falls es aufgrund des günstigen Kriegsverlaufs zu einem Kriegseintritt der Türkei gekommen wäre, hätte die Sowjetunion auch den Kaukasus verlieren können. Der Nachschub über den Iran wäre nun ebenfalls bedroht. Man konnte Hoffnungen auf einen Aufstand ethnischer Minderheiten hegen. Oder auch eine antibolschewistische Bewegung in Russland selbst. Das alles war natürlich nicht sehr realistisch, aber auch nicht ganz auszuschließen.
 
Madner Kami
Beitrag 14. Nov 2016, 15:11 | Beitrag #11
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Der Krieg im Osten war spätestens ab Frühjahr 1942 für die Deutschen schlichtweg nicht mehr gewinnbar. Der Klarstand von Mensch und Maschine war katastrophal und, aus unserer heutigen Sicht, die einzige Hoffnung auf einen Endsieg, war ein Staatsstreich in der SU. Dass man es trotzdem bis nach Stalingrad schaffte und dann auch noch den Vormarsch der Russen bis nach Berlin um etwa zweieinhalb Jahre herauszögern konnte, ist ein absolutes Wunder und spricht gegen alle Zahlen (Vergleich von Mannstärke, Materialverfügbarkeit, Logistik, Industrie). Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie nachhaltig die Deutschen sich jede Chance auf einen Sieg im Osten verbaut haben (Herauszögerung des Beginns von Barbarossa; weitere Überdehnung der ohnehin überdehnten Front- und Logistiklinien 1942 in Richtung Stalingrad; Abschlachten der Zivilbevölkerung, usw. usf.) und dennoch so weit kommen konnten. Ein Paradebeispiel dafür, was eine fähige Führung (militärische, nicht zivile) für ein Machtmultiplikator ist.
Im übrigen finde ich, dass der argrarische und industrielle Aspekt hinter der Entscheidung in die Ukraine einzumarschieren, um die "Kornkammer" und die Ölfelder einzunehmen, immer viel zu wenig betrachtet wird. "Lebensraum Ost" war nicht völlig grundlos ein Thema in Hitlers Schriften. Die Blockaden der Westalliierten im Ersten Weltkrieg haben erheblich mehr Eindruck hinterlassen, als man das so im allgemeinen immer wahrnimmt und die Geschichte war ja dabei, sich zu wiederholen. Ein Aushungern des Reichs war ja grundsätzlich möglich und man arbeitete ja bereits daran.

Der Beitrag wurde von Madner Kami bearbeitet: 14. Nov 2016, 15:14


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Beitrag 14. Nov 2016, 15:23 | Beitrag #12
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Obwohl die Wehrmacht einen regen Zulauf von nicht russischen Freiwilligen aus der UDSSR hatte. Da waren abhängig von dem Volk und der jeweiligen demographischen Größe, von Bataillonen bis zur Division alles dabei. Den numerisch größten Truppenkörper aller in der Wehrmacht dienenden Völker haben kurioserweise die Russen selbst gestellt. Nämlich das Kosaken Kavalleriekorps. Dazu kommen noch die Russen aus dem Wlassov Verband und die Verbrecher von der Kaminski Brigade.

In Relation zur Bevölkerung jedoch stellen die Balten die absolut meisten Freiwiligen. Zum Vergleich konnte die Wehrmacht bzw. SS aus Frankreich mit knapp 60 Millionen Einwohnern eine Division generieren allein aus den ca 2 Millionen Letten konnten zwei Divisionen generiert werden. Das ist das 60 fache.


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SailorGN
Beitrag 14. Nov 2016, 15:27 | Beitrag #13
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@Kameratt: Die Murmansklieferungen waren wichtig, weil sie den kürzeren Weg zur Kompensation von Lenigrad (Ausfall/Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund Belagerung) hatten. Dazu kam der direkte Einsatz vieler britischer Rüstungsgüter direkt an dieser Front (Hurricane, Valentine). Was ich nicht ganz glaube kann ist die T34-Produktionszahl. Das Kharkower Werk musste ja evakuiert werden und in Tschjabinsk lief die Produktion 41 erst an (und musste sich die Kapa auch noch mit KW-1 teilen... bei gleichzeitiger Umstellung von Zivil- auf Kriegsproduktion). Genauso wie in Stalingrad, da wurde erst nach März 41 mit der Serienfertigung begonnen. Vieleicht waren das wirklich die "Ausstoß"-Zahlen, aber bestimmt nicht die an frontreifen Maschinen. Ich will damit keinesfalls die Gesamtzahlen in Frage stellen, mich wundert nur, dass solche Zahlen bei Aufnahme der Produktion in mehreren Werken erreicht werden... zumal es bei Rüstungsgütern aller Art bei allen Nationen anfangs große Qualitätsunterschiede und -probleme gab.


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Beitrag 14. Nov 2016, 16:02 | Beitrag #14
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Beitrag 14. Nov 2016, 16:08 | Beitrag #15
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ZITAT(SailorGN @ 14. Nov 2016, 15:27) *
@Kameratt: Die Murmansklieferungen waren wichtig, weil sie den kürzeren Weg zur Kompensation von Lenigrad (Ausfall/Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund Belagerung) hatten. Dazu kam der direkte Einsatz vieler britischer Rüstungsgüter direkt an dieser Front (Hurricane, Valentine). Was ich nicht ganz glaube kann ist die T34-Produktionszahl. Das Kharkower Werk musste ja evakuiert werden und in Tschjabinsk lief die Produktion 41 erst an (und musste sich die Kapa auch noch mit KW-1 teilen... bei gleichzeitiger Umstellung von Zivil- auf Kriegsproduktion). Genauso wie in Stalingrad, da wurde erst nach März 41 mit der Serienfertigung begonnen. Vieleicht waren das wirklich die "Ausstoß"-Zahlen, aber bestimmt nicht die an frontreifen Maschinen. Ich will damit keinesfalls die Gesamtzahlen in Frage stellen, mich wundert nur, dass solche Zahlen bei Aufnahme der Produktion in mehreren Werken erreicht werden... zumal es bei Rüstungsgütern aller Art bei allen Nationen anfangs große Qualitätsunterschiede und -probleme gab.

Ich behaupte ja nicht, dass die Lieferungen über Murmansk absolut unwichtig waren, aber ich sehe da auch nicht die kriegsentscheidende Bedeutung für die ersten Monate des Krieges, da andere Routen nicht weniger wichtig waren und die gelieferten Mengen angesichts der sowjetischen Eigenproduktion und -Bestands überschaubar waren.
Die Verlagerung der Produktion aus Charkov in den Ural hat rund 2 Monate in Anspruch genommen. Die letzten Panzer rollten aus dem Charkower Werk im Oktober, die ersten 25 in Nischni Tagil im Dezember. In Charkow lag die Produktionsrate in den letzten Monaten dabei bei ca. 250 Panzern. In Tscheljabinsk begann die Fertigung erst 1942. Stalingrad war jedoch deutlich schneller: 300 Panzer in der ersten und 956 in der zweiten Jahreshälfte. Hinzu kommt noch die Fertigung von 12 und 161 T-34 in Gorki. Aggregiert ergibt das eben knapp 3000 T-34 für 1941, davon knapp 2000 in der zweiten Jahreshälfte. Im Dezember gelieferte LL-Panzer kamen wahrscheinlich auch nicht alle noch im gleichen Jahr an die Front. wink.gif

ZITAT(xena @ 14. Nov 2016, 16:02) *
Vor allem was ist das für eine Argumentation 54% als den Großteil zu bezeichnen und die 43% zu negieren? Selbst die 43% sind nicht weit von der Hälfte. Wenn die weg gefallen wären dann hätte das auch dramatische Folgen gehabt. Von daher war Murmansk wichtig, wie auch die Route dahin.

Murmansk war eben nicht alleine wichtig. Und auf das Jahr 1941 entfallen nun mal 2,1% der Gesamttonnage, die 1941-1945 an die SU geliefert wurde.
Zur Veranschaulichung:
1942: 14%
1943: 27,4%
1944: 35,5%
1945: 21%

Der Beitrag wurde von Kameratt bearbeitet: 14. Nov 2016, 16:14
 
SailorGN
Beitrag 14. Nov 2016, 16:13 | Beitrag #16
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Wo hast du denn die Zahlen her?


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Beitrag 14. Nov 2016, 16:22 | Beitrag #17
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ZITAT(SailorGN @ 14. Nov 2016, 16:13) *
Wo hast du denn die Zahlen her?

Die Zahlen für den T-34 mit entsprechenden Einzelnachweisen gibt es in der russischen Wiki.
-edit-
Praktisch die gleichen Zahlen, nur teilweise aufgerundet, gibts auch auf der deutschen Seite. Siehe Spalte "Rest 1941".
https://de.wikipedia.org/wiki/T-34#Produktion

Der Beitrag wurde von Kameratt bearbeitet: 14. Nov 2016, 16:28
 
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Beitrag 14. Nov 2016, 16:31 | Beitrag #18
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@Kameratt
Es geht hier in der Diskussion eigentlich NUR um das Jahr 1941, weil wir anfangs darüber diskutierten, inwiefern der Krieg 1941 bereits eine Wendung genommen hatte oder ob diese erst 1942 oder 1943 (Deine Position) eintrat. Daraus ergab sich die Diskussion, ob seitens Deutschland a) überhaupt eine Chance bestand den Krieg nach 1941 noch erfolgreich zum Ende zu bringen im Osten, b) ob diese Chance überhaupt jemals bestand und c) ob dies nur ex post so gesehen werden kann, oder ob man nicht viel mehr die Sowjetunion deutscherseits aus Gründen der Ideologie oder Ignoranz für bezwingbar hielt, militärwissenschaftlich (also ökonomisch, historisch, politisch, logistisch etc.) aber bereits 1941 davon ausgehen hätte müssen, die UdSSR nicht bezwingen zu können.

Bis die Diskussion um das Jahr 1941 geklärt ist, sind sämtliche Zahlen für 1942 oder danach aber völlig irrelevant. Der Punkt ist nie gewesen die Bedeutung von Land & Lease oder einzelner Häfen für den Kriegsverlauf nach 1941 zu diskutieren oder Mengen oder Häfen. Es ging allein darum, ob die Hilfen 1941 als entscheidend gelten dürfen oder nicht.

Daher: Back to topic.


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Beitrag 14. Nov 2016, 16:54 | Beitrag #19
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ZITAT(Schwabo Elite @ 14. Nov 2016, 16:31) *
@Kameratt
Es geht hier in der Diskussion eigentlich NUR um das Jahr 1941, weil wir anfangs darüber diskutierten, inwiefern der Krieg 1941 bereits eine Wendung genommen hatte oder ob diese erst 1942 oder 1943 (Deine Position) eintrat. Daraus ergab sich die Diskussion, ob seitens Deutschland a) überhaupt eine Chance bestand den Krieg nach 1941 noch erfolgreich zum Ende zu bringen im Osten, b) ob diese Chance überhaupt jemals bestand und c) ob dies nur ex post so gesehen werden kann, oder ob man nicht viel mehr die Sowjetunion deutscherseits aus Gründen der Ideologie oder Ignoranz für bezwingbar hielt, militärwissenschaftlich (also ökonomisch, historisch, politisch, logistisch etc.) aber bereits 1941 davon ausgehen hätte müssen, die UdSSR nicht bezwingen zu können.

Strategisch betrachtet befand sich Deutschland in beiden Weltkriegen in einer aussischtslosen Lage. Die militärische Führung hat zwar auf operativer Ebene das beste aus der Situation machen können, die grundlegenden politischen Fehler konnte sie jedoch beim besten Willen nicht mehr ausgleichen. So gesehen sahen die Chancen schon vor Barbarossa oder gar dem Westfeldzug nicht mehr besonders gut aus.
In meinen Beiträgen ging es darum, aufzuzeigen, dass obwohl die Lage schon Ende 1941, milde ausgedrückt, "suboptimal" war, es aus damaliger Sicht durchaus auch Gründe gab, den Krieg in der Hoffnung, eine Entscheidung 1942 herbei führen zu können, weiter zu führen. Das Ende dieser Hoffnung war dann Stalingrad.
 
SailorGN
Beitrag 14. Nov 2016, 16:55 | Beitrag #20
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Ah, ok, wie praktisch, dass die relevanten Fußnoten (Nr. 7) keine Hinterlegung mit einer Quelle/Literatur hat. Nix gegen dich, Kameratt, ist nur schade... Was mich wundert: Es wird nie auf die Qualität der produzierten Waffen eingegangen.... wenn man dann Berichte/Bilder der "evakuierten" Werke sieht graust es einem. Da wurden im Herbst die Maschinen auf ne sibirische Wiese gestellt, die vorherigen Facharbeiter sind nicht mitgekommen und trotzdem standen da am Ende 2000 Panzer? Die 1000 aus Stalingrad sind nachvollziehbar, das war kein Montagefliessband, sondern ne komplette, vertikal integrierte Fertigung von der Stahlerzeugung an... Aber Tscheljabinsk?

@SE: Ohne Expost zu gehen, die dt. Aufklärung ist bei ihrer Beurteilung der Lage immer von "europäischen" und reichsdeutschen Annahmen ausgegangen. Also bspw. ne Mobilisierungsrate von ca. 2 Div. je Mio Einwohner. Das war die Grundlage für die Berechnung der möglichen Mobilisierungen der SU. Problematisch war aber, dass diese Rate von den Sowjets quasi ignoriert wurde, also bereits 41 eine deutlich größere Mobilisierung, bspw über den Konsomol oder die Arbeitermilizen oder den NKVD (der auch eigene Div. hatte) oder auch Frauen in Produktion und Luftschutz erreicht wurde. Aus der dt. Sicht waren die sowjetischen Verluste quasi der Untergang, weil nach ihrer militärstrategischer Logik diese Verluste (die komplette Friedensstärke der RA) nicht zu kompensieren waren. Gleiches galt für die Verluste an Material... Allerdings ist mir persönlich nicht bekannt, in wie weit die Evakuierung von Industrie und tlw. Schlüsselpersonal der dt. Abwehr bekannt waren und Eingang in die Berechnungen fanden... und ob die Führung um den GröFaZ diese Analysen gesehen und geglaubt haben.


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Beitrag 14. Nov 2016, 17:16 | Beitrag #21
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ZITAT(SailorGN @ 14. Nov 2016, 16:55) *
Ah, ok, wie praktisch, dass die relevanten Fußnoten (Nr. 7) keine Hinterlegung mit einer Quelle/Literatur hat. Nix gegen dich, Kameratt, ist nur schade... Was mich wundert: Es wird nie auf die Qualität der produzierten Waffen eingegangen.... wenn man dann Berichte/Bilder der "evakuierten" Werke sieht graust es einem. Da wurden im Herbst die Maschinen auf ne sibirische Wiese gestellt, die vorherigen Facharbeiter sind nicht mitgekommen und trotzdem standen da am Ende 2000 Panzer? Die 1000 aus Stalingrad sind nachvollziehbar, das war kein Montagefliessband, sondern ne komplette, vertikal integrierte Fertigung von der Stahlerzeugung an... Aber Tscheljabinsk?

Tscheljabinsk hat ja auch bis Mitte 1942 keine T-34 gebaut, sondern die aus Leningrad ausgelagerten KWs. Warum sollten die Facharbeiter nicht aus Charkow nach Nischni Tagil mitgekommen sein, wenn ein Verlust der Stadt bereits absehbar war und die Produktion eingestellt wurde? Die Fabrik hat sogar die gleiche Nummer wie in Charkow behalten...
 
SailorGN
Beitrag 14. Nov 2016, 18:15 | Beitrag #22
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Weil Teile der Arbeiterschaft bereits in die Arbeitermilizen eingezogen wurden. Der letzte der 43 Eavkuierungszüge verliess die Stadt am 19. Okt., fünf Tage später waren die Deutschen da, die Schlacht um die Stadt begann bereits am 20.


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Beitrag 14. Nov 2016, 18:28 | Beitrag #23
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Ich denke nicht, dass dringend benötigte Facharbeiter und Ingenieure eingezogen wurden. Steht übrigens auch in der Quelle, die ich Dir geschickt habe, dass die letzten 120 Arbeiter die Stadt am 19. Okt. verließen.
 
SailorGN
Beitrag 14. Nov 2016, 18:57 | Beitrag #24
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Danke dafür... ich hab ne Literaturangabe, die besagt, dass Facharbeiter und Ingenieure eben nicht mitkamen.


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Beitrag 14. Nov 2016, 20:10 | Beitrag #25
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Da ist was dran.
Diese Quelle nennt jedoch etwas andere Zahlen. Nämlich dass mit dem Werk Nr. 183 in den Ural 2859 der 17988 Arbeiter (15,9%) und 1456 der 3591 Ingenieure (40,5%) evakuiert wurden. Was mit dem Personal, das nicht davon betroffen war, geschah, findet leider keine Erwähnung.

Der Beitrag wurde von Kameratt bearbeitet: 14. Nov 2016, 20:12
 
SailorGN
Beitrag 14. Nov 2016, 21:38 | Beitrag #26
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Jupp, aber trotzdem ne Menge^^ Bei den Ingenieuren kann man davon ausgehen, dass das KB abgetrennt und an einen anderen Ort evakuiert wurde. Bei den Arbeitern gehe ich mal davon aus, dass sie zwischen den Arbeitermilizen, Bautrupps und "regulärem" Einziehen aufgeteilt wurden.


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Beitrag 14. Nov 2016, 22:46 | Beitrag #27
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ZITAT(Kameratt @ 14. Nov 2016, 16:54) *
In meinen Beiträgen ging es darum, aufzuzeigen, dass obwohl die Lage schon Ende 1941, milde ausgedrückt, "suboptimal" war, es aus damaliger Sicht durchaus auch Gründe gab, den Krieg in der Hoffnung, eine Entscheidung 1942 herbei führen zu können, weiter zu führen. Das Ende dieser Hoffnung war dann Stalingrad.


Dann reden wir fast aneinander vorbei. Ich würde Dir nämlich hinsichtlich 1941und der Prognosen für 1942 nach Moskau zustimmen, aber eigentlich sagen, dass der Krieg mit der UdSSR bereits das Ende war. Die Hoffnungen einen Sieg 1941 zu erzwingen begründeten sich auf gänzlich falschen Annahmen, eine Ausdehnung des Deutschen Reiches nach Osten hin hätte sich bestenfalls in einem kalten Krieg und mittels Stellvertreterkriege erzwingen lassen können.


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Beitrag 15. Nov 2016, 10:07 | Beitrag #28
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Naja, die Annahmen hatten ihre Berechtigung, vor allem hinsichtlich der Rolle Moskaus als zentraler Knotenpunkt für faktisch alles. Dazu kam, dass die RA "offensichtlich" trotz ihrer Größe ineffizient war, siehe Winterkrieg und insbesondere was die Wehrmacht bei der Besetzung Ostpolens durch "Eliteeinheiten" der MechKorps erlebt hat (hohe Ausfälle bei Strassenmarsch, mangelhafte Instandsetzung und Führung... und trotzdem hohe Meinung über technische Standards des Materials bei Panzern und Handwaffen). Selbst rückblickend ist die Leistung der SU nicht selbstverständlich, vor allem angesichts der unklaren diplomatischen Lage vor dem Überfall. Auf politischer Ebene ist noch anzumerken, dass anscheinend selbst Stalin nicht klar war, ob er die ersten Tage/Wochen nach dem Überfall (politisch) überlebt. Schliesslich hat er selbst die oberste politische Ebene der SU in ein Haifischbecken verwandelt. Da gab es genug Männer, denen ein Putsch zuzutrauen wäre, was aber letztendlich nicht eintrat. Gemäß mehrerer Quellen gab es diesen Moment am 30. Juni in Stalins Datcha, als alle wichtigen Leute dorthin kamen und Stalin der angespannteste war... bis ihm das Kollektiv die Führung antrug.


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Beitrag 15. Nov 2016, 18:22 | Beitrag #29
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Ja er hat nämlich damit gerechnet, dass man in verhaftet und den kurzen Prozess macht wegen der ganzen Niederlagen. Da machten sich die Säuberungen bezahlt in Form von einer nicht durchsetzungsfähigen eingeschüchterten Entourage , die sich im Angesicht der vorrückenden Wehrmacht hinter ihren Führer flüchteten damit er ihnen sagt was sie jetzt tun sollen.

Von daher wäre der Krieg 1941 sowohl militärisch als auch politisch zu gewinnen gewesen. 1942 hätte man noch einen Friedensvertrag rausholen können .


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Beitrag 15. Nov 2016, 20:11 | Beitrag #30
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Nöö, nicht wegen der Niederlagen, sondern einfach, weil ein anderer das Chaos persönlich nutzen will. Eingeschüchterte Entourage trifft es nicht wirklich, Typen wie Berija, Molotov oder Schdanov sind selbst über genug Leichen gegangen... es war nur eben nicht klar, wer Stalin wirklich hätte beerben und den Laden zusammenhalten können. Zumal klar wurde, dass man das Reich nicht mit ein paar Brosamen zu Friedensverhandlungen überzeugen können.


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