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> Wehrmacht gegen Rote Armee verloren
Panzergrenadiern...
Beitrag 19. Oct 2017, 09:06 | Beitrag #1
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Ich habe etwas über den zweiten Weltkrieg gelesen und so wie ich es verstanden habe, hat die Wehrmacht gegen die Russen verloren. Nicht aufgrund eines Zweifrontenkrieges, sondern praktisch in einem 1:1 Kampf gegen die Russen verloren. Ich habe aber nicht verstanden warum, vielleicht könnt ihr mir das erklären.

Warum und wie hat die Rote Armee die Wehrmacht besiegt?

PS: Warum loben soviele die Wehrmacht wenn sie gegen die Russen verloren haben?
 
Glorfindel
Beitrag 19. Oct 2017, 10:45 | Beitrag #2
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ZITAT(Panzergrenadiernot @ 19. Oct 2017, 09:06) *
Ich habe etwas über den zweiten Weltkrieg gelesen und so wie ich es verstanden habe, hat die Wehrmacht gegen die Russen verloren.

Ja, die Wehrmacht hat gegen die sowjetische Armee verloren, so dass die Sowjetische Armee schliesslich Berlin eroberten.

ZITAT
Nicht aufgrund eines Zweifrontenkrieges, sondern praktisch in einem 1:1 Kampf gegen die Russen verloren. Ich habe aber nicht verstanden warum, vielleicht könnt ihr mir das erklären.

Warum und wie hat die Rote Armee die Wehrmacht besiegt?

Die Gründe für die Wehrmacht sind mannigfaltig und können nicht völlig isoliert betrachtet werden. Der Wehrmacht ist es aber nicht gelungen, bis Moskau vorzudringen (u.a. wurde tatsächlich der russische Winter unterschätzt) und den Russen, nachdem 1941 praktisch ihre ganzen Streitkräfte vernichtet wurden, ihre Armee wieder völlig neu aufzustellen. Dazu wurde auch ein Teil der industriellen Produktion in den nicht besetzten Teil des Landes verfrachtet. Die sowjetische Armee hat aber mehr Soldaten, Panzer, Geschützte etc. und zwar nicht nur etwas, sondern die sowjetische Armee war hatte eine enorme Überzahl. Sie war sehr modern ausgerüstet und folgte einer modernen Doktrin, allerdings waren ihre Soldaten und Offiziere oft unzureichend ausgebildet. Insbesondere die stalinistischen Säuberungen hatten dem Offizierskorps geschadet.

Die Wehrmacht wurde schliesslich durch die Rote Armee vernichtet, durch Panzer, Artillerie und Fusstruppen. Die Wehrmacht wurde zum Teil zusammengeschossen, eingekesselt oder überrollt.

ZITAT
PS: Warum loben soviele die Wehrmacht wenn sie gegen die Russen verloren haben?

Man sollte sich auf eine objetivierte Darstellung beschränken. Die Wehrmacht war eine effiziente Kampforganisation, welche es geschafft hatte, neun andere europäische Staaten zu erobern und rasche Blitzsiege zu erreichen. Sie führte meistens und gewissenlos Befehle aus und nahm auf das Leben ihrer Soldaten oder von Zivilisten keinerlei Rücksicht (mal ganz abgesehen vom Gegner). So führte sie den Krieg für einen verbrecherisches Regime bis zum bitteren Ende, obwohl die meisten Angehörigen der Wehrmacht wussten, dass man den Krieg ab zirka 1943 nicht mehr gewinnen kann. Ebenfalls beteiligte sich die Wehrmacht an schlimmsten Verbrechen, insbesondere im Osten. Die Wehrmacht hatte sehr gut ausgebildete Offiziere und Unteroffiziere und gutausgebildete Soldaten und war taktisch lange Zeit den anderen Streitkräften überlegen. Vielleicht finden die Leute, welche die Wehrmacht loben, es lobenswert, gegen einen überlegen Gegner weiter zu kämpfen, obwohl man nicht mehr gewinnen kann. Ich weiss es aber nicht.


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Almeran
Beitrag 19. Oct 2017, 11:29 | Beitrag #3
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ZITAT(Panzergrenadiernot @ 19. Oct 2017, 10:06) *
Ich habe etwas über den zweiten Weltkrieg gelesen und so wie ich es verstanden habe, hat die Wehrmacht gegen die Russen verloren. Nicht aufgrund eines Zweifrontenkrieges, sondern praktisch in einem 1:1 Kampf gegen die Russen verloren. Ich habe aber nicht verstanden warum, vielleicht könnt ihr mir das erklären.

Warum und wie hat die Rote Armee die Wehrmacht besiegt?

PS: Warum loben soviele die Wehrmacht wenn sie gegen die Russen verloren haben?

Die Gründe sind vielfältig. Zwei stechen jedoch heraus:

1. Die strategische Tiefe Russlands - sowohl im Bezug auf Land als auch auf Ressourcen (Mensch & Material)
2. Die nicht vorhandene Strategie der Wehrmacht.

Zu 1. Guck mal auf eine Weltkugel. Um Russland zu erobern, muss man verdammt weit fahren. Egal wie weit die deutschen Panzer vorgestoßen sind, es gab immer noch mehr Russland, noch mehr Russen und noch mehr russisches Material. Irgendwann waren die Versorgungslinien schlicht überdehnt. Noch dazu kommt, dass die Russen ihre Verluste im Gegensatz zur Wehrmacht relativ leicht ersetzen konnten. Ein gefallener/verwundeter deutscher Soldat fehlte ab einem gewissen Punkt dauerhaft und wurde nicht mehr ersetzt. Die Rote Armee hat einen Ersatz hingestellt. Das gilt auch für Panzer, Flugzeuge und sonstiges Kriegsmaterial. Das dritte Reiche hatte trotz aller Eroberungen schlicht und ergreifend nicht die Ressourcen, um einen längeren Krieg gegen die Sowjetunion zu führen.

Zu 2. Es gab keine Strategie, die über "Wir fahren mal rein und gucken was passiert" hinausging. Die deutschen Planer waren fest davon überzeugt, mit einer großen Offensive und diversen Kesselschlachten die Rote Armee zu vernichten und die Sowjetunion zu schlagen. Das hat am Anfang auch ganz wunderbar funktioniert, die Rote Armee hatte horrende Verluste, aber spätestens im ersten Winter war klar, dass man die sie so nicht schlagen kann. Dafür war sie selber und das Land dahinter schlicht zu groß. Also wurde die Ostfront von einem schnellen Vernichtungskrieg zu einem klassischen Abnutzungskrieg - irgendwann nutzte sich die Wehrmacht dann deutlich schneller ab als die Rote Armee.


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400plus
Beitrag 19. Oct 2017, 12:05 | Beitrag #4
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ZITAT(Panzergrenadiernot @ 19. Oct 2017, 10:06) *
Ich habe etwas über den zweiten Weltkrieg gelesen und so wie ich es verstanden habe, hat die Wehrmacht gegen die Russen verloren. Nicht aufgrund eines Zweifrontenkrieges, sondern praktisch in einem 1:1 Kampf gegen die Russen verloren.


Die Wehrmacht wurde von einer Koalition besiegt, zu der neben der Sowjetunion unter anderem die USA und das Vereinigte Königreich gehörten. Selbstverständlich war der direkte Beitrag dieser in Europa in den ersten Kriegsjahren nicht so hoch, aber eben doch existent und schlussendlich bedeutend, insbesondere auch aufgrund der materiellen Lieferungen an die Rote Armee. Die Militärhistoriker gehen heute m.W. davon aus, dass der Krieg Ende 1941 faktisch verloren war, aber dies nicht nur wegen der Niederlage vor Moskau, sondern auch wegen des Kriegseintritts der USA und ihres industriellen Potentials. Ob die Wehrmacht einen Krieg gegen die Sowjetunion allein gewonnen hätte, ist dann halt reine Spekulation und wird nie abschließend beantwortet werden können. Zu bedenken ist aber, dass eine reine Verlustaufrechnung (die Wehrmacht hat y% ihrer Verluste im Osten erlitten und nur x% im Westen, wobei y deutlich größer als x) wenig zielführend ist, da ein Beitrag der Westalliierten eben auch darin bestand, dass mehrere Jahre lang bedeutende deutsche Truppenverbände in Afrika, Frankreich, Norwegen, im Nordatlantik,... festsaßen und nicht gegen die Sowjetunion eingesetzt werden konnten.

Der Beitrag wurde von 400plus bearbeitet: 19. Oct 2017, 12:05
 
hpd1311
Beitrag 19. Oct 2017, 12:15 | Beitrag #5
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Einen "Vielfrontenkrieg" konnte die Wehrmacht nicht gewinnen. Für mich ist es nicht erklärbar, warum die Militärs Hitler nicht einstimmig vor dem Einmarsch in Russland gewarnt haben. Wenn die überwiegende Mehrheit der Generäle Hitler 1941 die Gefolgschaft verweigert hätten, wäre er machtlos gewesen. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine Bemerkung meines Vaters, der den Russland-Feldzug von Beginn an mitgemacht hat. Er berichtete, dass sein Kompaniechef nach dem Angriffsbefehl spontan die Bemerkung machte: "Jetzt haben wir den Krieg verloren!"
 
Almeran
Beitrag 19. Oct 2017, 12:19 | Beitrag #6
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ZITAT(hpd1311 @ 19. Oct 2017, 13:15) *
Einen "Vielfrontenkrieg" konnte die Wehrmacht nicht gewinnen. Für mich ist es nicht erklärbar, warum die Militärs Hitler nicht einstimmig vor dem Einmarsch in Russland gewarnt haben. Wenn die überwiegende Mehrheit der Generäle Hitler 1941 die Gefolgschaft verweigert hätten, wäre er machtlos gewesen. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine Bemerkung meines Vaters, der den Russland-Feldzug von Beginn an mitgemacht hat. Er berichtete, dass sein Kompaniechef nach dem Angriffsbefehl spontan die Bemerkung machte: "Jetzt haben wir den Krieg verloren!"

Die Wehrmacht hätte den Krieg auch nur gegen die westlichen Alliierten irgendwann verloren.


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hpd1311
Beitrag 19. Oct 2017, 12:27 | Beitrag #7
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Ich denke, dass ohne das Russland-Abenteuer der Krieg im Westen hätte gewonnen werden können. Wenn man die USA nicht gereizt und ihnen schon gar nicht völlig überflüssig den Krieg erklärt hätte, wäre der Hauptfeind England zu besiegen gewesen. Eine Konzentration auf die U-Boot-Waffe, die Churchill erklärtermaßen am meisten fürchtete, würde die Zufuhr lebenswichtiger Versorgungsgüter zum Erliegen gebracht haben. Dann wäre ein für Deutschland akzeptabler Friedensschluss möglich gewesen...
 
Nite
Beitrag 19. Oct 2017, 12:36 | Beitrag #8
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ZITAT(hpd1311 @ 19. Oct 2017, 13:27) *
Ich denke, dass ohne das Russland-Abenteuer der Krieg im Westen hätte gewonnen werden können. Wenn man die USA nicht gereizt und ihnen schon gar nicht völlig überflüssig den Krieg erklärt hätte, wäre der Hauptfeind England zu besiegen gewesen. Eine Konzentration auf die U-Boot-Waffe, die Churchill erklärtermaßen am meisten fürchtete, würde die Zufuhr lebenswichtiger Versorgungsgüter zum Erliegen gebracht haben. Dann wäre ein für Deutschland akzeptabler Friedensschluss möglich gewesen...

Das ist allerdings eine wenig zielführende Debatte. Hitlers Kriegsziele lagen im Osten. Ein Krieg ohne Angriff auf die UdSSR stand also nie zur Debatte. Allenfalls könnte man Szenarios entwickeln was möglich gewesen wäre wenn Deutschland mit dem Feldzug gegen die UdSSR abgewartet hätte bis alle Feinde im Westen besiegt waren. Allerdings begibt man sich hier auf das Terrain der reinen Spekulation.


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plumbum
Beitrag 19. Oct 2017, 12:43 | Beitrag #9
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Einen grossen Auschlag im Krieg gegen Russland hatte auch das Lend ans Lease Gesetzt der Amerikaner.

Russland erhielt ab 1941 ca 15000 Flugzeuge und 7000 Panzer von den USA, dazu noch einen Haufen
anderes Zeig.

Im direkten Vergleich waren die Deutschen technisch im grossen und ganzem besser ausgerüstet,
die Soldaten bis 1943 sehr gut ausgebildet und taktisch überlegen.

Aber wie im ersten Welkrieg ging uns nachschubmässig irgendwann die Puste auf, materiel wie
auch personel.

Der grösste Fehler war Russland anzugreifen bevor England besiegt war. Ein Zweifrontenkrieg (eigentlich
nach der Einnahme von Italien ein Dreifrontenkrieg) war nicht zu gewinnen.

Russland ohne West Allierte und deren materielle Unterstützung wäre zu besiegen gewesen,
zumindest hätte man nicht verloren und umgekehrt.

Dazu noch das Thema Enigma, ab 1943 wussten die Allierten über jede grössere Bewegung der Wehrmacht
Bescheid, auch ein Faktor für die Niederlage in Stalingrad.

Aber natürlich alles Spekulation. Ich habe mal gelesen das sie deutschen Wehrmacht taktisch hervorragend aber strategisch stümperhaft geführt wurde, AH war halt nur Gefreiter und hätte sich raushalten sollen wie es Stalin ab 1943 gemacht hat.

Der Beitrag wurde von plumbum bearbeitet: 19. Oct 2017, 12:47


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Viele Grüße

Plumbum
 
400plus
Beitrag 19. Oct 2017, 13:00 | Beitrag #10
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ZITAT(plumbum @ 19. Oct 2017, 13:43) *
Dazu noch das Thema Enigma, ab 1943 wussten die Allierten über jede grössere Bewegung der Wehrmacht
Bescheid, auch ein Faktor für die Niederlage in Stalingrad.


Das bezweifle ich stark, da der Kessel um Stalingrad im November 1942 geschlossen und der Entsatzangriff im Dezember abgebrochen wurde wink.gif
 
EK 89/2
Beitrag 19. Oct 2017, 13:02 | Beitrag #11
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Ich persönlich finde, man hat gerade im Russlandfeldzug an ganz anderer Stelle einen Fehler gemacht.
Gerade in der Ukraine, im Baltikum oder Belarus sind die Deutschen ja ursprünglich wie/als Befreier empfangen worden. Es gibt ja genügend Aufnahmen aus Minsk oder Kiew. Auch hatten die meisten Russen oder Ukrainer mit der Judenfeindlichkeit der Deutschen überhaupt keine Probleme. Haben sie teilweise auch heute noch nicht
Aus diesen "Vorschusslorbeeren" hat man nix gemacht, ganz im Gegenteil komplett den Herrenmenschen raushängen lassen und die "Untermenschen" schlimmer behandelt als Stalin.
Auch der Umgang mit in Gefangenschaft geratenen Rotarmisten war sagen wir einmal Kontraproduktiv.
Mein Opa hat immer erzählt, das gerade am Anfang sich ganze Einheiten freudig den Deutschen ergeben hätten und hofften gemeinsam mit den Deutschen gegen Stalin und die Bolschewiken kämpfen zu können.
Aber wieder die Herrenmenschen - Untermenschen Nummer.
Dabei hatte man mit den gefangenen/übergelaufenen Rotarmisten ein riesiges und motiviertes Potential an Soldaten, die auch noch Land, Leute und Klima kannten.
Hätte man diese Soldaten in den Kampf mit eingebunden und bei entsprechender Propaganda "Wir befreien Euch von Stalin und den Kommunisten", wäre sicher ein Erfolg oder weinigsten ein für Deutschland sehr günstiger Waffenstillstand möglich gewesen.

 
mr.trigger
Beitrag 19. Oct 2017, 13:19 | Beitrag #12
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Wenn das die Einstellung der deutschen Führung gewesen wäre, hätte sie den Krieg nie vom Zaun gebrochen.


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hpd1311
Beitrag 19. Oct 2017, 13:56 | Beitrag #13
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ZITAT(Nite @ 19. Oct 2017, 13:36) *
ZITAT(hpd1311 @ 19. Oct 2017, 13:27) *
Ich denke, dass ohne das Russland-Abenteuer der Krieg im Westen hätte gewonnen werden können. Wenn man die USA nicht gereizt und ihnen schon gar nicht völlig überflüssig den Krieg erklärt hätte, wäre der Hauptfeind England zu besiegen gewesen. Eine Konzentration auf die U-Boot-Waffe, die Churchill erklärtermaßen am meisten fürchtete, würde die Zufuhr lebenswichtiger Versorgungsgüter zum Erliegen gebracht haben. Dann wäre ein für Deutschland akzeptabler Friedensschluss möglich gewesen...

Das ist allerdings eine wenig zielführende Debatte. Hitlers Kriegsziele lagen im Osten. Ein Krieg ohne Angriff auf die UdSSR stand also nie zur Debatte. Allenfalls könnte man Szenarios entwickeln was möglich gewesen wäre wenn Deutschland mit dem Feldzug gegen die UdSSR abgewartet hätte bis alle Feinde im Westen besiegt waren. Allerdings begibt man sich hier auf das Terrain der reinen Spekulation.


Die USA waren 1941 nicht erpicht, in den Krieg einzutreten. Erst als Hitler völlig hirnrissig den Krieg erklärte, schaltete die US-Wirtschaft auf massive Kriegsproduktion...
 
Almeran
Beitrag 19. Oct 2017, 14:03 | Beitrag #14
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Ich finde "Was wäre wenn"-Diskussionen so super wie jeder andere Nicht-Historiker, aber bitte bleibt doch beim Thema.

- Almeran (Mod)


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xena
Beitrag 19. Oct 2017, 14:22 | Beitrag #15
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Der Beitrag wurde von xena bearbeitet: 19. Sep 2019, 18:31


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ede144
Beitrag 19. Oct 2017, 14:28 | Beitrag #16
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ZITAT(hpd1311 @ 19. Oct 2017, 13:15) *
Einen "Vielfrontenkrieg" konnte die Wehrmacht nicht gewinnen. Für mich ist es nicht erklärbar, warum die Militärs Hitler nicht einstimmig vor dem Einmarsch in Russland gewarnt haben. Wenn die überwiegende Mehrheit der Generäle Hitler 1941 die Gefolgschaft verweigert hätten, wäre er machtlos gewesen. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine Bemerkung meines Vaters, der den Russland-Feldzug von Beginn an mitgemacht hat. Er berichtete, dass sein Kompaniechef nach dem Angriffsbefehl spontan die Bemerkung machte: "Jetzt haben wir den Krieg verloren!"


Weil die Generäle als junge Leutnants gesehen haben das es doch geht.
 
ede144
Beitrag 19. Oct 2017, 14:38 | Beitrag #17
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ZITAT(xena @ 19. Oct 2017, 15:22) *
Deutschland hätte nicht mal gegen England gewinnen können. Der Kampf um England hat deutlich gezeigt, dass es Deutschland ums Verrecken nicht gelang die RAF nieder zu kämpfen. Das Argument mit Enigma zeigt ja auch, dass man unfähig war selbst auf dem Gebiet des Geheimdienstes Erfolg zu haben, sonst hätte man heraus gefunden, dass Enigma geknackt wurde. Selbst ohne diese Erkenntnis hätte man regelmäßig andere Verfahren nutzen müssen, weil Verfahren immer geknackt werden. Selbst diese Einsicht gab es nicht. Den Deutschen stand ihre eigene Überheblichkeit immer wieder im Weg.


Zur RAF: Die konnte man nicht niederkämpfen, weil man die Entwicklung von strategischen Bombern kurz vorm Krieg eingestellt hatte.

Zu Enigma: Du verallgemeinerst zu stark. Manche Schlüssel wurden gebrochen, manche auch rechtzeitig um daraus taktische Vorteile zu ziehen. Dabei ist die Luftwaffe z nennen, die anscheinend selten bis nie ihre Schlüssel wechselte. Die Ubootschlüssel konnten mit Beutematerial zeitweise komplett und später in kurzer Dauer gebrochen werden.
Manche Schlüssel sind bis heute nicht gebrochen. Da gab es sogar Cloudcomputing Projekte um Funksprüche der Scharnhorst zu entschlüsseln.
 
xena
Beitrag 19. Oct 2017, 14:58 | Beitrag #18
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Der Beitrag wurde von xena bearbeitet: 19. Sep 2019, 18:32


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SailorGN
Beitrag 19. Oct 2017, 15:17 | Beitrag #19
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Kryptologie: Die Engländer brüsten sich gern mit Ultra, verschweigen aber auch gern, das der Beobachtungsdienst der Kriegsmarine etliche Codes der Briten, insbesondere auch den Handelsschiffscode über fast 2 Jahre mitlesen konnte... und dreimal darf man raten, in welche Zeit die Konvoi-Schlachten fielen wink.gif Gleichzeitig war man sich auch der eigenen Verletzlichkeit bewusst, es wurden ab 43 alle möglichen Versuche unternommen, die Kryptosicherheit wiederherzustellen. Für die Ostfront und die Bodentruppen hatte das wenig bis keine Auswirkungen, da dort kabelgebundene Kommunikation verfügbar war. Dazu kommt, dass man nicht unbedingt alles mitlesen muss, um Erkenntnisse zu gewinnen. Die RA war sehr erfahren in der "Verkehrsanalyse", das bedeutet, dass man bestimmten Nachrichtentypen Einheitentypen und deren Ebene zuteilen konnte. Diese wurden eingepeilt und anschliessend hatte man eine "Karte" mit einem Frontabschnittschema, wo sind Panzer, wo die Inf, wo stehen Nachschubeinheiten.

Für die Ostfront bzw. die Niederlage der Wehrmacht ist wichtig, dass es der Sowjetunion gelungen ist, trotz horrender Verluste (die RA wurde in ihrer Stärke von 1941 fast dreimal vernichtet und die Wehrmacht hatte das produktivste Drittel der Gesamtfläche besetzt) immer wieder "aufzuerstehen". Die 5-Jahrespläne der 20/30iger Jahre haben in den asiatischen Teilen der SU die Grundlagen für das Überleben und den Sieg gelegt. Dort gab es im Krieg nicht nur genug Industrie und Rohstoffe, sondern im Endeffekt auch genug Rekruten. Dazu kommt, dass es in der RA trotz aller Verluste eine stetige Lehrkurve gab. Bereits in den 30igern hatte man operative Ansätze in der Militärtheorie, welche über den "Blitzkrieg" hinausgingen... die Theoretiker dieser Schule hat man aber vor dem Krieg in den Säberungen mehr als nur mundtot gemacht. Dazu kamen die Lehren aus dem Winterkrieg und der Besetzung des Baltikum (wo die "Performance" der RA sicher deutlich zur Überheblichkeit der Deutschen beitrug). Ähnliches gilt für das Equipment, dieses war 41 in der Masse bereits veraltet (BT-5/7 oder auch I-15/SB-3), die nachfolgenden Modelle waren deutlich besser geeignet, brauchten aber Zeit. "Realistisch" war die Einschätzung, dass nur ein schneller Sieg überhaupt ein möglicher Sieg war, aber meiner persönlichen Meinung nach war die Konzentration auf Moskau bereits ein "Fehler"... oder vielmehr der Versuch der Eroberung. Moskau+ Umland war ein Schlüsselgebiiet, sowohl industriell wie auch politisch, aber ein "Abschneiden" vom Rest des Landes hätte genügt... und Truppen für andere Knotenpunkte freigemacht... bspw. im Süden und Norden. Die Wirtschaft und die politische Überlebensfähigkeit der SU hing an der Infrastruktur und der Fähigkeit, Ressourcen schnell verschieben zu können. Ein Abschneiden wichtiger Gebiete hätte andere lahmgelegt, etwas, was die Wehrmachtsführung erst nach Moskau erkannte.


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Almeran
Beitrag 19. Oct 2017, 15:29 | Beitrag #20
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ZITAT(xena @ 19. Oct 2017, 15:22) *
Naja, wie gut, dass Nazis eigentlich Hohlköpfe sind und keine zwei Schritte im Voraus denken können, gelle?

Gegen die rote Armee hat Hitler auch deswegen verloren, weil wegen England das Unternehmen Barbarossa verspätet begonnen wurde. Der Generalität waren die Umstände des Winters durchaus bewusst und sie hätten es durchaus um ein Jahr verschoben. Es muss aber wohl wieder einmal Hitler gewesen sein, der auf den verspäteten Angriff pochte. Dadurch hat man die Chance verpasst Moskau einzunehmen und dadurch einen Überwinterungsposten und Logistikzentrum weit im Osten zu haben und zusätzlich einen symbolischen Sieg errungen zu haben. Die Wehrmacht hatte die Überraschung auf ihrer Seite und hatte eine überlegene Taktik, die ganz gut funktionierte. Die Wehrmacht hatte aber nicht die logistischen Kapazitäten um über weite Strecken größere Mengen an Material zu transportieren. Im Gegensatz zu den Alliierten wurde in der Wehrmacht immer noch ein Großteil der Güter per Pferdewagen transportiert. Ihre eigene Ideologie hat sie auch daran gehindert die menschlichen Resourcen des Landes für sich zu nutzen. Somit war der Krieg von Anfang an zum scheitern verurteilt.

Deutschland hätte nicht mal gegen England gewinnen können. Der Kampf um England hat deutlich gezeigt, dass es Deutschland ums Verrecken nicht gelang die RAF nieder zu kämpfen. Das Argument mit Enigma zeigt ja auch, dass man unfähig war selbst auf dem Gebiet des Geheimdienstes Erfolg zu haben, sonst hätte man heraus gefunden, dass Enigma geknackt wurde. Selbst ohne diese Erkenntnis hätte man regelmäßig andere Verfahren nutzen müssen, weil Verfahren immer geknackt werden. Selbst diese Einsicht gab es nicht. Den Deutschen stand ihre eigene Überheblichkeit immer wieder im Weg.

Auch Napoleon hat Moskau eingenommen. Gebracht hat es ihm nichts. Die Sowjets hätten die Stadt vorher abgebrannt.


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Einen "Vielfrontenkrieg" konnte die Wehrmacht nicht gewinnen. Für mich ist es nicht erklärbar, warum die Militärs Hitler nicht einstimmig vor dem Einmarsch in Russland gewarnt haben. Wenn die überwiegende Mehrheit der Generäle Hitler 1941 die Gefolgschaft verweigert hätten, wäre er machtlos gewesen. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine Bemerkung meines Vaters, der den Russland-Feldzug von Beginn an mitgemacht hat. Er berichtete, dass sein Kompaniechef nach dem Angriffsbefehl spontan die Bemerkung machte: "Jetzt haben wir den Krieg verloren!"


Weil die Generäle als junge Leutnants gesehen haben das es doch geht.

In meiner Erinnerung hat das deutsche Reich den ersten Weltkrieg verloren.

Das übergreifende Problem ist, dass das deutsche militärische Denken auf die Entscheidungsschlacht fokussiert war. Denn allen war klar, dass man den klassischen Abnutzungskrieg aufgrund mangelnder Ressourcen nicht gewinnen konnte. Dabei haben sie leider übersehen, dass Entscheidungsschlachten nur in den wenigstens Fällen tatsächlich langfristig zum Sieg führen und das am Ende nahezu immer die strategische Tiefe bei Mensch, Material und Land gewinnt. Das ist Hannibal zum Verhängnis geworden, den Engländern im 100jährigen Krieg, das hätte Friedrich dem Großen fast das Genick gebrochen, Napoleon ist letztendlich daran gescheitert und auch die deutschen Großmachtsfantasien des 20. Jahrhunderts sind daran zerschellt.

Kriege gewinnt, wer länger die zwangsläufig entstehenden Verluste aushalten und ausgleichen kann. Das waren in diesem Fall die Sowjetunion und die westlichen Alliierten. Da kann die Wehrmacht taktisch und im Material noch so überlegen gewesen sein, es macht keinen Unterschied wenn man das nicht in Zahlen umsetzen kann.

Der Beitrag wurde von Almeran bearbeitet: 19. Oct 2017, 15:30


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ZITAT(Almeran @ 19. Oct 2017, 16:29) *
Das übergreifende Problem ist, dass das deutsche militärische Denken auf die Entscheidungsschlacht fokussiert war. Denn allen war klar, dass man den klassischen Abnutzungskrieg aufgrund mangelnder Ressourcen nicht gewinnen konnte. Dabei haben sie leider übersehen, dass Entscheidungsschlachten nur in den wenigstens Fällen tatsächlich langfristig zum Sieg führen und das am Ende nahezu immer die strategische Tiefe bei Mensch, Material und Land gewinnt. Das ist Hannibal zum Verhängnis geworden, den Engländern im 100jährigen Krieg, das hätte Friedrich dem Großen fast das Genick gebrochen, Napoleon ist letztendlich daran gescheitert und auch die deutschen Großmachtsfantasien des 20. Jahrhunderts sind daran zerschellt.

Kriege gewinnt, wer länger die zwangsläufig entstehenden Verluste aushalten und ausgleichen kann. Das waren in diesem Fall die Sowjetunion und die westlichen Alliierten. Da kann die Wehrmacht taktisch und im Material noch so überlegen gewesen sein, es macht keinen Unterschied wenn man das nicht in Zahlen umsetzen kann.


This. Nach dem Krieg hat sich ein wenig diese Idee in Deutschland durchgesetzt (nicht zuletzt auch dank der Memoiren ehemaliger Wehrmachtsgeneräle), dass Hitler ein strategischer Stümper war, von operativen Zusammenhängen keine Ahnung hatte und man den Krieg schon gewonnen hätte, wenn er das seinen Feldmarschällen überlassen hätte. Ich bin da ein wenig skeptischer. Sicher stimmt es, dass Hitler kein Generalstäbler war, und sein Zuvorderstellen von kriegswirtschaftlichen Zwängen hat mehrmals zur Fast-Katastrophe oder zur Katastrophe geführt. Aber wenn man sich ansieht, was die moderne Forschung an Zahlen und Statistiken zu industrieller Produktion, Mannstärke, personellen Reserven etc ausgegraben hat, dann war Hitlers grundsätzliche Idee halt so falsch nicht. Klar war es operativ nicht die beste Idee, 1942 in den Kaukasus zu marschieren und dabei die Nordflanke zu verlängern. Realistischerweise war es aber fast unmöglich, den Krieg im Osten zu gewinnen, ohne der Sowjetunion dieses Öl abspenstig zu machen...
 
Glorfindel
Beitrag 19. Oct 2017, 16:18 | Beitrag #22
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ZITAT(EK 89/2 @ 19. Oct 2017, 13:02) *
Ich persönlich finde, man hat gerade im Russlandfeldzug an ganz anderer Stelle einen Fehler gemacht.
(...)
Dabei hatte man mit den gefangenen/übergelaufenen Rotarmisten ein riesiges und motiviertes Potential an Soldaten, die auch noch Land, Leute und Klima kannten.
Hätte man diese Soldaten in den Kampf mit eingebunden und bei entsprechender Propaganda "Wir befreien Euch von Stalin und den Kommunisten", wäre sicher ein Erfolg oder weinigsten ein für Deutschland sehr günstiger Waffenstillstand möglich gewesen.

Es war schwierig diese Leute einzubinden in den Kampf, weil sie aus ideologischer Sicht der Deutschen minderwertig waren. Es ist im Übrigen nicht untypisch, dass die Invasoren zuerst als Befreier begrüsst werden und dann am Schluss bekämpft werden. Ich verweise hierzu z.B. auf die revolutionären Franzosen, die mancherorts zuerst als Befreier war genommen wurden oder auch auf die Amis 2003 im Irak. Die Behandlung der Gefangenen war sicherlich ein Fehler. Dieser Fehler haben auch die Sowjets am Anfang gemacht. Das führt dazu, dass der Gegner länger kämpft. Auch das Verbot des Rückzuges, welches sowohl auf Deutscher Seite wie auch auf Sowjetischer Seite bestand, war idiotisch. Es kann sinnvoll sein, sich zurück zu ziehen, um z.B. die Kampfkraft zu bewahren, eigene Truppenteile von der Vernichtung zu bewahren oder die Front zu verkürzen. Die Einmischung von Hitler in die Belange der Wehrmacht haben sich auch negativ ausgewirkt. Diesbezüglich hat sich Stalin geschickter verhalten und ziemlich schnell den eigentlichen Krieg den Militärs überlassen.

ZITAT(SailorGN @ 19. Oct 2017, 15:17) *
(...)
Für die Ostfront bzw. die Niederlage der Wehrmacht ist wichtig, dass es der Sowjetunion gelungen ist, trotz horrender Verluste (die RA wurde in ihrer Stärke von 1941 fast dreimal vernichtet und die Wehrmacht hatte das produktivste Drittel der Gesamtfläche besetzt) immer wieder "aufzuerstehen". Die 5-Jahrespläne der 20/30iger Jahre haben in den asiatischen Teilen der SU die Grundlagen für das Überleben und den Sieg gelegt. Dort gab es im Krieg nicht nur genug Industrie und Rohstoffe, sondern im Endeffekt auch genug Rekruten. Dazu kommt, dass es in der RA trotz aller Verluste eine stetige Lehrkurve gab. Bereits in den 30igern hatte man operative Ansätze in der Militärtheorie, welche über den "Blitzkrieg" hinausgingen... die Theoretiker dieser Schule hat man aber vor dem Krieg in den Säberungen mehr als nur mundtot gemacht. Dazu kamen die Lehren aus dem Winterkrieg und der Besetzung des Baltikum (wo die "Performance" der RA sicher deutlich zur Überheblichkeit der Deutschen beitrug). Ähnliches gilt für das Equipment, dieses war 41 in der Masse bereits veraltet (BT-5/7 oder auch I-15/SB-3), die nachfolgenden Modelle waren deutlich besser geeignet, brauchten aber Zeit. "Realistisch" war die Einschätzung, dass nur ein schneller Sieg überhaupt ein möglicher Sieg war, aber meiner persönlichen Meinung nach war die Konzentration auf Moskau bereits ein "Fehler"... oder vielmehr der Versuch der Eroberung. Moskau+ Umland war ein Schlüsselgebiiet, sowohl industriell wie auch politisch, aber ein "Abschneiden" vom Rest des Landes hätte genügt... und Truppen für andere Knotenpunkte freigemacht... bspw. im Süden und Norden. Die Wirtschaft und die politische Überlebensfähigkeit der SU hing an der Infrastruktur und der Fähigkeit, Ressourcen schnell verschieben zu können. Ein Abschneiden wichtiger Gebiete hätte andere lahmgelegt, etwas, was die Wehrmachtsführung erst nach Moskau erkannte.

Das ist absolut richtig. Russland hatte sowohl die personellen wie auch die materiellen Ressourcen die Armee nach 1941 völlig neu aufzustellen. Die sowjetische Armee zu Beginn des Krieges wurde zu 98% aufgerieben. Ich halte schon auch die materielle und personelle Überlegenheit sowie die geschicktere Rüstungspolitik für entscheidend. Ich möchte hier darauf hinweisen, dass die Sowjetunion z.B. während des Krieges rund 45000 T-34 baute. Im Vergleich dazu wurden z.B. vom Panzer IV nur 8'500 gebaut und vom Panzer V nur rund 6000.

ZITAT(Almeran @ 19. Oct 2017, 15:29) *
In meiner Erinnerung hat das deutsche Reich den ersten Weltkrieg verloren.

Das ist die Ansicht der Mainstream-Geschichtswissenschaft. Viele Deutschen Generäle hatten durchaus kein gutes Gefühl als sie Russland angegriffen. Russland hatte mit fast 200 Millionen Einwohner drei Mal mehr als das Deutsche Reich. Russland ist riesig, was sowohl die Blitzkriegstrategie schwierig macht als auch die Versorgung der Truppen. Zudem gibt es den berüchtigten russischen Winter. Russland ist zudem bekannt für gescheiterte Feldzüge: Ich denke da insbesondere an den Russlandfeldzug des unglücklichen Karl XII und Napoleon 104 Jahre später.

ZITAT
Das übergreifende Problem ist, dass das deutsche militärische Denken auf die Entscheidungsschlacht fokussiert war. (...)

Man hätte gerade das Beispiel 1812 studieren sollen: Stichwörter wären: Russischer Winter, Strassenverhältnisse, das Ausweichen der Russen und die massiv schlechtere Versorgungslage in Russland aufgrund der dort herrschenden Bedingungen.


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Glorfindel
Beitrag 19. Oct 2017, 17:19 | Beitrag #23
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Noch etwas zu den Verlusten: An der Ostfront verlor die Wehrmacht nach eigenen Angaben durchschnittlich pro Tag 2'000 Mann bzw. pro Monat 125'000 oder pro Stunde 84 Mann oder alle 45 Sekunden fiel ein Wehrmachtsangehöriger an der Ostfront aus, d.h. er wurde getötet, gefangengenommen, galt als vermisst oder musste schwerer verletzt aus dem Kampfgebiet evakuiert werden. In den Monaten August und September 1944 also am Ende der Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte erlitt die Wehrmacht Verluste von 700'000 Toten, Vermissten, Gefangenen oder Verletzten. Das sind über 11'000 Mann pro Tag. Die Wehrmacht war nicht in der Lage längerfristig diese Verluste zu tragen.
ZITAT(400plus @ 19. Oct 2017, 15:42) *
This. Nach dem Krieg hat sich ein wenig diese Idee in Deutschland durchgesetzt (nicht zuletzt auch dank der Memoiren ehemaliger Wehrmachtsgeneräle), dass Hitler ein strategischer Stümper war, von operativen Zusammenhängen keine Ahnung hatte und man den Krieg schon gewonnen hätte, wenn er das seinen Feldmarschällen überlassen hätte. Ich bin da ein wenig skeptischer. Sicher stimmt es, dass Hitler kein Generalstäbler war, und sein Zuvorderstellen von kriegswirtschaftlichen Zwängen hat mehrmals zur Fast-Katastrophe oder zur Katastrophe geführt. Aber wenn man sich ansieht, was die moderne Forschung an Zahlen und Statistiken zu industrieller Produktion, Mannstärke, personellen Reserven etc ausgegraben hat, dann war Hitlers grundsätzliche Idee halt so falsch nicht. Klar war es operativ nicht die beste Idee, 1942 in den Kaukasus zu marschieren und dabei die Nordflanke zu verlängern. Realistischerweise war es aber fast unmöglich, den Krieg im Osten zu gewinnen, ohne der Sowjetunion dieses Öl abspenstig zu machen...

Hitler hat ganz entscheidend zur militärischen Niederlage der Wehrmacht, so wie sie stattgefunden hat, beigetragen. Bereits bei der Schlacht von Moskau 1941/42 nahm die Wehrmacht wegen Hitler viel zu spät die Winterstellungen ein, weshalb viel Material zurückgelassen werden musste. Die 6. Armee hätte auch ziemlich sicher gerettet werden können, wenn sie aus Stalingrad ausgebrochen wäre. Hitler war aber generell gegen jegliche Rückzüge und hier speziell, weil es sich um einen symbolträchtigen Ort handelte. Auf die standhafte Weigerung einer Verkürzung der Front zuzustimmen dürfte das ihre zur Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte, wohl zusammen mit der Schlacht um Stalingrad eine der grössten Niederlage, welche deutsche Streitkräfte überhaupt jemals erlebt haben in Bezug auf die Grössenverhältnisse.

Der Beitrag wurde von Glorfindel bearbeitet: 19. Oct 2017, 17:20


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400plus
Beitrag 19. Oct 2017, 17:40 | Beitrag #24
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ZITAT(Glorfindel @ 19. Oct 2017, 18:19) *
Hitler hat ganz entscheidend zur militärischen Niederlage der Wehrmacht, so wie sie stattgefunden hat, beigetragen. Bereits bei der Schlacht von Moskau 1941/42 nahm die Wehrmacht wegen Hitler viel zu spät die Winterstellungen ein, weshalb viel Material zurückgelassen werden musste. Die 6. Armee hätte auch ziemlich sicher gerettet werden können, wenn sie aus Stalingrad ausgebrochen wäre. Hitler war aber generell gegen jegliche Rückzüge und hier speziell, weil es sich um einen symbolträchtigen Ort handelte. Auf die standhafte Weigerung einer Verkürzung der Front zuzustimmen dürfte das ihre zur Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte, wohl zusammen mit der Schlacht um Stalingrad eine der grössten Niederlage, welche deutsche Streitkräfte überhaupt jemals erlebt haben in Bezug auf die Grössenverhältnisse.


Das bestreite ich auch gar nicht. Mir geht es mehr darum, dass oft argumentiert wird, dass die strategische Grundausrichtung Hitlers zu sehr von kriegswirtschaftlichen Aspekten (Abdrehen auf die Ukraine 1941, Vorstoß in den Kaukasus 1942, Festhalten am Donezk-Gebiet 1943,...) beeinflusst war- und da bin ich mir eben nicht so sicher, eben weil die Kriegswirtschaft ein zentraler Aspekt ist. Ja, Stalingrad und Bagration waren Katastrophen- aber für den endgültigen Ausgang des Krieges waren sie nicht entscheidend. Selbst wenn man die 6. Armee aus Stalingrad evakuiert hätte und die HG Mitte auf eine verkürzte Position gezogen hätte, war zu diesem Zeitpunkt der Würfel bereits gefallen. Allenfalls hätte halt vielleicht die amerikanische Flagge über dem Reichstag geweht, oder die sowjetische im Mai 1946 statt 45- dann wahrscheinlich mit Atomwaffenabwürfen auf deutschem Gebiet.

Der Beitrag wurde von 400plus bearbeitet: 19. Oct 2017, 17:44
 
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Beitrag 19. Oct 2017, 18:03 | Beitrag #25
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Allgemein zur Diskussion einmal, was Bernd Wegener in "Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg", Band 6, zu Deutschlands Siegchancen schreibt. Leider habe ich nur die englische Version vorliegen:

"The conclusion, time and again encountered in the literature of the most varied provenance, that the battle of Stalingrad marked a turning-point, or even the turning-point, in the Second World War, is certainly questionable in several respects. It suggessts the idea that after, and because of, Stalingrad the war took a fundamentally different course. With regard to Germany this would mean that, with the outcome of the battle, it had finally abandoned the road to victory, that a war until then still winnable had changed into a hopeless one. But that is in no way the case. The boundless nature of Hitler’s war aims, the early globalization of the war, the extremely asymmetrical distribution of human and material resources, America’s lead in nuclear weapons development, and finally the determination of the great powers to conclude the war forced upon them only with Germany’s defeat- all these, in retrospect, invalidate any thesis that the German Reich had ever had a real chance of winning the war as a whole in the way Hitler understood it. […]
An entirely diffeerent question is whether the annihilation of Sixth Army on the Volga marked a turning-point in the war in the east. There, at least, the German Wehrmacht had twice been close to a decision of strategic import. Both in the autumn of 1941 at Moscow and in the following summer on the southern sector of the front a collapse of the Soviert defence, if not indeed of Stalin’s regime as such, was within the realm of the possible. In both instances it was a constellation of relatively few factors, and not some kind of „inevitability“, which ultimately decided the outcome. […] [The events at Stalingrad] mark the final conclusion of a process of diminishing options of victory in the east. The crucial stations of this process were the battle of Smolensk in July 1941 and the resulting stoppage of the German advance, the failure before Moscow in December 1941, the relocation of substantial sections of Soviet industry […], and Hitler’s decision in July 1942 to split Operation Blue in two. After each of these events the foundations of a German victory in the east had become more fragile […]"
 
Ta152
Beitrag 19. Oct 2017, 18:46 | Beitrag #26
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ZITAT(ede144 @ 19. Oct 2017, 15:38) *
< snip >
Zur RAF: Die konnte man nicht niederkämpfen, weil man die Entwicklung von strategischen Bombern kurz vorm Krieg eingestellt hatte.
< snip >


Gegen England reichte die Reichweite der He 111 knapp und die der Ju 88 locker.

Das man die RAF nicht nicht niederkämpfen konnte lag vor allem an Konzeptlosigkeit und fehlender Reichweite bei der Bf 109. Mit abwerfbaren 250 Liter Zusatztanks (wie später praktisch immer verwendet) und klarer Schwerpunktbildung hätte man die RAF 1940 von der Kanalküste "vertreiben" können. Hätte aber nix genutzt, denn erstens gab es keinen auch nur halbwegs Realistischen Landungsplan und zweitens wäre die RAF im falle einer Landung schnell wieder über der Kanalküste gewesen.

Einzige realistische Chance wäre ein abschneiden vom Nachschub (primär mittels U-Boot) und dann erst Luftoffensive gewesen. Die RAF hätte dann keinen Sprit mehr gehabt. Eine Landung wäre aber auch dann nach meiner Einschätzung frühstens 1943 denkbar.

So gesehen war das "links liegen lassen" von England strategisch erst mal nicht das Problem, gegen die Sowjetunion brauchte man keine U-Boote. Dumm nur das man die Luftwaffe 1940/41 über England verschlissen hat, das hat sich später über Russland (und vor allem auch dem Reichsgebiet) bemerkbar gemacht.

ZITAT(400plus @ 19. Oct 2017, 13:05) *
< snip > Die Militärhistoriker gehen heute m.W. davon aus, dass der Krieg Ende 1941 faktisch verloren war, aber dies nicht nur wegen der Niederlage vor Moskau, sondern auch wegen des Kriegseintritts der USA und ihres industriellen Potentials.

auf jeden fall war ab den Punkt der Krieg nicht mehr durch besetzen des gegnerischen Gebietes zu besiegen. Denn selbst wenn Deutschland und Japan zusammengearbeitet hätten und beide deutlich gesiegt hätten. Eine Invasion in den USA wäre weiterhin praktisch undenkbar gewesen.
Eine nicht Kriegserklärung durch Hitler ist auf jeden fall eine interessante was wäre wenn Frage. Entweder hätten sich die USA komplett auf Japan gestürzt (die dann deutlich schneller weg gewesen wären, oder aber Roosevelt hätte Deutschland den Krieg erklärt. Ich gehe eher von letzteren aus.

ZITAT(400plus @ 19. Oct 2017, 13:05) *
da ein Beitrag der Westalliierten eben auch darin bestand, dass mehrere Jahre lang bedeutende deutsche Truppenverbände in Afrika, Frankreich, Norwegen, im Nordatlantik,... festsaßen und nicht gegen die Sowjetunion eingesetzt werden konnten.

Das waren verhältnismäßig wenig Truppen. Ein größere Prozentsatz war es eigentlich nur bei Luftwaffe und Marine.

ZITAT(hpd1311 @ 19. Oct 2017, 13:15) *
Einen "Vielfrontenkrieg" konnte die Wehrmacht nicht gewinnen. Für mich ist es nicht erklärbar, warum die Militärs Hitler nicht einstimmig vor dem Einmarsch in Russland gewarnt haben. Wenn die überwiegende Mehrheit der Generäle Hitler 1941 die Gefolgschaft verweigert hätten, wäre er machtlos gewesen. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine Bemerkung meines Vaters, der den Russland-Feldzug von Beginn an mitgemacht hat. Er berichtete, dass sein Kompaniechef nach dem Angriffsbefehl spontan die Bemerkung machte: "Jetzt haben wir den Krieg verloren!"

Die Generäle haben in den Feldzügen davor zu viel gewarnt und wurden immer wieder überrascht wie schnell man Gesiegt hat. Dementsprechend ist klar warum sie nicht stark dagegen Opponiert haben.

ZITAT(EK 89/2 @ 19. Oct 2017, 14:02) *
Ich persönlich finde, man hat gerade im Russlandfeldzug an ganz anderer Stelle einen Fehler gemacht.
Gerade in der Ukraine, im Baltikum oder Belarus sind die Deutschen ja ursprünglich wie/als Befreier empfangen worden. Es gibt ja genügend Aufnahmen aus Minsk oder Kiew. Auch hatten die meisten Russen oder Ukrainer mit der Judenfeindlichkeit der Deutschen überhaupt keine Probleme. Haben sie teilweise auch heute noch nicht
Aus diesen "Vorschusslorbeeren" hat man nix gemacht, ganz im Gegenteil komplett den Herrenmenschen raushängen lassen und die "Untermenschen" schlimmer behandelt als Stalin.
Auch der Umgang mit in Gefangenschaft geratenen Rotarmisten war sagen wir einmal Kontraproduktiv.
Mein Opa hat immer erzählt, das gerade am Anfang sich ganze Einheiten freudig den Deutschen ergeben hätten und hofften gemeinsam mit den Deutschen gegen Stalin und die Bolschewiken kämpfen zu können.
Aber wieder die Herrenmenschen - Untermenschen Nummer.
Dabei hatte man mit den gefangenen/übergelaufenen Rotarmisten ein riesiges und motiviertes Potential an Soldaten, die auch noch Land, Leute und Klima kannten.
Hätte man diese Soldaten in den Kampf mit eingebunden und bei entsprechender Propaganda "Wir befreien Euch von Stalin und den Kommunisten", wäre sicher ein Erfolg oder weinigsten ein für Deutschland sehr günstiger Waffenstillstand möglich gewesen.


Dem stimme ich fast 100% zu. das einzige was ich kritisch sehe aufstellen von Einheiten aus Kriegsgefangen. Das wäre ideologisch wohl kaum zu verkaufen gewesen, für den Rest hätten Goebbels und Co schon die passenden Worte gefunden.

ZITAT(400plus @ 19. Oct 2017, 16:42) *
< snip > Klar war es operativ nicht die beste Idee, 1942 in den Kaukasus zu marschieren und dabei die Nordflanke zu verlängern. Realistischerweise war es aber fast unmöglich, den Krieg im Osten zu gewinnen, ohne der Sowjetunion dieses Öl abspenstig zu machen...


Das war sogar ganz klar eine der besseren Ideen. Es war die letzte halbwegs realistische Chance für Deutschland den Krieg nicht zu verlieren.



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SailorGN
Beitrag 19. Oct 2017, 19:57 | Beitrag #27
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@Glorfindel: Die Einschätzung der Rollen Hitlers und Stalins ist deutlich verzerrt. Stalin hat ALLE größeren Offensiv- und Rückzugsoperationen persönlich genehmigt, Generäle, welche sich ohne Erlaubnis zurückzogen, wurden erschossen. Seine persönlichen Erfahrungen und Führungsqualitäten aus Zeiten als Kommissar bei den Roten Garden waren da aber sicher nicht hilfreich (schliesslich wurde Zaritsa mit dem Blut von Rotgardisten unter seinem Befehl auf "Stalingrad" getauft). Andersherum hat Hitler gegen den Willen der Generalität den Blitz ermöglicht. Den alten Herren war das Panzerrumgestürme doch etwas zu rasant... Beide haben sich besonders in kritischen Phasen massiv eingemischt, öfter zum Schlechten als zum Guten. Stalin hat bspw. einen expliziten Feuervorbehalt in den Tages des dt. Überfalls ausgesprochen, der zunächst eingehalten wurde. Auch hat er die massiven Gegenangriffe der Mechanisierten Korps auf die Angriffsspitzen befohlen, obwohl diese personell und materiell nicht für solche Ops vorbereitet waren. Oder auch die Winteroffensive vor Moskau, diese wurde bis zur völligen Erschöpfung der beteiligten Truppen vorangetrieben... es gibt genug Beispiele für Führungsversagen auf höchsteer Ebene.

Wirtschaftlich betrachtet stand der Krieg noch 42 auf der Schneide. Die USA war erst ab Mitte 42 wirklich in der Lage, ihr Potential voll zu entfalten. Die SU dagegen war wirtschaftlich in der 1. Hälfte 42 quasi aus der Gleichung raus, die Verlagerung der Industrie, Verlust der am weitesten entwickelten Landesteile und Verlust fast der ganzen Friedensarmee. Erst mit der Etablierung der neuen Industriestandorte kippt die Gleichung. Die SU war in dieser Phase sehr verletzlich, da sie in der Vernetzung der Industriezentren auf ihre Bahn- und Schiffslinien angewiesen war. Die Industrien waren idR in Regionen stark vertikal integriert (bspw. Stalingrad) hatten aber nie alle Rohstoffe vor Ort (Bsp. Magnitogorsk, Eisen ohne Ende, aber keine Kohle). Tiefe schläge gegen Transportwege und Rohstoffzentren wären eine Option gewesen (Fall Blau geht ja darauf ein), aber dazu fehlten die Reserven.

Was die "Faszination Wehrmacht" angeht: Der "Mythos" beruht auf der "Erfolgsgeschichte" von Polen über den Westfeldzug, Afrika und schliesslich Barbarossa. Im Gegensatz zu vorherigen Kriegen waren die Erfolge so schnell und so verlustarm für den Angreifer, dass sich auch die WM selbst "unbesiegbar" fühlte. Die Ostfront war im Grunde das Gleiche, schaut man sich die Verhältnisse von eingesetztem Personal, Erfolgen, Verlusten und vor allem Gefangenen an... Die Abnutzung wurde gar nicht wahrgenommen, die Abschusszahlen schon. Daher rührt die Faszination für Tiger/Panther, 1:7 ist geradezu Wahnsinn (1 Panzer ist 2 Panzerzüge des Gegners wert). Ausgeblendet wird aber bewusst, dass der Gegner im Schwerpunkt gern mal mehr als 2 Panzerzüge aufstellte, Abnutzung in Kauf nahm oder die Vorteile der Panzer anderweitig negierte. Im Wehrmachtsmythos ist viel "Wenige gegen Viele", vor allem durch die Propaganda mit ihren "Helden" wie Rudel, Prien oder auch Rommel. Einzelne oder Gruppen (Demjansk) werden herausgehoben, die Leistungen dieser überhöht und der Preis, den andere zahlen, ausgeblendet.


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Beitrag 19. Oct 2017, 20:00 | Beitrag #28
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ZITAT(Ta152 @ 19. Oct 2017, 19:46) *
ZITAT(400plus @ 19. Oct 2017, 13:05) *
da ein Beitrag der Westalliierten eben auch darin bestand, dass mehrere Jahre lang bedeutende deutsche Truppenverbände in Afrika, Frankreich, Norwegen, im Nordatlantik,... festsaßen und nicht gegen die Sowjetunion eingesetzt werden konnten.

Das waren verhältnismäßig wenig Truppen. Ein größere Prozentsatz war es eigentlich nur bei Luftwaffe und Marine.


Kommt auf deine Definition von "größerer Prozentsatz" an. Bei der Marine war es sicher mehr als die Hälfte, bei der Luftwaffe wüsste ich es gerade nicht, da dürfte aber auch ein ziemlicher Teil im Westen und Afrika gewesen sein. Beim Heer schwankte es ein wenig, je nachdem, wie sehr Hitler eine Invasion fürchtete, im Schnitt vor 1943 wohl so 40-50 Divisionen. Ein paar davon hätte man als Besatzungsdivisionen sowieso benötigt, aber in einer hypothetischen Situation ganz ohne England auf der Landkarte hätte die Wehrmacht 1941/42 wahrscheinlich schon 1-2 zusätzliche Armeen mit 5-6 schnellen Divisionen im Osten einsetzen können.
 
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Beitrag 19. Oct 2017, 20:57 | Beitrag #29
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Wikipedia Gegenüberstellung:

Bevölkerung 1939:
-Deutschland: 80 Millionen
-Sowjetunion: 190 Millionen
Verhältnis: 2,375

Soldatenopfer:
-Deutschland: 5 Millionen
-Sowjetunion: 13 Millionen
Verhältnis: 2,6

Ähnlicher Faktor also. Mich wundert, das trotz prozentual gleicher Verluste, die SU soviel mehr an Menschen anscheinend aufstellen konnte.
 
Madner Kami
Beitrag 19. Oct 2017, 21:08 | Beitrag #30
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Die Luftschlacht über England wurde in dem Moment verloren, als man sich vom Bombardieren der RAF-Stützpunkte abwandte und lieber London anzündete. Ich erinnere mich dunkel an eine Doku in der damalige britische Stabsoffiziere klar gesagt haben, dass die RAF aus dem letzten Loch pfiff, als man plötzlich die Infrastruktur in Ruhe lies und lieber Vergeltungsbombardierungen anstrebte. An eine Invasion war trotzdem nicht zu denken. Overlord hat nicht deswegen so lange gebraucht weil die Alliierten lieber Russen statt Briten und Amis sterben sehen, sondern weil Taktik, Technologie und T...Logistik einfach noch nicht so weit waren. Umgekehrt hätten die Deutschen genau die gleichen Probleme gehabt. Man hätte erstmal Landungsboote designen und bauen müssen, die Truppen dafür ausbilden müssen, die britische Flotte massivst dezimieren müssen, eine Möglichkeit der Fernversorgung finden müssen usw. usf. Das war einfach nicht machbar. Definitiv nicht in der Kürze der Zeit und, da bin ich mir ziemlich sicher, auch in längerer Zeit nicht. Gerade die britische Flotte war ja ein Riesenproblem, denn schaut man mal in den D-Day, dann glänzt der ja regelrecht mit der Abwesenheit der deutschen Flotte und der Luftwaffe und die Alliierten haben trotz aller Überlegenheit absolut haarsträubende Verluste eingefahren und das Unternehmen stand auch nach etlichen siegreichen Wochen noch auf Messers Schneide. Wie eine Invasion der Deutschen unter dem Bombardement von britischen Schlachtschiffen und amerikanischen Bombern abgelaufen wäre, möchte ich mir garnicht ausmalen, da wäre Stalingrad ein Witz dagegen.

Thema Stalingrad: Wie andere bereits bemerkten, war der Krieg praktisch ab Winter '41 nicht mehr gewinnbar, die Chance aufgrund strategischer und taktischer Überlegenheit, eine für Deutschland gewinnbringende Lage zu erreichen, bestand aber durchaus noch. Fakt ist, dass Hitlers Drängen auf ein Nichtzurückweichen drastische Folgen hatte, da die Wehrmacht einfach nicht in der Lage war die Verluste in dieser Größenordnung auszugleichen. Hätte man die 700.000 Mann aus Stalingrad abgezogen, hätten diese für andere Operationen in den Folgejahren zur Verfügung gestanden (von der Truppenmoral ganz zu schweigen), das gleiche im Bezug auf die Verkürzung der Frontlinien. Trotz aller zahlenmäßigen und industriellen Unterlegenheit, waren die "Abschusszahlen" der Wehrmacht gegenüber der Sovietarmee beängstigend und das noch lange in die Spätphase des zweiten Weltkriegs hinein. Ein bis zwei Millionen verfügbarer Truppen mehr, hätten viel geändert, obgleich am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit nur eine Verlängerung des ohnehin verlorenen Krieges geschehen wäre, mit allen absehbaren Folgen.

ZITAT(Panzergrenadiernot @ 19. Oct 2017, 21:57) *
Wikipedia Gegenüberstellung:

Bevölkerung 1939:
-Deutschland: 80 Millionen
-Sowjetunion: 190 Millionen
Verhältnis: 2,375

Soldatenopfer:
-Deutschland: 5 Millionen
-Sowjetunion: 13 Millionen
Verhältnis: 2,6

Ähnlicher Faktor also. Mich wundert, das trotz prozentual gleicher Verluste, die SU soviel mehr an Menschen anscheinend aufstellen konnte.


Das liegt mMn in der Bevölkerungsstruktur begründet. In Deutschland war ein großer Teil der Bevölkerung fest in der Industrie eingebunden, die Russen hatten da viel Freiraum in der Tiefe des Landes, wo die Leute nur auf dem Feld gearbeitet haben. Gerade die unterentwickelten asiatischen Teile Russlands zu der Zeit sind ein kaum zu unterschätzender personeller Vorteil in dieser Hinsicht.

Thema Industrie: Bei der Zahl der hergestellten Panzer übersieht man gerne, wann die Großzahl derselben gebaut wurden. Hätte Deutschland schon früher auf Kriegswirtschaft umgestellt, hätte es auch mehr Panzer gegeben. Was immer wieder gerne vergessen wird ist, dass das produktivste Jahr der deutschen Wirtschaft ausgerechnet 1944 war, also eine Zeit in der man einen Großteil der Gelände- und Resourcengewinne schon wieder verloren hatte und die Industrie praktisch permanent bombardiert wurde. Hätte man früher umgestellt, dann wären die Großkatzen und Co in größerer Stückzahl gebaut worden.

Der Mythos Wehrmacht kommt meiner Meinung nach auch und gerade daher, dass man trotz aller Fehler und Idiotien, trotzdem so weit gekommen ist.

Der Beitrag wurde von Madner Kami bearbeitet: 19. Oct 2017, 21:20


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