Täuschen des Gegners - Der Sammelthread, Einfache Mittel mit großer Wirkung |
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Täuschen des Gegners - Der Sammelthread, Einfache Mittel mit großer Wirkung |
15. Apr 2022, 08:57 | Beitrag
#1
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Oberleutnant Beiträge: 1.540 Gruppe: Members Mitglied seit: 25.05.2007 |
Dieser Thread soll sich einfachen physikalischen Täuschungsmaßnahmen, mit denen man dem militärischen Gegner die Existenz von etwas vorspielt, widmen.
Der Thread ist für alle Streitkräfte, Teilstreitkräfte und Truppengattungen gedacht und daher im "Allgemeinen Forum" des "WHQ-Forums" angesiedelt. Ich möchte gerne militärische Täuschungen, die primär den Tod von Zivilisten zum Ziel haben, wenn möglich, ausklammern. Es geht mir eher um möglichst einfache Maßnahmen und improvisierte Basteleien, mit denen Soldaten dem Gegner etwas vormachen und ihn zu einer falschen Einschätzung der Situation verleiten wollen. Es können sowohl geschichtliche und sonstige "Täuschungen aus zweiter Hand", aber auch selbst erlebte und gebastelte Täuschungen/Attrappen u.A. thematisiert werden. Als Einführung in das Thema ein paar Internetartikel: Wikipedia - Tarnen und Täuschen, Abschnitt Täuschen aus der NVA in die BW, Deutsche Welle - "Tarnen und Täuschen" - die letzte Einheit der DDR-Armee Youtube - Bundeswehr - Tarnen und Täuschen Wikipedia - Military dummy Wikipedia - Military deception Wikipedia - Ghost Army Wikimedia Commons: Wikimedia Commons - Category:Mock-ups_of_military_equipment Wikimedia Commons - Category:Fake_weapons Der Beitrag wurde von Wraith187 bearbeitet: 15. Apr 2022, 09:20 -------------------- BUNT
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29. Aug 2022, 23:23 | Beitrag
#2
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Divisionär Beiträge: 10.160 Gruppe: Moderator Mitglied seit: 10.09.2003 |
Hallo zusammen, Mir ist beim Lesen hier im Forum ein Gedanke gekommen und mich interessiert eure Einschätzung dazu. Ist das Tarnen von Infanteriebunkern als Zivilgebäude, so wie es die CH-Armee reihenweise getan hat überhaupt mit dem Völkerrecht vereinbar? Wo genau ist die Grenze zwischen Kriegslist und vortäuschen eines Zivilistenstatus? Bezieht sich das nur auf Personen und nicht auf Gebäude? Hier ein Beispiel: ZITAT Er sah aus wie ein Wohnhaus - war aber ein Bunker der früheren Artilleriefestung Heldsberg nahe der Grenze zu Österreich. Die Festung wurde bis 1992 von der Schweizer Armee genutzt. Ich habe in diesem Bereich einmal gearbeitet. Als Gebäude zu tarn ist absolut zulässig. Gebäude können immer Ziele sein (insbesondere im HOK. ZITAT (1) Es ist verboten, einen Gegner unter Anwendung von Heimtücke zu töten, verwunden oder gefangenzunehmen. Als Heimtücke gelten Handlungen, durch die ein Gegner in der Absicht, sein Vertrauen zu mißbrauchen, verleitet wird, darauf zu vertrauen, daß er nach den Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts Anspruch auf Schutz hat oder verpflichtet ist Schutz zu gewähren. Folgende Handlungen gelten als Beispiele für Heimtücke: a) das Vortäuschen der Absicht, unter einer Parlamentärflagge zu verhandeln oder sich zu ergeben; b) das Vortäuschen von Kampfunfähigkeit infolge von Verwundung oder Krankheit; c) das Vortäuschen eines zivilen oder Nichtkombattantenstatus und d) das Vortäuschen eines geschützten Status durch Benutzung von Abzeichen, Emblemen oder Uniformen der Vereinten Nationen oder neutraler bzw. anderer nicht am Konflikt beteiligter Staaten. Die Verwendung von Emblemen, Abzeichen und Uniformen des Gegners ist ebenfalls nicht erlaubt (Art. 39, (2) ZP I). Die Anwendung von Kriegslist ist hingegen erlaubt und wird im zweiten Absatz des o. g. Artikels 37 definiert: (2) Kriegslisten sind nicht verboten. Kriegslisten sind Handlungen, die einen Gegner irreführen oder ihn zu unvorsichtigem Handeln veranlassen sollen, die aber keine Regel des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts verletzen und nicht heimtückisch sind, weil sie den Gegner nicht verleiten sollen, auf den sich aus diesem Recht ergebenen Schutz zu vertrauen. Folgende Handlungen sind Beispiele für Kriegslisten: Tarnung, Scheinstellungen, Scheinoperationen und irreführende Informationen. Okay danke. Wie verhält es sich dann mit als zivile LKWs getarnte Raketenabschusssysteme? So wie ich es hier im Forum las, verstößt es gegen das Völkerrecht. Wo ist die Grenze? Imho nicht erlaubt. Ein ziviler LKW, der vom Militär benutzt wird verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Es gibt keinerlei Regelung wie Fahrzeuge auszusehen haben, es gibt nur Regelungen bezüglich Uniformen € ach ja und natürlich die Schutzzeichen. Da ist es tatsächlich wesentlich problematischer, dass so viele mit MultiCam rumlaufen Auch das haben wir diskutiert. Militärisch genützte Fahrzeuge müssen zwingend als solche gekennzeichnet sein, weil sonst jeder zivile Lastwagen zum Ziel wird (Kriterum der Unterscheidbarkeit). Die Schweizer Armee hatte deshalb bis 2003 entsprechende Farbvorräte, um requirierte zivile Fahrzeuge zu militarisieren., -------------------- Europeans who remember their history understand better than most that there is no security, no safety, in the appeasement of evil (Ronald Reagan)
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30. Aug 2022, 10:04 | Beitrag
#3
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Feldwebel Beiträge: 362 Gruppe: Members Mitglied seit: 06.04.2005 |
Okay danke. Wie verhält es sich dann mit als zivile LKWs getarnte Raketenabschusssysteme? So wie ich es hier im Forum las, verstößt es gegen das Völkerrecht. Wo ist die Grenze? Imho nicht erlaubt. Ein ziviler LKW, der vom Militär benutzt wird verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Es gibt keinerlei Regelung wie Fahrzeuge auszusehen haben, es gibt nur Regelungen bezüglich Uniformen € ach ja und natürlich die Schutzzeichen. Da ist es tatsächlich wesentlich problematischer, dass so viele mit MultiCam rumlaufen Auch das haben wir diskutiert. Militärisch genützte Fahrzeuge müssen zwingend als solche gekennzeichnet sein, weil sonst jeder zivile Lastwagen zum Ziel wird (Kriterum der Unterscheidbarkeit). Die Schweizer Armee hatte deshalb bis 2003 entsprechende Farbvorräte, um requirierte zivile Fahrzeuge zu militarisieren., Zusammengefasst hieße das dann, dass zivil getarnte Bunker erlaubt wären und z.b. zivil getarnte Raketenartillerie nicht. Meine ursprüngliche Frage war genau darauf ausgelegt, diesen - wie ich finde - Widerspruch aufzuzeigen. Schlussendlich ist die Diskussion sowieso sehr theoretisch, in einem heissen Krieg interessiert das erstmal niemanden. Was passiert beispielsweise mit den RU-Sanitäts-LKW voller Munitionskisten, hat das irgendwelche Konsequenzen? Man muss sicher auch unterscheiden, ob es Einzelfälle auf Kompanieebene sind, oder ob diese "Heimtücke" systematisch angeordnet wird. Strafrechtliche Konsequenzen gegen die Verantwortlichen kann sowieso nur die Siegerpartei nach dem Krieg durchsetzen. -------------------- S72 "Puma", VR 27
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30. Aug 2022, 11:00 | Beitrag
#4
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Divisionär Beiträge: 10.160 Gruppe: Moderator Mitglied seit: 10.09.2003 |
ZITAT Ein LKW mit Schutzzeichen (Rotes Kreuz) voller Munitionskisten ist IMHO etwas anderes als ein "Kühne&Nagel" LKW voller Munitionskisten. Ja, das Erste ist generell verboten (auch in Friedenszeiten) und fällt im Kriegsfall unter Perfidie und stellt damit ein schweres Kriegsverbrechen dar, dass zweite im Frieden keine Problem und im Krieg führt es dazu, dass jeder Kühne&Nagel-Lkw zum militärischen Ziel wird und ist auch grundsätzlich auch verboten. Zusammengefasst hieße das dann, dass zivil getarnte Bunker erlaubt wären und z.b. zivil getarnte Raketenartillerie nicht. Meine ursprüngliche Frage war genau darauf ausgelegt, diesen - wie ich finde - Widerspruch aufzuzeigen. Schlussendlich ist die Diskussion sowieso sehr theoretisch, in einem heissen Krieg interessiert das erstmal niemanden. Was passiert beispielsweise mit den RU-Sanitäts-LKW voller Munitionskisten, hat das irgendwelche Konsequenzen? Man muss sicher auch unterscheiden, ob es Einzelfälle auf Kompanieebene sind, oder ob diese "Heimtücke" systematisch angeordnet wird. Strafrechtliche Konsequenzen gegen die Verantwortlichen kann sowieso nur die Siegerpartei nach dem Krieg durchsetzen. Nein, das ist kein Widerspruch. Jedes Gebäude an militärisch wichtiger Stelle stellt ein militärisches Ziel dar, es sei denn, es ist aktiv demilitarisiert worden und entsprechend gekennzeichnet. Es gibt z.B. in der Schweiz Kulturgüter, welche nicht als selche gekennzeichnet sind, weil sie sich in der Nähe von militärischen Anlage befinden. Zivilfahrzeuge sind grundsätzlich keine militärische Ziele, ausser sie behindern den militärischen Auftrag (in dem sie z.B. den Wegversperren). Ansonsten dürfen sie aber nicht angegriffen werden. Wenn man nun aber z.B. zivile Lastwagen zur militärischen Versorgung (oder als Raketenträger) missbraucht, dann macht man damit jeden zivilen Lastwagen zum Ziel, genauso wie man jedes Frachtschiff zum Ziel macht, wenn man von Frachtschiffen aus militärische Handlungen vornimmt (und z.B. Lenkwaffen abschiesst). Nein, die Diskussion ist nicht theoretisch und sie interessiert durchaus. Der Missbrauch von Rotkreuzzeichen, insbesondere von Ambulanzfahrzeugen, durch die Russen stellt wie erwähnt ein schweres Kriegsverbrechen dar und schadet ihren eigenen Verwundeten und damit dem humanitären Gedanken. Durch den Missbrauch von Schutzzeichen wie das Rote Kreuzabzeichen oder die Parlamentärsflagge sowie durch den Verstoss gegen grundlegenden Normen des KVR richtet man richtig grossen Schaden an (nebst dem, dass es absolut amoralisch ist), insbesondere auch für sein eigenes Land. Man spricht heute noch von My Lai und die Botschaftsbesetzung durch den Iran schadet diesem bis heute ganz massiv. Kriegsverbrechen vergiften das Klima zwischen Staaten und Völker während Jahrzehnten. Es ist im eigenen Interesse jeder Armee, dass sie sich an die grundlegenden Regeln im Krieg hält. Ob es am Schluss geahndet wird oder nicht, steht wieder auf einem anderem Blatt. -------------------- Europeans who remember their history understand better than most that there is no security, no safety, in the appeasement of evil (Ronald Reagan)
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30. Aug 2022, 12:40 | Beitrag
#5
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Feldwebel Beiträge: 362 Gruppe: Members Mitglied seit: 06.04.2005 |
Nein, die Diskussion ist nicht theoretisch und sie interessiert durchaus. Danke Glorfindel für deine Beiträge dazu. Mit "theoretischer Diskussion" meinte ich, dass niemand in einem laufenden Konflikt ein Gerichtsverfahren wegen Kriegverbrechen eröffnen wird, solange es bei einzelnen Vorfällen von heimtückischer Nutzung bleibt. Dass solche Vorkomnisse das Klima auf Jahrzehnte vergiften, ist natürlich völlig richtig und während eines Konflikts macht sich keine Partei einen Gefallen damit, wenn sie die fundamentalen Regeln bricht. Man riskiert den Beschuss von Verwundetentransporten und auch Vergeltungsaktionen. Auch die Differenzierung zwischen zivilen und militärischen Zielen ist mir jetzt klar geworden. Jedes Wohngebäude, das in einem Gefecht steht, kann zu einem militärischen Ziel werden. Nur der absichtliche und unprovozierte Beschuss ist ein Kriegsverbrechen. -------------------- S72 "Puma", VR 27
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