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> Neue Bundesregierung - Sondierung - Ministerien - Diskussion, ausgelagert aus BW-Strukturreform
Broensen
Beitrag 31. Oct 2021, 19:37 | Beitrag #121
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ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 18:46) *
Frankreich ist ein schwieriger Fall mit seinen Gebieten die ausserhalb der EU liegen, plus die bis heute stark nachwirkende koloniale Geschichte in Frankreich. Beides müsste national von Frankreich abgedeckt werden, was im Umkehrschluss bedeutet, dass Frankreich nur sehr wenig in seinen europäischen Anteil an einer EU Armee transferieren könnte, was in Folge bedeutet, dass Frankreich seine staatliche Rustüngsindustrie behält und durch nationale Aufträge am Leben erhält.

Das "koloniale Erbe" müsste natürlich auf die gemeinschaftliche Ebene überführt werden, und das wäre auch gar nicht so schwierig. Wir reden hier ja über ein Kollektiv in dem die meisten Staaten (Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, die Niederlande, sogar Deutschland und Belgien) eine koloniale Vergangenheit haben.
Und für verbleibende Überseegebiete wären zwar ggf. nationale Sicherheitskräfte verbleibend, die aber doch ebenfalls für Konflikte nach außen auf die gemeinsame Armee zurückgreifen können und nur innere Sicherheit und Grenzsicherung bieten müssen.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 18:46) *
Junge Staaten des ehemaligen Ostblocks wie Polen werden ihre nationale Streitmacht nicht vergemeinschaften wollen, ich denke hier kann man den gesamten ex-Ostblock pauschal abziehen.

Ja, das stimmt. Deshalb rede ich auch nur von bspw. der ehem. WEU bzw. der alten EG12(-1) aus den späten 90ern und nicht der heutigen EU27. Man kann sich ja drüber streiten, ob die Osterweiterung ein Fehler war oder nicht, aber mit Sicherheit hat sie eine echte GASP deutlich erschwert.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 18:46) *
Die Doppelassignierung für NATO und EU würde auch flachfallen (zeitgleich oder auch knapp zeitlich nacheinander). Da die EU Armee nicht der NATO betreten wird, ist die zwangsläufige Folge eine stark gescwächte NATO, welche dann an europäischen Partnern hauptsächlich aus den Osteuropäern bestehen würde (Visegrad 4+). Mit anderen Worten: Der Widerstand auf Seiten der NATO - angefangen mit den Briten und ganz dicht gefolgt von den USA - wäre immens.

Das halte ich für eine Fehlannahme, bzw. -interpretation. Eine solche EU-Armee dürfte mMn gar nicht aufgestellt werden, wenn sie nicht Teil der NATO ist. Dementsprechend kann sie auch nicht von der derzeitigen EU geführt, sondern muss als Gemeinschaftsprojekt von Mitgliedern beider Vereine - EU und NATO - aufgestellt werden, z.B. in Form der von mir beschriebenen neuen Föderation. Das ist eines der vielen Argumente, die eben diesen großen Schritt erforderlich machen.


Für mich sind die allermeisten Argumente gegen eine solche gemeinsame Armee Bedenken, die sich aus den nationalen Befindlichkeiten der Beteiligten ergeben. Aber wenn man diese nicht überwindet, kann man es auch einfach ganz lassen, denn dann wird es nicht funktionieren und Europa muss sich damit abfinden, dass sie Unmengen von Finanzmitteln in eine ineffiziente Verteidigung stecken ohne dadurch irgendeine internationale Rolle spielen zu können, von ein paar symbolischen Expeditionsscharmützeln in der Sahara mal abgesehen.

Meine Lösung ist daher - zum einen - die konsequente Vereinigung von - zum Anderen - weniger Akteuren. Auf diese Art lassen sich alle Schwierigkeiten abräumen, wenn man sich nur auf diesen einen Punkt einigen kann. Und dafür bedarf es eigentlich nur der Einigung von Deutschland und Frankreich, der sich die BeNeLux-Staaten sicherlich anschließen würden. Alles andere wäre fast schon "nice-to-have", also nicht elementar, wobei Spanien und Italien bestimmt schnell folgen würden.
 
Broensen
Beitrag 31. Oct 2021, 20:07 | Beitrag #122
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ZITAT(Havoc @ 31. Oct 2021, 19:26) *
Für Deine Vorstellungen fehlen grundlegend die Voraussetzung und diese sind mit dem Prinzip der Einstimmigkeit im Europäischen Rat auch nicht herstellbar.
Man müsste Entscheidungsvollmachten dann zur EU- Kommission und das EU- Parlament mit Mehrheitsprinzip verlegen um auf der Ebene überhaupt handlungsfähig zu sein. Das ist nichts weniger als der Komplettumbau der EU, der vermutlich dann auch neue Beitrittsverträge benötigt und an dem Einstimmigkeitsprinzip scheitern wird. (das eher europakritische Polen würde auf absehbare Zeit hier nicht zustimmen)

Nein. Ich bin mir all dieser Zusammenhänge bewusst, weswegen ich explizit sage, dass eine solche Armee eben nicht im Rahmen der EU stattfinden werden kann, sondern in einer separaten Gemeinschaft einiger EU-Mitglieder, die ihre nationalen Souveränitäten zusammenlegen. Völlig unabhängig von EU-Institutionen, aber mit Ihnen im Einklang. Idealerweise langfristig in Form eines Westeuropäischen Bundesstaates, bestehend aus ehemaligen EU-Mitgliedsländern, der selbst der EU als Einzelmitglied beitritt und diese Staaten ersetzt. Das kann alles ohne irgendwelche Änderungen an den Institutionen der EU erfolgen.

ZITAT(Havoc @ 31. Oct 2021, 19:26) *
Zwingend notwendig ist so ein Umbau der EU nicht, da man hier die NATO in Klein um setzen kann: Nationale Armeen, gemeinsame Strukturen, bestimmte Fähigkeiten auf Gemeinschaftlicher Ebene. Je nach Situation werden Allianzen der Willigen geformt und es ist vertraglich geregelt, wie bei nationalen Alleingängen auf die gemeinschaftlichen Fähigkeiten genutzt werden können.
Und auch keine nationale Parallelarmee erfordert, die komplett gegen dem Grundgedanken zur Schließung von Fähigkeitslücken und Unterfinanzierung durch eine europäische Vergemeinschaftung entgegenläuft.

Das beschreibt ja den Ist-Zustand, oder zumindest das, was man eigentlich bisher anstrebt. Mit bekanntermaßen mäßigen Erfolg. Und meine persönliche Meinung ist, dass eine derart aufgebaute Verteidigung weder besonders effizient werden kann, noch überhaupt praktikabel zustande kommen wird. Eben weil hier die diversen Individualbefindlichkeiten - vor allem von Frankreich und Deutschland - immer wieder sinnvollen Lösungen im Weg stehen werden. Von den Belangen nationaler Rüstungsinteressen ganz zu schweigen.

Und ich habe bereits erläutert, dass "nationale Parallelarmeen" gar nicht Teil meines Konzeptes sind, höchstens während der erforderlichen Umbauphase.
Ich würde lediglich die paramilitärischen Aufgaben national - oder vielleicht sogar noch dezentraler z.B. auf der NUTS:1-Ebene - belassen, die auch bisher schon hauptsächlich von Gendarmerien, Grenzschutzkräften usw. geleistet werden, lediglich ergänzt um einige entsprechende Bereiche, die bisher bei den jeweiligen Streitkräften aufgehängt waren, wie z.B. Teile des Zivilschutzes oder auch begrenzte Reservistenfunktionen, die nur schwer von einer gemeinschaftlichen Berufsarmee geleistet werden können.

ZITAT(Havoc @ 31. Oct 2021, 19:26) *
Die Zukunft der EU ist,dass man die EU als Zwiebel denkt: in dem sich die Mitgliedsstaaten unterschiedlich eng aneinander binden können. Daraus ergeben sich dann ein oder zwei engere Kerne von Staaten mit gemeinsamen Interessen: Wegen der Finanzpolitik vermutlich Südeuropäer um Frankreich und Nordeuropäer um Deutschland. Darum verschiedene Schalen von Staaten, welche die EU vorrangig als Wirtschafts- und Zollgemeinschaft sehen. Und selbst dass wäre wegen dem Einstimmigkeitsprinzip schwer umzusetzen.

Im Prinzip ist genau das ja auch mein Gedanke: Eine Organisation einzelner innerhalb der Organisation aller. Ich hab's nur für die GASP etwas konkreter ausformuliert.
 
Merowinger
Beitrag 31. Oct 2021, 20:39 | Beitrag #123
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Diese Idee wäre in etwa ein angefüttertes und vor allem fest mit Truppen hinterlegtes Eurokorps, möglichst um Italien und die Niederlande erweitertet und mit Dänemark als nächstliegendem Kandidat. Dann wären die 6 Staaten der römischen Verträge alle mit an Bord. Meine erste Frage wäre, warum heute weder NL noch IT dabei sind.

Die EU müßte ihre Sicherheitsgarantien um aussereuropäische Gebiete erweitern, hauptsächlich für Frankreich aber auch für die Niederlande. Engpassfähigkeiten wären mindestens zu doppeln/über zwei Nationen zu verteilen, damit der Austritt eines einzelnen Staates oder eine anderweitige Verhinderung nicht das gesamte Dispositiv lahmlegt. Wir reden also über Soldaten mit weiterhin nationalem Pass, somit nationaler Gerichtsbarkeit unterstehend.

Der Beitrag wurde von Merowinger bearbeitet: 31. Oct 2021, 21:31
 
Broensen
Beitrag 31. Oct 2021, 21:50 | Beitrag #124
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ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 20:39) *
Diese Idee wäre in etwa ein angefüttertes und vor allem fest mit Truppen hinterlegtes Eurokorps, möglichst um Italien und die Niederlande erweitertet und mit Dänemark als nächstliegendem Kandidat.

Nein, das Eurokorps besteht aus Elementen und Soldaten der Mitgliedsstaaten. Eine aufzustellende europäische Armee hätte nichts mit den nationalen Streitkräften zu tun, sondern stellt eine komplett eigenständige Neugründung mit eigenem Personal dar, das nicht Teil anderer Streitkräfte ist. Maximal können Einheiten oder Verbände nationaler Streitkräfte dieser Armee unterstellt werden, was jedoch nur in der Übergangsphase erforderlich sein sollte.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 20:39) *
Die EU müßte ihre Sicherheitsgarantien um aussereuropäische Gebiete erweitern, hauptsächlich für Frankreich aber auch für die Niederlande.

Nicht "die EU", sondern lediglich dieses Bündnis innerhalb der EU, das ja perspektivisch auch völkerrechtlich Nachfolger der teilnehmenden Nationalstaaten werden sollte. Somit wäre es selbstverständlich, dass jede Verpflichtung eines Einzelstaates auf das Kollektiv über geht.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 20:39) *
Engpassfähigkeiten wären mindestens zu doppeln/über zwei Nationen zu verteilen, damit der Austritt eines einzelnen Staates oder eine anderweitige Verhinderung nicht das gesamte Dispositiv lahmlegt.

Nein, nicht in der anzustrebenden Zielstruktur. Da sämtliche militärischen Fähigkeiten bei der Föderation und nicht bei den bisherigen Nationen liegen würden, hätte ein ausscheidender Staat keinen Einfluss darauf. Zumal ich ja auch nicht von einem einfachen Bündnis, sondern von einem echten Bundesstaat spreche, da ist das mit dem Ausscheiden nicht so schnell mal eben gemacht, wie beim Brexit.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 20:39) *
Wir reden also über Soldaten mit weiterhin nationalem Pass, somit nationaler Gerichtsbarkeit unterstehend.

Ich nicht. Ich rede von Soldaten mit europäischem Pass. Also einer Staatsbürgerschaft einer neu zu schaffenden europäischen Föderation innerhalb der europäischen Union.

Um es nochmal klar zu sagen: Ich rede hier von den "Vereinigten Staaten von (West-)Europa", einem zukünftigen Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Das wollen zwar viele so nicht haben, meiner persönlichen Meinung nach ist es aber der sinnvollste - wenn nicht sogar einzige - Weg für ein Europa, das nicht in der internationalen Bedeutungslosigkeit versinken will.
Natürlich wird es auf dem Weg dahin Zwischenschritte geben müssen, in denen all diese Bedenken relevant sind, aber das ändert nichts am Sinn oder der Praktikabilität der Zielvorstellung. Und wenn man sich über das Ziel einig werden könnte, wären all die Hürden auf dem Weg dahin auch zu lösen.
 
Merowinger
Beitrag 31. Oct 2021, 22:01 | Beitrag #125
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Dieser Weg wäre aber doch das Pferd von hinten aufgezäumt: Eine Föderation würde geschaffen um eine gemeinsame Armee zu haben. Ich denke wir sind uns einig, dass eine Föderation noch in sehr weiter Ferne ist. Das gegenwärtige politische Klima der Renationalisierung ist nicht das richtige, und auf der politischen Agenda verdrängen das Klimaproblem sowie aktuell Covid 19 alles andere was das Bohren von dicken Brettern verlangte. Von daher sollten wir uns besser über den Schritt davor unterhalten, mit den Streitkräften im Fokus.

Der Beitrag wurde von Merowinger bearbeitet: 31. Oct 2021, 22:27
 
Merowinger
Beitrag 31. Oct 2021, 22:02 | Beitrag #126
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@Mods: Könnte ich Euch um eine Abtrennung dieses neuen Themas bitten (oder die Integration in einen alten Faden)?
 
kato
Beitrag 31. Oct 2021, 22:29 | Beitrag #127
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ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 21:39) *
Die EU müßte ihre Sicherheitsgarantien um aussereuropäische Gebiete erweitern, hauptsächlich für Frankreich aber auch für die Niederlande.

Gemäß Art 355 TFEU gilt Art 40 TEU (die Verteidigungsklausel/Sicherheitsgarantie) auch für die der EU angehörigen Überseeregionen - darunter zählt der Großteil der französischen Karibik, Französisch-Guyana, La Reunion, aber auch die Atlantikinselgruppen Spaniens und Portugals und technisch gesehen die spanischen Territorien in Afrika). Insbesondere Französisch-Guyana, La Reunion und die Karibik sind dabei übrigens nicht von der NATO abgedeckt.

Die der OCTA angehörigen mit der EU nur assoziierten Länder (das sind ansonsten genau: in Nordamerika Grönland und St.-Pierre-et-Miquelon, alle französischen Territorien im Pazifik, in der Karibik die Überseeterritorien des niederländischen Königreichs und dazu St. Barthelemy, sowie in der Antarktik die TAAF) sind nicht durch die Verteidigungsklausel abgedeckt.

Auf Initiative des jeweiligen Mitgliedslandes (Frankreich, Niederlande, Dänemark) kann der Europarat den Status falls gewünscht entsprechend ändern und diese Länder der EU angliedern - und dementsprechend dann auch verteidigen lassen. Im Falle Frankreichs geschah dies beispielsweise 2014 für Mayotte, in den Niederlanden gab es entsprechende ins leere laufende Diskussionen 2015.

Der Beitrag wurde von kato bearbeitet: 31. Oct 2021, 22:41
 
Broensen
Beitrag 31. Oct 2021, 22:49 | Beitrag #128
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ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 22:01) *
Dieser Weg wäre aber doch das Pferd von hinten aufgezäumt: Eine Föderation würde geschaffen um eine gemeinsame Armee zu haben.

Nicht deswegen, nein. Eine Armee ist nur ein Werkzeug. Die Föderation hat ihren eigenen Wert in gemeinsamer Diplomatie, Außenwirtschaft, Migrationspolitik - insgesamt einer Stärkung des internationalen Auftritts inkl. des Abräumens zahlreicher diesbezüglicher Problemstellungen, unter anderem eben der gemeinsamen Verteidigung.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 22:01) *
Ich denke wir sind uns einig, dass eine Föderation noch in sehr weiter Ferne ist, das gegenwärtige politische Klima der Renationalisierung ist nicht das richtige.

Da bin ich anderer Meinung. Die innereuropäische Renationalisierung gründet zu einem nicht unerheblichen Teil auf Schwächen der vorhandenen EU-Strukturen und -Prinzipien, die sich nur durch eine vertiefte Kooperation lösen lassen, der das Einstimmigkeitsprinzip entgegen steht. Daher sehe ich eine zusätzliche Föderation gerade eben als Lösung für das Problem dieser Tendenzen an.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 22:01) *
Von daher sollten wir uns besser über den Schritt davor unterhalten, mit den Streitkräften im Fokus.

Es ist halt schon sinnvoll, wenn man weiß, wo man langfristig hin will... Aber okay, dann unabhängig vom Föderationsgedanken:

Es ergibt trotzdem Sinn, die gemeinsamen europäischen Verteidigungsbemühungen dem Einstimmigkeitsprinzip zu entziehen im Sinne einer bereits angedachten "Armee-der-Willigen", denn sonst kommt sie schlicht und einfach nicht zustande.
Wenn man diese Armee dann nicht als Quasi-Söldnertruppe aufstellen will, bedeutet das aber zwangsläufig, dass sie ausschließlich zur Bündnisverteidigung geeignet sein wird, da alle Teilnehmer parallel ihre eigenen Fähigkeiten behalten wollen werden, um selbst noch handlungsfähig zu bleiben, auch wenn die anderen mal nicht willig sein sollten. Dementsprechend wären hier auch nur solche Fähigkeiten anzusiedeln, die außerhalb eines Bündnisfalls eher nicht zum Einsatz kommen würden. Zum Beispiel wären dies mMn schwere Panzertruppen, ASW-Fähigkeiten, weitreichende Flugabwehr etc.
Gerade eben nicht betroffen wären allerdings Mittel der Machtprojektion wie Flugzeugträger und strategische U-Boote oder auch amphibische Landekräfte. Wer aber entsprechende Einheiten national vorhält, wird sie auch im Einsatz national schützen wollen, wodurch sich dann z.B. für FRA - aber auch für ESP und ITA - de facto kaum Einsparpotential bietet und die ganze Nummer recht unattraktiv wird. Einzig verbleibend wären dann die schweren mechanisierten Kräfte, die aber in diesen Nationen eh schon keinen besonders hohen Stellenwert mehr haben.
Dementsprechend sehe ich da nicht wirklich viel Potential, was die großen Nationen angeht. Somit wäre man dann wieder nur bei einem erweiterten Rahmennationen-Konzept, in dem bspw. Deutschland explizit Spezialfähigkeiten unterhält, die sich kleinere Nachbarstaaten gar nicht leisten können, und zwar in einem Umfang, der geeignet ist, die Partnernationen mit diesen Fähigkeiten mitzuversorgen, während diese ihre "normalen" Verbände unseren Strukturen für den Verteidigungsfall unterstellen. Das ist natürlich eine ganze Nummer kleiner als eine "EU-Armee".

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 22:02) *
@Mods: Könnte ich Euch um eine Abtrennung dieses neuen Themas bitten (oder die Integration in einen alten Faden)?

Ja, bitte.
 
Havoc
Beitrag 1. Nov 2021, 00:24 | Beitrag #129
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ZITAT(Broensen @ 31. Oct 2021, 21:49) *
ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 22:01) *
Ich denke wir sind uns einig, dass eine Föderation noch in sehr weiter Ferne ist, das gegenwärtige politische Klima der Renationalisierung ist nicht das richtige.

Da bin ich anderer Meinung. Die innereuropäische Renationalisierung gründet zu einem nicht unerheblichen Teil auf Schwächen der vorhandenen EU-Strukturen und -Prinzipien, die sich nur durch eine vertiefte Kooperation lösen lassen, der das Einstimmigkeitsprinzip entgegen steht. Daher sehe ich eine zusätzliche Föderation gerade eben als Lösung für das Problem dieser Tendenzen an.

ZITAT(Merowinger @ 31. Oct 2021, 22:01) *
Von daher sollten wir uns besser über den Schritt davor unterhalten, mit den Streitkräften im Fokus.

Es ist halt schon sinnvoll, wenn man weiß, wo man langfristig hin will... Aber okay, dann unabhängig vom Föderationsgedanken:

Es ergibt trotzdem Sinn, die gemeinsamen europäischen Verteidigungsbemühungen dem Einstimmigkeitsprinzip zu entziehen im Sinne einer bereits angedachten "Armee-der-Willigen", denn sonst kommt sie schlicht und einfach nicht zustande.
Wenn man diese Armee dann nicht als Quasi-Söldnertruppe aufstellen will, bedeutet das aber zwangsläufig, dass sie ausschließlich zur Bündnisverteidigung geeignet sein wird,


Es gibt aktuell in keinem EU- Staat eine Tendenz seine nationale Souveränität zu Gunsten eines föderativen EU-Staates innerhalb der EU aufzugeben. Was in den nächsten 50 - 100 Jahren passieren wird, dafür reicht meine Glaskugel nicht. Bis dahin hat sich wahrscheinlich auch die Sicherheitslage verändert. Aktuell haben wir nach dem Brexit starke antieuropäische Kräfte in Osteuropa (Polen, Ungarn, Slowenien) und unterschiedliche Finanzhaushalt - Vorstellungen zwischen den südeuropäischen EU- Staaten und den nordeuropäischen, die mehr Wert auf eine stabile Währung legen. Die Wahlerfolge von EU-kritische Parteien PiS, Fidesz, Rassemblement National, Lega, Partij voor de Vrijheid, AfD.... und Marine Le Pen vom Rassemblement National gilt in den Präsidentschaftswahlen 2022 als größte Konkurrentin vom Macron. Da ist gerade eine ganz große Lücke zwischen politischer Realität in Europa und dem Wunschdenken von einem europäischen Staat.

Wir haben jetzt die Situation, dass Russland immer aggressiver wird, China immer öfters die militärische Karte zeigt, was sich direkt auf die freien Seewege auswirkt. Afrika destabilisiert sich immer weiter und die USA verlagern ihren Interessensschwerpunkt von Europa weg. Türkei hat den Status eines Frenemys, Großbritannien hat seit dem Brexit ebenfalls Tendenzen sich zu einem Frenemy entwickeln. Darauf muss kurz bis mittelfristig reagiert werden.
Das geht am schnellsten und zuverlässig, in dem man nach Vorbild des KSE- Vertrages für Europa in den einzelnen Bereichen die Fähigkeiten und deren Umfang festlegt. Diese mit einem Schlüssel auf die einzelnen Mitgliedsstaaten um legt und man damit für jeden individuelle verbindliche Größen hat, die einzelnen Staaten mit ihrem militärischen Fähigkeiten erreichen müssen. Fähigkeiten, die auf rein nationaler Ebene nicht ausreichend ausgebildet werden können, werden gemeinschaftlich wie das European Air Transport Command EATC geschaffen. Kurzfristig um Fähigkeitslücken zu schließen und mittelfristig um eine europäische Sicherheitsstrategie zu entwickeln und auch eine Vereinheitlichung der Ausrüstung zu erreichen.
Da ist man ganz weit weg von einer Söldnerarmee, da jeder Staat vollständig Kontrolle über seine eigenen Streitkräfte hat und neben dem Bündnisfall auch Koalitionen der Willigen schmieden kann.
Im Kern geht es darum sicherheitspolitisch von den Amerikaner handeln zu können. Diese Notwendigkeit haben die Trump- Jahre und der Afghanistanabzug gezeigt und dafür haben wir keine 50 bis 100 Jahre zeit.


 
Broensen
Beitrag 1. Nov 2021, 01:38 | Beitrag #130
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ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 00:24) *
Es gibt aktuell in keinem EU- Staat eine Tendenz seine nationale Souveränität zu Gunsten eines föderativen EU-Staates innerhalb der EU aufzugeben ... Da ist gerade eine ganz große Lücke zwischen politischer Realität in Europa und dem Wunschdenken von einem europäischen Staat.

Nur weil es keiner will, heißt das ja nicht, dass es nicht trotzdem richtig und mMn sogar notwendig wäre. Wenn man politisch immer nur den vorhandenen Tendenzen folgt, wird man nie etwas sinnvolles zustande bringen.

ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 00:24) *
Das geht am schnellsten und zuverlässig, in dem man nach Vorbild des KSE- Vertrages für Europa in den einzelnen Bereichen die Fähigkeiten und deren Umfang festlegt. Diese mit einem Schlüssel auf die einzelnen Mitgliedsstaaten um legt und man damit für jeden individuelle verbindliche Größen hat, die einzelnen Staaten mit ihrem militärischen Fähigkeiten erreichen müssen. Fähigkeiten, die auf rein nationaler Ebene nicht ausreichend ausgebildet werden können, werden gemeinschaftlich wie das European Air Transport Command EATC geschaffen. Kurzfristig um Fähigkeitslücken zu schließen und mittelfristig um eine europäische Sicherheitsstrategie zu entwickeln und auch eine Vereinheitlichung der Ausrüstung zu erreichen.
Da ist man ganz weit weg von einer Söldnerarmee, da jeder Staat vollständig Kontrolle über seine eigenen Streitkräfte hat und neben dem Bündnisfall auch Koalitionen der Willigen schmieden kann.
Im Kern geht es darum sicherheitspolitisch von den Amerikaner handeln zu können. Diese Notwendigkeit haben die Trump- Jahre und der Afghanistanabzug gezeigt und dafür haben wir keine 50 bis 100 Jahre zeit.

Dieser Weg wird aber nicht zu diesem Ziel führen. Das wird niemals ausreichen, denn unter den gegebenen - höchst ineffizienten - Bedingungen von 27 separaten Streitkräften, würde das massive Erhöhungen der Wehretats aller beteiligten Staaten erfordern, was noch unrealistischer ist als meine Vorstellungen.


Ich gebe allerdings zu, dass es realpolitisch einen echten Impuls in die von mir angedachte Richtung erfordert, um das notwendige Umdenken einzuleiten. Nachdem Euro-Krise und Krimannexion noch nicht genügt haben - mal schauen, welche hilfreiche Krise die Weltgeschichte als nächstes für uns parat hält....
 
Panzerchris
Beitrag 1. Nov 2021, 07:17 | Beitrag #131
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ZITAT(Broensen @ 31. Oct 2021, 18:28) *
ZITAT(Havoc @ 31. Oct 2021, 19:03) *
Ein Land mit zwei Armeen: Eine als Teil der EU-Armee und eine rein Nationale.

Um das noch klarzustellen: Für mich wären die "nationalen Sicherheitskräfte" kein außenpolitisches Mittel mehr, sondern rein auf innere Sicherheit, Katastrophenschutz und ggf. noch Grenzsicherung ausgerichtet, wobei selbst diese besser in einem gemeinschaftlichen Kontext aufgehoben ist. Einen Beitrag zur Verteidigung würden diese nur als Reserve für den V-Fall darstellen, da eine europäische Berufsarmee vermutlich schlecht geeignet wäre, um territoriale Reserveverbände zu bilden. Die Force de frappe wäre dahingehend ein gewisser Sonderfall.


Bis zur Wende gab es bei der Bundeswehr 2 Stränge: Das aktive Feldheer und das nichtaktive Territorialheer. Und so könnte man auch auf europäischer Ebene trennen: Die aktiven Truppen gehen an die EU und ein nichtaktives Territorialheer wird von den Nationalstaaten betrieben. Dann muß sich aber auch um die Aus- und Weiterbildung der Reserve gekümmert werden. Dies kommt bei uns heute immer noch zu kurz.
 
Havoc
Beitrag 1. Nov 2021, 12:26 | Beitrag #132
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ZITAT(Broensen @ 1. Nov 2021, 00:38) *
[
Dieser Weg wird aber nicht zu diesem Ziel führen. Das wird niemals ausreichen, denn unter den gegebenen - höchst ineffizienten - Bedingungen von 27 separaten Streitkräften, würde das massive Erhöhungen der Wehretats aller beteiligten Staaten erfordern, was noch unrealistischer ist als meine Vorstellungen.


Wir haben zwar solche Strukturen schon in Form der NATO. Und hast Du Dir General Gauders und Deine Argumente nochmals durchgelesen?
ZITAT(General Gauder @ 31. Oct 2021, 17:31) *
In den USA funktionieren diese doppelstrukturen sehr gut, zumal diese beiden parralelen Streitkräfte dann ja nicht aus dem selben Topf bezahlt werden würden, die Gemeinsamen Streitkräfte würden natürlich aus einem geminsamen Haushalt bezahlt werden.
Die Gemeinsamen Streitkräfte wären in erster Linie für die Verteidigung der Mitgliedsstaaten zuständig, und in zweiter Linie für Interventionen die dann vom EU Parlament gebilligt werden.
Wenn Frankreich also beschließt in Frankreich zu interveniren dann machen sie es mit ihren Nationalen Streitkräften.

Dass würde richtig Geld kosten, weil dann zwei Wehretats in einem Mitgliedsland entstehen die man nicht national isoliert betrachten kann, weil die anderen Politikfelder wie Finanzen, Wirtschaft, Soziales etc. ja auch miteinander verwoben wären. Nach General Gauders Vorstellung wäre die Nationalgarde eine vollwertige Armee. Die US.- Nationalgrade ist Teil der militärischen Reserve der US Armee und USAF in Form von Milizsoldaten. Der Gouverneur eines Bundesstaates kann die Nationalgrade in seinem Bundesstaat wie die Staategard in bestimmten Fällen einsetzen.
Das Argument, diese als paramilitärische Organisation für innere Sicherheit aufzubauen funktioniert auch nicht, da solche Verbände entweder als Teil der Streitkräfte (Gendarmerie Nationale), Militär- Polizei-Hybrid (Carabineri, Guardia Civil) oder als polizeiliche Organisation (Bundespolizei) bereits existieren. Entweder funktioniert jetzt das Kosten-Argument nicht oder unterschiedliche Interessenslagen in der Frage Atomwaffen und militärische Interventionen sind Ausschlusskriterien beim Förderationsbeitritt.

Selbstverständlich wird alles zu einer tollen Idee, wenn man alle Gegenargumente ausblendet. Fakt ist es innerhalb Europas unterschiedliche Interessenlagen in der Verteidigungspolitik gibt.
Frankreich hat sich auf eine Interventionsarmee mit überwiegend mittleren mechanisierten Kräften mit Fokus Afrika ausgerichtet, Polen und Griechen als Verteidigungsarme gegen Russland bzw. der Türkei und Deutschland würde am Liebsten der Bundeswehr ein Blaulicht draufschrauben und als THW in Flecktarn einsetzen.
Und wenn es hier schon scheitert, dann würde man sich kulturell in einen Vielvölkerstaat andere Spannungslinien hineinzüchten, wenn man keine gemeinsame Legende hat.
Das Ergebnis sind dann zum Teil gewaltsame Separationsbewegungen wie Nordirland, Korsika, Flandern, Schottland, Baskenland, Katalonien, Sardinien die dann auch friedlichen Zerfall (Tschechoslowakei) oder gewaltsam (Jugoslawien) führten. Da musss ich nicht die K&K -Monarchie oder den US-Amerikanischen Bürgerkrieg bemühen, um klar zumachen das ein Vielvölkerstaat ohne einer gemeinsamen Legende hochproblematisch und mit innenpolitischen Spannungen zu kämpfen hat.
Ich jetzt nur keinen weiteren Sinn darin, die Diskussion hier weiterzuführen, gegen systematischen Ausblenden kann ich nicht argumentieren.








 
Broensen
Beitrag 1. Nov 2021, 14:08 | Beitrag #133
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ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 12:26) *
ZITAT(Broensen @ 1. Nov 2021, 00:38) *
Dieser Weg wird aber nicht zu diesem Ziel führen. Das wird niemals ausreichen, denn unter den gegebenen - höchst ineffizienten - Bedingungen von 27 separaten Streitkräften, würde das massive Erhöhungen der Wehretats aller beteiligten Staaten erfordern, was noch unrealistischer ist als meine Vorstellungen.
Wir haben zwar solche Strukturen schon in Form der NATO.

Diesen Punkt kann ich irgendwie gerade nicht nachvollziehen. Welche Strukturen haben wir in der NATO - die ineffizienten? Das macht es irgendwie nicht besser. Oder wie soll ich das verstehen?

ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 12:26) *
Nach General Gauders Vorstellung wäre die Nationalgarde eine vollwertige Armee. Die US.- Nationalgrade ist Teil der militärischen Reserve der US Armee und USAF in Form von Milizsoldaten. Der Gouverneur eines Bundesstaates kann die Nationalgrade in seinem Bundesstaat wie die Staategard in bestimmten Fällen einsetzen.
Das Argument, diese als paramilitärische Organisation für innere Sicherheit aufzubauen funktioniert auch nicht, da solche Verbände entweder als Teil der Streitkräfte (Gendarmerie Nationale), Militär- Polizei-Hybrid (Carabineri, Guardia Civil) oder als polizeiliche Organisation (Bundespolizei) bereits existieren. Entweder funktioniert jetzt das Kosten-Argument nicht oder ...

Ich kann nur für mich sprechen, auch wenn der General und ich diesbzgl. wohl recht nah beieinander sind. Ich habe die Nationalgarden hier nicht ins Gespräch gebracht und sehe sie auch nur als ein Beispiel dafür, dass die Teilung funktionieren kann. In meiner Vorstellung entstehen aber keine Doppelstrukturen, die es nicht eh schon gibt. Für mich sind die "nationalen Sicherheitskräfte" genau die von dir genannten, also für Deutschland in erster Linie die Bundespolizei, ergänzt um die bisherige BW-Reserve-Organisation und evtl. Teile ziviler Einrichtungen wie dem THW. Im Falle der meisten andere Staaten sind es die Gendarmerien und Küstenwachen, die dort oft Teil der Streitkäfte sind. Häufig sind in Nationalstaaten auch weitere Aufgaben bei den Streitkräften, die nicht zwingend von einer europäischen Armee übernommen werden würden. Extremstes Beispiel ist wohl die Feuerwehr von Paris. Aber auch BW-Hochschulen, Musikkorps und anderes könnte in Teilen national verbleiben. Das sind aber alles keine Doppelstrukturen, die es nicht eh schon gibt, hier würden im Wesentlichen lediglich die zuständigen Ministerien wechseln.
Die amerikanischen Nationalgarden sind mMn tatsächlich nicht weit genug abgegrenzt von den regulären Streitkräften, zumal es dort ja auch noch die Army Reserve gibt. Für Europa genügen in meinem Verständnis die klassischen Gendarmerien mit ihrer paramilitärischen Aufstellung als Mittel der inneren Sicherheit und nationale Reservetruppen vollkommen. Lediglich Deutschland hat hier vielleicht ein bisschen Nachholbedarf, aber das soll nicht Teil eines solchen Konzeptes sein.

ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 12:26) *
Selbstverständlich wird alles zu einer tollen Idee, wenn man alle Gegenargumente ausblendet.

Ich blende keineswegs die Gegenargumente aus. Ich stelle eine Zielvorstellung auf - europäische gemeinsame Verteidigung - analysiere die Hürden - Einstimmigkeitsprinzip, unterschiedliche Außenpolitik, Rüstungsindustrie etc. - und benenne die aus meinem Verständnis heraus notwendigen Schritte, um trotz der Hürden das Ziel zu erreichen. Natürlich sind diese Schritte nicht leicht umzusetzen, und ich befürchte auch, dass es nicht dazu kommen wird. Nur muss man sich dann wohl von dem Ziel verabschieden, denn unter den gegebenen Umständen ist diesbezüglich nun mal nur sehr wenig möglich. Ich bin ja auch gerne offen für andere Vorschläge, wie man die Hürden aus dem Weg räumen kann. Der von mir beschriebene Weg ist halt der, den ich noch für den praktikabelsten mit dem besten Ergebnis halte.

ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 12:26) *
... oder unterschiedliche Interessenslagen in der Frage Atomwaffen und militärische Interventionen sind Ausschlusskriterien beim Förderationsbeitritt.
... Fakt ist es innerhalb Europas unterschiedliche Interessenlagen in der Verteidigungspolitik gibt.

Eine Föderation MUSS diese unterschiedlichen Interessen zusammenführen, das ist Grundvoraussetzung. Die Atomfrage kann man lösen, wenn man nur will. Und Interventionen sind nur ein Mittel der Außenpolitik. Wenn man seine Außenpolitik vergemeinschaftet hat, stellt sich die Frage nicht mehr national. Die Hindernisse sind also nicht die Interventionsvorstellungen, sondern die Bereitschaft zu dieser Vergemeinschaftung.

ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 12:26) *
Frankreich hat sich auf eine Interventionsarmee mit überwiegend mittleren mechanisierten Kräften mit Fokus Afrika ausgerichtet, Polen und Griechen als Verteidigungsarme gegen Russland bzw. der Türkei und Deutschland würde am Liebsten der Bundeswehr ein Blaulicht draufschrauben und als THW in Flecktarn einsetzen.

Abgesehen davon, dass ich Polen und Griechen in meinen Föderations-Überlegungen nicht einbezogen hatte, stellt diese Vielfältigkeit doch gerade das Potential für eine Vereinigung dar. Wir reden hier ja über Streitkräfte in der Größenordnung von einer 3/4-Million Soldaten. Da kann man dann sowohl Intervention als auch LV/BV abdecken, nur halt deutlich effizienter als die Einzelstaaten das können. Vergemeinschaftung ist doch kein Verzicht, im Gegenteil: Erst die gemeinsame Größe macht es doch für alle möglich, über jede Fähigkeit zu verfügen.

ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 12:26) *
Das Ergebnis sind dann zum Teil gewaltsame Separationsbewegungen wie Nordirland, Korsika, Flandern, Schottland, Baskenland, Katalonien, Sardinien die dann auch friedlichen Zerfall (Tschechoslowakei) oder gewaltsam (Jugoslawien) führten. Da musss ich nicht die K&K -Monarchie oder den US-Amerikanischen Bürgerkrieg bemühen, um klar zumachen das ein Vielvölkerstaat ohne einer gemeinsamen Legende hochproblematisch und mit innenpolitischen Spannungen zu kämpfen hat.

Es gibt ein altbewährtes Mittel gegen Separatismus: die Autonomie. Schon die heutige EU basiert darauf, dass ihre Mitgliedsstaaten nach innen hin selbstbestimmt sein wollen, nach außen hin aber gemeinsam auftreten, um ihre vereinten Kräfte besser nutzen zu können. In einem Konstrukt mit einer zusätzlichen außenpolitischen Föderationsebene käme es natürlich darauf an, dass die innere Autonomie der Teilnehmer gewahrt bleibt, wenn nicht sogar gestärkt wird. Bspw. wäre es in Spanien durchaus möglich, dass die Zuständigkeiten der bisherigen Nationalebene auch nach innen deutlich reduziert würden, so dass die Regionen hier mehr Eigenverantwortung erhalten könnten, was separatistischen Tendenzen entgegen wirken kann.
Ich gebe dir durchaus recht, was die innenpolitische Brisanz von Vielvölkerstaaten angeht. Daher beschränkt sich mein Vorschlag auch so weit wie möglich auf außenpolitische Aspekte. Und das unterscheidet ihn von so ziemlich jedem historischen Vielvölkerstaat, aber auch von der bereits real existierenden EU. Diese hat ja tatsächlich ein gewisses Akzeptanz-Problem, gerade weil sie in den Augen vieler zu stark nach innen wirkt, aber zu wenig nach außen leistet.
 
Merowinger
Beitrag 1. Nov 2021, 15:15 | Beitrag #134
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Spanien ist eine gute Illustration der innepolitischen Schwierigkeiten: Die Katalanen sind auf europäischer Ebene sehr aktiv und wollen sichtbar sein, denn für sie ist ein Europa der Regionen der Weg zur Autonomie. Bei der Zentralregierung bzw. im Kern (Kastilien/Leon) löst das die Gegenbewegung aus.

Nicht viel einfacher wird es, wenn der neue Kern der EU Armee nur aus Staaten der zweiten Reihe besteht welche sich aus ihrer eigenen Lage heraus zurücklehnen können (DE, IT, NL, BE, DK, PT, auch ES) und im Wesentlichen an Kostenreduktion anstelle von Einsatz interessiert sind. Und trotzdem könnte hier der Anfang gemacht werden. Die eFP Konstruktion der NATO soll ja auch dazu dienen, diese Staaten der zweiten Reihe täglich und permanent mit der Realität der bedrohten Partner zu konfrontieren.

Nach dem Brexit ist nun Frankreich der in meinen Augen komplizierteste Fall bei den Bemühungen um militärische Integration: Die schnelle bis hin zur Impulsivität reichende Reaktionsfähigkeit wird man dort kaum aufgeben wollen. Und französische Interessen müßten nahezu 1:1 zu europäischen Interessen werden (siehe AUKUS Debatte).

Weitere Integrationsschritte müssen in jedem Fall von der Politik ausgehen, so wie bei EU Verfassung und Euro (weder das eine noch das andere enstanden bottom up/per grassroot). Im Vergleich zu damals ist die EU heute jedoch in einer politisch defensiven Lage, was dergestalte Vorhaben sehr viel schwieriger in der Umsetzung macht. Ja, man könnte sich aus dieser Lage durch einen Befreiungsschlag lösen, das wäre toll. An der Spitze der wichtigesten Staaten braucht es dafür die passenden Köpfe, im Sinne vom Historiker Kohl gegenüber der beobachtenden Merkel. Bei Macron muss sich noch zeigen wo er letzlich einzuordnen ist, bei Scholz und der Ampel ohnehin. Der Karlspreis für Macron waren Vorschusslorberen ähnlich wie der Friedensnobelpreis für Obama.

@kato: Danke für die Faktenlage und kleine Korrektur, es sollte Europäischer Rat anstelle Europarat sein. So wie ich das herauslese, kalkulieren FR und NL für ihre Überseegebiete ob steuerliche und zollrechtliche Auflagen der EU sich als Preis für die Sicherheitsgarantien lohnen. Oder gibt es andere Gründe den Schritt nicht zu tun?

Der Beitrag wurde von Merowinger bearbeitet: 1. Nov 2021, 17:56
 
Broensen
Beitrag 1. Nov 2021, 16:47 | Beitrag #135
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ZITAT(Merowinger @ 1. Nov 2021, 15:15) *
Spanien ist eine gute Illustration der innepolitischen Schwierigkeiten: Die Katalanen sind auf europäischer Ebene sehr aktiv und wollen sichtbar sein, denn für sie ist ein Europa der Regionen der Weg zur Autonomie. Bei der Zentralregierung bzw. im Kern (Kastilien/Leon) löst das die Gegenbewegung aus.

Der Begriff des "Europas der Regionen" wurde hierzulande leider von der CSU gerne als Argument für bayrische Sonderwege angeführt, aber im Rahmen einer jeden tiefergreifenderen europäischen Einigung, wäre genau das ein wichtiges Mittel, um Akzeptanz zu erreichen. Die bisherigen nationalen Staatsapparate müssen insgesamt weniger Politikfelder bearbeiten und nicht nur die übergeordnete Gemeinschaft, sondern auch die untergeordneten Regionen stärken. Das ist in Dänemark und den Niederlanden bestimmt weniger wichtig als in Belgien und vor allem Spanien, wo es ganz elementar sein wird. Ein gut gemachter Föderalismus kann viele Probleme lösen bzw. gar nicht erst aufkommen lassen.

ZITAT(Merowinger @ 1. Nov 2021, 15:15) *
Nicht viel einfacher wird es, wenn der neue Kern der EU Armee nur aus Staaten der zweiten Reihe besteht welche sich aus ihrer eigenen Lage heraus zurücklehnen können (DE, IT, NL, BE, DK, PT, auch ES) und im Wesentlichen an Kostenreduktion anstelle von Einsatz interessiert sind. Und trotzdem könnte hier der Anfang gemacht werden. Die eFP Konstruktion der NATO soll ja auch dazu dienen, diese Staaten der zweiten Reihe täglich und permanent mit der Realität der bedrohten Partner zu konfrontieren.

Da Polen einer tiefergehenden europäischen Integrationsbemühung - welcher Form auch immer - wohl eher nicht beitreten würde, wäre es umso wichtiger, die anderen osteuropäischen EU-Staaten an eine solche Armee anzuschließen, vergleichbar dem Rahmennationsgedanken, jedoch in tiefergreifender Form. Tatsächlich sinnvoll wäre es bspw., bei mechanisierten Großverbänden konsequent auf die Integration z.B. tschechischer und kroatischer Kampftruppenverbände zurückzugreifen in einem Maße, das gegenseitige Abhängigkeiten entstehen. Auch eine feste Stationierung auf baltischem Gebiet wäre wünschenswert, sofern diplomatisch vertretbar.

ZITAT(Merowinger @ 1. Nov 2021, 15:15) *
Nach dem Brexit ist nun Frankreich der in meinen Augen komplizierteste Fall bei den Bemühungen um militärische Integration: Die schnelle bis hin zur Impulsivität reichende Reaktionsfähigkeit wird man dort kaum aufgeben wollen. Und französische Interessen müßten nahezu 1:1 zu europäischen Interessen werden (siehe AUKUS Debatte).

Das stimmt, allerdings ist hier wohl eher Deutschland das Hindernis als Frankreich. Denn das französische Verständnis entspricht viel mehr den Notwendigkeiten einer gesamteuropäischen globalen Sicherheitspolitik, von den lockeren Exportkriterien mal abgesehen.

ZITAT(Merowinger @ 1. Nov 2021, 15:15) *
Weitere Integrationsschritte müssen in jedem Fall von der Politik ausgehen, so wie bei EU Verfassung und Euro (weder das eine noch das andere enstanden bottom up/per grassroot). Im Vergleich zu damals ist die EU heute jedoch in einer politischen defensiven Lage, was dergestalte Vorhaben sehr viel schwieriger in der Umsetzung macht. Ja, man könnte sich aus dieser Lage durch einen Befreiungsschlag lösen, das wäre toll. An der Spitze der wichtigesten Staaten braucht es dafür die passenden Köpfe, im Sinne vom Historiker Kohl gegenüber der beobachtenden Merkel.

Dem kann ich nur beipflichten.
 
Thomas
Beitrag 1. Nov 2021, 19:16 | Beitrag #136
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Interessanter Gedanke mit Polen. Tatsächlich sehe ich die Baltenstaaten hier interessiert und vorne. Und wenn es "nur" die Sorge vor Russland ist.


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Havoc
Beitrag 1. Nov 2021, 21:23 | Beitrag #137
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ZITAT(Broensen @ 1. Nov 2021, 15:47) *
Da Polen einer tiefergehenden europäischen Integrationsbemühung - welcher Form auch immer - wohl eher nicht beitreten würde, wäre es umso wichtiger, die anderen osteuropäischen EU-Staaten an eine solche Armee anzuschließen, vergleichbar dem Rahmennationsgedanken, jedoch in tiefergreifender Form. Tatsächlich sinnvoll wäre es bspw., bei mechanisierten Großverbänden konsequent auf die Integration z.B. tschechischer und kroatischer Kampftruppenverbände zurückzugreifen in einem Maße, das gegenseitige Abhängigkeiten entstehen. Auch eine feste Stationierung auf baltischem Gebiet wäre wünschenswert, sofern diplomatisch vertretbar.

Damit sie dann zwischen Kaliningrad und St.Petersburg eingekesselt und aufgerieben werden können. Polen hat in Friedenszeiten 47.000 Mann starke Armee. Russland hat alleine in der Exklave Kaliningrad 50.000 Mann stehen. Diese muss nur die Seeweg- den Luftraum und die Suwalki Gap-Linie unter Kontrolle bringen, um die Verbindungslinien zwischen den baltischen Staaten und den restlichen Nato- Staaten zu kappen. Der russische Hauptstoß gegen die Balten würde dann aus St. Petersburg kommen. Dass das Baltikum nicht zu verteidigen ist, ist das Ergebnis einer RAND - Studie.
Man müsste diese entweder Aufgeben oder zurückerobern. Für letzteres müsste man laut der Rand-Studie sieben Brigaden mit rund 30 000 Soldaten nebst Luftunterstützung zusätzlich stationieren und hat jetzt das Problem mit den in Kaliningrad stationierten atomwaffenfähigen Iskander.
Unabhängig davon ist eine feste Stationierung von Nato-Truppen in den baltischen Staaten gegen die NATO-Russland-Grundakte von 1997. Aus diesem Grund werden Nato-Verbände dort halbjährlich rotiert.
 
Broensen
Beitrag 1. Nov 2021, 22:09 | Beitrag #138
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ZITAT(Broensen @ 1. Nov 2021, 16:47) *
wünschenswert, sofern diplomatisch vertretbar.

Danke für die Analyse. Da gestehe ich gerne ein, dass ich in dieser konkreten Thematik nicht tief genug drin stecke, daher auch die vorsichtige Formulierung.
Meine Intention dabei war eine Stärkung der von Merowinger angesprochenen EFP, um dem "2.Reihe"-Problem entgegenzuwirken.

Interessant finde ich die Frage, wie in dem Zusammenhang gemeinschaftliche, nicht-nationale EU-Streitkräfte zu werten wären, an denen die baltischen Staaten selbst beteiligt sind. In dem Fall wären es ja keine stationierten NATO-Truppen, sondern lediglich die eigenen Streitkräfte. Eventuell würden diese Truppen sogar noch nicht einmal der NATO angehören, wenn sie unter EU-Flagge aufgestellt wären.
 
Havoc
Beitrag 1. Nov 2021, 23:10 | Beitrag #139
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ZITAT(Broensen @ 1. Nov 2021, 13:08) *
[Die Hindernisse sind also nicht die Interventionsvorstellungen, sondern die Bereitschaft zu dieser Vergemeinschaftung.


Hurra! Endlich erkannt: Die Ausgangsfrage Fähigkeitslücken der Bundeswehr durch eine möglichen Vergemeinschaftung militärischer Fähigkeiten:
ZITAT(Broensen @ 29. Oct 2021, 18:33) *
Bei einer Überlegung, welche Fähigkeiten für die Bundeswehr entbehrlich sein könnten, sollte man sich als erstes mal anschauen, welche Kapazitäten unsere EU-Nachbarn in ausreichendem Umfang zu bieten haben, auf die wir ggf. verzichten können, weil sie nur für die BV, nicht aber für die LV zwingend erforderlich sind.

soll durch ein noch größeres Problem gelöst werden. Den Österreichern und Niederländer nämlich zu erklären, warum sie Souveränität gegen Autonomie eintauschen sollen um mit Deutschland einen EU-Staat zugründen. Dabei dann eine Regierungsform gefunden werden muss, bei dem dieser Staat handlungsfähig ist, gleichzeitig die 17.474.693 Niederländer und 8.932.664 Österreicher keine Angst haben müssen von den 83.129.285 Deutschen politisch einfach untergebuttert zu werden und die Deutschen auch nicht unterrepräsentiert sind. Das ist nicht soviel Autonomie zu lösen, dass die Kleineren dann den Großen wie die Ungarn und Polen die EU: Als großen Geldautomat. Und es löst das Ausgangsproblem nicht, da die Österreicher und Niederländer keine militärischen Mächte sind um die Fähigkeitslücken zuschließen. Wenn wir Luxemburg, die Belgier mit ihrer deutschsprachigen Minderheit und die Dänen hinzunehmen wird es nicht besser. Alleine um die Frage der militärischen Fähigkeiten mit einem EU-Staat beantworten zu können, müsste dieser Frankreich mit seinem zentralistischen Präsidialsystem und das föderale Deutschland beinhalten. Beide haben im Bereich Finanzpolitik, Sicherheits- und Außenpolitik zum Teil schwer vereinbare Ansichten.
Bei dem was ich von Dir dazu lese, weiß ich nicht ob das ein Argument oder eher ein Wohlfühlsatz aus einem Horoskop ist. Das Grundproblem von der Debatte über einer Vision von einem EU-Staat ist, dass diese immer so angepasst werden kann, dass wieder argumentativ passt. Darum ist die Debatte über einen fiktiven EU-Staat sinnfrei und für die aktuellen, kurz- und mittelfristigen Probleme der EU auch keine Lösung. Um eine ernsthaft eine Vision von Vereinigte Staaten von Europa formulieren zu können, müsste man erst einmal die Konstruktionsfehler der EU und des Euros beheben, um sie in einem EU-.Staat nicht mit noch größerer Tragweite zu wiederholen.

Der Beitrag wurde von Havoc bearbeitet: 1. Nov 2021, 23:12
 
Broensen
Beitrag 2. Nov 2021, 20:32 | Beitrag #140
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ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 23:10) *
Die Ausgangsfrage Fähigkeitslücken der Bundeswehr ... soll durch ein noch größeres Problem gelöst werden.

Das kann man als größeres Problem betrachten oder aber als Herausforderung, die - bei richtiger Umsetzung - für noch deutlich viel mehr Probleme eine Lösung darstellen könnte als nur für die Verteidigung.

ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 23:10) *
Alleine um die Frage der militärischen Fähigkeiten mit einem EU-Staat beantworten zu können, müsste dieser Frankreich mit seinem zentralistischen Präsidialsystem und das föderale Deutschland beinhalten. Beide haben im Bereich Finanzpolitik, Sicherheits- und Außenpolitik zum Teil schwer vereinbare Ansichten.... Um eine ernsthaft eine Vision von Vereinigte Staaten von Europa formulieren zu können, müsste man erst einmal die Konstruktionsfehler der EU und des Euros beheben, um sie in einem EU-.Staat nicht mit noch größerer Tragweite zu wiederholen.

Ja, das stimmt soweit alles. Ich habe auch nie behauptet, dass es einfach wäre, sondern nur, dass es mMn der beste Weg wäre, wenn nicht sogar der einzig wirklich erfolgversprechende. Natürlich wird es dazu in der Realität wohl nicht kommen, wenn uns nicht irgendein Initialereignis trifft, dass Politik und Gesellschaft die Notwendigkeiten klar macht.


ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 23:10) *
Darum ist die Debatte über einen fiktiven EU-Staat sinnfrei und für die aktuellen, kurz- und mittelfristigen Probleme der EU auch keine Lösung.

Diese von mir umschriebene Vision war eine Reaktion auf die Debatte über Bemühungen, europäische Streitkräfte aufzustellen und die diesbezüglichen Hindernisse aufgrund der politischen Voraussetzungen. Und dafür habe ich meine Vorstellung einer Lösung aufgezeigt. Da ging es dann nicht mehr nur darum, zeitnah einzelne Fähigkeiten anderen zu überlassen, sondern eben gerade um eine Vorstellung über die Zukunft der gemeinsamen europäischen Verteidigung. Und das ist nun mal leider nur eine Vision.

Für die wahrscheinlichere "kleine Lösung" habe ich ja ebenfalls meinen Standpunkt schon klar gemacht, dass sich Deutschland hier darauf konzentrieren sollte, im Landsektor allumfassende Fähigkeiten in einem Umfang bereitzustellen, der es ermöglicht, die Kampftruppen der Nachbarn einzubinden. Das heißt (ich weiß, dass viele hier das anders sehen werden): weniger reine Kampftruppen, mehr Spezialfähigkeiten und Unterstützungskräfte bei konsequenter Integration von Partnerverbänden sowie vorrangigen Bemühungen um die erforderliche Interoperabilität.
Zugleich würde ich mir wünschen, dass man die Aufstellung der Marine überdenkt und eher auf Fähigkeiten setzt, die andere nicht erbringen, als dass krampfhaft alle das gleiche machen. Also lieber Flottendienstboote und BMD-Kapazitäten als LHD und China-Expedition.
 
Merowinger
Beitrag 2. Nov 2021, 21:01 | Beitrag #141
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Was die Marine anbelangt, so wäre das praktisch keine Änderung. Das gelegentliche Befahren der Welt ist für jede mittlere Marine normal.

Der Beitrag wurde von Merowinger bearbeitet: 2. Nov 2021, 21:16
 
Broensen
Beitrag 2. Nov 2021, 21:30 | Beitrag #142
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Naja... Ich nehme es schon so wahr, dass die Fähigkeiten der Deutschen Marine sich vornehmlich aus der Forderung ableiten, einen angemessenen Beitrag zu den tatsächlich stattfindenden internationalen Einsätzen zu leisten. Aktuell wird die Zusammensetzung der Flotte doch schon stark davon beeinflusst, die notwendige Zahl von Großschiffen vorzuhalten, die man für diverse Einsatz-Verpflichtungen abstellen muss. Und weniger von der Frage, welche Fähigkeiten Deutschland vielleicht exklusiv stellen könnte, die der eigenen geostrategischen Lage besser entsprechen als Kolonialkreuzer. Um da aber einen anderen Ansatz zu wählen, müsste man sicherstellen, das wir trotzdem nicht weniger Beiträge leisten, sondern halt andere, vielleicht sinnvollere.
 
Merowinger
Beitrag 2. Nov 2021, 21:56 | Beitrag #143
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Das klingt einfacher als es ist: Was eben nicht geht, ist selbst nur Köche zu haben und vollständig auf Bäcker des Partners angewiesen zu sein. Der Satz von Fähigkeiten, die ich organisch "in house" benötige für Ausbildung und kohärentes, sicheres und schnelles Handeln ist beträchtlich - sofern nicht eine reine Küstenmarine dabei herauskommen soll. Die verbündeten Anrainerstaaten der Ostsee müssen maritim alle nach oben ergänzt werden. Nochmal zur Erinnerung, die Deutsche Marine ist heute so klein wie sie noch nie war.
 
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Beitrag 2. Nov 2021, 22:21 | Beitrag #144
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ZITAT(Merowinger @ 2. Nov 2021, 21:56) *
Das klingt einfacher als es ist: Was eben nicht geht, ist selbst nur Köche zu haben und vollständig auf Bäcker des Partners angewiesen zu sein. Der Satz von Fähigkeiten, die ich organisch "in house" benötige für Ausbildung und kohärentes, sicheres und schnelles Handeln ist beträchtlich - sofern nicht eine reine Küstenmarine dabei herauskommen soll. Die verbündeten Anrainerstaaten der Ostsee müssen maritim alle nach oben ergänzt werden. Nochmal zur Erinnerung, die Deutsche Marine ist heute so klein wie sie noch nie war.

Die Russische Marine aber auch. An sich ist die Marine vollkommen ausreichend ausgestattet.
 
Broensen
Beitrag 2. Nov 2021, 23:12 | Beitrag #145
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ZITAT(Merowinger @ 2. Nov 2021, 21:56) *
Der Satz von Fähigkeiten, die ich organisch "in house" benötige für Ausbildung und kohärentes, sicheres und schnelles Handeln ist beträchtlich - sofern nicht eine reine Küstenmarine dabei herauskommen soll. Die verbündeten Anrainerstaaten der Ostsee müssen maritim alle nach oben ergänzt werden. Nochmal zur Erinnerung, die Deutsche Marine ist heute so klein wie sie noch nie war.

Es wäre ja eben durchaus eine Überlegung wert, ob diese "reine Küstenmarine" nicht vielleicht sogar sinnvoll wäre. Natürlich nur dann, wenn die frei werdenden Kapazitäten dann auch in andere, sinnvollere Dinge investiert werden. Ich könnte mir bspw. vorstellen, dass die Deutsche Marine genau das liefert, was erforderlich ist, eben diese Ergänzung der Ostseeanrainer-Staaten leisten zu können. Dann allerdings auch in einem Umfang, der zur Sicherung der Vorherrschaft in der Ostsee tatsächlich geeignet ist. Konkret hieße das dann u.a. deutlich mehr, deutlich kleinere Einheiten. Das hilft dann natürlich nicht bei den Atlantik-Geleitzügen und auch nicht der Piratenjagd im indischen Ozean. Dort müssen das dann Partner übernehmen, während wir diese Missionen anderweitig unterstützen, bspw. durch Luftunterstützung oder Entlastung der Partner in anderen Einsätzen.


Ich möchte einfach mal in Frage stellen, ob Streitkräfte einer gewissen Größe zwingend auch immer ihren Anteil an allen Bereichen der gemeinsamen Arbeitsplanung haben müssen, oder ob man hier nicht ernsthafter spezialisiert agieren kann, solange man "spezialisieren" nicht mit "einsparen" gleichsetzt.
 
Kameratt
Beitrag 2. Nov 2021, 23:53 | Beitrag #146
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ZITAT(Havoc @ 1. Nov 2021, 21:23) *
Polen hat in Friedenszeiten 47.000 Mann starke Armee. Russland hat alleine in der Exklave Kaliningrad 50.000 Mann stehen.


Was sind deine Quellen? Alleine schon Wikipedia sagt, dass die polnischen Streitkräfte über115.000 Mann aktives Personal + 35.000 Reservisten haben. Davon entfallen 62000 auf das stehende Heer.
Die Zahl der in Kaliningrad stationierten Truppen dürfte ebenfalls maßlos übertrieben sein. Die Russen haben dort eine Division mit ca. 10.000 Mann, eine Brigade Marineinfanterie (~3.000 Mann), sowie den Hauptstandort der baltischen Flotte (großzügig gerechnet bis zu 10.000 Mann, wahrscheinlicher eher um die 5.000). Hinzu kommen noch einige Einheiten der Luftwaffe und Kampfunterstützer (die genannten Iskander, Flugabwehr, küstenbasierte AShMs...) Die sind allerdings allesamt recht kompakt. Denn man darf nicht vergessen dass russische Bataillone, Brigaden etc. wesentlich kleiner sind als ihre westlichen Pendants. So stellen die oft zitierten Iskander lediglich einen Verband von ca. 500 Mann mit 12 Startfahrzeugen dar.
Mit viel Wohlwollen komme ich auf maximal 30.000 Mann. Der wahre Wert dürfte allerdings niedriger liegen. Dies ist vergleichbar mit den in Nordpolen stationierten Einheiten. So hat die 16. mechanisierte Division des polnischen Heeres mit den in Braniewo, Bartoszyce und Gizycko stationierten Pz- und Panzergrenadierbrigaden gleich drei Großverbände, die nur 10 bis 30 km von der russischen Grenze entfernt sind.
Genauso legitim ist deshalb auch die Frage, ob die Russen überhaupt etwas an Land entgegensetzen könnten, falls sie mit einem massiven Vorsoß aus dem polnischen Gebiet heraus konfrontiert werden würden. Freie Kräfte für mögliche Abenteuer im Baltikum wären jedenfalls kaum vorhanden.
 
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Beitrag 11. Nov 2021, 08:54 | Beitrag #147
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ZITAT
Nach Informationen der F.A.Z. hat die Zehnerrunde der grünen Verhandler am Dienstagabend sechs Ministerien definiert, die die Grünen beanspruchen wollen. Es handelt sich um das Auswärtige Amt und die Ressorts Verkehr, Landwirtschaft, Umwelt, Familie und Transformation.


FAZ

Also T. Lindner und Brugger werden wohl nicht das BMVg übernehmen wink.gif
 
Thomas
Beitrag 11. Nov 2021, 09:03 | Beitrag #148
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Heimlich hatte ich mir Puffpaff fürs BMVg gewünscht und Böhmernann fürs Außenministerium.

Und Bundeskanzlerin wird Lisa Eckhart. Fachpersonal aus Österreich hat sich immer bewährt.


ACHTUNG IRONIE


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Beitrag 11. Nov 2021, 09:08 | Beitrag #149
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Allerdings gibt es schon ein Dementi:

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/...f3-8c4552901b73
 
Broensen
Beitrag 12. Nov 2021, 19:49 | Beitrag #150
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Fachpolitiker einig über Anschaffung bewaffneter Drohnen

ZITAT
Die Unterhändler der Ampel-Parteien haben sich nach Informationen des Spiegel auf die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr geeinigt. Dies gehe aus dem in weiten Teilen geeinigten Papier der Arbeitsgruppe hervor, berichtete das Magazin.

"Unter verbindlichen und transparenten Auflagen und unter Berücksichtigung von ethischen und sicherheitspolitischen Aspekten werden wir daher die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr in dieser Legislaturperiode ermöglichen", heißt es demnach in dem Papier. Beim Einsatz der Drohnen würden die Regeln des Völkerrechts gelten. "Extralegale Tötungen – auch durch Drohnen – lehnen wir ab."

Gegen den Widerstand der Grünen soll die SPD zudem durchgesetzt haben, dass im nun von der notwendigen "Aufrechterhaltung eines glaubwürdigen Abschreckungspotentials" die Rede ist. Dies zielt vor allem auf die sogenannte nukleare Teilhabe, also darauf, dass deutsche Kampfjets im Kriegsfall US-Atombomben ins Ziel bringen.
 
 
 

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