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> Verantwortung der einzelnen Soldaten am agieren des Staates, ausgelagert aus dem russischen Krieg in der Ukraine Thread
goschi
Beitrag 25. Jun 2022, 12:05 | Beitrag #31
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ZITAT(PeterPetersen @ 23. Jun 2022, 20:35) *
Also die Verantwortung für diese Krieg einfach nur bei Putin und seinen Kumpels abzuladen halte ich auch für viel zu einfach, bequem und schlicht falsch. Dieser Krieg ist nicht plötzlich passiert. Die Russen haben mach Putins Machtantritt angefangen Freiheit gegen Wurst zu tauschen. Der jetzige Zustand der RU Gesellschaftt war ein langer Prozess und vorhersehbar. Alle RU Bürger tragen eine kollektive Verantwortung für diese Entwicklung. Anders kann es auch garnicht sein. War mit Deutschland zu Recht auch nicht anders

Es geht mir nicht darum, die Bevölkerung aus der Verantwortung zu ziehen.
Aber die simplifizierung "die Soldaten müssten ja nur aufhören mitzumachen" ist einfach falsch.
Die Dynamiken die dazu führen, dass die Soldaten in der Armee dienen und dort dann mitmachen sind durchaus wesentlich komplizierter und komplexer, gerade eben in den armen Regionen Russlands sind es auch gesellschaftliche Strukturen, die sowas verschärfen. Man sieht es bei Berichten darüber, wie Angehörige mit dem Verlust der gefallenen Soldaten umgehen, das ist kein stumpfer Kadavergehorsam, aber es ist eine mittlerweile über Jahrzehnte und Generationen kultivierte Haltung, dass man sowas einfach hinnimmt und Resigniert hat und zum ertragen es sich positiv verklärt.
Das ist nicht positiv, nicht gut, nicht entschuldigend, aber erklärend.
Nein, Russland ist nicht einfach gleichgeschaltet, aber gerade die Machtinstrumente sind durchaus sehr stark und einflussreich und diejenigen die vom System profitieren beherrschen es gut, die Masse damit unter Kontrolle zu halten.
Dazu herrschen gerade in der Armee offensichtlich auch sehr gewalttätige Strukturen, die ein Ausbrechen noch schwerer machen.

Es ist eben nicht so einfach, dagegen einfach nur aufzustehen, es gab in den letzten 10 Jahren mehrere Versuche davon, die epochal scheiterten.
Daher finde ich das hier zT gezeigte simplizistische sich auf einen moralischen Sockel stellen eben nicht zielführend, ja klar tragen die Soldaten eine Mitverantwortung, aber eben nicht so einfach, dass sie halt eben selbst an der Lage schuld sind oder einfach sofort aussteigen könnten.

Die Gesellschaft ist eben nur ein Faktor, ein diktatorisches Regime aber eben ein anderer, der irgendwann auch selbstlaufend ist (und zB der arabische Frühling zeigt, dass ein beenden solcher Systeme längst nicht so einfach ist oder gar ein Selbstläufer wird, sondern gerne einen harten Backlash hat)


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ZITAT(Forodir @ 31. May 2023, 20:26) *
Dass die Russen viele Verluste haben aufgrund ihrer offensiven Vorgehensweise, die sie sich bei Zapp Brannigan abgeschaut haben, ist davon unbenommen.
 
General Gauder
Beitrag 25. Jun 2022, 12:06 | Beitrag #32
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Also ich muss ja sagen das ich bei der ganzen Sache zwiegespalten bin, auf der einen Seite sind viele der Russischen Soldaten die ärmsten der armen und haben oft gar keine echte Wahl als zum Militär zu gehen, diese Leute tun mir tatsächlich genauso wie Wehrpflichtige die in den Kampf geworfen wurden wirklich leid. Auf der anderen Seite haben wir eben mitlerweile dutzendfache Kriegsverbrechen, Mord, Vergewaltigung und Verschleppung sind leider keine Seltenheit und ich habe tatsächlich meine Probleme damit das die täter von ihren Kameraden offensichtlich gedeckt werden, durch vorkomnise wie etwa in Butscha (was ja kein Einzelfall war) ist mein Mitgefühl doch stark aufgebraucht worden.
Nicht nur die Täter machen sich in meinen Augen schuldig sondern auch diejenigen die sie gewähren lassen.
Dafür das man sich auch gegen die eigenen Kameraden stellen kann um Unrecht zu verhindern gibt es z.B. dieses Beispiel hier Massaker von Mỹ Lai

 
goschi
Beitrag 25. Jun 2022, 12:11 | Beitrag #33
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ZITAT(General Gauder @ 25. Jun 2022, 13:06) *
Dafür das man sich auch gegen die eigenen Kameraden stellen kann um Unrecht zu verhindern gibt es z.B. dieses Beispiel hier Massaker von Mỹ Lai

Bei allen Problemen der US Streitkräfte und der US Gesellschaft damals, war es dann eben doch ein rechtsstaatliches, demokratisches System, auf das sich gestützt werden konnte (und das war keinesfalls ohne Mühe)
Und Hugh Thompson konnte auch nur aufgrund seiner situativen Machtposition (Hubschrauber, zwei ihn deckende Doorgunner) so agieren, der Vietnamkriegt zeigt auch leider mehrere Fälle die für sich dagegen stellende Soldaten tödlich endeten.


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ZITAT(Forodir @ 31. May 2023, 20:26) *
Dass die Russen viele Verluste haben aufgrund ihrer offensiven Vorgehensweise, die sie sich bei Zapp Brannigan abgeschaut haben, ist davon unbenommen.
 
Madner Kami
Beitrag 25. Jun 2022, 13:15 | Beitrag #34
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ZITAT
auf der einen Seite sind viele der Russischen Soldaten die ärmsten der armen und haben oft gar keine echte Wahl als zum Militär zu gehen


Was mir an diesem mehrfach auftauchendem Argument sauer aufstößt ist, dass damit Mord und Raub mit ökonomischen Begründungen gerechtfertigt werden. Was unterscheidet den Soldaten der zur Armee geht um Geld zu verdienen (weil er es sonst nicht kann) und dann in einem fremden Land Menschen auf Befehl anderer tötet von einem Gangmitglied in einem Ghetto? Den einen schmeißen wir ins Gefängnis, bei dem anderen haben wir Verständnis? Da beißt sich was.

Davon abgesehen: Dass nicht jeder dort einfach weg gehen kann, ist mir klar. Dass nicht jeder der mit dem System nicht einverstanden ist, dagegen opponieren kann, auch. Ich bin ja nicht doof. Aber der Fakt verbleibt, dass die gesamte Gesellschaft diese Zustände trägt. Die Schuld eines jeden einzelnen ist etwas anderes, aber jeder der zum Beispiel einen Beamten besticht, jeder Beamte der sich bestechen lässt, jeder der weg schaut und es ignoriert (usw. usf.), befördert diese Schuld und steht in voller Verantwortung und das ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und eine Verantwortung die wir Deutschen (und auch die Österreicher tounge.gif) nur zu gut kennen müssten. Und ja, ich bin mir der Tatsache bewusst, dass wenn ich mit dem Finger auf andere zeige, drei Finger an meiner Hand auf mich selber zeigen. Aber, unsere Gesellschaft überfällt kein anderes Land und tötet die Menschen dort, stiehlt das Land und bedroht jeden mit atomarem Holocaust, der dagegen etwas unternehmen will. Wer die moralische Inkonsistenz des Westens mit dem Benehmen von Ländern wie Russland, China, Nordkorea und co in Äquivalenz setzt, hat gelinde gesagt einen an der Waffel.

Der Beitrag wurde von Madner Kami bearbeitet: 25. Jun 2022, 13:23


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Merowinger
Beitrag 25. Jun 2022, 13:23 | Beitrag #35
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Mikhail Kassianov, Ministerpräsident von 2000-2004, hat es neulich auf den Punkt gebracht: Russland ist heute ein Land ohne Recht und praktisch die Vortsetzung der Goldenen Horde. Dazu kommt der an allen Ecken und Enden zelebrierte Militarismus, der aus Sicht der Russen normal und richtig ist. Wer also in die Armee geht ist potentieller Held und das Gegenteil von potentiellem Kriegsverbrecher. Die Annektion der Krim wurde beinahe einhellig begrüßt. Aus dieser Lage heraus nun wegen des Ukrainekrieges - und unter heftigstem propagandistischen Trommelfeuer - als Soldat geistig eine mehr oder weniger volle Kehrtwende zu vollziehen ist ganz bestimmt nicht einfach. Wer das tut hat daher meinen doppelten Respekt (es gab zu Beginn des Krieges ein eindrucksvolles langes statement eines älteren russischen Kriegsgefangenen).

Der Beitrag wurde von Merowinger bearbeitet: 25. Jun 2022, 13:29
 
goschi
Beitrag 25. Jun 2022, 13:37 | Beitrag #36
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ZITAT(Madner Kami @ 25. Jun 2022, 14:15) *
ZITAT
auf der einen Seite sind viele der Russischen Soldaten die ärmsten der armen und haben oft gar keine echte Wahl als zum Militär zu gehen


Was mir an diesem mehrfach auftauchendem Argument sauer aufstößt ist, dass damit Mord und Raub mit ökonomischen Begründungen gerechtfertigt werden. Was unterscheidet den Soldaten der zur Armee geht um Geld zu verdienen (weil er es sonst nicht kann) und dann in einem fremden Land Menschen auf Befehl anderer tötet von einem Gangmitglied in einem Ghetto? Den einen schmeißen wir ins Gefängnis, bei dem anderen haben wir Verständnis? Da beißt sich was.

Bei allen grausamkeiten, die russische Soldaten begehen und begangen haben, ist eine derart simple Verallgemeinerung auf dem Niveau "alle Soldaten sind Mörder" einfach auch falsch und keiner Diskussion dienlich.
Das ist einfach auch ein Strohmann aufgebaut, gegen den man nicht ankommt in einer Diskussion "es sind ja Monster, basta."


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ZITAT(Forodir @ 31. May 2023, 20:26) *
Dass die Russen viele Verluste haben aufgrund ihrer offensiven Vorgehensweise, die sie sich bei Zapp Brannigan abgeschaut haben, ist davon unbenommen.
 
Madner Kami
Beitrag 25. Jun 2022, 13:46 | Beitrag #37
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ZITAT(goschi @ 25. Jun 2022, 14:37) *
"alle Soldaten sind Mörder"


Genau das sage ich aber nicht.


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goschi
Beitrag 25. Jun 2022, 13:50 | Beitrag #38
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deine Verallgemeinerung impliziert das aber sehr klar.


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ZITAT(Forodir @ 31. May 2023, 20:26) *
Dass die Russen viele Verluste haben aufgrund ihrer offensiven Vorgehensweise, die sie sich bei Zapp Brannigan abgeschaut haben, ist davon unbenommen.
 
KSK
Beitrag 25. Jun 2022, 13:57 | Beitrag #39
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ZITAT(DSO @ 25. Jun 2022, 05:40) *
Nach der Logik einiger hier sitzen wir dann allerdings noch vor Russland auf der Anklagebank . Mit dem kosovokrieg haben wir uns genau so schuldig gemacht . Das wird gern vergessen . Noch schlimmer ist allerdings das unsere Großeltern keine Wahl mehr hatten ab einem bestimmten Zeitpunkt , wir allerdings die gleiche Regierung freiwillig noch einmal demokratisch gewählt haben nachdem sie das Völkerrecht gebrochen hat . Das Russland ganz klar schuld ist an der derzeitigen Situation wird wohl keiner bestreiten aber hier den moralischen zu machen grenzt schon , naja . Aber zum Glück entscheiden wir ja welcher Krieg richtig oder falsch ist .

Kannst du das bitte näher erläutern? Mir erschließt sich der Zusammenhang so nicht. Wurde der Kosovo-Krieg von deutscher/ NATO-Seite begonnen um sich "sein rechtmäßig zustehenden Land" wiederzuholen? Oder um sich dort zu bereichern? Oder um der dort lebenden Bevölkerung das Existenzrecht abzusprechen? Wo ist hier der Vergleich zum Handeln Russlands in der Ukraine?
 
Madner Kami
Beitrag 25. Jun 2022, 13:58 | Beitrag #40
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ZITAT(goschi @ 25. Jun 2022, 14:50) *
deine Verallgemeinerung impliziert das aber sehr klar.


Ich sehe nicht wie. Ich kritisiere eine bestimmte Gesellschaft und nicht jeden beliebigen Soldaten auf der Welt.


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Glorfindel
Beitrag 25. Jun 2022, 15:01 | Beitrag #41
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ZITAT(Nite @ 24. Jun 2022, 11:28) *
Es geht weitaus tiefer.
Träger und Stützen des Systems, und damit auch der damit einhergehenden Raubkriege, sind heute in Russland genauso wie damals im 3. Reich die sogenannten "kleinen Leute" (Götz Aly hat sie als "die Fretwursts" beschrieben).
Der deutsche Kleinbürger der seinen Wohlstand und gesellschaftlichen Status der Arisierung verdankt hat (und auch die Erben profitieren heute noch davon) unterscheidet sich nicht sonderlich von der Babushka die ihrem Sohn, oder der Ehefrau die ihrem Mann, in der Ukraine Listen mit Dingen schickt die er doch bitte nach Hause schicken soll.

Ich glaube es ist mit den Russen ähnlich wie damals im 3. Reich:
- ein Teil der Leute sind überzeugt, dass die russische Sache höher zu gewichten ist, als Anderes und da kann man über Leichen. Das sind hasserfüllte Fanatiker
- ein Teil der Leute sind Profiteure und Opportunisten, die für die "Z-Sache" sind, weil es einfacher ist oder sie vom System Putin zu profitieren glauben. Die wissen zwar oder vermuten zumindest, dass etwas nicht stimmt, die sehen einfach ihren eigenen Vorteil.
- ein Teil der Leute sind einfach zu dumm, um Propaganda von der Wahrheit zu unterscheiden. Die glauben, dass Putin schon weiss, was er tut und dass der Westen Russland böses will.
- ein Teil der Leute will bewusst nichts mit der Politik zu tun zu haben und weil sie keine Probleme wollen. Diese bezeichnen sich als apolitisch und halten die Schnauze. Ein gutes Gefühl werden sie nicht haben.
- ein Teil der Leute, wissen zwar eigentlich was abgeht, aber sie unterstützen die Russen aus familiären Gründen (Russlanddeutsche usw.) oder aus idelogischen Gründen (ganz Linke oder ganz Rechte).

Die meisten Russen wissen oder könnten wissen, wie die Sachlage ist. Die Aussage eines Russen zu Fantasywesen, er möge keine Okrs, weil diese plündern, morden und Waschmaschienen stehlen würden, sind nicht so vereinzelt. Wer sich informieren will, kann dies wohl in der Regel. I
Zur russischen Armee: Es gibt sicherlich korrekte Soldaten und Offiziere - möglicherweise sogar die Mehrheit - irgendjemand segnet adber die Gräueltaten (Massentötungen, Vergewaltigungen, Plünderungen, Angriffe auf Krankenhäuser, Schulen usw.). Und das sind Leute mit Offiziersrang. Wer solche Dinge anordnet oder dultet ist meiner Ansicht nach kein Soldat und erst Recht kein Offizier, sondern ein Verbrecher. Eine Armee hat den Soldaten und insbesondere den Offizieren , welche für das Verhalten der Soldaten und der ganzen Armee verantwortlich sind, soldatisches Verhalten, und damt meine ich insbesondere auch die Anwendung der Gesetze und Gebräuche des Krieges, beizubringen. Die russische Regieng und die Armeeführung seten offenbar auf Offiziere, denen korrektes Verhalten nicht nur egal ist, sondern die sich bewusst sich verbrecherisch verhalten. Die russische Armee hat sich meiner Meinung selber diskreditiert. Als Offizier und Bürger, Soldat und Offizier habe ich da leider nur Verachtung dafür übrig. Und als Soldat (und Offizier) habe ich mir (schon lange Zeit) vorgenommen, dass ich in einer solchen Situation zwingend der Erfolg suchen muss, bis an die Grenze des erlaubten, aber dass ich gewisse Grenzen niemals überschreiten darf (u.a. weil ich meine eigenen Werte nicht verraten darf).



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Stefan Kotsch
Beitrag 25. Jun 2022, 17:23 | Beitrag #42
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Ist ein wirklich schwieriges Thema. Und extrem schwer in wenigen Sätzen zusammen zu fassen.

Ich denke, die Russen kennen seit 1917 eigentlich nur Willkür und Gewalt. Seit dem Zaren schon, dann ab Lenin und Stalin gabs nichts anderes und eigentlich nur noch schlimmeres. Auf den Staat konnte man sich nie verlassen und so hat man sich angewöhnt die Dinge selbst zu regeln. Nach den Vorgaben und dem Beispiel des Staates. Also Willkür und Gewalt. Ich kann das jetzt nicht statistisch in Prozenten und Nasen untermauern. Es ist aber ziemlich sicher eine typische Auffälligkeit dort. Bei mehreren Besuchen abseits der Touristenpfade in Russland, also speziell Moskau, Ekaterienburg, Omsk, hab ich erlebt, wie die sich dort im Straßenverkehr bewegen. Willkür und Gewalt treffen es am besten. Jeder denkt nur an sich und versucht sich damit gegen die anderen durchzusetzen (das habe ich weder in Belorussland noch in der Ukraine so erlebt!). Und das ist in anderen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens sicher auch ähnlich. Für Gesetzesbrecher macht man Gesetze, die sich nicht wesentlich von internationalen Gesetzen unterscheiden. So weit so gut. Aber dann lässt man als Staatsbediensteter seinem Bauchgefühl freien Lauf, dass Gesetzesbrecher es ja garnicht nicht verdienen nach Recht und Gesetz behandelt zu werden. Weil es niemand anders kennen gelernt hat. Die russischen Polizeistationen und die Gefängnisse sind beredtes Beispiel. Die Soldaten der Streitkräfte sind nur das Spiegelbild der russischen Gesellschaft.

Ich glaube, die Russen sind hier tatsächlich sehr stark geschädigt durch die russische Geschichte. Ziemlich krank.

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 25. Jun 2022, 22:37
 
General Gauder
Beitrag 25. Jun 2022, 19:33 | Beitrag #43
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ZITAT(Madner Kami @ 25. Jun 2022, 14:15) *
ZITAT
auf der einen Seite sind viele der Russischen Soldaten die ärmsten der armen und haben oft gar keine echte Wahl als zum Militär zu gehen


Was mir an diesem mehrfach auftauchendem Argument sauer aufstößt ist, dass damit Mord und Raub mit ökonomischen Begründungen gerechtfertigt werden. Was unterscheidet den Soldaten der zur Armee geht um Geld zu verdienen (weil er es sonst nicht kann) und dann in einem fremden Land Menschen auf Befehl anderer tötet von einem Gangmitglied in einem Ghetto? Den einen schmeißen wir ins Gefängnis, bei dem anderen haben wir Verständnis? Da beißt sich was.

Davon abgesehen: Dass nicht jeder dort einfach weg gehen kann, ist mir klar. Dass nicht jeder der mit dem System nicht einverstanden ist, dagegen opponieren kann, auch. Ich bin ja nicht doof. Aber der Fakt verbleibt, dass die gesamte Gesellschaft diese Zustände trägt. Die Schuld eines jeden einzelnen ist etwas anderes, aber jeder der zum Beispiel einen Beamten besticht, jeder Beamte der sich bestechen lässt, jeder der weg schaut und es ignoriert (usw. usf.), befördert diese Schuld und steht in voller Verantwortung und das ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und eine Verantwortung die wir Deutschen (und auch die Österreicher tounge.gif) nur zu gut kennen müssten. Und ja, ich bin mir der Tatsache bewusst, dass wenn ich mit dem Finger auf andere zeige, drei Finger an meiner Hand auf mich selber zeigen. Aber, unsere Gesellschaft überfällt kein anderes Land und tötet die Menschen dort, stiehlt das Land und bedroht jeden mit atomarem Holocaust, der dagegen etwas unternehmen will. Wer die moralische Inkonsistenz des Westens mit dem Benehmen von Ländern wie Russland, China, Nordkorea und co in Äquivalenz setzt, hat gelinde gesagt einen an der Waffel.

Also das ist schon mächtig aus dem zusammenhang gerissen, sieh es einfach mal so diese Leute haben keinerlei perspektive mal abgesehen davon zur Armee zu gehen, Soldat zu sein ist ansich ja erst einmal nichts schlechtes. Nun werden diese armen Täufel aber von dem Verbrecherischen Regime in einen Krieg geschikt und müssen dort Kämpfen, mit diesen Soldaten ahbe ich durchaus mitleid, das rechtfertigt natürlich in keiner weise irgendwelche Kriegsverbrechen welche durch eben jene dann begangen wurden.
 
PeterPetersen
Beitrag 25. Jun 2022, 19:56 | Beitrag #44
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ZITAT(goschi @ 25. Jun 2022, 13:05) *
Es geht mir nicht darum, die Bevölkerung aus der Verantwortung zu ziehen.
Aber die simplifizierung "die Soldaten müssten ja nur aufhören mitzumachen" ist einfach falsch.

Genau deswegen habe ich auch geschrieben...
ZITAT(PeterPetersen @ 23. Jun 2022, 08:28) *
Naja, ohne das Mitmachen "der 3" und ihrer Kameraden wäre der Krieg auch nicht möglich. Sind sind ja nicht nur Soldaten, sondern auch Bürger

Mir geht es weniger um die Rolle dieser 3 Soldaten und den Beruf des Soldaten, sondern darum, dass jeder Soldat auch ein Bürger ist. Und in dieser Rolle befreit ihn kein Befehl oder sonst was von der Verantwortung wie er mit Sachen umgeht die in seinem Namen geschehen.
ZITAT
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Das ist nicht positiv, nicht gut, nicht entschuldigend, aber erklärend.
Nein, Russland ist nicht einfach gleichgeschaltet, aber gerade die Machtinstrumente sind durchaus sehr stark und einflussreich und diejenigen die vom System profitieren beherrschen es gut, die Masse damit unter Kontrolle zu halten.
Dazu herrschen gerade in der Armee offensichtlich auch sehr gewalttätige Strukturen, die ein Ausbrechen noch schwerer machen.

Es ist eben nicht so einfach, dagegen einfach nur aufzustehen, es gab in den letzten 10 Jahren mehrere Versuche davon, die epochal scheiterten.
Daher finde ich das hier zT gezeigte simplizistische sich auf einen moralischen Sockel stellen eben nicht zielführend, ja klar tragen die Soldaten eine Mitverantwortung, aber eben nicht so einfach, dass sie halt eben selbst an der Lage schuld sind oder einfach sofort aussteigen könnten.

Die Gesellschaft ist eben nur ein Faktor, ein diktatorisches Regime aber eben ein anderer, der irgendwann auch selbstlaufend ist (und zB der arabische Frühling zeigt, dass ein beenden solcher Systeme längst nicht so einfach ist oder gar ein Selbstläufer wird, sondern gerne einen harten Backlash hat)


Das ist alles richtig, es befreit aber die russische Gesellschaft nicht von der Verantwortung für das was in deren Namen geschieht. Putin tut das was er tut im Namen des russischen Volkes und nicht in seinem persönlichen Namen. Die meisten Russen (ich wurde in diesen Kulturkreis geboren) sind zu recht stolz darauf den deutschen Faschismus besiegt zu haben, den ersten Menschen in den Weltraum geschickt zu haben, das Periodensystem formuliert zu haben, Dichter und Denker wie Puschkin und Tolstoi hervorgebracht zu haben, aber auch Holodomor und Katyn..... jetzt gehört Putin und dieser Krieg objektiv mit zu diesem "Nationalbewusstsein" bzw. -geschichte. Entweder die Russen lernen offen und ehrlich damit umzugehen, oder sie werden auf Jahrhunderte Probleme mit teilen der Weltgemeinschaft haben.

Einer der Hauptgründe warum Deutschland ein respektiertes und geachtetes Mitglied der Weltgemeinschaft ist, ist der offene und ehrliche Umgang mit den ungeheuren Verbrechen des 2. Weltkriegs. Gerade weil die Deutschen sich ganz offiziell verantwortlich fühlen, hat man ihnen mittlerweile diese Ungeheuerlichkeiten "verziehen".


P.S: Ich weiß übrigens nicht, ob ich den Mut hätte gegen ein diktatorischen Regime aufzubegehren, aber ich würde mich definitiv verantwortlich fühlen.

Der Beitrag wurde von PeterPetersen bearbeitet: 25. Jun 2022, 23:45


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ZITAT(Almeran @ 11. Oct 2022, 11:29) *
Für alle Anwendungsfälle im "zivilen" Bereich ist eine RPG-7 doch mit einer RGW-90 etc gleichzusetzen.

 
Merowinger
Beitrag 25. Jun 2022, 23:06 | Beitrag #45
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ZITAT(PeterPetersen @ 25. Jun 2022, 20:56) *
Entweder die Russen lernen offen und ehrlich damit umzugehen, oder sie werden auf Jahrhunderte Probleme mit teilen der Weltgemeinschaft haben.

Ganz ganz schwierig. In den letzten 2-3 Jahrzehnten war es ein absolut heikles Thema und hat unterm Strich nicht geklappt. Mittlerweile unter Putin ist historische Selbstreflektion vollkommen unmöglich geworden und steht unter Strafe wenn auch nur irgendwie die Armee tangiert wird. Memorial ist aufgelöst, die Geschichtsschreibung wird vorgegeben.
 
PeterPetersen
Beitrag 25. Jun 2022, 23:47 | Beitrag #46
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ZITAT(Merowinger @ 26. Jun 2022, 00:06) *
ZITAT(PeterPetersen @ 25. Jun 2022, 20:56) *
Entweder die Russen lernen offen und ehrlich damit umzugehen, oder sie werden auf Jahrhunderte Probleme mit teilen der Weltgemeinschaft haben.

Ganz ganz schwierig. In den letzten 2-3 Jahrzehnten war es ein absolut heikles Thema und hat unterm Strich nicht geklappt. Mittlerweile unter Putin ist historische Selbstreflektion vollkommen unmöglich geworden und steht unter Strafe wenn auch nur irgendwie die Armee tangiert wird. Memorial ist aufgelöst, die Geschichtsschreibung wird vorgegeben.

Ich mache ja auch keine Prognose, dass es so kommen wird. Aber die Welt wird sie eben nicht so schnell aus der Verantwortung lassen. Insbesondere die Ukrainer nicht. Ob sie es nun wollen, oder nicht.


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ZITAT(Almeran @ 11. Oct 2022, 11:29) *
Für alle Anwendungsfälle im "zivilen" Bereich ist eine RPG-7 doch mit einer RGW-90 etc gleichzusetzen.

 
General Gauder
Beitrag 25. Jun 2022, 23:57 | Beitrag #47
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ZITAT(PeterPetersen @ 26. Jun 2022, 00:47) *
ZITAT(Merowinger @ 26. Jun 2022, 00:06) *
ZITAT(PeterPetersen @ 25. Jun 2022, 20:56) *
Entweder die Russen lernen offen und ehrlich damit umzugehen, oder sie werden auf Jahrhunderte Probleme mit teilen der Weltgemeinschaft haben.

Ganz ganz schwierig. In den letzten 2-3 Jahrzehnten war es ein absolut heikles Thema und hat unterm Strich nicht geklappt. Mittlerweile unter Putin ist historische Selbstreflektion vollkommen unmöglich geworden und steht unter Strafe wenn auch nur irgendwie die Armee tangiert wird. Memorial ist aufgelöst, die Geschichtsschreibung wird vorgegeben.

Ich mache ja auch keine Prognose, dass es so kommen wird. Aber die Welt wird sie eben nicht so schnell aus der Verantwortung lassen. Insbesondere die Ukrainer nicht. Ob sie es nun wollen, oder nicht.

Da wäre ich mir nicht so sicher, es stimmt schon das abseits der westlichen Welt eigentlich kaum wer wirklich fundamentale Probleme mit dem Russischen Angriff hat.
 
Mart
Beitrag 26. Jun 2022, 07:36 | Beitrag #48
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ZITAT(PeterPetersen @ 25. Jun 2022, 20:56) *
Einer der Hauptgründe warum Deutschland ein respektiertes und geachtetes Mitglied der Weltgemeinschaft ist, ist der offene und ehrliche Umgang mit den ungeheuren Verbrechen des 2. Weltkriegs. Gerade weil die Deutschen sich ganz offiziell verantwortlich fühlen, hat man ihnen mittlerweile diese Ungeheuerlichkeiten "verziehen".

Ich hoffe, dass nie etwas verziehen wird - und das sage ich als Sohn eines Offiziers der Wehrmacht.
Niemand wird wieder dadurch lebendig, weil verziehen wird, dass jemand totgeschossen wurde.

Aber ich verstehe, was Du meinst.

Nehmen wir Ungarn, im 2. Weltkrieg an Deutschlands Seite. Eine Schuldaufarbeitung gab es dort nie, Ungarn war wegen des nun sozialistischen Ungarns auf der Seite der Sieger. Noch heute kann DIr in Ungarn passieren, dass Dir von ganz normalen Bürgern erklärt wird, dass "die Juden" ja schuld sind - da hört man völlig fassungslos zu. Soweit übrigens auch zu Herrn Orban, irgendwer wird den ja wohl gewählt haben.

Zu Russland ist zudem anzumerken, dass bei meinen Kontakten zu ehemals jungen Offizieren (zuerst stationiert DDR) es ein immer gleiches Argumentationsschema gibt: Das hört auf "NATO böse".

Am Rande sei angemerkt, dass im Tonfall da ein hoher Respekt -ich finde eine Angst- vor der NATO mitschwingt. Ich verstehe das so, dass russische Offiziere vor der NATO Angst haben, weil sie kriegerisch die Macht ist, die Russland ernsthaft bedrohen könnte - wenn sie wollte.


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Kein Mensch ist so wichtig wie er sich nimmt. (Immanuel Kant; Königsberg, heute Kaliningrad)
 
SailorGN
Beitrag 26. Jun 2022, 15:52 | Beitrag #49
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Nein. Verzeihen ist notwendig, damit man die Gräben wieder zuschütten KANN, die das Verbrechen aufgerissen hat. Verzeihen bedeutet aber nicht vergessen oder rückgängig machen. Das Bitten um Verzeihen und solche Gesten wie der Kniefall sind der Grund dafür, dass D sowohl bei seinen Nachbarn als auch intern anders gesehen wird und anders handelt. Und das ist ein enormer Vertrauensvorschuss, da die "Volksbeteiligung" der Deutschen an den Verbrechen der Nazis bis heute nicht wirklich erforscht, geahndet und rückgängig gemacht wurde. Allein die Arisierung jüdischen Besitzes seit 33 ist ein enormer Klotz, es gibt heute Familien, die leben immer noch sehr gut von den "Früchten des Verbrechens". Wie viele Läden, Häuser und unternehmen in den 30igern die Besitzer gewechselt haben... da sind etliche dabei die heute als "Traditionsgeschäft" geführt werden, da will man gar nicht genau hinschauen. Und dann ist da noch die gesamte Geschichte der Fremdarbeitenden... Der Krieg war abgesehen von den Bombardements der Alliierten für das deutsche Volk kein Problem, erst mit dem Wegfall der Raubgüter und der Sklavenarbeit nach Mai 45 ging das Leid und das Gejammer los^^

Das Hauptverdienst der Alliierten nach 45 war Nürnberg. Anders als jemals zuvor wurde hier erfolgreich eine Gerichtsverhandlung durchgezogen, welche die Verantwortung für Krieg klar definierte und Urteile nach formalen Gesichtspunkten fällte. Das missfällt bis heute vielen auf der Welt, weil es eine Hürde für Krieg darstellt. Bis dahin war Krieg normale zwischenstaatliche Praxis, ein anerkanntes politisches Mittel, wobei der Staat als Akteur auftrat und als Staat "in Haftung" genommen wurde (auch in den Pariser Vorortverträgen). Mit Nürnberg wurde erstmals die persönliche Haftung hochrangiger Politiker, Industrieller und Militärs festgestellt; ihr Handeln direkt kriminalisiert. Das schwingt bis heute durch, auch und vor allem in westlichen Militärs und Politikern. Entgegen der Meinung der üblichen Whataboutisten hat sich die westliche Einstellung zur Kriegsführung seit dem 2. Weltkrieg verändert. Dazu kam noch der Koreakrieg, der erste "UN-Krieg", der ebenfalls Standards gesetzt hat. Mit den Tribunalen zu den Jugoslawienkriegen und afrikanischen Bürgerkriegen wurde das zementiert und putin weiss das. deshalb hält er bspw. seine Hand über Assad, die Beispiele Ghaddafi und Saddam Hussein sind alszu deutlich... wobei diese ja durch ihre eigenen Völker bestraft wurden und nicht durch ein internationales Tribunal... aber am Ende kanns putin egal sein, wer ihn hängt^^


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muckensen
Beitrag 27. Jun 2022, 11:15 | Beitrag #50
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ZITAT(Merowinger @ 25. Jun 2022, 14:23) *
Mikhail Kassianov, Ministerpräsident von 2000-2004, hat es neulich auf den Punkt gebracht: Russland ist heute ein Land ohne Recht und praktisch die Vortsetzung der Goldenen Horde. Dazu kommt der an allen Ecken und Enden zelebrierte Militarismus, der aus Sicht der Russen normal und richtig ist. Wer also in die Armee geht ist potentieller Held und das Gegenteil von potentiellem Kriegsverbrecher. Die Annektion der Krim wurde beinahe einhellig begrüßt. Aus dieser Lage heraus nun wegen des Ukrainekrieges - und unter heftigstem propagandistischen Trommelfeuer - als Soldat geistig eine mehr oder weniger volle Kehrtwende zu vollziehen ist ganz bestimmt nicht einfach. Wer das tut hat daher meinen doppelten Respekt (es gab zu Beginn des Krieges ein eindrucksvolles langes statement eines älteren russischen Kriegsgefangenen).
Respekt? Vielleicht, wobei man nicht ausblenden sollte, dass sich ein nicht geringer Teil der Proteste in der russischen Armee und den Überresten der Zivilgesellschaft keineswegs nur auf die Regierungspolitik, sondern auch – oder sogar ausschließlich – auf das (geographische) Ziel dieser Politik bezog.

Das ist, wenn man so will, die Kehrseite des vereinnahmenden russischen Blickes auf die Ukraine.

Dass die Ukraine angegriffen wurde, das "slawische Brudervolk", hat in Russland mehr Staub aufgewirbelt als die Tatsache, dass ein friedliches Nachbarland überfallen wurde. Ich hege ernste Zweifel, dass im heutigen Russland ein Angriff z.B. auf Finnland ähnlich viel Widerstand erfahren würde.

Jedenfalls, der für diesen Strang von @goschi (?) gewählte Titel hat mich überrascht; denn eine nennenswerte Verantwortung für das Agieren des Staates haben – im heutigen Russland, im Dritten Reich oder wo auch immer – natürlich allenfalls hochrangige Offiziere.

Dennoch bleibt es eine Tatsache, dass Russland diesen Krieg nicht führen könnte, gäbe es in Militär und Gesellschaft signifikanten Widerstand. Ist es (allgemein gesprochen) realistisch, Widerstand zu erwarten? Vielleicht nicht, trotzdem muss er verlangt werden. Denn ohne die Erwartungshaltung, dass sich jeder an gewisse Spielregeln zu halten hat, kann es keine Gerechtigkeit, keinen Frieden geben. Dann ist jedes Strafgesetzbuch der Welt eine Utopie, die eingestampft werden kann.

Übrigens, kennt das russische Recht überhaupt noch eine Pflicht, rechtswidrige Befehle zu verweigern? Aber selbst wenn es sie kennt – es ist keine zwei Jahre her, dass der Staat seine Verfassung dahingehend geändert hat, dass internationales Recht keinen Vorrang vor russischem Recht mehr genießt.

Damit wurde die semi-offizielle Politik, dass Russland das Völkerrecht missachten kann, wenn ihm dies in den Kram passt, auf eine legale Grundlage gestellt. Ich sehe nicht, wie man dies – im Kontext erwiesener Verbrechen¹ – nicht als Führereid-Moment der russischen Streitkräfte interpretieren könnte.
¹) Was ein gewichtiger Grund ist, warum man durchaus unterscheiden darf zwischen bspw. dem von @DSO genannten Kosovokrieg und den Angriffen Russlands auf Georgien und die Ukraine. Ja, die NATO hat die Bundesrepublik Jugoslawien völkerrechtswidrig angegriffen. In dem Bewusstsein, Recht zu brechen – anstatt seine Gültigkeit zu verneinen (was vor jedem Gericht der Welt einen gewaltigen Unterschied machen würde).

Und sie wähnte sich durch Nothilfe gerechtfertigt, was schließlich von den UN prinzipiell anerkannt wurde. Was kein Wunder ist, denn ungeachtet aller Fantastereien Rudolf Scharpings kam es im Kosovo tatsächlich zu gewaltsamen Vertreibungen von einigen hunderttausend Menschen, zu serbischen Massakern mit an die tausend Todesopfern, zu Massenvergewaltigungen – Verbrechen, die die westliche Welt, vier Jahre nach Srebrenica, völlig zu Recht besorgten.

Und: Trotz der völkerrechtswidrigen Ausgangslage gelang es der NATO – der Teufel weiß, wie –, während ihrer Intervention die Haager Landkriegsordnung zu achten. Während der gesamten Operation Allied Force kam es zu keinem einzigen erwiesenen vorsätzlichen alliierten Kriegsverbrechen. Die Diskrepanz zeigt, dass die Vorgehensweise der Russen System hat. Damit verbietet sich jeder Vergleich.
Ich sehe auch nicht, warum ich den einzelnen russischen Soldaten nicht in die Verantwortung nehmen sollte, aus der neuen Situation die Konsequenzen zu ziehen – oder zu unterstellen, dass er, wenn er dies nicht tut, mit der Politik seiner Regierung einverstanden ist. Qui tacet, consentit.

Im Übrigen ist der Ruf der russischen Streitkräfte, selbst gegen die eigenen Leute Gewalt zu üben (Dedowschtschina), im Land bestens bekannt. Auch dass die russische Armee in jedem Konflikt, an dem sie beteiligt war, Kriegsverbrechen im großen Stil verübt hat, ist im Land bekannt, jedenfalls bekannt genug, um von mir bekannten Durchschnittsrussen gerechtfertigt zu werden.

Warum sollte man jemandem, der sich der Kriegsmaschinerie des Kremls zur Verfügung stellt, unbesehen harmlose Motive zubilligen?

Ich meine mich zu erinnern, jemand hätte auf meinen ursprünglichen Kommentar erwidert, viele Soldaten kämmen aus den ärmeren Teilrepubliken, sie hätten keine andere Wahl. Das überzeugt mich nicht.²
²) Laut Timothy Snyder rekrutieren die Russen übrigens deshalb bewusst aus Regionen wie Dagestan, Baschkirien und Tatarstan, weil deren junge Männer als besonders "robust" und "treu" gelten.
Ehrlich gesagt, erinnert es mich sogar ein bisschen an Alice Schwarzers Anti-Porno-Kampagne, die schimpft, die Bedürftigkeit junger Frauen aus Osteuropa würde von Pornoguckern ausgenutzt – und geflissentlich die zigtausenden jungen Frauen aus Osteuropa ignoriert, die sich tagtäglich in Deutschland als Putzfrauen, Pflegekräfte oder Kellnerinnen abrackern und im Monat das verdienen, was eine Pornodarstellerin für ein Wochenende kriegt.

Wer in Putins Kriegen nicht mitmischen will, der findet Wege, um nicht in den Reihen der Kontraktniki zu enden. Und sei es, dass er, wie unzählige andere junge Russen auch, innerhalb Russlands umzieht.

Bleibt als Gegenargument noch der Patriotismus, der Wunsch, Mütterchen Russland zu verteidigen. Hieße das aber nicht, die galoppierende Paranoia des russischen Nationalismus salonfähig zu machen? Fakt ist doch, dass – islamistische Terroristen und ein paar verbliebene Separatisten einmal ausgenommen – kein Land der Welt, nicht einmal der alte rote Rivale China, Lust darauf hat, Russland anzugreifen.

Gegen wen muss das Land verteidigt werden?

Und selbst wenn man diese Eigenwahrnehmung als berechtigt oder zumindest unvermeidlich akzeptiert – kommt nicht irgendwann der Punkt, jenseits dessen (zumindest passiver) Widerstand gegen die Regierung zur patriotischen Pflicht wird?

Ein Forist, ich kann mich nicht genau erinnern, wer, fand, solche Bemerkungen seien arrogant.

Das sei demjenigen unbenommen, aber: Ich kenne keine Rechtsordnung, in der Wohlverhalten belohnt anstatt Fehlverhalten bestraft würde. Man darf, man muss erwarten, dass sich der Einzelne an gewisse Spielregeln hält. Tut er dies nicht, mag es im Einzelfall Umstände geben, die seine Schuld mildern, aber schuldig bleibt er.


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ZITAT(ramke @ 13. Jan 2023, 20:09) *
Bald heisst es, Leopard Panzer werden nur geliefert wenn der Jadeaffe vor Vollmond zurück im Tempel ist.

 
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Beitrag 28. Jun 2022, 00:18 | Beitrag #51
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Ein Soldat hat immer die Möglichkeit den Kampf zu verweigern. Die Frage ist halt, was für Konsequenzen das hat. Solange es nur den Soldaten selbst betrifft, sollte die Antwort klar sein. Wenn es aber in Bereiche geht, in denen z.B. auch die Familie Konsequenzen befürchten muss, wird es schwierig.

Im aktuellen Fall hat Putin sich ja ein Eigentor geschossen, indem er den Krieg als "Spezialoperation" verkauft, denn das sorgt anscheinend dafür, dass die (Militär)Gerichtsbarkeit nicht wirklich die Möglichkeiten hat Kampfverweigerer und Deserteure mit aller Macht des Gesetzes zu bestrafen. Demzufolge sollte es einem russischen Soldaten schon möglich sein da ohne "Kopf ab" rauszukommen.

Ansonsten, was will man denn machen, wenn komplette Einheiten in Kompaniestärke aufwärts den Befehl verweigern? Die Amis haben damit ja Erfahrungen in Vietnam gemacht und soweit ich weiß, gab es da so gut wie garkeine Konsequenzen. Ähnlich verhält es sich mit "gefakten" Einsätzen, Offizieren die mehr Löcher im Rücken als anderswo hatten usw., denn was man so hört, passiert sowas auch gerade bei den Russen. Von daher glaube ich nicht, dass sich die Soldaten da komplett der Situation ergeben und keinerlei kritisches Denken mehr stattfindet.


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Mart
Beitrag 28. Jun 2022, 07:06 | Beitrag #52
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ZITAT(muckensen @ 27. Jun 2022, 12:15) *
Ich sehe auch nicht, warum ich den einzelnen russischen Soldaten nicht in die Verantwortung nehmen sollte, aus der neuen Situation die Konsequenzen zu ziehen – oder zu unterstellen, dass er, wenn er dies nicht tut, mit der Politik seiner Regierung einverstanden ist. Qui tacet, consentit.

Dem ist ganz strikt zu widersprechen.

Soldaten sind durch das Kriegsvölkerrecht geschützt.
Soldaten, die legitime Befehle ausführen, handeln unter Befehl, sie sind von Kriegsvölkerrecht geschützt. Nach ihrer Gefangennahme sind sie entsprechend der Regeln der Haager Landkriegsordnung und der folgenden Genfer Konventionen zu behandeln - das bedeutet übrigens auch, dass sie nicht schlechter mit Nahrung versorgt werden dürfen als die ortsänsässige Bevölkerung. Meine Fresse, wo sind wir denn hier?

Soldaten haben sich individuell nur dann zu verantworten, wenn sie einen offensichtlich völkerrechtswidrigen Befehl ausführten. Oder wenn sie eine individuelle Stafttat begingen (Beispiel: Vergewaltigung einer Frau).

Die zivilisatorische Errungenschaft war die Haager Landkriegsordnung, ergänzt um die Genfer Erklärungen.
Nehmt bitte zur Kenntnis, das ein unter Befehl stehender Soldat sich individuell nicht schuldig macht.

Und das gilt auch für russische Soldaten. Insbesondere für diese.

Wer sind wir denn? Also wenn wir fordern, dass internationale Verträge eingehalten werden, dann ist es an uns, sie einzuhalten.

Der Beitrag wurde von Mart bearbeitet: 28. Jun 2022, 07:07


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DSO
Beitrag 28. Jun 2022, 08:16 | Beitrag #53
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Ein Soldat der einen Befehl verweigert wie sollte der unters kriegsvölkerrecht fallen ? Er wird doch nicht zum Kriegsgefangenen dadurch . Befehlsverweigerung ist nationales Recht
 
Mart
Beitrag 28. Jun 2022, 11:38 | Beitrag #54
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ZITAT(DSO @ 28. Jun 2022, 09:16) *
Ein Soldat der einen Befehl verweigert wie sollte der unters kriegsvölkerrecht fallen ? Er wird doch nicht zum Kriegsgefangenen dadurch . Befehlsverweigerung ist nationales Recht

Ein Soldat darf und muss Befehle verweigern, die für ihn erkennbar völkerrechtswidrig sind.

Selbst in der beschaulichen kleinen DDR wurde das jedem Soldaten eingetrimmt - nebst den Verhaltensregeln für Soldaten, die in Gefangenschsft geraten.


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General Gauder
Beitrag 28. Jun 2022, 11:49 | Beitrag #55
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ZITAT(Mart @ 28. Jun 2022, 12:38) *
ZITAT(DSO @ 28. Jun 2022, 09:16) *
Ein Soldat der einen Befehl verweigert wie sollte der unters kriegsvölkerrecht fallen ? Er wird doch nicht zum Kriegsgefangenen dadurch . Befehlsverweigerung ist nationales Recht

Ein Soldat darf und muss Befehle verweigern, die für ihn erkennbar völkerrechtswidrig sind.

Selbst in der beschaulichen kleinen DDR wurde das jedem Soldaten eingetrimmt - nebst den Verhaltensregeln für Soldaten, die in Gefangenschsft geraten.

Du meinst so wie den Befehl in einem Völkerrechtlich illegalen Angriffskrieg mit zu Kämpfen?
 
ramke
Beitrag 28. Jun 2022, 12:02 | Beitrag #56
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Naja, wenn es darum geht will ich gar nicht großartig das Fass vom Irak Krieg 2003 öffnen, bei dem - wenn ich mich recht erinnere - US Soldaten und Verbündete, die verweigerten, mit den Konsequenzen leben mussten.


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Madner Kami
Beitrag 28. Jun 2022, 12:02 | Beitrag #57
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ZITAT(General Gauder @ 28. Jun 2022, 12:49) *
Du meinst so wie den Befehl in einem Völkerrechtlich illegalen Angriffskrieg mit zu Kämpfen?


Wollte ich gerade schreiben. Ukraine und Russland sind in der UNO, wo man sich vertraglich dazu verpflichtet hat, Streitigkeiten friedlich beizulegen. Russland hatte der Ukraine im Budapester Memorandum zugesichert, im Austausch für die ukrainischen Nuklearwaffen, ihre territoriale Integrität zu respektieren. Alles internationale Verträge, die von Russland einseitig und ohne Not gebrochen wurden. Jeder russische Soldat hätte die Pflicht, nicht in diesen Krieg zu gehen.


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muckensen
Beitrag 28. Jun 2022, 12:05 | Beitrag #58
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Gauder, ich habe keine Ahnung, ob es an mir lag oder an Dir, aber Deine Interpretation meines Kommentars hat nichts zu tun mit dem, was ich geschrieben habe. Ich habe nichts davon gesagt, russische Kriegsgefangene nicht mehr unter den Schutz der Genfer Konvention zu stellen. Ich dachte, ich hätte klar von moralischer Schuld gesprochen - und was das anlangt, bleibe ich bei meiner Einschätzung. Wer freiwillig der russischen Armee beitritt, wer freiwillig oder widerspruchslos in diesen Krieg zieht, impliziert damit sein Einverständnis mit der Politik des Kremls im Allgemeinen und mit dem Überfall auf die Ukraine im Besonderen. Seit Nürnberg ist dies ein Grundsatz mit Geltung als Weltrecht: Der Soldat, der ohne Zwang an einem illegalen Krieg teilnimmt, kann sich nicht auf einen Befehlsnotstand berufen. Das Recht will, dass dieser Soldat den Gehorsam verweigert. Wenn er dies nicht tut, ist er allermindestens moralisch schuldig.


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ZITAT(ramke @ 13. Jan 2023, 20:09) *
Bald heisst es, Leopard Panzer werden nur geliefert wenn der Jadeaffe vor Vollmond zurück im Tempel ist.

 
Merowinger
Beitrag 28. Jun 2022, 12:10 | Beitrag #59
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Was speziell das Budapester Memorandum angeht, so ist dies eine einfache Vereinbarung, noch nicht einmal ein Vertrag, und deren Bruch dürfte nicht als Begründung genügen. Jetzt kommt hinzu, dass aus russischer Sicht - und das wird für die Beurteilung durch einen russischen Soldaten mindestens wichtig sein - es sich nicht um einen Krieg sondern um eine Spezialoperation handelt. Der erste Schritt wäre also, daß ein russischer Soldat sich der Sichtweise - und der entsprechenden rechtlichen Situation inklusive Rechtsprechung im Land - seiner Regierung widersetzt und keiner der propagandistisch eingehämmerten Begründungen Glauben schenkt.

Der Beitrag wurde von Merowinger bearbeitet: 28. Jun 2022, 12:15
 
Stefan Kotsch
Beitrag 28. Jun 2022, 12:13 | Beitrag #60
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ZITAT(Mart @ 27. Jun 2022, 11:38) *
ZITAT(DSO @ 28. Jun 2022, 09:16) *
Ein Soldat der einen Befehl verweigert wie sollte der unters kriegsvölkerrecht fallen ? Er wird doch nicht zum Kriegsgefangenen dadurch . Befehlsverweigerung ist nationales Recht

Ein Soldat darf und muss Befehle verweigern, die für ihn erkennbar völkerrechtswidrig sind.

Selbst in der beschaulichen kleinen DDR wurde das jedem Soldaten eingetrimmt - nebst den Verhaltensregeln für Soldaten, die in Gefangenschsft geraten.


Naja, dem NVA-Soldaten wurde Völkerrecht eingetrimmt? Eingetrimmt? In meinen Jahren war das Kriegsvölkerrecht zwar immer auch für den NVA-Soldaten als vorhanden erkennbar. Aber es wurde, jedenfalls da wo ich war, keine Rechtsausbildung durchgeführt. Niemals. Das Wissen um diese Dinge war dem Zufall überlassen. Ich erinnere nur an den Stellenwert der Verfassung der DDR - laut Verfassungsrecht war sie "Unmittelbar geltenden Recht" In der Realität absolut und völlig der Belanglosigkeit verfallen. Den Begriff Verfassungsrecht hat man bestenfalls an der MfS-Hochschule in Potsdam in den Mund genommen...

Die Russen gehen ähnlich oder eigentlich noch viel extremer mit Staats- und Völkerrecht um wie wir damals in der DDR. Es gibt zwar Gesetze und Regeln - aber schlechte Menschen haben selbstverständlich kein Recht auf Recht - wo käme man da hin...
Die Russen haben in weiten Teilen ein ganz anderes Rechtsbewusstsein als wir hier. Die sind nicht unter Bedingungen von Rechtsstaatlichkeit aufgewachsen, sondern unter Willkür und Rechtlosigkeit. Ich hatte mich dazu aber weiter oben schon mal geäußert.

Insofern ist die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen eine recht schwierige. Aber es gilt auch - Unkenntnis schützt vor Strafe nicht. Für gerichtlich bewiesene Kriegsverbrechen muss jeder gerade stehen, auch der Russe.

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 28. Jun 2022, 15:37
 
 
 

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