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WHQ Forum _ Politik-und Geschichteforum _ Afghanistan nach der Talibanübernahme 2021

Geschrieben von: Panzerchris 23. Oct 2021, 19:46

Guten Tag an alle Interessierten, die die Lageentwicklung in Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 weiterverfolgen möchten.

Vor 2 Wochen habe ich mich mit einem guten Freund und dessen Bruder, afghanischen Tadschiken, intensiv über die Situation in dem Land unterhalten. Er hat an der Universität in Erfurt Politikwissenschaften studiert und kennt sich mit der Lage in Afghanistan aus. Seine kleine Familie sitzt dort auch noch in Kabul fest und wartet verzweifelt auf die Ausreise. Pakistan und die Taliban lassen niemanden aus dem Land ausreisen. Die Versorgungslage ist im ganzen Land sehr schlecht, da viele Menschen in den Städten keine Arbeit und somit auch kein Einkommen mehr haben. Sie haben sogar begonnen, ihre wenigen Möbel auf offener Straße zu verkaufen, um so an einige Lebensmittel heran zu kommen. Einer Statistik zufolge sollen etwa 97% (!) aller Afghanen unterhalb der Armutsgrenze leben. Auch haben die Taliban kurz nach der Übernahme begonnen, alle Krankenhäuser und Apotheken, die mit Geld aus den westlichen Ländern errichtet wurden, niederzubrennen. Ihrer Meinung nach seien diese Gebäude "unrein".

Einer seiner Brüder, die in Kabul geblieben sind, musste mit ansehen, wie kurz nach dem Einmarsch der Taliban 4 gefangene ANA-Soldaten morgens um 09.00 Uhr exekutiert wurden. Massenhinrichtungen soll es Berichten der UNO zufolge im ganzen Land geben.

Der Widerstand im Pandschirtal und auch in der Provinz Baghlan geht weiter. Es gibt Berichte, daß Pakistan Anfang September mit Drohnen und Kampfflugzeugen die Verteidigungslinien der Widerstandskämpfer bombardiert hat und so den Taliban die Einnahme der Provinz ermöglichte. Das wäre das erste Mal seit sehr langer Zeit, daß dieses Tal von einem Eroberer kontrolliert wird. Die Russen hatten in den 80er Jahren 9 vergebliche Angriffe, teils in Divisionsstärke, versucht, daß Tal zu erobern. Auch die Taliban haben es in den 90er während des Bürgerkrieges nie einnehmen können. Damals hatte Ahmad Shah Masoud das Tal verteidigen können. Daher gilt er auch als einer der 5 erfolgreichsten Widerstandskämpfer des 20. Jahrhunderts. Sein Grab wurde übrigens von den Terroristen zerstört. Der jetzige Widerstand kann sich aber nur auf Guerrilla-Methoden stützen und gefährdet nicht die Herschaft dieser Terroristen.

Heute (23.10.2021) gab es einen Bericht auf ARTE Journal, daß die Taliban mit ethischen Säuberungen in Masar i Sharif und der Provinz Daikondi begonnen haben. Dort leben viele Hazara. Die freiwerdenden Häuser und Bauernhöfe sollen nun mit paschtunischen Familien besiedelt werden, um so eine stärkere Präsenz dieser Volksgruppe im Norden Afganistans zu etablieren. Diese Vorgehensweise wurde schon Ende des 19. und Anfang des 20.Jahrhunderts durch die Paschtunen durchgeführt, um mehr Kontrolle über den Rest des Landes zu erhalten. Da die Hazara der schiitischen Glaubensrichtung angehören, der große Rest sind Sunniten, werden sie schon seit jeher von den Paschtunen drangsaliert.

Mein Freund sagte mir auch ganz deutlich, daß alle Volksgruppen mit den Paschtunen nichts mehr zu tun haben wollen. Ihr Stammesdenken lehne man ab, es ist rückwärtsgewandt. Sie haben immer versucht den anderen Volksgruppen (Tadschiken, Usbeken, Hazara, Aimaken u.v.a.) ihren Willen aufzuzwingen, was man nicht mehr hinnehmen wolle. Es gilt in Afghanistan als Tabu, keiner spricht darüber, aber man wolle die Paschtunen los werden, den Norden und Westen des Landes abtrennen und einen eigenen Staat gründen!

Er sagte auch, das 42 Jahre Krieg genug seien und man die Taliban erstmal zur Ruhe kommen lassen wolle. Sie sollen sich an das bessere Leben in der Stadt gewöhnen in der Hoffnung, daß sie ihre Denkweise allmählich ändern. Ich persönlich bin nicht sehr überzeugt davon, aber es ist nicht mein Land und habe Das nicht zu entscheiden. Aber wenn sich die Lage weiter so entwickelt, wird es in den Städten kein besseres Leben geben.

Geschrieben von: Thomas 24. Oct 2021, 00:25

Gibt es hierzu andere Quellen als "hat mir ein Freund erzählt"?

Bitte nicht falsch verstehen. Aber wer neu ist und gleich im ersten Posting "Hörensagen" verbreitet, stößt hier erstmal auf gesundes Mißtrauen.

Geschrieben von: Panzerchris 24. Oct 2021, 06:21

Meine Quellen sind t-online.de/Nachrichten, ARTE Reportage und ARTE Journal, die Deutsche Welle aber natürlich auch Berichte hier lebender Afghanen.

Geschrieben von: SpezPi(Ppl)301 24. Oct 2021, 07:59

https://youtu.be/WF3Rkt42wPY
Ein steinalter Beitrag über A-stan. U.A. wie dort "Nachrichten" funktionieren/funktionierten. Es ist schon sehr speziell, wie dort kommuniziert wird. Und wie die Ethnien dort "denken" & "handeln".
Falls der link ein repost ist, bitte löschen.

Geschrieben von: Panzerchris 26. Oct 2021, 19:15

Die deutsche Welle (DW) bestätigt die Vertreibung der Hazara aus den fruchtbaren Gebieten im Zentrum und Norden des Landes. Siradschuddin Haqqani hat Familien von Selbstmordattentätern wirtschaftliche Unterstützung zugesagt, indem diese mit landwirtschaftlichen Nutzflächen unterstützt werden sollen. Die nimmt man nun den Hazara weg.
https://www.dw.com/de/iran-und-die-angst-vor-chaos-in-afghanistan/a-59632274

In Kabul hat sich eine ehemalige Studentin eine geheime Mädchenschule in Kabul gegründet. Die Bildung von Mädchen war eine der wenigen Erfolge beim Aufbau von Afghanistan. Mit ihrem Einsatz riskieren alle Beteiligten ihr Leben. Man kann nur hoffen, daß es nicht die einzige Einrichtung dieser Art bleibt.
https://www.dw.com/de/die-geheime-m%C3%A4dchenschule-von-kabul/a-59603841

Auch in der Forschung ist der Niedergang spürbar. Viele Lehrkräfte der afghanischen Universitäten haben das Land verlassen oder wollen fliehen, weil sie in ihrer Heimat keine Zukunft haben. Viele wichtige Projekte sind zusammengebrochen (Medizin, Geologie/Seismologieu.a.).
https://www.spektrum.de/news/taliban-in-afghanistan-wissenschaft-und-forschung-in-gefahr/1917304

Geschrieben von: SpezPi(Ppl)301 27. Oct 2021, 05:09

Wenn weiterhin das Primat der Religion (&der "talibanschen" Auslegung) das Handeln bestimmt, Klientel-"wirtschaft" und Drgenhandel ( "staatlich", also talibanisiert) das Land bestimmen, wird es untergehen/fraktionalisiert. "Menschen"-Rechte spielen keine Rolle, mal schauen, wann die Talib sich an die "Köppe kriegen" und das Land das Somalia Zentralasien wird. Pakistan hat ein Monster geschaffen, dass eines Tages auch dort "metastasiert".
Mir tun Frauen und Kinder dort leid.

Geschrieben von: Panzerchris 27. Oct 2021, 14:15

Ein Bürgerkrieg wird wohl unvermeidlich sein. Davon gehen auch viele Experten aus. Der amerikanische CIA glaubt auch nicht, daß die Taliban den IS-K unter Kontrolle halten können. In Washington geht man davon aus, daß ab nächsten Jahr wieder Anschläge durch den IS in den USA durchgeführt werden könnten.
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91039240/geheimdienste-warnen-vor-is-terroranschlaegen-in-den-usa.html
Durch den akuten Mangel an Allem fehlt es den Taliban sicher auch an Kraftstoff. Die von der ANA erbeuteten Fahrzeuge nutzen ihnen daher nicht viel, da es sich bei Militärfahrzeugen um wahre Spritfresser handelt. Diese immense Feuerkraft können sie somit nicht gegen den IS zur Wirkung bringen.

Gestern kam noch ein Beitrag auf ARTE Journal (kann ich nur empfehlen) über die Hungersnot aufgrund der Dürre und der eingefrorenen Hilfsgelder. Die Menschen sind inzwischen so verzweifelt etwas essbares aufzutreiben, daß sie auch ihre kleinen Töchter verscherbeln. Frauen und Mädchen wurden zwar eh immer wie Ware gehandelt und behandelt, aber durch diese Ereignisse wird es noch schlimmer.

Geschrieben von: Panzerchris 2. Nov 2021, 16:17

Auf das Militärkrankenhaus in Kabul wurde ein Anschlag verübt, vermutlich durch den IS-K. Spezialkräfte (!) der taliban seien vor Ort.
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91073222/afghanistan-angriff-auf-krankenhaus-in-kabul-mehrere-tote-und-verletzte.html

https://www.dw.com/de/tote-und-verletzte-nach-anschlag-in-kabul/a-59693770

Die Taliban betreiben weiterhin ihre Propaganda, Spezialkräfte haben die keine.

Der IWF befürchtet eine große Flüchtlingswelle in die Nachbarstaaten und nach Europa. Auch der Drogenhandel habe zugenommen. Indien kündigte bereits an, keine Waren mehr aus Afghanistan umzuschlagen, da man 2 Container voll mit Heroin im Wert von 2,3 Milliarden Dollar beschlagnahmt hat.
https://www.dw.com/de/afghanistan-blickt-in-den-wirtschaftlichen-abgrund/a-59549669

Die G20-Staaten haben 1 Milliarde Euro Hilfsgelder zugesagt. 300 Millionen für humanitäre Hilfe, weitere 250 Mio€ für das Gesundheitswesen und weiteres.
93% der Haushalte haben nicht genug zu essen. 3,2 Mio Kinder leiden unter der Hungerkrise, 1 Mio könnten den bevorstehenden Winter nicht überleben.
https://www.dw.com/de/g20-gipfel-eu-k%C3%BCndigt-eine-milliarde-euro-an-hilfen-f%C3%BCr-afghanistan-an/a-59485960

Was man auch gelesen haben muß, sehr interessant:
https://www.dw.com/de/ideologische-abgr%C3%BCnde-der-taliban/a-59685317

Geschrieben von: Scipio32 2. Nov 2021, 16:51

Ich wollte eigentlich schreiben, dass man diese Entwicklung hätte abwenden können, wenn man sich im "Westen" Mal einen ernsthaften Plan zurecht gelegt hätte aber das macht jetzt auch keinen Unterschied mehr....

Geschrieben von: Thomas 2. Nov 2021, 17:07

Glaubt irgendeiner hier ernsthaft, daß von der Milliarde mehr als 1% tatsächlich in Form von Nahrung und Gesundheitsleistungen bei der Bevölkerung ankommen wird?

Geschrieben von: Merowinger 2. Nov 2021, 17:25

Ja, ich.

Geschrieben von: Panzerchris 3. Nov 2021, 07:28

Die Nahrungsmittel werden schon gekauft werden, aber die Taliban entscheiden danach, wer was und wieviel bekommt. Das meiste werden sich die Paschtunen unter den Nagel reißen und die Hazara kaum was erhalten.

Geschrieben von: kato 3. Nov 2021, 14:12

ZITAT(Thomas @ 2. Nov 2021, 17:07) *
Glaubt irgendeiner hier ernsthaft, daß von der Milliarde mehr als 1% tatsächlich in Form von Nahrung und Gesundheitsleistungen bei der Bevölkerung ankommen wird?

Ein guter Teil des Gelds wird in WFP- und UNHAS-Operationen vor Ort fließen. Die haben ihren Sofortbedarf (im August und September) mit 230 Millionen beziffert, um ihre Operationen vor dem ersten Schnee winterfest zu machen.

Zur Skalierung: Die WFP hat im ersten Halbjahr 2021 in Afghanistan 5,5 Millionen Menschen versorgt, hat rund 120 Sanitätstrupps vor Ort und fliegt mit eigener Flotte nach Kabul, Kandahar und Herat um von dort mit eigenen LKWs zu verteilen. Und zwar durchaus quer durch Afghanistan, auch im Talibangebiet und in Kooperation mit den Taliban.

Die Zahl 93% stammt übrigens auch vom WFP. Basiert auf einer Umfrage durch WFP-Personal unter 1600 Afghanen im August.

Geschrieben von: Panzerchris 14. Nov 2021, 08:13

Die Taliban weiten ihre Kontrolle in Afghanistan weiter aus. Sie verfolgen verstärkt frühere Angehörige der afghanischen Armee und Sicherheitskräfte, Mitarbeiter ausländischer Regierungen, Medienschaffende oder etwa Menschenrechtsaktivisten. Bei Masar i Sharif wurden beispielsweise 4 Frauenleichen entdeckt, eine davon war eine bekannte Frauenrechtsaktivistin. Dies führt mittlerweile dazu, daß täglich 4000-5000 Flüchtlinge pro Tag in den Iran fliehen. Seit der Machtübernahme durch die Taliban sollen schon 300.000 Menschen ins Nachbarland geflohen sein.

https://www.dw.com/de/tausende-afghanen-fliehen-t%C3%A4glich-in-den-iran/a-59786730

Die Notlage der Menschen ist weiterhin sehr groß. Daher planen die Taliban ein Sofortprogramm, daß die steigende Arbeitslosigkeit bremsen soll und wollen den Bau von Wassergräben und Auffangbecken einleiten. Im Gegenzug sollen die am Bau beteiligten Personen mit Weizen bezahlt werden. Woher Dieser aber kommen soll ist unklar. Viele Firmen in Afghanistan sind inzwischen pleite gegangen.

https://www.dw.com/de/tausende-afghanen-fliehen-t%C3%A4glich-in-den-iran/a-59786730

Die Hilfsorganisation "Mission Lifeline" ruft zu Spenden für die Ausstellung von Reisepässen für gefährdete Afghanen auf. Da es für diese Personen sehr gefährlich ist sich selbst um die Pässe zu kümmern, werden über eine Agentur in Kabul Mittelsmänner beauftragt sie abzuholen. Die Bundesregierung kümmert sich nicht um die Beschaffung der nötigen Dokumente, da ihr gesetzlich die Hände gebunden seien. Sollten die Taliban diese Agentur finden, würde sie geschlossen. Ein Pass für einen Erwachsenen kostet 800 US-Dollar, für Kinder 600.

https://www.dw.com/de/ngo-ruft-zu-spenden-f%C3%BCr-afghanische-p%C3%A4sse-auf/a-59752526

Geschrieben von: Panzerchris 24. Nov 2021, 08:11

Das Bankensystem in Afghanistan gerät weiter unter Druck. Da die Überweisung von Hilfsgeldern gestoppt wurde, fehlt den Banken das Geld für Kredite an kleine Unternehmen und Bankkunden. Es wird damit gerechnet, daß in den nächsten 6 Monaten einige Banken pleite gehen. Dies müsse verhindert werden, da sonst der Wiederaufbau des Landes Jahrzehnte dauern könnte, Abdallah al Dardari, Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) in Afghanistan zu Reuters.

https://www.dw.com/de/un-warnen-vor-banken-kollaps-in-afghanistan/a-59900632

Im TV dürfen keine Sendungen mehr gezeigt werden, wo Frauen eine Rolle spielen oder nach Ansicht der Taliban gegen islamische Sitten verstoßen wird. Auch die Ausstrahlung ausländischer Filme und Serien wurde weitestgehend verboten. Die Anweisung gab das Ministeriums für "Gebet, Führung, die Förderung von Tugenden und Verhinderung von Lastern", das ehemalige Frauenministerium. Moderatorinnen dürfen aber weiter arbeiten, wenn sie den Hidschab (Kopftuch) tragen. Viele Journalisten und Filmschaffende haben inzwischen das Land verlassen.

https://www.dw.com/de/frauenrollen-im-tv-unter-taliban-unerw%C3%BCnscht/a-59910193

Geschrieben von: Panzerchris 28. Nov 2021, 09:16

Vertreter der WHO haben sich mit den Taliban-Premier Mullah Mohammad Hassen Akhund getroffen. Der sehr kamerascheue Terroristenführer forderd die Freigabe von rund 9 Milliarden Dollar an Währungsreserven. Dann könne man auch die Wirtschaftskrise bewäligten. Er sagt, Arbeitslosigkeit, Hunger und Preissteigerungen habe es auch vor dem Regimewechsel gegeben. In einer aufgezeichneten Ansprache fordert er die Menschen auf, den Taliban dankbar zu sein.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_91224648/afghanistan-premierminister-mullah-mohammed-hassan-akhund-bricht-sein-schweigen.html

https://www.dw.com/de/taliban-premier-bricht-langes-schweigen/a-59959069

35 junge Fußballerinnen und ihre Famlien konnten durch Spenden zur Flucht aus Afghanistan geholfen werden. Sie reisten über Pakistan weiter nach GB und haben dort Asyl erhalten.

https://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_91170666/kim-kardashian-ermoeglicht-afghanischen-fussballerinnen-flucht.html

Musiker sind besonders gefährdet, da die Taliban Musik grundsätzlich verachten. Sie haben in Kabul im nationalen Musikinstitut Instrumente zerstört, bekannte Musiker verstecken sich. Manche wurden verhaftet und verschwanden. Ihr Schicksal ist unbekannt. In Weimar hatte man bereits begonnen das musikalische Erbe Afghanistans zu digitalisieren, bevor die Terroristen die Aufzeichnungen zerstören.

https://www.dw.com/de/deutsche-hilfe-f%C3%BCr-musiker-in-afghanistan/a-59820377

Die Taliban sind doch mit für das Elend mitverantwortlich, daß geben die aber natürlich nicht zu. Und wofür sollen da die Menschen bitte dankbar sein? Das sie um ihr Einkommen gebracht wurden? Das Frauen und Mädchen vergewaltigt und zwangsverheiratet werden? Andersdenkende und ehemalige Angehörige der ANA und der Polizei hingerichtet werden? Die Kultur zerstört wird? Ich bin der Meinung, daß nur ein toter Taliban ein guter Taliban ist.

Geschrieben von: Forodir 28. Nov 2021, 11:36

Dein Engagement in Ehren, aber wir müssen leider den Fakt anerkennen, dass die Bekämpfung der Taliban so eben nicht funktioniert hat. Trotz allen der von dir aufgeführten Punkte scheint die Bevölkerung lieber damit zu leben als, dass sie die Gelder von außen bekommt und man versucht eine Nation mit in Grundzügen an unserem Wertebild orientierten Gesellschaft aufzubauen.

Es ist und wird noch sehr viel härter werden für die Generation, die unter ISAF und RS in vergleichsweiser Freiheit aufgewachsen ist und das ist sehr wohl kein geringer Anteil, da die Städte überproportional gewachsen sind in dieser Zeit, aber das müssen sie jetzt alleine entscheiden.

Geschrieben von: Panzerchris 28. Nov 2021, 12:37

Nach 42 Jahren Krieg ist die Bevölkerung am Ende ihrer Kräfte. Meine afghanischen Freunde sagten auch, daß man schlicht und einfach die falschen Leute an die Macht gebracht hat. Was waren denn das für Politiker, die an der Staatsspitze saßen? Warlords, Drogenhändler... Und Die wurden von unserer Elite hofiert. Als ich 2005/06 in Kunduz gedient habe, hatte ich einen Bericht von J9/CIMIC gelesen, in dem empfohlen wurde, diese Leute zu verhaften und vor Gericht zu bringen. Es wäre zwar mit einer vorübergehenden Verschlechterung der Sicherheitslage einhergegangen, hatte aber gehofft so die Korruption und Gewalt in den Griff zu bekommen. Diesem Ansinnen wurde natürlich nicht gefolgt. Lieber hat man zugesehen, wie diese Leute Kinder entführen, diese vergewaltigt und später ermordet wurden - alles unter unseren Augen. Unter den Taliban ist so etwas offiziell verboten, auch wenn die solche Taten selber begehen/begangen haben. Aber Du hast recht, es liegt nun in der Hand der der lebenden Menschen die Situation zu ändern. Noch werden die Meisten von ihrer Angst gelähmt.

Geschrieben von: Panzerchris 30. Nov 2021, 20:20

Die Reservistenzeitschrift "Loyal" hat in ihrer Dezemberausgabe 12/2021 einen Artikel über die ANA veröffentlicht, den ich gerne zitieren möchte:

"Geistersoldaten am Hindukusch"

Die afghanische Nationalarmee (ANA) war offentsichtich kleiner als offiziell vermeldet. Der frühere afghanische Finanzminister Khalid Payenda sagte im britischen Radiosender BBC , die von der afghanischen Generalität die vor der Machtübernahme durch die Taliban gemeldete Truppenstärke sei sechsmal höher angegeben gewesen als in Wirklichkeit. Die Erfindung von "Geistersoldaten" sei bei afghanischen Truppenführern üblich gewesen, um Gelder aus dem Westen in die eigenen Taschen abzweigen zu können, so Payenda. Seinen Angaben zufolge haben nicht einmal 50.000 Soldaten in der Armee gedient, während auf dem Papaier eine Truppenstärke von 300.000 Mann stand. Sollten Payendas Angaben stimmen, würde dies erklären, warum die afghanische Armee im vergangenen Sommer vor den anrückenden Taliban innerhalb weniger Wochen kollabiert ist. Payenda ist vor dem Sturz durch die Taliban und seiner Flucht ins Ausland 6 Monate lang afghanischer Finanzminister in der vom Westen gestützten Regierung von Präsident Ashraf Ghani gewesen.

Am 30.11.2021 brachte der Sender ARTE in seiner Nachrichten Sendung ARTE Journal einen Beitrag über die ehemaligen Sicherheitskräfte Afghanistans. Lediglich die Verkehrspolizei darf noch arbeiten, da sie von den Taliban als unparteiisch eingestuft wird. Aber seit 3 Monaten wurden sie nicht bezahlt. Seit der Machtübernahme sind mindestens 100 ehemalige Angehörige der ANA ermordet worden oder verschwanden unter Mitwirkung der Taliban, obwohl offiziell eine Amnestie ausgesprochen wurde. Viele weitere Personen verstecken sich nach wie vor. Krankenhausmitarbeiter kritisieren hinter vorgehaltener Hand das Regime, trauen sich aber nicht öffentlich Kritik zu üben. Es gab Drohungen ihnen gegenüber, sollten sie das "islamische Emirat" in ein schlechtes Licht rücken. Es gibt in Kabul inzwischen viel mehr Slums, Familien verkaufen ihre Kinder für etwas zu essen, ganze Famlien streiten sich um ein Stück Brot. Auch die Zahl der Bettler hat enorm zugenommen.

Ich habe auch meine afghanischen Freunde um Informationen über den Widerstand im Pandschirtal und Baghlan gebeten. Man teilte mir mit, daß der Widerstand andauere, aber nicht unabhängig bestätigt werden kann.

Geschrieben von: Larsseehans 30. Nov 2021, 22:53

Eine Frage gab es in Afghanistan überhaupt führungspersonen die die korrupte elite ablösen konnte?

Geschrieben von: SpezPi(Ppl)301 1. Dec 2021, 07:10

Der Schnitter/ der Sensemann..... überparteilich, nicht an Konfessionen gebunden, international (Ironie aus).
Die afghanische Tragödie nimmt ihren Lauf. Das Versagen "islamischer" Wirtschaftssystem ist, sich auch plakativ, in dem Buch "Versiegelte Zeit" von Dan Diner relativ gut(!?) beschrieben. Darum ist dann auch klar, warum eine Talibanwirtschaft das Land niemals "retten" wird. Der Untergang geht weiter, nur mit anderen Vorzeichen, dann eben religiös. Bin gespannt, wie lange der pakistanische Geheimdienst noch die Kontrolle behält.....

Geschrieben von: Panzerchris 27. Dec 2021, 08:45

Nachdem ich einen guten Monat das Thema habe etwas ruhen lassen geht es nun weiter, leider kaum mit besseren Nachrichten.

Inzwischen hat der Winter in Afghanistan Einzug gehalten und die humanitäre Situation exkaliert. 1 Million Kinder sind so unterernährt, daß sie den Winter nicht überleben werden. Zwar rufen noch vor Ort gebliebene Hilfsorganisationen zu Spenden auf, doch wie man sich denken kann wird Dies kaum helfen. Frauen dürfen nur noch im medizischen Bereich arbeiten sowie einige als Lehrkräfte. Viele Krankenhäuser mussten aber schließen, da es an Medikamenten fehlt. Familien, die zwingend auf den Lohn von Frauen angewiesen sind, können aufgrund des Arbeitsverbots ihre Kinder nicht mehr ernähren und auch kein Heizmaterial kaufen. Zumindest hat die Weltbank 280 Mio $ an Hilfsgeldern freigegeben.
Die Taliban haben mittlerweile die Ministerien für Frieden und Parlamentsangelegenheiten abgeschafft. Es gebe keine Verwendung mehr für sie. Auch die
unabhängige Wahlkommission (IEC) und die Kommission für Wahlbeschwerden wurden aufgelöst.
Weiterhin haben die Taliban verboten, in Autos Musik zu hören. Frauen dürfen längere Wege, etwa 45 Meilen (72km), nur noch mit engen männlichen Verwandten durchführen. Eine Verschleierung ist Pflicht.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91371568/-afghanistan-es-geht-nur-noch-um-das-nackte-ueberleben-.html

https://www.dw.com/de/un-viele-ortskr%C3%A4fte-in-afghanistan-get%C3%B6tet/a-60119116

https://www.dw.com/de/taliban-schaffen-wahlkommission-ab/a-60257273

Der Einsatz von Drohnen durch das US-Militär verursacht enorm viel zivile Opfer. Dies sei auf mangelnde und schlampige Beobachtung der ausgewählten Ziele, kulturelle Ignoranz und schlechte Bildqualität zurückzuführen.

https://www.dw.com/de/drohnenkrieg-us-milit%C3%A4r-billigte-offenbar-zivile-opfer/a-60185808

Geschrieben von: Panzerchris 29. Dec 2021, 08:27

Im Zentrum von Kabul gab es eine unangemeldete Demonstration von rund 30 Frauen, die gegen die Ermordung von etwa 100 Männern, meist ehemalige Soldaten der ANA, protestiert haben. Solche Versammlungen sind von den Taliban verboten worden. Die fackelten nicht lange und haben den Demostrationszug aufgehalten. Auch wurden Reporter gezwungen Kameras auszuhändigen und ihre Aufnahmen zu löschen. Erst danach bekamen sie ihre Ausrüstung zurück.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91392568/afghanistan-frauen-protestieren-gegen-morde-an-ex-soldaten.html

Geschrieben von: Panzerchris 1. Jan 2022, 08:42

Ich wünsche allen Lesern und Mitgliedern ein gesundes neues Jahr 2022. In Afghanistan schreibt man immer noch das Jahr 1400...

Seit die Taliban im August die Macht an sich gerissen haben, wurde nur wenige ehemalige "Ortskräfte", die für Deutschland gearbeitet haben, evakuiert. Mit Stand 27.12.2021 wurden gerade einmal 1348 Personen und ihre Angehörigen ausgeflogen., daß sind insgesamt 5437 Menschen. Immer noch warten rund 20.000 Personen auf ihre Ausreise. Viele haben kein Geld mehr und verstecken sich vor den Taliban. Auch Menschenrechtler, Künstler, Wissenschaftler, Journalisten oder andere Menschen, die die Bundesregierung als besonders gefährdet einstuft, warten noch auf ihre Einreise. Aus diesen Gruppen sind bis Ende Dezember 466 Menschen nach Deutschland gekommen, inklusive Angehöriger waren es 1.462 Personen.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91406884/20-000-afghanen-warten-auf-einreise-nach-deutschland.html

Es ist eine absolute Schande unsere afghanischen Kameraden so im Stich gelassen zu haben. Man kann nur hoffen, daß die neue Regierung endlich die Menschen schleunigst da raus holt und nicht wie die Alte alles vor sich hinschleifen läßt.

Geschrieben von: xena 1. Jan 2022, 14:11

Zu DDR Zeiten gab es eine einfache Lösung: Geld gegen unliebsame DDR Bürger. Im Falle Afghanistan könnte man Hilfsgüter gegen gefährdete Afghanen eintauschen.

Geschrieben von: Freestyler 1. Jan 2022, 14:38

ZITAT(Panzerchris @ 1. Jan 2022, 08:42) *
Es ist eine absolute Schande unsere afghanischen Kameraden so im Stich gelassen zu haben. Man kann nur hoffen, daß die neue Regierung endlich die Menschen schleunigst da raus holt und nicht wie die Alte alles vor sich hinschleifen läßt.

Welche afghanischen Kameraden? Von Sprachmittlern und einheimischen Wachpersonal abgesehen besteht für diejenigen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben, keine spezifische Bedrohung - ganz davon abgesehen, dass viele Ortskräfte mehr als genug abkassiert haben und einige Informationen an die Taliban weitergegeben haben.

Gibt es eigentlich objektive Kriterien für die Personen, die nach Deutschland evakuiert werden sollen, oder genügt die Selbsteinschätzung und die Einschätzung von Aktivisten auf Twitter?

Geschrieben von: Holzkopp 2. Jan 2022, 10:50

Ich kann diese Reflex, jeden, der einem Deutschen in Afghanistan eine Zwiebel auf dem Markt verkauft hat inklusive Familie nach Deutschland zu holen auch nicht nachvollziehen.

Was soll das werden? Ganz Afghanistan evakuieren? Und demnächst dann Mali?

Dieses Land ist so dermassen lost weil es dort überhaupt keine funktionierende Zivilgesellschaft gibt, nichts, das man irgendwie nutzen könnte um etwas aufzubauen. Das liegt natürlich auch an den Einwohnern da, wer prägt ein Land denn sonst?

Ich sehe auch überhaupt keine vertretbare Option darin, eine Vielzahl von Afghanen nach Deutschland zu holen, ohne zu prüfen, ob die unsere Werte mittragen. Das ist schon ein Kriterium.

Und mal ehrlich, weswegen hat in Afghanistan denn ein Einheimischer für die Deutschen gearbeitet oder mit ihnen Handel getrieben? Weil er die hiesige Gesellschasftsordnung mitträgt? Oder weil er ein Einkommen brauchte?

Mag herzlos klingen, aber ich bin dagegen, das Problem von Afghanistan nach Deutschland zu importieren.

Ich war nie in dem Land. Aber ich war 2015/2016 für sechs Monate Leiter einer Notunterkunft für Flüchtlinge, da war ich ziemlich desillusioniert am Ende.

Nicht das wir da nichts erreicht hätten. Aber diese kulturelle Distanz war dermassen groß, dass ich abn manchen Tagen da einfach keine Hoffnung gesehen habe.

Wenn du in Absprache mit dem Jugendamt eine afghanische Familie - er 18. sie 17, neugeborenes Kind, schwer behindert, notfallmäßig aus der Unterkunft verlegen musst, weil befürchtet wird, dass Angehörige das behinderte Kind töten, da fällt dir nichts mehr ein.

Alles anekdotische Evidenzen, aber so war nun mal mein Eindruck.

Geschrieben von: goschi 2. Jan 2022, 13:13

ZITAT(Holzkopp @ 2. Jan 2022, 10:50) *
Dieses Land ist so dermassen lost weil es dort überhaupt keine funktionierende Zivilgesellschaft gibt, nichts, das man irgendwie nutzen könnte um etwas aufzubauen. Das liegt natürlich auch an den Einwohnern da, wer prägt ein Land denn sonst?

Sorry nur dazu, das ist ein gefährlicher Kurzschluss, der in sich selbst ein Zirkelschluss bildet.
Eine Zivilgesellschaft kann aus sich selbst entstehen, aber sie kann auch verhindert werden und die politische und soziale Lage in Afghanistan ist zu komplex um das so einfach zuzulassen.

nicht umsonst ist der alte Spruch "dann geh ins eigene Land und verbesser das" gegen Flüchtlinge seit langem als nonsens-Argument ad-acta gelegt.

Geschrieben von: Forodir 2. Jan 2022, 13:40

Das ist richtig und wird ja auch der Komplexität der Lage dort nicht gerecht. Gesellschaftssysteme ändern sich nicht über Nacht. Trotzdem muss ich leider Holzkopp soweit recht geben, dass wir keine Verpflichtung haben diese Leute aktiv nach DEU zu holen.
Jeden Flüchtling aufnehmen gebietet das Asylrecht und ich bin da gerne auch etwas großzügiger, da die Unterscheidung zwischen Wirtschaftsflüchtling und Verfolgter meistens fließend sind.

Geschrieben von: Merowinger 2. Jan 2022, 14:04

Aus dem Kopf: Deutschland benötigt pro Jahr eine Nettozuwanderung von 600.000 Menschen. Mindestens die "guten" Leute sollte man sich klugerweise herauspicken (Migration), dazu kommen Schutzbedürftige. Durch Jahrzente der Entwicklungszusammenarbeit gefolgt von ISAF etc. haben wir jedenfalls eine konkrete Beziehung zu Afghanistan. Inwiefern der Begriff der Zivilgesellschaft abseits von den internationalen NGOs in Afghanistan anwendbar/sinnvoll ist müßte jemand anders erläutern.

Geschrieben von: Forodir 2. Jan 2022, 14:33

Einwanderung ist ein anderes Thema, dass es hier endlich vernünftige Gesetze geben muss, unterstütze ich auch, aber das ist wohl nicht auf ein Bürgerkriegsgebiet anzuwenden, zumal es hier um aktive Flüchtlingshilfe geht.

Schutzbedürftige kauf ich auch nicht, denn dann gilt das natürlich überall auf der Welt und nicht nur in Afghanistan und selbst wenn sind nicht alle ehemaligen Beschäftigte automatisch Schutzbedürftig. Wie schon hier richtig geschrieben worden ist, die Einheimischen haben eben nicht für die Bundeswehr gearbeitet, weil die Bundeswehr dort unbedingt ein paar Feldlager wollte, sondern weil man dort das Land unterstützen und aufbauen wollte, so war die Bundeswehr eben der Mittelsmann für den eigenen Aufbau der Afghanen.


Geschrieben von: Havoc 2. Jan 2022, 16:54

Wir haben leider eine zunehmende Kultur des gewollten Missverstehens und der moralischen Anklage. Das macht einen Meinungsaustausch außerhalb der eigenen Gesinnungsblase zu komplexen Themen schwer bis unmöglich. Hier hallt 2015 nach, als eine politische Entscheidung, die eine so nicht beabsichtigte Auswirkung hatte, zu einer moralischen Haltung der Kanzlerin umgedeutet wurde. Die Mainstreammedien waren und sind hier mehrheitlich auffallend unkritisch. Wobei es nur im Einzelfall um eine falsche Berichtserstattung und mehr um das Framing geht. Aktuelles Beispiel: Die Süddeutsche titelt am 29.11.2021

ZITAT
Flüchtlingskrise am Ärmelkanal: Was ist die Lösung?
Inhaltlich geht es aber darum, dass illegale Migranten versuchen nach Großbritannien zu gelangen, wenn sie in der EU keine Chance auf Asyl sehen. 2015 wurde von der politischen Seite versucht, Kritik an dieser Entscheidung als amoralisch und rechts und jetzt als Erfolg zu labeln. Aktuell: 08.11.2021 Merkel:
ZITAT
Ja, wir haben das geschafft. Aber wir waren wirklich viele, viele Menschen in Deutschland, die mit angepackt haben, viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, viele Ehrenamtliche, viele, die heute noch Patenschaften haben.
Der zweite Satz es entlarvend, da es eine außerordentliche ehrenamtliche und kommunale Leistung beschreibt. Auf Bundes- und der europäischen/ internationalen Ebene ist es auch 2021 nicht geschafft, sonst würde die von Lukaschenka und zuvor von Erdogan orchestrierte illegale Migration ins Leere laufen, weil die EU entsprechende Mittel und Abkommen hätte, um einheitlich ein Asylverfahren zu bearbeiten und im Fall der Ablehnung auch erfolgreich Ausweisen zu können.

Diese oben beschriebene Erfahrung erweckt in der Bevölkerung ein Misstrauen, wenn man von der Selbstverständlichkeit spricht, dass man Afghanen gegen die Taliban profiliert haben schützt, in dem man sie in den "Westen" u.a. nach Deutschland holt, wenn "wir" ihre Profilierung zuvor gefördert und unterstützt haben und deshalb verfolgt werden. Das ist eine sehr spezifische Gruppe und nicht der Gemüsehändler, der an die Bundeswehr Obst und Gemüse verkauft hat. So ist es in der Breite der Bevölkerung auch konsensfähig. Politisch debattenprägend sind aber die Extrempositionen, wie Ausländerfeindlichkeit wie z.B. die der AfD und der Selbstinszenierung als moralisch Überlegener wie in z.B. in der "Die Linke". Asyl, Flüchtlingsstatuts nach GFK, Migration sind an Kriterien gebunden. Ein Syrer, der in Damaskus in den Flieger nach Minsk steigt ist nach den GFK- Regeln an der polnischen Grenze kein Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Diese Kriterien sind bei Nichterfüllung mit Härten verbunden und in der politischen Mitte von Union, FDP, SPD und Grünen und in den Mainstreammedien duckt man sich hier weg. Es kommen Placebos wie "Fluchtursachen bekämpfen" oder Maßregelungen, weil man so den Rechten (eigentlich Rechtsextremen) in die Hände spielen würde. Verweist Du dann darauf, dass "Fluchtursachen bekämpfen" in Afghanistan gründlichst und dramatischst schiefgegangen ist, dann kommt der alte Klassenfeind "USA und imperialistischer Westen" als Argument obwohl die ausländischen Geldgeber Taliban von 2005 -2015 zu 54% Regierungen waren: Pakistan, Saudi-Arabien, Iran, China, Katar. Der Westen hat in Afghanistan beim Versuch des Wiederaufbaus vieles falsch gemacht, aber diese Staaten haben es konterkariert.



Geschrieben von: Panzerchris 2. Jan 2022, 16:56

Die mit mir befreundete afghanische Familie will auf jeden Fall ein besseres Leben hier in Deutschland beginnen und sie erfüllen auch die notwendigen Anforderungen. Sie haben vor 10-12 Jahren hier studiert, sprechen gut deutsch und wollten durch ihre Ausbildung ihrem Land und den Menschen eine bessere Zukunft aufbauen. Durch ihr Studium in Politikwissenschaften haben sie einen guten Einblick in die Machtstrukturen der damaligen Regierungen erhalten. Als Fazit sagen sie, daß man den Staat von Anfang an nur zerstört hat, weil man die falschen Leute an die Macht gebracht und dort gehalten hat. Nur wenige der Politiker haben sich ernsthaft für eine Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung eingesetzt. Man sah die vielen Gelder aus dem Westen und hat sich damit schamlos bereichert. Die Taliban haben dieses Vorgehen propagandistisch genutzt und so Stimmung gegen ISAF/RS und die afghanische Regierung betrieben, was leider auch auf fruchtbarem Boden fiel.
Nicht jeder sollte auch aufgenommen werden, da stimme ich zu. Aber diejenigen, die mit uns als Sprachmittler und Wachleute gearbeitet haben sollten endlich herausgeholt werden. Denn Das geht immer noch viel zu langsam und die Taliban machen weiterhin kurzem Prozess. Jeden Tag werden Leute auf offener Straße von den Taliban in Autos gezehrt und verschwinden in den Gefängnissen. Was in den Provinzen außerhalb von Kabul passiert ist fast nichts bekannt.

Frau und Kind meines Freundes sitzen seit Dezember zumindest nicht mehr in Kabul fest, seine Mutter (etwa 60 Jahre alt) bekommt leider keine Auffenthaltsgenehmigung, da sie nicht zur Kernfamilie gehört. Dann sitzt die alte Frau alleine in einem fremden Land fest.

Geschrieben von: Havoc 2. Jan 2022, 21:35

Ob wir jetzt eine besondere Verantwortung für Wachmänner haben, weiß von der Sacher her ich nicht. Aus dem Bauch heraus, sehe ich diese nicht mehr gefährdet als Polizisten, Angehörige der afghanischen Armee oder Unternehmer, die mit der Bundeswehr Geschäfte gemacht haben. Wenn Kollaboration sehr weit gefasst wird, kann vermutlich halb Kabul ausgeflogen werden. Dass sich die USA zurückziehen werden, ist seit November 2020 bekannt. Dass mit dem Abzug der westlichen Truppen die Taliban wieder an die Macht kommen war nicht die Überraschung, sondern die Geschwindigkeit, wie schnell sie es konnten. Mann hätte also im November 2020 schon beginnen können, die Kriterien festzulegen, erste Namensregister zu erstellen und Evakuierungspläne auszuarbeiten. Wie weit man da war und wie stark äußere Faktoren diese durchkreuzt haben, schwer zu sagen. Unser damaliger Außenminister war zumindest mit seinen Stellungnahmen traumtänzerisch unterwegs.
Nur sollte das jetzt nicht kompensiert werden, in dem man den Personenkreis für die wir eine besondere Verantwortung haben sehr weit auslegt und in den Sicherheitsüberprüfungen nachlässig ist.
Ein besseres Leben ist kein Kriterium für die Asylanerkennung und Anerkennung als GFK- Flüchtling in Deutschland. Das ist Migration, bei der andere Kriterien als der Schutz gelten. Ich sehe die westlichen Staaten einschl. Deutschland in der Pflicht mit den Nachbarstaaten Afghanistans über für Flüchtlinge offene Grenzen, Einrichtung von Flüchtlingslagern, finanzielle und materielle Unterstützung und Kontingente (Größe und Art der Personengruppen) verhandelt. Wenn man jetzt wie 2015 wieder mit einer zu leichtfertigen Entscheidung und Fehleinschätzung ein eigentlich nicht gewolltes Ergebnis erzeugt, dann brauchen wir uns dann nicht wundern, dass dann bei den nächsten Bundestagswahlen Ampel+Union oder Jamaika+SPD notwendig sein wird, um eine Regierung ohne AfD- Beteiligung zu ermöglichen.

Geschrieben von: Panzerchris 3. Jan 2022, 14:06

@Havoc: Wenn du meine Mitteilungen gelesen hast, weißt du, daß gerade das Sicherheitspersonal rigoros von den Taliban verfolgt wird. Die 100 in Kabul ermordeten ANA-Soldaten dürften nur die Spitze des Eisberges sein, da man aus den Provinzen kaum Nachrichten erhält.
Polizisten würde ich kaum Asyl gewähren, denn da waren viele Verbrecher darunter. Gerade die afghanische Polizei hatte einen sehr schlechten Ruf wegen der von ihr begangenen Korruption, den Entführungen und Vergewaltigungen von Kindern! Solche Leute brauchen wir definitiv nicht.

Geschrieben von: Holzkopp 3. Jan 2022, 23:09

ZITAT(Panzerchris @ 3. Jan 2022, 14:06) *
Polizisten würde ich kaum Asyl gewähren, denn da waren viele Verbrecher darunter. Gerade die afghanische Polizei hatte einen sehr schlechten Ruf wegen der von ihr begangenen Korruption, den Entführungen und Vergewaltigungen von Kindern! Solche Leute brauchen wir definitiv nicht.


Die ANA hat auch einen schlechten Ruf. Das waren, die, auf die sich auch niemand verlassen konnte. Ich glaube, die möchte hierzulande auch niemand.

Und bei aller persönlicher Betroffenheit: dieses Thema gleitet spätestens jetzt ab ins rein Emotionale, wenn du schreibst, die ANA waren die verfolgten Helden und die Poizei dort ausschließlich eine Horde von Verbrechern und Kinderschändern, dann ist der Boden des objektiv Diskutierbaren verlassen.

Ich habe auch meine anekdotischen Erfahrungen hier eingebracht, ja, aber jetzt wird das Ganze hier zu schrill und unreflektiert, um es noch irgendwie weiter zu diskutieren.

Geschrieben von: Havoc 4. Jan 2022, 12:41

ZITAT(Panzerchris @ 3. Jan 2022, 14:06) *
@Havoc: Wenn du meine Mitteilungen gelesen hast, weißt du, daß gerade das Sicherheitspersonal rigoros von den Taliban verfolgt wird. Die 100 in Kabul ermordeten ANA-Soldaten dürften nur die Spitze des Eisberges sein, da man aus den Provinzen kaum Nachrichten erhält.
Polizisten würde ich kaum Asyl gewähren, denn da waren viele Verbrecher darunter. Gerade die afghanische Polizei hatte einen sehr schlechten Ruf wegen der von ihr begangenen Korruption, den Entführungen und Vergewaltigungen von Kindern! Solche Leute brauchen wir definitiv nicht.


Trotzdem muss das Thema sortiert werden.
Die Taliban haben Listen mit Personen die aus deren Sicht Kollaborateure sind. Man kann das Kriterium Schutz nicht vom Anstellungsverhältnis oder vom Ruf des Arbeitgebers abhängig machen. Selbst bei einem afghanischen Polizisten, dem im Einzelfall Korruption nachgewiesen werden kann, sehe ich eine Schutzverweigerung als problematisch an, wenn ihm Verstümmelung oder die Hinrichtung droht.
Der Punkt ist, dass der Schutz bereits in einem sicheren Nachbarland gegeben ist. Der Westen hat eine Mitverantwortung, dass diese Nachbarstaaten aufnahmewillig sind. D.h. finanzielle Unterstützung, technisch- und logistische Unterstützung, Kontingent- und Rückführungsabkommen.
Bei der Kontingentlösung ist als Wert der Grad der Hilfsbedürftigkeit zu nehmen und hier wird eine verwitwete Frau mit einem behinderten Kind höher zu werten sein, als ein ehemaliger Wachmann, der angepasst genug ist, um z.B. in einem usbekischen Flüchtlingslager gut bestehen zu können. Für seinem Wunsch nach einem besseren Leben hat der Westen und speziell Deutschland keine Verantwortung. Darum ist ein Rückführungsabkommen nach z.B. Usbekistan für Afghanen notwendig, die in der EU keinen Aufenthaltstitel erhalten haben.
Man kann zusätzlich dann darüber diskutieren, ob Afghanen, die ein Anstellungsverhältnis bei einer deutschen staatlichen Organisation hatten, ihr Gehalt weiter erhalten. Dann ist dies unter dem Strich wegen dem Lebenshaltungskostengefälle wirksamer, als wenn die Leute nach Deutschland geholt und hier in die sozialen Sicherungssysteme wandern, bzw. nach Integrationskursen im Niedriglohnsektor landen. Die Probleme, die Biografien mit gescheiterter Integration verursachen, kommen on top dann hinzu.

Bei den Ortskräften, die man nach Deutschland holen will, geht man über reinen Schutzaspekt hinaus. Das ist einer Ermöglichung der Migration als Anerkennung für den Dienst für den deutschen Staat. Hier spielt eben die Wertigkeit des ausgeführten Tätigkeit eine Rolle, weil man sich wegen dieser gegen die Taliban besonders Exponiert hat und/oder eine gute Chance auf einen Integrationserfolg hat.

Ansonsten hat ein Afghane für die legale Migration nach Deutschland die gleichen Kriterien wie ein Kanadier zu erfüllen und ist hier weder besser noch schlechter zu stellen.


Geschrieben von: Madner Kami 8. Jan 2022, 00:15

Mit wem genau wlltest du da verhandeln wollen? Pakistan, das seit jeher die Taliban untersttzt? Uzbekistan, das de fakto rund 3% seiner Bevlkerung versklavt? Turkmenistan, das als eins der totalitrsten Lnder der Welt gilt und das aktiv seine nichtturkstmmige Minderheiten verfolgt, ausgrenzt und dadurch de fakto langsam versucht auszumerzen? Tajikistan, das noch unter Saudi-Arabien auf der Rangliste der demokratischsten Staaten rangiert, das einer der Hotspots fr Wasserkriege sein wird und ein Land mit https://en.wikipedia.org/wiki/Panjshir_conflict? Oder doch lieber China, das ja nachweislich total grozgig bei der Umerziehung h ich meine Ausbildung seiner muslimischen Minderheiten ist?

Geschrieben von: Havoc 9. Jan 2022, 03:03

ZITAT(Madner Kami @ 8. Jan 2022, 00:15) *
Mit wem genau w�lltest du da verhandeln wollen? Pakistan, das seit jeher die Taliban unterst�tzt? Uzbekistan, das de fakto rund 3% seiner Bev�lkerung versklavt? Turkmenistan, das als eins der totalit�rsten L�nder der Welt gilt und das aktiv seine nichtturkst�mmige Minderheiten verfolgt, ausgrenzt und dadurch de fakto langsam versucht auszumerzen? Tajikistan, das noch unter Saudi-Arabien auf der Rangliste der demokratischsten Staaten rangiert, das einer der Hotspots f�r Wasserkriege sein wird und ein Land mit https://en.wikipedia.org/wiki/Panjshir_conflict? Oder doch lieber China, das ja nachweislich total gro�z�gig bei der Umerziehung �h ich meine Ausbildung seiner muslimischen Minderheiten ist?


Du weißt schon, dass in Pakistan laut der UN- Flüchtlingshilfe bereits 1,45 Millionen afghanische Flüchtlinge sind.
ZITAT
Die pakistanischen Behörden ermöglichen den Geflüchteten Zugang zu lokalen Diensten auch im Gesundheits- und Bildungswesen, trotz der Belastung der verfügbaren Ressourcen und Infrastruktur durch eine schwache Wirtschaft und der globalen Pandemie......Im Auftrag der pakistanischen Regierung führt der UNHCR im Rahmen seines Mandats die Anerkennung des Flüchtlingsstatus durch. Pakistan akzeptiert im Allgemeinen die Entscheidungen des UNHCR und gestattet sowohl Asylbewerbern als auch anerkannten Flüchtlingen den Aufenthalt in Pakistan, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist.

Im Rahmen der DRIVE-Aktion (Document Renewal & Information Verification Exercise), die 2021 startete, sollen die 1,4 Millionen Flüchtlinge in Pakistan erfasst und mit neuen Identitätsdokumenten in Form einer von der pakistanischen Regierung ausgestellten biometrischen Smartcard ausgestattet werden. Die Smartcard soll als Ausweisdokument für Geflüchtete dienen und ihnen den Zugang zu Dienstleistungen erleichtern.
https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/pakistan

Der größte Anteil machen aber Binnenvertriebene aus: Laut Statista 2020: 3,55 Millionen.
Wenn man zu der Erkenntnis kommt, dass die überwiegend große Masse an Flüchtlingen sich in Afghanistan oder im benachbarten Ausland aufhält, dann ist eine koordinierte Hilfe mit diesen Nachbarstaaten, die alle durch den westlichen Demokratietest durchfallen, der pragmatische und auch unvermeidbare Ansatz.

Geschrieben von: Panzerchris 9. Jan 2022, 16:57

Der bekannte afghanische Universitätsprofessor Faisullah Dschalal ist wegen offener Kritik an den Taliban in Kabul verhaftet worden. Sein jetziger Auffenthaltsort ist unbekannt. Amnesty International verurteilte die Festnahme und fordert seine sofortige Freilassung. Prof. Dschalal hat sich immer wieder für Menschenrechte eingesetzt.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91449926/afghanistan-taliban-nehmen-regierungskritischen-professor-fest.html

Geschrieben von: Freestyler 9. Jan 2022, 21:48

Wenn jeder Afghane sich so für Menschenrechte, Frauen-/Minderheitenrechte, Demokratie usw. eingesetzt hätte, wie er und ihm wohlgesonnene/ignorante Aktivisten, Journalisten, Bürger und Politiker jetzt behaupten, dann hätte es eine kritische Masse gegeben, sodass Afghanistan jetzt eine funktionierende Demokratie oder zumindest auf einem guten Weg dorthin wäre. Gab und gibt es aber nicht.

ZITAT(Panzerchris @ 2. Jan 2022, 16:56) *
Die mit mir befreundete afghanische Familie will auf jeden Fall ein besseres Leben hier in Deutschland beginnen und sie erfüllen auch die notwendigen Anforderungen. Sie haben vor 10-12 Jahren hier studiert, sprechen gut deutsch und wollten durch ihre Ausbildung ihrem Land und den Menschen eine bessere Zukunft aufbauen. Durch ihr Studium in Politikwissenschaften haben sie einen guten Einblick in die Machtstrukturen der damaligen Regierungen erhalten. Als Fazit sagen sie, daß man den Staat von Anfang an nur zerstört hat, weil man die falschen Leute an die Macht gebracht und dort gehalten hat. Nur wenige der Politiker haben sich ernsthaft für eine Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung eingesetzt. Man sah die vielen Gelder aus dem Westen und hat sich damit schamlos bereichert.

Soso, deine Freunde (Stockholm-Syndrom/Befangenheit?) haben also Politikwissenschaften studiert und die Machtstrukturen durchschaut... Die Politiker, die sich so bereicherten, wurden von der afghanischen Bevölkerung gewählt, die diejenigen trotz dieser Vergehen immer wieder gewählt hat. Weder gegen Korruption, Mißwirtschaft und Vetternwirtschaft gab es ernsthafte Demonstrationen noch gegen die fehlende Infrastruktur. Als die Taliban die Strommasten in Baghlan (?) sprengten und so die Stromversorgung für den Großraum Kabul unterbrachen, demonstrierten ganze 50 Personen. Wenn irgendwo in den USA ein Pastor einen Koran verbrennt oder ein Karikaturist eine Mohammad-Karikatur veröffentlicht, demonstrieren Zehntausende und ermorden ausländische Diplomaten. Die afghanischen Bevölkerung hat genau die Politiker bekommen, die sie haben wollte und verdient hat.

Und zum Thema Studium: In Kabul gab es an jeder Straßenecke irgendeine Universität, damit jeder Afghane einen Universitätsabschluss erlangen konnte, um dann für eine internationale Organisation oder die afghanische Regierung zu arbeiten und sich selbst Geld in die Tasche zu stecken wink.gif Aber das haben deine Freunde bestimmt nicht gemacht.

Geschrieben von: Merowinger 10. Jan 2022, 00:22

Was bitte ist an einem Studium verwerflich, und was an Geld verdienen? Ich kann nicht folgen.

Geschrieben von: revolution 10. Jan 2022, 02:20

Über die paar zehntausend Flüchtlinge zu debattieren, die es bis nach Europa schaffen würden oder nicht, ist sowieso erstmal klagen auf recht komfortablen Niveau, während sich in Pakistan und iran zusammen derzeit wohl deutlich über 2.000.000 afghanische Flüchtlinge aufhalten. Schon seit 2001 steigt und fällt diese Zahl, je nach Situation. Und so genau kennt diese Zahl auch niemand, da wahrscheinlich hunderttausende gar nicht registriert sind. Jedenfalls scheint es nicht so wirklich von der afghanischen Regierung abzuhängen, sondern möglicherweise von den Lebensumständen im Allgemeinen. Die waren vorher sehr schlecht und sind nicht besser geworden. Fluchtgründe gab es also Millionenfach unter der vorherigen Regierung sowie auch unter den Taliban. Vielleicht gibt es für ein paar davon besondere Argumente, bis nach Europa durchzureisen. Aber es ändert, oder entschärft sich eigentlich nichts. Ob 1000 oder 10000 afghanische Flüchtlinge nach Europa reisen oder nicht, macht auf keiner Seite irgendeiner Grenze einen relevanten unterschied. Ergo im Detail eher akademische Frage. Die Taliban verwalten halt gerade diejenigen, die nicht weg können oder wegwollen. Die Flucht in eines der Nachbarländer ist ansonsten weiterhin Afghanen offenbar grundsätzlich möglich und schon vor den Taliban millionenfach gelebte Praxis.

Geschrieben von: Panzerchris 10. Jan 2022, 16:18

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Und zum Thema Studium: In Kabul gab es an jeder Straßenecke irgendeine Universität, damit jeder Afghane einen Universitätsabschluss erlangen konnte, um dann für eine internationale Organisation oder die afghanische Regierung zu arbeiten und sich selbst Geld in die Tasche zu stecken wink.gif Aber das haben deine Freunde bestimmt nicht gemacht.
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@freestyler: Das Wörtchen "hier" hast du wohl überlesen, denn es sagt aus, daß einer der Betroffenen an der Erfurter Universität studiert hatte. Im Übrigen leide ich nicht am Stockholmsyndrom...
Wenn du dort irgendeinen der Warlords offen kritisiert hättest, wärst du am nächsten Morgen vermutlich tot im Straßengraben aufgefunden worden. Wenn du das im Hinterkopf hast, bleibt man erst einmal in Deckung.

Für einen funktionierenden Staat braucht es nicht nur angagierte Aktivisten. Es braucht auch einen ehrlichen Willen ein Land aufzubauen und die dafür nötigen Mittel (nicht nur Geld) und einen durchdachten Plan zum Aufbau der Wirtschaft. Fast keine Firma hat sich für den Aufbau Afghanistans interessiert. Es ist natürlich schwer bei einer großen Anzahl von Analphabeten brauchbare Arbeitskräfte zu finden. Aber man hätte es versuchen müssen. Lager und Kühlhäuser zur Aufbewahrung der landwirtschirtschaftlichen Erzeugnisse währen ein guter Anfang gewesen, damit die Produkte nicht nach Pakistan exportiert und anschließend teuer reimportiert werden müssen. Photovoltaikanlagen wären auch eine gute Investition gewesen, um den eigenen Bedarf zu decken und auch ein Exportgut anbieten zu können. Aber die beteiligten Staaten haben sich nie einen Kopf darüber gemacht, wo es wirtschaftlich mit dem Land hingehen soll. Da ist es auch kein Wunder, daß Extremisten diese Planlosigkeit nutzen, um die bettelarme Bevölkerung für sich einzunehmen.

Geschrieben von: Freestyler 10. Jan 2022, 21:01

ZITAT(Merowinger @ 10. Jan 2022, 00:22) *
Was bitte ist an einem Studium verwerflich, und was an Geld verdienen? Ich kann nicht folgen.

Nichts - nur muss man bei Aussagen über afghanische Universitäten im Kopf haben, dass die Abschlüsse, die man an den meisten Universitäten kaufenmachen konnte, nicht den Anspruch erfüllten, den man in Europa an ein Studium legt. Für die Afghanen hat es sich natürlich gelohnt, denn dadurch konnten sie an der Kriegsökonomie partizipieren.

ZITAT(Panzerchris @ 10. Jan 2022, 16:18) *
Wenn du dort irgendeinen der Warlords offen kritisiert hättest, wärst du am nächsten Morgen vermutlich tot im Straßengraben aufgefunden worden. Wenn du das im Hinterkopf hast, bleibt man erst einmal in Deckung.

War das so oder ist das deine Vermutung, weil das nicht? Warlords wurden regelmäßig kritisiert (s. Demonstrationen gegen die Verhandlungen zwischen der Regierung und Hekmatyar oder auch gegen die Taliban), ihre Verbrechen im Bürgerkrieg und ihre Bereicherung ebenfalls. Trotzdem wurden sie immer wieder gewählt - in geheimen Wahlen, die zwar gefälscht wurden, aber in der Wahlkabine ist man nicht gezwungen, Warlords u.a. zu wählen.

ZITAT
Für einen funktionierenden Staat braucht es nicht nur angagierte Aktivisten. Es braucht auch einen ehrlichen Willen ein Land aufzubauen und die dafür nötigen Mittel (nicht nur Geld) und einen durchdachten Plan zum Aufbau der Wirtschaft. Fast keine Firma hat sich für den Aufbau Afghanistans interessiert. Es ist natürlich schwer bei einer großen Anzahl von Analphabeten brauchbare Arbeitskräfte zu finden. Aber man hätte es versuchen müssen. Lager und Kühlhäuser zur Aufbewahrung der landwirtschirtschaftlichen Erzeugnisse währen ein guter Anfang gewesen, damit die Produkte nicht nach Pakistan exportiert und anschließend teuer reimportiert werden müssen. Photovoltaikanlagen wären auch eine gute Investition gewesen, um den eigenen Bedarf zu decken und auch ein Exportgut anbieten zu können. Aber die beteiligten Staaten haben sich nie einen Kopf darüber gemacht, wo es wirtschaftlich mit dem Land hingehen soll.

Die beteiligten Staaten!? Weder der afghanische Staat noch die afghanische Gesellschaft waren Marionetten der internationalen Gemeinschaft, sondern mit-, wenn nicht sogar hauptverantwortlich. Der Wille der internationalen Gemeinschaft lässt sich an den gigantischen Summen erkennen, die für den infrastrukturellen Wiederaufbau, den Aufbau von staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen, die wirtschaftliche Entwicklung usw. bereitgestellt wurden. Der Wille der afghanischen Gesellschaft - sowohl Eliten als auch Bevölkerung - lässt sich am Ergebnis erkennen. Wie in allen Entwicklungsländern gab es falsche Konzepte und ineffiziente Umsetzung von Projekten, aber die Hauptursache für das Scheitern des Wiederaufbaus ist die Manipulation jeglicher Reformen, Investitionen usw. auf jeder Ebene zum eigenen Vorteil.

Und deshalb - aufgrund der mangelnden Reformen, der mangelhaften Infrastruktur, der krassierenden Korruption, der Unsicherheit, der Instabilität usw. - investierten auch fast keine Unternehmen in Afghanistan - dafür sind aber Unternehmen gar nicht und die internationale Gemeinschaft auch nur geringfügig verantwortlich, sondern primär die afghanische Gesellschaft.

Photovoltaik wird mittlerweile sehr verbreitet genutzt - um Pumpen in Südafghanistan (primär Helmand) anzutreiben, die das knappe Grundwasser heraufpumpen, um damit Opiumfelder (primär) zu bewässern. Finanziert durch den Verkauf von Opium bzw. Kredite, die durch den Verkauf von Opium abbezahlt wurden. Für den Stromexport braucht man teuere Infrastruktur, die ein leichtes Angriffsziel darstellt - abgesehen davon wäre Stromexport angesichts der Stromknappheit in Afghanistan ziemlicher Wahnsinn gewesen.
Grundsätzlich sind viele der wenigen erfolgreichen Investitionen ohne internationale Hilfe realisiert worden, z.B. https://gandhara.rferl.org/a/afghanistan-opens-6-million-pine-nut-factory-as-sales-to-china-boom/31052571.html oder https://gandhara.rferl.org/a/afghanistan-plastic-recycling/30984278.html.

Geschrieben von: revolution 11. Jan 2022, 05:40

ZITAT(Freestyler @ 10. Jan 2022, 21:01) *
War das so oder ist das deine Vermutung, weil das nicht? Warlords wurden regelmäßig kritisiert (s. Demonstrationen gegen die Verhandlungen zwischen der Regierung und Hekmatyar oder auch gegen die Taliban), ihre Verbrechen im Bürgerkrieg und ihre Bereicherung ebenfalls. Trotzdem wurden sie immer wieder gewählt - in geheimen Wahlen, die zwar gefälscht wurden, aber in der Wahlkabine ist man nicht gezwungen, Warlords u.a. zu wählen.


Ein Warlords ist ein Warlord ist ein Warlord. Also ein Chef von eine Gruppe Menschen und einem oder mehren Business mit denen er seine Macht erworben hat und der lokal über Leben oder Tot, Erfolg oder Misserfolg, Ja oder Nein entscheiden kann, weil er es kann. Man könnte schon die Frage stellen, wieso bei einer vermeintlich "demokratischen" Wahl rolleyes.gif Warlords überhaupt zugelassen wurden bzw. überhaupt eine Rolle spielen konnten. Das sind ja per se erstmal sich gegenseitig widersprechende Ansätze um Macht zu verteilen und ein Volk zu führen.

Wieso konnten wiederholt Wahlhelfer durch Warlords erpresst oder erschossen werden? Hatte das relevante Konsequenzen für irgendwas oder irgendwen gehabt? Hätte man das durchziehen können, diese Strukturen zu bekämpfen? Vermutlich hat man das bereits früh überschlagen, aber das nach reiflicher Überlegung lieber nicht versucht. Für eine ausländische Besatzung und die Zentralregierung im Gebirge ist es viel einfacher, sich mit einer übersichtlichen Zahl von Häuptlingen zu arrangieren, am besten in dem man mit diesen direkt in einem gewissen gegenseitigen Abhängigkeits- oder Schuldverhältnis steht. So hat man regional keinen Ärger mit den Leuten dort. Kann es aber daher nicht auch sein, dass man Wahlen letztlich organisiert hat, nur um Wahlen zu organisieren? Also der Sache selbst wegen? Zur Legitimation der ganzen Veranstaltung, die längst auf der Basis wer-kennt-wen und auf der Basis wer-schuldet-wem eingetütet war?

ZITAT
Für einen funktionierenden Staat braucht es nicht nur angagierte Aktivisten. Es braucht auch einen ehrlichen Willen ein Land aufzubauen und die dafür nötigen Mittel (nicht nur Geld) und einen durchdachten Plan zum Aufbau der Wirtschaft. Fast keine Firma hat sich für den Aufbau Afghanistans interessiert. Es ist natürlich schwer bei einer großen Anzahl von Analphabeten brauchbare Arbeitskräfte zu finden.


Engagement und Wille sind abstrakte Einheiten. Nach ca. 15 Jahren im Berufsleben bin ich mir schon fast sicher, dass beide Eigenschaften zum Arbeiten nicht notwendig sind.
Vor allem die Gehälter, Arbeitsbedingungen sowie die medizinische Grundversorgung waren auch nach 20 jähriger Besatzung und "Demokratisierungsversuche" katastrophal geblieben. Mehre Millionen afghanische Arbeitskräfte haben sich lieber in den benachbarten Ländern auf Jobsuche begeben und dort als günstige Arbeiter neue Straßen, Brücken, Häuser usw. gebaut oder als Erntehelfer gedient. Das hätten die mal lieber in ihrem eigenen Land getan, aber wegen Engagement oder Nationalstolz alleine, macht das halt keiner. Ergo war das Gehaltsniveau und die Arbeitsbedingung in Relation in Afghanistan viel zu schlecht.

Aber warum waren die Gehälter für afghanische Arbeiter in Afghanistan so viel schlechter, als in jedem anderen Land dort, wenn doch angeblich so viel Geld in Infrastrukturprojekten versickert ist.. ich meine natürlich "geflossen" ist? Afghanen bspw. im benachbarten Ausland mit Vorbehalten und Rassismus konfrontiert worden. Das war nicht der Weg des geringsten Widerstandes im Ausland zu arbeiten. Man mag sie dort nicht, aber sie gelten als fleissig und hart im Nehmen. Engagement und Wille lassen sich offenbar auch mit eher bescheidenen Voraussetzungen hinreichend herstellen, sodass der afghanische Arbeiter als hinreichend produktiv geschätzt und besonders bei harten körperlichen Arbeiten jedem Einheimischen vorgezogen wurde. Ergo kann es eigentlich auch nicht stimmen, dass man mit den Afghanen nicht hätte was bewirken können. Dass sie generell Motivationslos wären. Der Afghane kann schon durchaus hart plockern.

ZITAT
Aber man hätte es versuchen müssen. Lager und Kühlhäuser zur Aufbewahrung der landwirtschirtschaftlichen Erzeugnisse währen ein guter Anfang gewesen, damit die Produkte nicht nach Pakistan exportiert und anschließend teuer reimportiert werden müssen.


Ja oder eine Reduktion der Kindersterblichkeit, oder des Drogenanbaus, oder meinetwegen eine Fabrik für Kugelschreiber oder auch irgendwas was anderes sinnvolles.
Die Arbeitsmarktsituation, das Gehaltsniveau und die medizinische Versorgung waren bis zuletzt halt einfach eigentlich katastrophal.

ZITAT
Die beteiligten Staaten!? Weder der afghanische Staat noch die afghanische Gesellschaft waren Marionetten der internationalen Gemeinschaft,


Doch genau das war der afghanische Staat. Der komplette Staatsapparat vom Präsident, den Ministerien, über die Loja Dschirga und/bzw. den Warlords bis hin zu den privaten Unternehmern, waren komplett unselbstständige Marionetten von Gnaden der Besatzung. Zu keinem Zeitpunkt hat der afghanische Staat innenpolitisch oder außenpolitisch irgendetwas alleine entschieden oder geregelt.

ZITAT
Der Wille der internationalen Gemeinschaft lässt sich an den gigantischen Summen erkennen, die für den infrastrukturellen Wiederaufbau, den Aufbau von staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen, die wirtschaftliche Entwicklung usw. bereitgestellt wurden.


Der Wille diese Gelder bereitzustellen bestand in den Geberländern. Der Wille, die sinnvolle Verwendung dieser Gelder bzw. Projekte auch zu steuern, ist auf dem Weg nach Afghanistan flöten gegangen.
Daher sind Milliarden dort ergebnislos versickert. Sehr viel Geld. Ein Teil bei den Warlords, ein Teil bei der Regierung und ein weiterer Teil bei den internationalen Beratern und Unternehmen.

ZITAT
Photovoltaik wird mittlerweile sehr verbreitet genutzt - um Pumpen in Südafghanistan (primär Helmand) anzutreiben, die das knappe Grundwasser heraufpumpen, um damit Opiumfelder (primär) zu bewässern.


Photovoltaik war also ein großes Business in Afghanistan. Schick. Nur macht ein Dieselgenerator nichts anderes. So von wegen Entwicklungsland. Daran erkennt man schon mal, wo Teile des Geldes versickert sind.
Die Pumpen waren ebenso klasse wie die Entwicklungsarbeit mit den Großrundbesitzern, denn die Opiumproduktion konnte dadurch mit internationaler Hilfe sogar verdoppelt werden. Ein historischer Ernterekord folgte auf den anderen. Das nenne ich mal moderne und effiziente Entwicklungshilfe.

ZITAT
Finanziert durch den Verkauf von Opium bzw. Kredite, die durch den Verkauf von Opium abbezahlt wurden. Für den Stromexport braucht man teuere Infrastruktur, die ein leichtes Angriffsziel darstellt - abgesehen davon wäre Stromexport angesichts der Stromknappheit in Afghanistan ziemlicher Wahnsinn gewesen.


Ich kann mir nicht vorstellen, dass der afghanische Staat bzw. dessen Sicherheitskräfte zu irgendeinem Zeitpunkt in der Lage bzw. gewillt waren, einem Warlord den Anbau von Opium zu untersagen.
Tatsächlich fehlte der Wille und das Engagement, den eingeschlagenen Weg systematischer Korruption und Vetternwirtschaft zu bekämpfen.

Geschrieben von: Panzerchris 11. Jan 2022, 17:04

ZITAT(Panzerchris @ 10. Jan 2022, 16:18) *
Photovoltaikanlagen wären auch eine gute Investition gewesen, um den eigenen Bedarf zu decken und auch ein Exportgut anbieten zu können.



ZITAT(Freestyler @ 10. Jan 2022, 21:01) *
Für den Stromexport braucht man teuere Infrastruktur, die ein leichtes Angriffsziel darstellt - abgesehen davon wäre Stromexport angesichts der Stromknappheit in Afghanistan ziemlicher Wahnsinn gewesen.


Wenn du schon meine Zitate benutzt dann schreibe sie bitte wahrheitsgemäß aus und kürze nicht wesentliches heraus. Den "eigenen Bedarf" hast du unterschlagen.

Sicher gab es zu wenige Menschen, die sich für Frauenrechte und Antikorruptionsmaßnahmen eingesetzt haben. Die wenigen, die es doch taten, lebten nicht als zu lange. Beispiel Freschta Kohestani: Eine Bürgerrechtlerin aus Kabul, die u.a. auf die schlimme Situation von Frauen in Afghanistan aufmerksam machte. Ermordet am 24.12.2020 zusammen mit einem ihrer Brüder.
https://de.wikipedia.org/wiki/Freschta_Kohistani
Wie sollen Menschen auch Zeit zum demonstrieren finden, wenn sie oft genug den ganzen Tag damit beschäftigt sind Geld für ihre Familie zu verdienen. Jede Minute, die du auf der Straße mit einem Plakat in der Hand verbringst wird dir fehlen ein paar Afghani für deine hungernden Kinder zu ergattern. Die Leute hatten leider oft genug existentielle Probleme zu bewältigen. Und wenn sich auch noch ein Selbstmordattentäter unter die Demostranten mischt und das Ding zündet, wer ernährt dann die Familie?

Geschrieben von: Panzerchris 22. Jan 2022, 08:53

In der nordwestlichen Provinz Badghis wurden Frauen einer Hilforganisation mit dem Tode bedroht, sollten sie sich nicht vollverschleiern. Außerdem kündigten die Terroristen an, unangekündigte Kontrollen in Büros durchzuführen. Es gab auch eine schriftliche Androhung, wobei aber keine Todesdrohung enthalten war. Wenn Frauen arbeiten dürfen, müssen sie stets von einem männlichen Verwandten begleitet werden.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91524744/frau-ohne-burka-taliban-drohen-mit-dem-tod-.html

Die Taliban wollen nach Angaben des amtierenden Innenminister Siradschuddin Haqqani eine "Märtyrer-Brigade" aus Selbstmordattentätern in ihren neuen 100.000 Mann zählenden Streitmacht aufstellen. Wegen der Spannungen mit Tadschikistan soll sie dort grenznah stationiert werden. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums Enayatullah Khwarizmi unterdessen sagte: "Eine Spezialeinheit von Selbstmordattentätern wird es nicht geben. Sie werden in die Armee aufgenommen. Sie sind bereit ihr Leben für Afghanistan zu opfern, wie alle anderen Soldaten." Die Haltung zu Selbstmordattentaten ist unter den Taliban stets unterschiedlich ausgefallen. Einige opfern bedenkenlos Leben, andere lehnen dies ab.

https://www.dw.com/de/selbstmord-brigade-in-neuer-taliban-armee/a-60361348

Die EU will in Kabul wieder ihre Vertretung besetzen, ein Botschafter wird aber nicht vor Ort sein. Eine Anerkennung der Taliban-Regierung wird es nicht geben. Die Vertretung soll die humanitäre Hilfe für Afghanistan koordinieren.

https://www.dw.com/de/eu-will-wieder-in-kabul-pr%C3%A4sent-sein/a-60509546

Die Lage der Hazara ist besonders schlimm. Bereits im Oktober wurden viele Falimien dieser Volksgruppe ihres Landes und Eigentums beraubt und an Talibanunterstützer verschenkt. Auch gibt es imer wieder Anschläge mit Autobomben in den von Hazara bewohnten Vierteln in Kabul. In ihrer Not biedern sie sich den Taliban an und preisen ihre "gerechte Herrschaft".

https://www.dw.com/de/prek%C3%A4re-lage-der-hasara-unter-den-taliban/a-60321004


Weitere Nachrichten und Meldungen bei: https://www.dw.com/de/afghanistan/t-17281039

Geschrieben von: Panzerchris 24. Jan 2022, 16:26

Vertreter der Taliban sind in Oslo zu Gesprächen mit Regierungsmitarbeitern aus Norwegen, Deutschland und Frankreich eingetroffen. Weiterhin sind Angehörige von Exil-Afghanen geladen. Dies solle aber nicht als Anerkennung der Taliban gesehen werden. Man müsse aber mit der de facto-Regierung in Kabul zusammenarbeiten, um die humanitäre Lage nicht weiter exkalieren zu lassen.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91532602/afghanistan-taliban-zu-gespraechen-mit-dem-westen-in-oslo-eingetroffen.html

Geschrieben von: revolution 2. Feb 2022, 01:40

ZITAT(Panzerchris @ 22. Jan 2022, 08:53) *
Die Lage der Hazara ist besonders schlimm. Bereits im Oktober wurden viele Falimien dieser Volksgruppe ihres Landes und Eigentums beraubt und an Talibanunterstützer verschenkt. Auch gibt es imer wieder Anschläge mit Autobomben in den von Hazara bewohnten Vierteln in Kabul. In ihrer Not biedern sie sich den Taliban an und preisen ihre "gerechte Herrschaft".


Historisch gesehen hat der größte Genozid an den Hazara Ende des 19. Jh. nach der Übergabe Afghanistans an Abdur Rahman Khan durch die britischen Kolonialherrschaft stattgefunden. Damals wurden Schätzungen zufolge 60% der Hazara Bevölkerung ausgelöscht mit dem Ziel Afghanistan durch starke Hand zu einen. Dagegen sind die Taliban tatsächlich schon fast als Hazara-freundlich zu bezeichnen. Mit anderen Worten könnte man auch sagen, dass sie dabei nicht so effektiv sind bzw. eher auf Vertreibung setzen.

ZITAT
Vertreter der Taliban sind in Oslo zu Gesprächen mit Regierungsmitarbeitern aus Norwegen, Deutschland und Frankreich eingetroffen. Weiterhin sind Angehörige von Exil-Afghanen geladen. Dies solle aber nicht als Anerkennung der Taliban gesehen werden. Man müsse aber mit der de facto-Regierung in Kabul zusammenarbeiten, um die humanitäre Lage nicht weiter exkalieren zu lassen.


Es geht wohl im Prinzip um den Verbleib bzw. die Verteilung von knapp 10Mrd. Dollar an eingefrorenen afghanischen Devisen.

Geschrieben von: revolution 12. Feb 2022, 18:11

Gestern hat die US Regierung die "Executive Order on Protecting Certain Property of Da Afghanistan Bank for the Benefit of the People of Afghanistan" erlassen.
Diese besagt im Prinzip nichts anderes, als dass die USA 7 Mrd. Dollar Vermögen der afghanischen Staatsbank konfiszieren/rauben. Davon wollen sie dann 3.5 Mrd. an das "afghanische Volk" verteilen und weitere 3,5 Mrd. bleiben in den USA sollten an die Hinterbliebenen von 9/11 ausgezahlt werden. biggrin.gif

ZITAT
Biden to split $7 billion in frozen funds between 9/11 victims and Afghan humanitarian aid
Kevin Liptak-Profile-ImageNatasha Bertrand
By Kevin Liptak and Natasha Bertrand, CNN
https://edition.cnn.com/2022/02/11/politics/executive-order-afghanistan-9-11-humanitarian-aid/index.html



Geschrieben von: 400plus 12. Feb 2022, 20:13

ZITAT(revolution @ 12. Feb 2022, 18:11) *
Diese besagt im Prinzip nichts anderes, als dass die USA 7 Mrd. Dollar Vermögen der afghanischen Staatsbank konfiszieren/rauben. Davon wollen sie dann 3.5 Mrd. an das "afghanische Volk" verteilen und weitere 3,5 Mrd. bleiben in den USA sollten an die Hinterbliebenen von 9/11 ausgezahlt werden. biggrin.gif


Davon kann ich in der https://www.whitehouse.gov/briefing-room/presidential-actions/2022/02/11/executive-order-on-protecting-certain-property-of-da-afghanistan-bank-for-the-benefit-of-the-people-of-afghanistan/ allerdings noch nichts lesen confused.gif

Geschrieben von: PeterPetersen 18. Apr 2022, 05:51

Laut einer Untersuchung der NYT wurden seit der Machtübernahme durch die Taliban 500 ehemalige Helfer/Soldaten der Afghanischen Armee umgebracht oder sind verschwunden
https://www.nytimes.com/video/opinion/100000008173425/taliban-afghanistan-revenge.html

Wir haben diese Leute im Stich gelassen, das ist beschämend und traurig

Geschrieben von: Panzerchris 18. Apr 2022, 07:19

Zumal die neue Regierung versprochen hat, daß sie die Asylverfahren beschleunigen wollte. Passiert ist ... nichts. Die Familie eines Freundes sitzt immer noch in Pakistan fest, zumindest ist sie aber in relativer Sicherheit.

Pakistan hat übrigens einen Luftangriff auf 4 grenznahe Dörfer durchgeführt, dabei sollen 45 Menschen ums Leben gekommen sein. Die taliban sind nicht sehr glücklich darüber.

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_92027234/afghanistan-taliban-werfen-pakistan-angriff-vor-zahlreiche-tote.html

Geschrieben von: Nightwish 18. Apr 2022, 09:47

Ach, Afghanistan, das ist Schnee von gestern. Wer möchte sich schon mit einem grandiosen Scheitern auseinandersetzen? Landes- und Bündnisverteidigung sind jetzt angesagt!

Geschrieben von: Panzermeyer 18. Apr 2022, 10:05

ZITAT
Zumal die neue Regierung versprochen hat, daß sie die Asylverfahren beschleunigen wollte.


Das ist für mich genauso viel wert wie die Ankündigungen nach diversen Naturkatastrophen man werde "schnell unbürokratische Hilfe" leisten. Dann weißt du das es weder schnell noch unbürokratisch werden wird.

Geschrieben von: Luzertof 18. Apr 2022, 10:09

ZITAT(Nightwish @ 18. Apr 2022, 08:47) *
Ach, Afghanistan, das ist Schnee von gestern. Wer möchte sich schon mit einem grandiosen Scheitern auseinandersetzen? Landes- und Bündnisverteidigung sind jetzt angesagt!


Ich bin überzeugt: Hätten "die Afghanen" (ja, die gibt es nicht, ich weiß) für ihr Land (ja, das sind zusammengewürfelte Stammesgebiete, ich weiß) genauso gekämpft wie die Ukrainer für die Ukraine, hätten wir da auch mehr unterstützt. Haben es ja lange genug versucht.

Gerade die Ukrainekrise zeigt für mich, dass der Westen durchaus bereit ist zu unterstützen.

Geschrieben von: Panzermaus 19. Apr 2022, 10:03

Das Problem an AFG war ja schlicht, dass wir als Westen unsere Ideen und Überzeugung mit Führungspersonen kombiniert haben, welche unserer Meinung nach "Musterdemokraten" sind und das "schon regeln" werden. Dazu kommt die Multiethnizität, welche nicht verstanden wurde und das Fehlen einer einheitlichen Strategie, die auch von allen mitgetragen wird. Kann halt nicht funktionieren, wenn die einen nur Brunnen bohren und Mädchenschulen bauen und die anderen machen night raids. Man könnte jetzt die Probleme so weiter fortführen.
Jetzt machen die TB ihre Geschäfte mit China und unterdrücken ihre Bevölkerung weiter. Da sich die Geschichte immer wieder wiederholt hoffe ich bloß, dass wir unser AFG Karten und Daten aufgehoben haben.

Geschrieben von: Salzgraf 19. Apr 2022, 15:34

ZITAT(Panzermaus @ 19. Apr 2022, 11:03) *
Jetzt machen die TB ihre Geschäfte mit China und unterdrücken ihre Bevölkerung weiter. Da sich die Geschichte immer wieder wiederholt hoffe ich bloß, dass wir unser AFG Karten und Daten aufgehoben haben.

Ich kann mir keinen Grund vorstellen, dort sich militärisch noch einmal langfristig und substantiell zu engagieren.
Sowas wie Moderation, Hilfe beim Aufbau von Institutionen oder THW ja. Entweder dort entsteht ein Konsens, etwas aufbauen zu wollen und es gemeinsam zu versuchen oder wir lassen sie den anderen Weg gehen. Hochqualifizierte werden dann halt langfristig anderswo ihr Glück suchen.

Geschrieben von: Panzermaus 20. Apr 2022, 13:18

Ich wäre mir nicht so sicher. Es wird irgendwann wieder eine Art von Intervention geben. Spätestens, wenn die Widerstandsbewegung (möglicherweise) im Norden signifikant an Fahrt gewinnt.

Geschrieben von: Wraith187 20. Apr 2022, 13:49

ZITAT(Panzermaus @ 20. Apr 2022, 14:18) *
Ich wäre mir nicht so sicher. Es wird irgendwann wieder eine Art von Intervention geben. Spätestens, wenn die Widerstandsbewegung (möglicherweise) im Norden signifikant an Fahrt gewinnt.

Wenn jemals wieder eine Intervention Des WestensTM in Afghanistan, dann aber hoffentlich intelligenter als bei letzten Mal. Also keine größere Anzahl an westlichen Bodentruppen und dass der Westen versucht zu viel selbst für die Afghanen zu machen, sondern primär materielle Unterstützung, von afghanischen Gruppierungen, die bereit sind für ein aus westlicher Sicht wünschenswertes Afghanistan selbst zu kämpfen. Und selbst die materielle Unterstützung nicht mit der Gießkanne oder Bazooka, sondern nur gezielt und mit Maß.

Geschrieben von: Panzermaus 20. Apr 2022, 18:49

Am sinnvollsten wäre es generell bei Interventionen sich mal mit dem Zielland zu befassen und nicht die eigenen Ideen und Vorstellungen direkt zu projizieren. Wir haben ja jetzt gesehen wie es nicht laufen sollte.

Geschrieben von: Wraith187 30. Apr 2022, 23:54

Die Feldzugssaison in Afghanistan beginnt wohl und es bilden sich wohl einige neue talibanfeindliche Gruppierungen und die alten werden auch wieder aktiv.

Der Krieg in der Ukraine zieht allerdings wohl den Großteil der derzeitgen internationalen Aufmerkasmkeit und Unterstützung auf sich, so dass für die Anti-Taliban-Gruppierungen kaum etwas übrig bleibt.

https://www.voanews.com/a/afghan-fighting-season-ushers-in-new-anti-taliban-groups/6542148.html

Der Artikel gibt auch Exposés einzelner Widerstandsgruppen in Afganistan.

ZITAT
With the onset of the “fighting season” in Afghanistan, small pockets of anti-Taliban resistance appear to be forming across much of the country.

The development, coupled with a spike in deadly attacks by the Islamic State terrorist group, could threaten the Taliban's hold on power eight months after their takeover of Afghanistan.

In recent weeks, about a half-dozen previously unknown “resistance” groups have announced their existence, vowing to fight the Taliban alongside the National Resistance Front, the only prominent anti-Taliban group.

The new groups have names such as the Afghanistan Freedom Front and the Afghanistan Islamic National & Liberation Movement. But beyond claims made on social media, little is known about their kinetic power.

Researchers who have studied the groups say while they all share the goal of toppling the Taliban’s eight-month-old government, they are hobbled by a lack of unity and coordination.
...
But lack of coordination is not the only weakness preventing them from becoming an effective fighting force. Among other things, insurgent groups require external support. Yet in contrast to the 1990s, when Russia, Iran and India all backed the Northern Alliance against the Taliban, no country has rushed to the new anti-Taliban cause.

Consequently, in the short term, Schroden said, the groups will likely represent little more than “low-level annoyance” for the much-better-armed and numerically larger Taliban.

Geschrieben von: Panzerchris 11. Jun 2022, 20:19

Die Taliban haben die Frauenrechte in den letzten Wochen fast völlig abgeschafft. In den wenigsten Berufen dürfen sie noch arbeiten. Firmen, die von Frauen geleitet wurden, mußten ihre Produktion einstellen oder stehen kurz davor.
Forschung an den Unis ist so gut wie gar nicht mehr möglich.

ARTE Journal 10.06.2022
https://www.spektrum.de/news/afghanistan-taliban-unterdruecken-akademikerinnen/2028127
https://www.dw.com/de/ex-warlords-machen-gegen-taliban-mobil/a-61870480

Geschrieben von: 400plus 30. Jul 2022, 08:56

Der Spiegel widmet sich den letzten Tagen in der deutschen Botschaft in Kabul: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afghanistan-flucht-der-deutschen-nur-noch-per-telefon-wir-zerstoeren-die-it-ende-a-bf4fc035-403e-4151-9c67-a6813f54dc1b

Paywall, aber auf Twitter gibt es ein paar "Highlights":
"Monatelang hat die Vertretung deshalb in Berlin darauf gedrängt, für den Ernstfall einen privaten Hubschrauberdienstleister unter Vertrag zu nehmen. Im Gespräch ist eine Firma, die schon für die Bundeswehr geflogen ist, doch die erhöht plötzlich die Preise. Dem Auswärtigen Amt ist das zu teuer, es drängt auf Vergleichsangebote und eine Ausschreibung – als hätte man alle Zeit der Welt.

[...]
Kein einziges Mal greift der Außenminister zum Telefon, um sich von seinem Mann in Kabul die Lage schildern zu lassen. Warum auch, wird er sich später im Gespräch mit dem SPIEGEL rechtfertigen – schließlich müsse der Dienstweg eingehalten werden."

https://twitter.com/CarloMasala1/status/1553087963302592514

Oder:
https://twitter.com/KampfmitKette/status/1553049418353475586/photo/1


Geschrieben von: Panzerchris 30. Jul 2022, 11:33

Heiko Maaß - Beamter durch und durch.

In den nächsten Wochen wird auch im Fernsehen einiges darüber erscheinen. Die Fernsehzeitung hats mir gepetzt.

Geschrieben von: Almeran 30. Jul 2022, 12:09

Die SZ hat den KSK-Kommandanten am Flughafen Kabul interviewt. Hier die Zusammenfassung als Artikel: https://www.sueddeutsche.de/politik/ksk-in-afghanistan-wir-haben-das-beste-aus-der-lage-gemacht-1.5629819

Wer ein SZ-Abo hat, sollte sich das ganze Interview durchlesen, sehr interessant.

Geschrieben von: Luzertof 30. Jul 2022, 13:13

Können PayWall-Sachen bitte in 1-3 Sätzen zusammengefasst werden? Die meisten hier haben vermutlich keine 40 verschiedenen Abos.

Geschrieben von: DSO 28. Aug 2022, 22:07

Zeitungsbericht von Anfang august über die Evak op in Kabul .

ZITAT
Vierzig Straftäter aus Afghanistan sind im August vergangenen Jahres an Bord der Evakuierungsflieger von Kabul aus nach Deutschland gelangt. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Focus“ unter Berufung auf interne Berichte für den Bundestags-Untersuchungsausschuss, der den chaotischen Abzug von Soldaten, Diplomaten und afghanischen Ortskräften aus dem zentralasiatischen Land prüft.



ZITAT
https://presse-augsburg.de/bericht-40-kriminelle-afghanen-kaperten-evakuierungsflieger/809153/

Geschrieben von: K-JAG 31. Aug 2022, 07:12

Ein Video über den Abzug aus Kabul von Black Rifle Coffee Company


https://www.youtube.com/watch?v=rTZN9c1sVlE

Geschrieben von: 400plus 2. Feb 2023, 20:05

Ein italienischer Journalist hat Dokumente präsentiert, laut denen hochrangige afghanische Politiker 2021 von Katar bezahlt wurden, um das Land kampflos den Taliban zu übergeben. Darunter auch der damalige Präsident.

https://twitter.com/LauraVpri/status/1621067085387546624?t=WjVKNZ2X4sLuA87TUuynuA&s=19

Geschrieben von: IRSuchkopf 11. Mar 2023, 22:37

Ich fand https://www.youtube.com/watch?v=jByCZqXwZqI interessant, weil die Autorin und/oder ihr Team anfangs auch versucht, mit den Taliban zu sprechen. Später geht es eher um die Opfer des Regimes. Auch die geschilderte persönliche Situation ist ungewöhnlich. Sie sei Tochter afghanischer Kriegsflüchtlinge und in Deutschland aufgewachsen, ihr Opa aber dort geblieben und habe seine Meinung jetzt geändert - er fände die Taliban jetzt gut.
Mein persönlicher Tenor: die gezeigten Personen mögen die Herrschaft der Taliban eher nicht, aber "wenigstens kennt man die Spielregeln und es ist Frieden". Und das scheint für alle erstmal das höchste Gut zu sein.

Geschrieben von: muckensen 28. May 2023, 09:45

Zurzeit finden "heftige" Gefechte zwischen den Taliban und iranischen Sicherheitskräften auf iranischem Boden statt. Es gibt mindestens zwei Tote. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, das Feuer zuerst eröffnet zu haben. AP zufolge dürften Streitigkeiten um Wasservorkommen eskaliert sein. Iran droht mit Vergeltung und behauptet, den Taliban bereits "schwere Verluste und großen Schaden" zugefügt zu haben. (https://apnews.com/48324a0cdc9158713a39edae7460cd5e, Englisch)

Auf r/CombatFootage finden sich Videos des Geschehens. Das sieht nach einer größeren Sache aus, mit eher hunderten als dutzenden Beteiligten. Angeblich wurden 18 Einrichtungen des Grenzschutzes und der Armee attackiert (wobei die Wortwahl nicht erkennen lässt, um was für Einrichtungen es sich handeln soll – ob Grenzwärterhäuschen oder ganze Militärbasen).

Geschrieben von: Broensen 28. May 2023, 19:07

https://nitter.net/Terror_Alarm/status/1662481600939016192

Ich bin gespannt, wann die ersten Vorwürfe kommen, das sei eine Aktion der Amis gegen den Iran, weil die Taliban dort ja mit US-Waffen antreten. hmpf.gif

Geschrieben von: Madner Kami 28. May 2023, 19:16

ZITAT(Broensen @ 28. May 2023, 20:07) *
https://nitter.net/Terror_Alarm/status/1662481600939016192

Ich bin gespannt, wann die ersten Vorwürfe kommen, das sei eine Aktion der Amis gegen den Iran, weil die Taliban dort ja mit US-Waffen antreten. hmpf.gif


Die Proteste der Iraner gegen die Gewaltherrschaft laufen noch. Das ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt für diese Auseinandersetzung, in jedweder Hinsicht, außer für die Taliban. Man kann nur hoffen, dass es dem iranischen Regime nicht gelingt diese Angriffe zu nutzen, um die Proteste zu untergraben. Das wäre eins von zwei positiven Resultaten. Das andere? Der Iran braucht seine Shaheds jetzt selber.

Geschrieben von: General Gauder 28. May 2023, 20:01

ZITAT(Madner Kami @ 28. May 2023, 20:16) *
ZITAT(Broensen @ 28. May 2023, 20:07) *
https://nitter.net/Terror_Alarm/status/1662481600939016192

Ich bin gespannt, wann die ersten Vorwürfe kommen, das sei eine Aktion der Amis gegen den Iran, weil die Taliban dort ja mit US-Waffen antreten. hmpf.gif


Die Proteste der Iraner gegen die Gewaltherrschaft laufen noch. Das ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt für diese Auseinandersetzung, in jedweder Hinsicht, außer für die Taliban. Man kann nur hoffen, dass es dem iranischen Regime nicht gelingt diese Angriffe zu nutzen, um die Proteste zu untergraben. Das wäre eins von zwei positiven Resultaten. Das andere? Der Iran braucht seine Shaheds jetzt selber.

Damit die Shaheds nach Afghanistan fliegen und dort Zivilisten töten man das aber nicht mitbekommt, weil es keine gewaltige Twitter Blase gibt? facepalm.gif facepalm.gif facepalm.gif
Im übrigen ist so ein Angriff von außen genau das was die Iranische Führung jetzt braucht, weil es eben genug Leute geben wird die ihren Protest erst einmal einstellen und zur Fahne eilen. rolleyes.gif

Geschrieben von: Madner Kami 28. May 2023, 20:27

ZITAT(General Gauder @ 28. May 2023, 21:01) *
Damit die Shaheds nach Afghanistan fliegen und dort Zivilisten töten man das aber nicht mitbekommt, weil es keine gewaltige Twitter Blase gibt? facepalm.gif facepalm.gif facepalm.gif


Dir wäre es also lieber sie flögen in die Ukraine, weil da wenigstens auf Twitter darüber berichtet wird? Danke, dass wir das geklärt haben. Lass solchen manipulativ-suggestiven Mist.

ZITAT(General Gauder @ 28. May 2023, 21:01) *
Im übrigen ist so ein Angriff von außen genau das was die Iranische Führung jetzt braucht, weil es eben genug Leute geben wird die ihren Protest erst einmal einstellen und zur Fahne eilen. rolleyes.gif


Dir ist schon klar, dass das iranische Volk kein Interesse daran hat, die Taliban ins Land zu lassen, oder? Dass es dann garantiert Bestrebungen geben wird erstmal gegen den gemeinsamen Feind zu bekämpfen und, dass das Regime das durchaus nutzen kann und wird, dürftest du auch verstehen.

Geschrieben von: General Gauder 28. May 2023, 21:11

ZITAT(Madner Kami @ 28. May 2023, 21:27) *
ZITAT(General Gauder @ 28. May 2023, 21:01) *
Damit die Shaheds nach Afghanistan fliegen und dort Zivilisten töten man das aber nicht mitbekommt, weil es keine gewaltige Twitter Blase gibt? facepalm.gif facepalm.gif facepalm.gif


Dir wäre es also lieber sie flögen in die Ukraine, weil da wenigstens auf Twitter darüber berichtet wird? Danke, dass wir das geklärt haben. Lass solchen manipulativ-suggestiven Mist.

ZITAT(General Gauder @ 28. May 2023, 21:01) *
Im übrigen ist so ein Angriff von außen genau das was die Iranische Führung jetzt braucht, weil es eben genug Leute geben wird die ihren Protest erst einmal einstellen und zur Fahne eilen. rolleyes.gif


Dir ist schon klar, dass das iranische Volk kein Interesse daran hat, die Taliban ins Land zu lassen, oder? Dass es dann garantiert Bestrebungen geben wird erstmal gegen den gemeinsamen Feind zu bekämpfen und, dass das Regime das durchaus nutzen kann und wird, dürftest du auch verstehen.

Deine Aussage ist eben Bullshit, es ist eben nicht besser, wenn die Shaheds gegen irgend wen anders eingesetzt werden rolleyes.gif

Zum zweiten Satz, das ist exakt das, was ich geschrieben habe, vielleicht liest du dir noch mal deinen ursprünglichen Beitrag durch von wegen einzig und allein den Taliban würde das nützen facepalm.gif

Geschrieben von: Brünnhilde 2. Jun 2023, 04:34

ZITAT(muckensen @ 28. May 2023, 10:45) *
Zurzeit finden "heftige" Gefechte zwischen den Taliban und iranischen Sicherheitskräften auf iranischem Boden statt. Es gibt mindestens zwei Tote. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, das Feuer zuerst eröffnet zu haben. AP zufolge dürften Streitigkeiten um Wasservorkommen eskaliert sein.


Das dürfte einer der ersten sich abzeichnenden Konflikte sein, bei dem es um die Folgen der Klimaveränderung geht.

Es geht um das Wasser des Flusses Helmand, der aus Afghanistan kommend in den Iran fließt.
Gut erklärt bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Hilmend

Geschrieben von: Wraith187 8. Jun 2023, 12:34

Währenddesseen scheinen die Taliban in Afghanistan eine neue Drogenpolitik zu verfolgen.

KUrzer BBC-Bericht dazu:

https://www.youtube.com/watch?v=W-gMRFEZOGY

Die Preise am Anfang der entsprechenden Lieferkette sollen bereits merklich gestiegen sein.

Geschrieben von: Salzgraf 11. Jul 2023, 13:18

Mosaiksteine aus dem Untersuchungsausschuß:
https://taz.de/Afghanistan-Untersuchungsausschuss/!5943116/

Die Ministerien Aussen, Innen, Verteidigung und Entwicklung haben auf die üblichen Regeln gesetzt. Soldaten vor Ort haben das nicht so richtig nachvollziehen können.

Hilfswerke in Afghanistan heute.
https://taz.de/Archiv-Suche/!5945776&s=ortskr%C3%A4fte&SuchRahmen=Print/

Geschrieben von: Salzgraf 12. Aug 2023, 21:51

Die Enquetekommission schreibt an einem Zwischenbericht:
https://taz.de/!5949655/
u.a. sieht Müller eine fehlende eigenständige Strategie Deutschlands als eine Ursache der Probleme an, wobei er andeutet, daß die Regierung da vielleicht nicht so viel Spielraum gehen hätte, weil man Afghanistan als Preis für die Nichtteilnahme an der Irak-Operation gesehen hat und man da lieber treu (den USA) gedient hat als eigenständige Akzente einzubringen.


Man sieht ähnliche Erklärungsansätze wie sie hier im Parallelthread gepostet wurden:

ZITAT(Freestyler @ 11. Aug 2023, 22:29) *
Die Probleme des Auswärtigen Amt hat Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik gerade eben erst kommentiert:

ZITAT
Warum deutsche Außenpolitik so oft an der Wirklichkeit scheitert
Der Putsch in Niger traf die Bundesregierung offenbar unvorbereitet – ähnlich wie frühere Krisen. Tatsächlich steckt der Fehler im System.

[...]

Hat man diese Entwicklungen nicht kommen sehen können, wie eine beliebte Erzählung im politischen Berlin suggeriert – oder hat man sie nicht sehen wollen?
Selbstverständlich sind die Antworten auf diese Fragen komplex und liegen auf unterschiedlichen Ebenen:

Da sind erstens die beamtenrechtlichen Loyalitäten, die Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums wie des Auswärtigen Amtes zur Treue gegenüber der jeweiligen Hausleitung verpflichten. Dies wird im Alltag häufig als allgemeine Zustimmungspflicht zur politischen Generallinie des Hauses missverstanden. Jeder junge Beamte weiß, dass sich Störenfriede schnell unbeliebt machen. Nur vielfach abgestimmte Vorlagen erreichen die Leitungsebene, möglicher Dissens im Ministerium wird bereits vorher bis zum Kompromiss verhandelt, Gruppendenken ist die Regel. Wenn der Minister verlauten lässt, Deutschland sei in Afghanistan auf der Erfolgsspur, wird niemand es mehr anders sehen wollen.

Verstärkt wird dies zweitens durch eine seit Jahrzehnten eingeübte Laufbahnpraxis. So ist es sehr unwahrscheinlich, dass genau jene Referentin positiv bewertet oder befördert wird, die in ihren Berichten vielfach auf die Fehleinschätzungen der deutschen Russlandpolitik hingewiesen hat. Störenfriede machen sich schnell unbeliebt; hingegen honoriert das System das durch Schweigen dokumentierte Einvernehmen. Wer als junger Beamter seiner Karriere Zug verleihen möchte, schaut sich diese Praxis gut an und hält sich an die tradierten Gepflogenheiten.

Drittens rächt sich ein sehr menschlicher Zug: Die weit überwiegende Zahl der Menschen denkt linear; auch in der außenpolitischen Analyse und Planung ergibt sich viel zu häufig der nächste Schritt aus dem vorangegangenen. Alle für die deutsche Außenpolitik relevanten Faktoren scheinen innerhalb eines überschaubaren Systems und des eigenen Einflusses zu liegen. Scheinbar Nebensächliches wird gerne ignoriert. Gefordert wäre jedoch divergentes Denken, bei dem die Ausgangssituation und Rahmenbedingungen einer außenpolitischen Herausforderung nicht als unveränderbar hingenommen werden und unwahrscheinliche Entwicklungen sowie negative Szenarien ihren festen Platz haben. [...]

Schließlich rächt sich, viertens, der Hang zu Pfadabhängigkeiten: Einzelne außenpolitische Entwicklungen stellen in sehr kurzer Zeit die politische Agenda vom Kopf auf die Füße. [...] Auch die deutsche Außenpolitik erliegt häufig der Verführung dieses nachlassenden Anpassungsdrucks. Die Weichen für eine veränderte deutsche Außenpolitik in einem Land oder einer Region werden umgestellt, etwa 2001 in Afghanistan oder 2013 in Mali, und dann bewegt sich diese Politik mit ihren revidierten Eckpunkten ungebremst in die neue Richtung. Ob im Laufe der Zeit Veränderungen notwendig sind oder ob die Grundannahmen noch stimmen, wird nur noch selten gefragt.

[...]

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afghanistan-mali-niger-warum-deutsche-aussenpolitik-so-oft-an-der-wirklichkeit-scheitert-gastbeitrag-a-3a4f2e39-f703-43cb-a610-a9dc5f745b4a

Ich füge zusätzlich hinzu:
Fünftens folgt das Personalwesen im Auswärtigen Amt den üblichen Grundsätzen des öffentlichen Dienstes: Wenn das Auswahlverfahren für die jeweilige Laufbahngruppe bestanden hat, ist man für nahezu jeden Dienstposten dieser Laufbahngruppe qualifiziert, unabhängig davon, in welcher Studienrichtung der Abschluss ist (wobei letzteres nur den höheren Dienst mit Master oder II. Staatsexamen betrifft - mittlerer und gehobener Dienst werden intern ausgebildet). Diese Praxis zusammen mit der regelmäßigen Rotation zwischen Deutschland und unterschiedlichsten Auslandsverwendungen (sowohl regional als auch fachlich) verhindern zuverlässig den Aufbau eigener Expertise.

Sechstens kursieren im Auswärtigen Amt (polit-) wissenschaftliche und politische Theorien, Konzepte und Ideen - Post-Kolonialismus, seit kurzem feministische Außenpolitik, durch die jüngere Mitarbeitergeneration zusätzlich ein Fokus auf Diversität - die eine nüchterne Lagebeurteilung und pragmatische Strategieformulierung (s.o.) verhindern und falsche Schwerpunkt setzen. Dazu kommt die naive und (sozial-) romantische Vorstellungen von Außenpolitik und der jeweiligen Länder und Regionen. In der Realität führt das zu einem Schwerpunkt auf die Zivilgesellschaft, die es in vielen nicht-westlichen Ländern nicht gibt, sowie Frauen und Minderheiten, die keinen politischen Einfluss haben, während Gewaltakteure und negative Entwicklungen der Sicherheitslage konsequent ignoriert werden - im Auswärtigen Amt in Berlin noch mehr als in den Botschaften vor Ort. Das Auswärtige Amt wurde bei den jüngeren Krisen nicht unbedingt deshalb überrascht, weil man keinen Fokus auf diesen Ländern hatte, sondern weil man in den jeweiligen Ländern falsche Schwerpunkte gesetzt hatte.

Die Trennung zwischen Außenpolitik und Entwicklungspolitik (bzw. Entwicklungszusammenarbeit oder "EZ") - und damit für das Auswärtige Amt einerseits und das BMZ andererseits - ist ein hervorragendes Beispiel für die naiven Vorstellungen der deutschen Politik: Neben den zusätzlichen Posten, die durch ein zusätzliches Ministerium im Rahmen der Regierungsbildung verteilt werden können, existiert das BMZ, weil man glaubt, das EZ politisch neutral sei bzw. sein müsste (d.h. nicht Teil der Außenpolitik) und dies durch ein eigenes Ministerium gewährleistet werde.

Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, im Interview:

ZITAT
Neben dem Nationalen Sicherheitsrat würde ich mir wünschen, dass die Zusammenarbeit von Auswärtigem Amt und dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sich ändert. Wir sind eines der letzten Länder, das sich eine Trennung dieser Ministerien noch leistet. Wir haben es heute auf der Welt mit einem Systemwettbewerb zu tun, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Als einer der wirtschaftsstärksten Staaten, die eine regelbasierte internationale Ordnung mit der Charta der Vereinten Nationen als Grundlage verteidigen, müssen wir in der Lage sein, die Instrumente, über die wir verfügen, gebündelt einzusetzen. Es kann nicht sein, dass die Liste der Schwerpunktländer unserer Entwicklungspolitik oder gar wie zuletzt die BMZ-Afrikastrategie völlig getrennt und unabgestimmt mit dem Auswärtigen Amt verabschiedet werden. [...]

Es gibt viele Wege. Man kann die beiden Ministerien völlig integrieren, man kann aber auch wie in Belgien oder Dänemark die Arbeitsebene zusammenlegen, es aber an der Spitze bei zwei Ministerposten belassen. In einer Koalitionsregierung wie in Deutschland mit genau austarierter Postenverteilung vielleicht der einfachere Weg. Um die unterschiedlichen Kulturen in den Ministerien zu überwinden, müssen beispielsweise in Belgien alle Berufsanfänger drei Jahre in der Außenpolitik arbeiten und drei Jahre in der Entwicklungspolitik, damit man beides versteht. In Belgien und beispielsweise Kanada wird auch noch die Handelspolitik einbezogen. Alles zielt darauf, Außenpolitik aus einem Guss zu gestalten, die Instrumente zu bündeln, im Übrigen auch mit der privaten Wirtschaft. Nur so können wir im globalen Wettbewerb mit China und seinen Partnern mithalten – und bessere Lösungen anbieten. Wir müssen viel aktiver, viel präsenter werden im Ausland. Wenn Sie irgendwo in Afrika sind, haben wir da vielleicht drei, vier Diplomaten aus Deutschland, aber 100 Chinesen. Wer hat dann mehr Einfluss? Unter Außenminister Hans-Dietrich Genscher waren noch Zweidrittel der Diplomaten im Ausland. Heute ist es umgekehrt. Im Inland werden immer mehr Leitungsposten, Stäbe, Abteilungen und Unterabteilungen mit dem einhergehenden Abstimmungsbedarf geschaffen. Das ist kein Naturgesetz. Es geht auch umgekehrt. Ich habe bei der EU und bei den UN immer wieder erlebt, wie kleinere Staaten mit klaren Strukturen und der Delegation von Befugnissen schlagkräftiger agieren können als Deutschland.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/heusgen-wir-haben-verkrustungen-in-der-aussenpolitik-18806851.html


Geschrieben von: Salzgraf 21. Jan 2024, 11:13

anscheinend hat die UdSSR ca. 4.500 afghanische Konder in die UdSSR verbracht

ZITAT
Beispielsweise haben wir 4,5 Tausend afghanische Kinder in Internaten in Almaty, Wolgograd und Krasnodar großgezogen. Sie wurden aus Kabul unter der Aufsicht des KHAD (Afghanischer Sicherheitsdienst) geschickt (...)
Sie sollten sich zu aktuellen Agenten russischen Einflusses entwickeln. Doch sobald die Union zusammenbrach, wurden diese Kinder auf die Straße geworfen.

https://t.me/Sladkov_plus/9597
Da die Info aus einem propagandistischen Kontext stammt, empfehle ich diese Angabe als Ausgangspunkt weiterer Recherchen zu verwenden aber nicht als hart belastbaren Fakt.

Geschrieben von: Panzerchris 23. Jan 2024, 16:20

Das die Russen afghanische Kinder in Umerziehungslager gesteckt haben hat auch Oberstarzt a.D. Dr. Reinhard Erös, Gründer einer Hilfsorganisation, in seinem Buch "Tee mit dem Teufel" bestätigt. Er war während der Besetzung als Arzt bei den Widerstandskämpfern im Einsatz und da kam es zu einem Vorfall, wo ihm davon abgeraten wurde schwer Verwundete Kinder in einem russischen Krankenhaus behandeln zu lassen, weil sie nach der möglichen Genesung nicht mehr zu ihren Familien zurückgeschickt wurden.

Geschrieben von: Freestyler 23. Jan 2024, 21:44

Das Afghan Analyst Network hat einen interessanten Artikel über einen afghanischen Mitarbeiter einer internationalen Nichtregierungsorganisation veröffentlicht, der mit seiner Familie nach Dänemark evakuiert wurde und inzwischen nach Afghanistan zurückgekehrt ist. Der Artikel ist sowohl vor dem Hintergrund der Evakuierung als auch von Migration und Integration interessant:

ZITAT
The Daily Hustle: My life as a refugee – and choosing to return home
After the Islamic Republic collapsed in August 2021, tens of thousands of people rushed to Kabul airport, attempting to leave Afghanistan. Some faced specific threats from the new rulers. Others were fearful of an uncertain future, increased violence and unemployment and hoped for a better future for themselves and their children if they went abroad. Among those leaving were Afghans who worked for international NGOs and the former government who went as refugees to other countries, mostly in Europe and North America. Now, more than two years on, some are choosing to return home. AAN’s Sayed Asadullah Sadat has talked to one former NGO worker who has recently returned to Afghanistan with his family about their experience as refugees in Denmark and why, in the end, they decided to come back to Kabul.

[...]

https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/migration/the-daily-hustle-my-life-as-a-refugee-and-choosing-to-return-home/

Geschrieben von: Scipio32 23. Jan 2024, 21:52

Das passt zu dem, was ich an vielen anderen Stellen zum Umgang mit Migranten in Dänemark gelesen habe.

Geschrieben von: Panzerchris 14. Apr 2024, 15:18

Auf ARTE gibt es eine bereits vor mehreren Monaten gesendete Reportage über den Widerstand im Pandschir-Tal in Afghanistan. Der Widerstand ist aufgrund der massiven personellen Überlegenheit der Taliban und der materiellen und personellen Schwächen des Widerstandes zusammengebrochen. Ein weiteres Problem ist, daß sich die Islamisten nur auf das Pandschir-Tal konzentrieren brauchen und ihre Truppen rotieren lassen können. In anderen Regionen existiert kaum organisierter Partisanenkampf, was die Taliban dazu zwingen würde mehr Truppen in anderen Provinzen zu verlegen. Hilfe aus dem Ausland gibt es nicht. In dem Video werden auch Grausamkeiten der Taliban gezeigt.

Die Unbeugsamen von Afghanistan | Doku HD | ARTE

https://www.youtube.com/watch?v=Tc-oYf-0If8

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