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> Deutsch Deutsche Grenzgeschichte
Phantom II
Beitrag 6. Nov 2005, 13:05 | Beitrag #1
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GEDENKSTÄTTEN

Schleichende Übernahme

Von Andreas Wassermann und Steffen Winter

16 Jahre nach dem Mauerfall versuchen ehemalige DDR-Grenzer, ihre Verantwortung für Tretminen und Todesschüsse zu verharmlosen.


Die Männer der Kameradschaft "Florian Geyer", die sich an einem schönen Mai-Samstag im südthüringischen Dermbach trafen, trieb ein ambitionierter Plan: Sie wollten die deutsche Geschichtsschreibung beeinflussen. Alle 69 von ihnen waren einst als Mitglieder der DDR-Grenztruppen im Einsatz gewesen, die meisten in Dermbach.

Ihre Erfahrungen von damals, so befanden die Veteranen, könnten das Andenken an diese Zeit ein wenig ergänzen. Mauer, Stacheldraht, Selbstschussanlage und Plastikminen im benachbarten Grenzmuseum Point Alpha sollten nicht länger von bürgerbewegten Laien erklärt werden, sondern möglichst von einstigen Grenzern.

Vereinsziel sei künftig nicht mehr nur die Pflege der militärischen Kameradschaft und Zusammengehörigkeit, sondern die "Mitarbeit an Dokumentation, Information und Weiterbildung zum Problemkreis des Grenzregimes". Konsequent wolle die Truppe nun gegen "Unterstellung und Verfälschung" aufmarschieren.

16 Jahre nach dem Mauerfall droht das Erinnern an den "antifaschistischen Schutzwall" in die falschen Hände zu geraten. Während sich die Grenzmuseen bundesweit von der Politik allein gelassen fühlen, organisieren sich die alten Grenzer, um Schulklassen oder Touristen ihr Geschichtsbild zu vermitteln.

So trafen sich im März in Berlin-Lichtenberg in Anwesenheit des früheren DDR-Verteidigungsministers und Armeegenerals Heinz Keßler fast 300 Ehemalige, heute organisiert in der "AG Grenze". Eingeladen hatte ein Verein namens "Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung" - das Forum von rund 1500 ehemaligen DDR-Staatsanwälten, Agenten, Stasi-Leuten, Richtern und Grenzsoldaten.

"Wir haben ja am eigenen Leibe darunter leiden müssen, wie das Grenzregime der DDR nicht nur verfälscht, sondern kriminalisiert wurde", klagte Ex-Oberst Peter Freitag, einst Inhaber des Lehrstuhls "Taktik der Grenztruppen" an der Militärakademie Dresden, bei dem Treffen. Schon zuvor hatte Keßlers Stabschef Fritz Streletz der Truppe der Mauerschützen die künftige Strategie vorgegeben: Offensive. Nur so könne gegen "Hetze, Verleumdungen und Kriminalisierungen" vorgegangen werden.

Ex-Major Gerhard Lehmann, 73, Gründer der Kameradschaft "Florian Geyer", folgte dem Marschbefehl. Der Genosse saß bis vor wenigen Monaten sogar im Beirat von "Point Alpha". Dort, in Südthüringen, tobte einst der Kalte Krieg, standen sich die Militärblöcke an einem strategisch wichtigen Punkt, der sogenannten Fulda Gap, direkt gegenüber. Point Alpha ist ein beliebter Ausflugsort für Politiker, am 17. Juni erhielten hier George Bush senior, Michail Gorbatschow und Helmut Kohl einen Preis für ihre Verdienste um die Einheit.

Lehmann kämpft dort um die Ehre der Grenztruppe.

Stolz verkündete er seiner Anhängerschaft auf einem Treffen schon erste Erfolge: In der Ausstellung sei nun das Keßler-Zitat zu finden: "Es hat nie einen Schießbefehl gegeben." Auch das Gedenken an "unsere im Grenzdienst getöteten Kameraden" habe jetzt "einen Platz in der Ausstellung" gefunden. Zudem sei es ihm gelungen, den Gästebetreuern der Gedenkstätte in einem Seminar die Sicht der einstigen Grenzschützer zu vermitteln.

So machen sich die Geister, die Museumsleiter Berthold Dücker rief, selbständig. Der ehemalige Grenzflüchtling bat einst um den Sachverstand der Rentner-Garde, um den Grenzabschnitt detailgetreu zu rekonstruieren. Den Keßler-Satz ergänzte er mit Berichten über Minenopfer. In die Gedenkecke für die toten DDR-Grenzer ließ er eine Tafel hängen: "So glorifizierte die DDR ihre toten Grenzsoldaten". Hilflos steht er nun den freiwilligen "Diensten" der selbsternannten Fremdenführer gegenüber, die Besuchern ihre Erfahrungen vermitteln. Sogar Klaus-Dieter Baumgarten, einst Chef der Grenztruppen und deshalb wegen Totschlags zu sechseinhalb Jahren verurteilt, kreuzte zum "Arbeitsbesuch" auf.

Ähnliche Konflikte hat Hubertus Knabe, Chef der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, auszustehen. Nachdem er kürzlich mit Plakaten und einem alten Gefängniswagen auf dem Pariser Platz eine "ungleiche Erinnerungskultur" zwischen der NS- und der DDR-Diktatur beklagt hatte, schlugen die Genossen zurück. Mit seiner "Horrorshow am Brandenburger Tor" habe er sich selbst zum "Vorreiter eines extrem verzerrten Geschichtsbildes" gemacht, befand das "Neue Deutschland".

Auf finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit warten die Museumswächter meist vergebens. Bis heute ist etwa die Reproduktion eines Exponats des Museums nicht möglich: Die einzig bekannte Karte der Grenze mit sämtlichen Minenfeldern müsste schon aus Sicherheitsgründen kopiert werden. Doch das ist zu teuer, da sie mehrere Quadratmeter groß ist.

"Ich fühle mich allein gelassen", klagt Dücker und zweifelt manchmal an der Sinnhaftigkeit des Unternehmens. Doch keinesfalls will er seinen früheren Peinigern die Chance geben, die einstige Staatsgrenze zurückzuerobern. Die planen bereits die nächste Attacke: 2006 wollen Kameradschaften aus der gesamten Ex-DDR ihr 60. Grenztruppenjubiläum feiern.

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,383414,00.html


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Eismarder
Beitrag 6. Nov 2005, 15:27 | Beitrag #2
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Ist doch ähnlich wie bei ehem. Wehrmachts- u. Waffen-SS Veranstaltungen.


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Azero
Beitrag 6. Nov 2005, 16:39 | Beitrag #3
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QUOTE(Phantom II @ 06.11.2005, 13:05)
Die Männer der Kameradschaft \"Florian Geyer\"...

Wenn das mal nicht zu geschichtlich höchst peinlichen Verwechslungen führt.


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Holzkopp
Beitrag 6. Nov 2005, 16:43 | Beitrag #4
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QUOTE(Azero @ 06.11.2005, 16:39)
QUOTE(Phantom II @ 06.11.2005, 13:05)
Die Männer der Kameradschaft \"Florian Geyer\"...

Wenn das mal nicht zu geschichtlich höchst peinlichen Verwechslungen führt.

Meines Wissens sieht sich der DDR- Sozialismus in der Tradition der Bauernkriege. Es gab wohl auch mal ein Regiment mit dem Namen (bin mir aber nicht sicher) und im Großen Zapfenstreich der NVA wurde desöfteren in der Serenade "Wir sind des Geyers schwarzer Haufen" gespielt.

Die Sozialisten haben halt die Bauernkriege als präsozialistische Arbeiter und Bauernbewegung uminterpretiert.


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Das staendige Nachgeben der Klugen begruendet die Diktatur der Dummen.
 
Azero
Beitrag 6. Nov 2005, 17:52 | Beitrag #5
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QUOTE(Holzkopp @ 06.11.2005, 16:43)
QUOTE(Azero @ 06.11.2005, 16:39)
QUOTE(Phantom II @ 06.11.2005, 13:05)
Die Männer der Kameradschaft \"Florian Geyer\"...

Wenn das mal nicht zu geschichtlich höchst peinlichen Verwechslungen führt.

Meines Wissens sieht sich der DDR- Sozialismus in der Tradition der Bauernkriege. Es gab wohl auch mal ein Regiment mit dem Namen (bin mir aber nicht sicher) und im Großen Zapfenstreich der NVA wurde desöfteren in der Serenade \"Wir sind des Geyers schwarzer Haufen\" gespielt.

Die Sozialisten haben halt die Bauernkriege als präsozialistische Arbeiter und Bauernbewegung uminterpretiert.

Ja, das weiß ich.

Allerdings gibt es da ja eine "Namens-Kollision" mit einer Einheit der ehemaligen Waffen-SS (8. SS-Kavallerie Division "Florian Geyer").

Mich wundert, daß das DDR-Militär den Namen trotzdem verwendet hat.

---

Nebenfrage: Gab's nicht auch ein NVA-Regiment mit dem Namen "Thomas Müntzer"?


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Holzkopp
Beitrag 6. Nov 2005, 18:04 | Beitrag #6
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Die NVA (denke als Appendix auch die Grenztruppen) sehen sich klar in der Tradition deutschen Militärs. Da gabs mal ne erhellende Fernsehdokumentation zu. Insbesondere die Uniformierung beruft sich klar auf deutsche Traditionen, was ja zu Anfangszeiten der BW gar nicht so war.

Ich habe aus der Militärmusik noch einige gute Beispiele: Das Lied "Argonnerwald" stammt ursprünglich aus dem ersten Weltkrieg und ist halt antifranzösisch. Dann wurde es von den Kommunisten umgedichtet und unter dem Titel "Büxensteinlied" mit gleicher Melodie zum Kampflied und findet sich auch im DDR- Repertoire wieder. Die Nationalsozialisten verwendeten es unter dem Titel "SA marschiert" mit eigenem Text.

Ebensolches gilt für das Lied "Auf, auf zum Kampf". Das wurde erst auf Kaiser Wilhelm gesungen, aber auch auf Thälmann und Adolf Hitler.

Insofern wurden so symbolträchtige Lieder und wohl auch andere militärische Namen gern recycelt.


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Eismarder
Beitrag 7. Nov 2005, 12:10 | Beitrag #7
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Den Namen "Florian Geyer" trug übrigens das Grenzregiment 3 des Grenzkommandos Süd. Standort vermutlich Dermbach.

Kurze Biographie von Geyer:
QUOTE
Florian Geyer (um 1490 bis 1525 nach Christus)

Landsknechtsführer und gescheiterter Rebell.

Florian Geyer, der Sohn eines begüterten fränkischen Reichsritters, wurde um 1490 in Giebelstadt/ Ochsenfurt geboren. Er diente zunächst 1519 im Heer des Schwäbischen Bundes als Landsknechtsführer gegen Herzog Ulrich von Württemberg und Götz von Berlichingen.

Von 1519-23 stand er als Truppenführer im Dienst des Hochmeisters Albrecht von Preußen, für den er in diplomatischer Mission die Höfe Europas besuchte. Er wurde ein überzeugter Anhänger Luthers und übernahm bei Ausbruch des Bauernkrieges 1525 die Führung der aufständischen Bauern.

Es gelang ihm als Unterhändler mehrere kleinere Städte, unter anderem Rothenburg ob der Tauber, zu gewinnen. Er führte Verhandlungen  mit Würzburg und dem Markgrafen Casimir von Brandenburg. Sein Ziel im Kampf gegen das Landesfürstentum war eine auf Bauern- und Bürgertum gegründete Reichsreform, vor allem die Beseitigung der geistlichen und adligen Vorrechte mit dem Evangelium als moralischer Grundlage.

Er vermochte sich bei den radikalisierten Bauern mit seiner gemäßigten Anschauung jedoch nicht durchzusetzen. Nach der Niederlage der Bauern in der Entscheidungsschlacht bei Ingolstadt in Unterfranken und Königshofen, an der er nicht teilnahm, wurde er am 10. Juni 1525 von einem Knecht seines Schwagers Wilhelm von Grumbach in Rimpar bei Würzburg erschlagen.


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SailorGN
Beitrag 8. Nov 2005, 16:32 | Beitrag #8
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Ich frage mich, ob man die Mitarbeit von ehemaligen Grenzern pauschal ablehnen sollte. Wenn Geschichte objektiv sein will, braucht sie jede Quelle, die sie bekommen kann. Pauschal wirkt in meinen Augen auch die Absicht, alle Grenzer gelichzustellen...und zu Mittätern zu machen. Fakt ist, das Grenzer auch Wehrpflichtige waren. Zwei meiner Onkels waren Grenzer und das nicht freiwillig... und sie sind nicht in die Verlegenheit gekommen, schiessen zu müssen (letztendlich war es ja ein Befehl, dessen Grundlage ein Gesetz war).
Man sollte die Zeitzeugen natürlich gut auswählen, aber letztendlich kann ich die Grenzer auch verstehen, die sich diffamiert fühlen. Nicht jeder Grenzer war ein "Mauerschütze".


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BigLinus
Beitrag 11. Aug 2007, 15:56 | Beitrag #9
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Hat die Führung des SED-Regimes bisher immer behauptet, es habe keinen 'Schießbefehl' gegeben, hat die Außenstelle der Birthler-Behörde in Magdeburg nun in den Stasiunterlagen einen Schießbefehl für eine Einheit der Grenztruppen der DDR gefunden - in seinem Wortlaut klar und eindeutig.

ZITAT
Stasi erteilte Spitzeldienst-Grenzern Schießbefehl

Vermutet wurde schon immer, dass an der innerdeutschen Grenze eingesetzte Stasi-Mitarbeiter auf flüchtende Soldaten schießen sollten. Nun fand sich ein einem Archiv ein Beleg für das rechtswidrige Edikt.

(...)

In der Berliner Dienstanweisung für diese «Einsatzkompanie» vom 1. Oktober 1973 heißt es: «Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schusswaffe, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen, was sich die Verräter schon oft zunutze gemacht haben.»

(...)

[ Quelle ]

Der Beitrag wurde von BigLinus bearbeitet: 11. Aug 2007, 16:22


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Stefan Kotsch
Beitrag 11. Aug 2007, 17:08 | Beitrag #10
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Dieser "Schießbefehl" bezieht sich aber nicht auf die Grenztruppe sondern auf eine MfS-Sondereinheit. Das muss man schon unterscheiden.

Ein eindeutiger "Schießbefehl" für die Grenztruppe ist bisher definitiv noch nicht gefunden worden.

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 11. Aug 2007, 17:08
 
Palatin
Beitrag 11. Aug 2007, 17:59 | Beitrag #11
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ZITAT
16 Jahre nach dem Mauerfall droht das Erinnern an den "antifaschistischen Schutzwall" in die falschen Hände zu geraten. Während sich die Grenzmuseen bundesweit von der Politik allein gelassen fühlen, organisieren sich die alten Grenzer, um Schulklassen oder Touristen ihr Geschichtsbild zu vermitteln.

Na wie schlimm, ein alternatives Geschichtsbild - davor muß die geistig schwache Mehrheit natürlich beschützt werden! Darf ja wohl nicht wahr sein, dass da jemand was anderes erzählt als es der Spiegelschreiberling gerne hätte. Nicht das sich noch jemand seine eigene Meinung bildet. no.gif

Allein die Tendenz des Artikels beweist wie nötig es ist, dass die Grenzer ebenfalls ihre Version der Geschichte erzählen. Mein Großvater war vor dem Mauerbau einige Jahre bei der Grenzpolizei (im Grenzdreieck DDR, CSSR, Bayern), da ist kaum was aufregendes passiert (abgesehen von einer Frau die in der Nacht "rüber" konnte weil sie statt auf Patrouille zu sein in der Kneipe saßen) - und vor allem war er auch nur ein einfacher junger Mann, der sich in den schlechten Jahren nach dem Krieg (war nicht Soldat) gedacht hat er macht Polizist.


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Hinweis: Japanische Kinder bezeichnen ihre Mütter nicht als Mama-san sondern als Okaa-san.
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Nite
Beitrag 11. Aug 2007, 18:28 | Beitrag #12
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 11. Aug 2007, 18:08) [snapback]894008[/snapback]
Dieser "Schießbefehl" bezieht sich aber nicht auf die Grenztruppe sondern auf eine MfS-Sondereinheit. Das muss man schon unterscheiden.

Ein eindeutiger "Schießbefehl" für die Grenztruppe ist bisher definitiv noch nicht gefunden worden.

Trotz alledem reicht dieser Fund aus, um den berühmten AUsspruch von Heinz Keßler, welcher ja auch immer wieder zur Rechtfertigung seitens ehemaliger Grenzer (siehe Eingangspost) herangezogen wird als Lüge zu enttarnen.


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Palatin
Beitrag 11. Aug 2007, 19:00 | Beitrag #13
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Nur wenn der Mann in der fraglichen Zeit von dieser Spitzeleinheit und besonders von ihren Anweisungen wußte.


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BigLinus
Beitrag 11. Aug 2007, 19:10 | Beitrag #14
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 11. Aug 2007, 16:08) [snapback]894008[/snapback]
Dieser "Schießbefehl" bezieht sich aber nicht auf die Grenztruppe sondern auf eine MfS-Sondereinheit. Das muss man schon unterscheiden.

Ein eindeutiger "Schießbefehl" für die Grenztruppe ist bisher definitiv noch nicht gefunden worden.

Da hast du recht. Dieser Schießbefehl bezog sich auf Mitarbeiter des MfS, die in die Grenztruppen als Spitzel eingeschlossen wurden.

Jedoch gab es mündliche Schießbefehle in größerer Anzahl, die die DDR-Führung bisher immer bestritten hat. Mit diesem schriftlich niedergelegten Befehl wird aber die Verneinung durch die Führung des SED-Regimes erstmals beweisbar als Lüge deutlich und damit die Aussagen derjenigen bekräftigt, die bisher vergeblich auf den - zumindest mündlichen - Schießbefehl verwiesen haben.

Der Beitrag wurde von BigLinus bearbeitet: 11. Aug 2007, 19:10


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Der Kommissar
Beitrag 12. Aug 2007, 00:48 | Beitrag #15
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Es wäre ja mal interessant zu erfahren, wer überhaupt den Befehl erlassen hat und an wen der Befehl genau gerichtet ist. Bis jetzt hat man das wohl sorgsam vermieden, vermutlich weil dann die Nachricht nicht mehr so spektakulär wäre.

MfG Der Kommissar


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"Der Krieg ist ein Vorgang, bei dem sich Menschen umbringen,
die einander nicht kennen, und zwar zum Ruhm und Vorteil
von Leuten, die einander kennen, aber nicht umbringen."
Paul Ambroise Val‚ry (1871 - 1945)
 
Stefan Kotsch
Beitrag 12. Aug 2007, 13:59 | Beitrag #16
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ARD - Text Seite 123 vom heutigen Tag :
... Das jetzt wiederentdeckte und diskutierte Papier ist bereits in einem 1997 erschienenen Buch dokumentiert."


" Der Historiker Hubertus Knabe sagte WELT ONLINE: „Wenn die Birthler-Behörde ein bereits vor vielen Jahren herausgegebenes Dokument kurz vor dem Jahrestag des Mauerbaus als neu verkündet, wäre das irritierend.“


Da musste wohl das Sommerloch gefüllt werden? mata.gif

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 12. Aug 2007, 14:00
 
Stefan Kotsch
Beitrag 12. Aug 2007, 14:46 | Beitrag #17
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Hier ein Auszug aus dem "Schießbefehl". Es ist ein Befehl an einen einzelnen Ofw und Angehörigen einer MfS-Spezialkompanie , der in seiner eigenen Personenakte gefunden wurde. Als "Schießbefehl", wie er im Mediendeutsch gehandelt wird, also ein Befehl an ALLE Soldaten der Grenztruppe zum unterschiedslosen und bedingungslosen Schießen auf Menschen, ist diese Dokument nicht recht zu gebrauchen.


ZITAT
Auftrag
[...]
2. Verhinderung von Grenzdurchbrüchen
Es ist Ihre Pflicht, Ihre Einzelkämpfer- und tschekistischen
Fähigkeiten so zu nutzen, daß Sie die List des Grenzverletzers
durchbrechen, ihn stellen bzw. liquidieren, um somit die von ihm
geplante Grenzverletzung zu vereiteln. Handeln Sie dabei umsichtig und
konsequent, da die Praxis die Gefährlichkeit und Hinterhältigkeit der
Verräter mehrfach beweist.
Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schußwaffe, auch dann nicht,
wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen, was sich
die Verräter schon oft zunutze gemacht haben.
[...]
Zur Kenntnis genommen: Ofw. S.


[Auftrag vom 3. Dezember 1974 der Hauptabteilung I, Äußere Abwehr,
Einsatzkompanie an Oberfeldwebel S. In: BStU, ZA, AIM 713/76, Bl. 2



PS: Um das Grenzsystem der DDR zu disqualifizieren, bedarf es eines solchen Befehls nicht, das wollte ich nur mal dazu setzen. Aber die Gauckbehörde kämpft ums institutionelle Überleben.

Der Beitrag wurde von Stefan Kotsch bearbeitet: 12. Aug 2007, 14:47
 
Walter
Beitrag 12. Aug 2007, 16:58 | Beitrag #18
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@Stefan Kotsch

Nunja

So wie ich es verstanden habe wurde bis dato bzgl. eines Schießbefehles darauf verwiesen, dass es diesen wenigstens Mündlich gegeben hätte, aber Menschen (z.T. in der Partei "DIE LINKE" vertreten) , die diesem System "nachtrauern" sahen halt darin quasi keinen Beiweis, dass es überhaupt einen solchen Befehl gegeben hätte und im Umkehrschluss sei der Schießbefehl nur als "Anti-DDR"-Propaganda zu werten.

Wenn jedoch in einem Staat, der ja eine für seine Zeit sehr umfangreiche "Sicherheitsbehörde" besaß, so etwas nicht von "oben herab" befohlen oder wenigstens "abgenickt" wurde ist es doch kaum vorstellbar, dass eine Behörde etc. Befehle/Richtlinien nach ihrem Gusto vergeben konnte ohne negative Konsequenzen dafür tragen zu müssen.

Gruß

Walter

Der Beitrag wurde von Walter bearbeitet: 12. Aug 2007, 16:59


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Signaturen sind heute aus.
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Stefan Kotsch
Beitrag 12. Aug 2007, 17:14 | Beitrag #19
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Da an der Grenze auf unbewaffnete geschossen wurde, ist schon davon auszugehen, das dies von Staatswegen gewollt war, es also eine Anweisung zu Schießen gab. keine Frage.

Es ist nur traurig, das die Gauckbehörde, die de fakto das Monopol auf die Aufarbeitung der DDR-Geschichte hat, so arbeitet, das man eher von Bildzeitungsmethoden sprechen darf. Wissenschaftliche Geschichstarbeit darf so nicht ablaufen, wie hier an diesem Beispiel des "überraschend" aufgetauchten "sensationellen" "Schießbefehls" ersichtlich geworden ist.
Es war weder überraschend, noch sensationell noch ein wirklicher Schießbefehl für die Grenztruppe. Wissenschaftliche Arbeit bedarf darüber hinaus eines Mindesmaßes an Neutralität um wissenschaftlich haltbare Ergebnisse zu erzielen.
Geschichte sollte so aufgearbeitet werden, dass die Ergebnisse uns helfen, die aufgedeckten Fehler und Mißstände in Zukunft vermeiden zu können. Dann allerdings wären Vergleiche mit der heutigen Gesellschaft, mit ihren Geheimdiensten, Geheimoperationen, dem Erfolg und Misserfolg der parlamentarischen Geheimdienstkontrolle angesagt. Und genau hier bricht die Geschichtsaufarbeitung ab.
 
Palatin
Beitrag 12. Aug 2007, 18:09 | Beitrag #20
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Ein Problem bei dem Thema ist m.E. auch die fehlende Allgemeingültige Definition was denn nun eigentlich ein "Schießbefehl" ist. In meiner Vorstellung ist das ein Befehl der den Soldat dazu zwingt unter bestimmten Umständen zu schießen.
Bei der Bewachung der Grenze war meines Wissens nach der eigentliche Befehl ja der, niemanden (unbefugtes) die Grenze überqueren zu lassen wobei auch der Gebrauch der Schußwaffe erlaubt war - es war aber nicht Ziel diese Person zu töten. Und es war auch nicht befohlen unbedingt dabei zu schießen. Das geht ebenfalls aus dem "sensationellen" Dokument hervor.

Ich finde es sowieso unverständlich die Grenzsoldaten anzuzinken, da diese sich imho in einer Situation befanden in denen sie nicht erkennen konnten dass sie ihre Befehle bzw den kompletten Dienst aus juristischen oder moralischen Gründen verweigern müßten. Das Ganze war ja erstmal vorrangig ein Schutz- und Wachdienst.
Überhaupt wird bei der ganzen Sache noch zu sehr krampfhaft nach Schuldigen und "Bösen" gesucht bzw versucht die westliche Sicht von damals als Richtig zu beweisen - eine objektive, nüchterne Aufarbeitung ist das nicht und es wird auch noch zu wenig die dramatische Situation der beteiligten Menschen beachtet. (Bei älterer Geschichte wird längst Vielschichtig und Menschlich betrachtet - hinsichtlich der DDR gibt es noch immer nur Schwarz/Weiß bzw Schweinehunde und heldenhafte Widerständler.)


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Hinweis: Japanische Kinder bezeichnen ihre Mütter nicht als Mama-san sondern als Okaa-san.
(Wikipedia)
 
Gepard B2L
Beitrag 12. Aug 2007, 18:13 | Beitrag #21
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ZITAT(Stefan Kotsch @ 12. Aug 2007, 14:59) [snapback]894165[/snapback]
ARD - Text Seite 123 vom heutigen Tag :
... Das jetzt wiederentdeckte und diskutierte Papier ist bereits in einem 1997 erschienenen Buch dokumentiert."


" Der Historiker Hubertus Knabe sagte WELT ONLINE: „Wenn die Birthler-Behörde ein bereits vor vielen Jahren herausgegebenes Dokument kurz vor dem Jahrestag des Mauerbaus als neu verkündet, wäre das irritierend.“


Da musste wohl das Sommerloch gefüllt werden? mata.gif


Es handelt sich nicht um das selbe Schriftstück, sondern um ein gleichlautendes Schriftstück, aber mit anderem Datum. Das macht die Sache schlimmer, denn somit ist bewiesen, dass der Befehl öfter schriftlich verfasst wurde.
Quelle:
ZITAT
In Stasi-Akten gefundener Schießbefehl nicht völlig neu
Berlin - Der in Stasi-Unterlagen entdeckte uneingeschränkte Schießbefehl gegen DDR-Flüchtlinge ist nach Angaben der Behörde von Marianne Birthler nicht völlig neu. Ein Sprecher sagte der dpa, bereits 1997 sei ein Befehl mit identischem Text und anderem Datum in einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht worden. Diese sei aber der breiten Öffentlichkeit sowie einer Vielzahl von Experten und Journalisten nicht bekannt geworden, erläuterte Andreas Schulze.

Sonntag, 12. August 2007, 13:53 © RZ-Online GmbH & dpa-infocom

 
Gepard B2L
Beitrag 12. Aug 2007, 18:18 | Beitrag #22
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@Palatin:Wie interpretierst du Worte wie "liquidieren", "konsequent" oder Sätze wie: " Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schußwaffe, auch dann nicht,
wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen"
 
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Beitrag 12. Aug 2007, 18:21 | Beitrag #23
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ZITAT(Palatin @ 12. Aug 2007, 17:09) [snapback]894199[/snapback]
n. Das Ganze war ja erstmal vorrangig ein Schutz- und Wachdienst.


schutzdienst? wovor?
achja ich vergaß, die mauer war ja auch nur nen schutzwall.
 
Palatin
Beitrag 12. Aug 2007, 18:44 | Beitrag #24
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ZITAT(Gepard B2L @ 12. Aug 2007, 19:18) [snapback]894203[/snapback]
@Palatin:Wie interpretierst du Worte wie "liquidieren", "konsequent" oder Sätze wie: " Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schußwaffe, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen"

Den Wortlaut des Befehls interpretiere ich so, dass der Auftrag darin besteht den Grenzdurchbruch zu verhindern "... um somit die von ihm geplante Grenzverletzung zu vereiteln."
Als Mittel zum Zweck ist die Schußwaffe erlaubt - weshalb geschrieben wurde "ihn stellen bzw. liquidieren" - würde nur eins von beiden dastehen hieße das ja dass die Personen lebend gefangen werden müssen (schließt Schußwaffe also aus) bzw dass die Personen unbedingt zu töten sind.
Mit "konsequent" ist m.E. lediglich gemeint dass man den Auftrag tatsächlich ausführen soll - heißt natürlich auch: wenn man sich zum Schießen entschließt auch bewußt zu zielen. Das will ich gar nicht abstreiten! Andererseits steht ja auch dort dass man umsichtig handeln soll - also nicht Amok laufen.
"Zögern Sie nicht ..." ist natürlich klar eine Erlaubnis auch auf Kinder zu schießen, ist aber m.E. dahingehend zu interpretieren dass man sich nicht von menschlichen Regungen beeinflußen lassen sollte. Ist aber ebenfalls kein definitiver Befehl a la "Keine Gefangenen."

Verflucht! Ich will das Ganze nicht schönreden - ja, die innerdeutsche Grenze war falsch, ja das ganze war Scheiße!
Aber dennoch muß man nüchtern und objektiv urteilen - sieht ja inzwischen auch jeder ein dass nicht alle Deutschen Nazis und blutsaufende SS-Schurken waren. Aber die DDR-Grenzer sind jeden Tag mit dem Messer im Mund auf Menschenjagd gegangen ...
Und wie gesagt: Ein Schießbefehl wäre für mich etwas in der Art "Es ist Ihre Pflicht den Flüchtenden zu liquidieren." oder "Schießen Sie auf die Verräter." - und zwar ohne irgendwelche Einschränkungen.

ZITAT(Reservist @ 12. Aug 2007, 19:21) [snapback]894204[/snapback]
ZITAT(Palatin @ 12. Aug 2007, 17:09) [snapback]894199[/snapback]
n. Das Ganze war ja erstmal vorrangig ein Schutz- und Wachdienst.

schutzdienst? wovor?
achja ich vergaß, die mauer war ja auch nur nen schutzwall.

Das war aus der Sicht des eingesetzten Soldaten gemeint. rolleyes.gif

... außerdem war diese Grenze auch die Front zwischen USA und SU in einem kalten Krieg der minütlich heiß werden konnte, das darf man ebenfalls nicht vergessen.


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Hinweis: Japanische Kinder bezeichnen ihre Mütter nicht als Mama-san sondern als Okaa-san.
(Wikipedia)
 
Gepard B2L
Beitrag 12. Aug 2007, 20:25 | Beitrag #25
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ZITAT
... außerdem war diese Grenze auch die Front zwischen USA und SU in einem kalten Krieg der minütlich heiß werden konnte, das darf man ebenfalls nicht vergessen.

Genau! Was man ja am Aufbau der Grenzanlagen eindeutig erkennen konnte......



ZITAT
Aber die DDR-Grenzer sind jeden Tag mit dem Messer im Mund auf Menschenjagd gegangen ...

Darum geht es doch bei der Debatte garnicht!
Der Punkt um den es geht, ist die Standhafte Leugnung, dass es einen solchen Befehl überhaupt gegeben hat!
 
Stefan Kotsch
Beitrag 12. Aug 2007, 20:36 | Beitrag #26
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Und es wird wohl auch kein solcher Schießbefehl gefunden werden. Wobei als Schießbefehl stets eine explizite Anweisung für die gesamte Grenztruppe verstanden wird, auf jeden Flüchtling bedingungslos und zwangsweise zu schießen.

Welt Online: "Sensationsfund der keiner war"

ZITAT
Einen eigentlichen Schießbefehl der DDR-Führung im Sinne einer einzelnen schriftlichen Anordnung hat es dagegen wahrscheinlich nie gegeben.


Vorsichtshalber schreib ich es gleich noch mal: Da an der Grenze auf Unbewaffnete geschossen wurde, ist schon davon auszugehen, das dies von Staatswegen gewollt war, es also eine Anweisung zu Schießen gab. Keine Frage.
 
EK 89/2
Beitrag 12. Aug 2007, 20:52 | Beitrag #27
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Ich finde es immer wieder peinlich, wenn Leute die nie in der Situation waren schiessen zu müssen den moralischen machen, wie schlimm die Grenzer waren.
Ich war nach der Einberufung heilfroh, nicht an der Grenze gelandet zu sein.
Einer meiner Freunde hatte das Glück nicht, der fragt sich bis heute, was wäre wenn...
Man sollte auch nicht unterschätzen, dass bei der NVA und den Grenztruppen Schwedt als Damoklesschwert über allem schwebte.
Außerdem war die Schießausblidung auch nicht der Bringer - mal 5 Schuß auf dem Schießstand. Dann plötzlich unter Streß bei Dunkelheit auf 200-300m in die Beine schießen (das war zumindest bei "normalen" Grenzern der Befehl:Anrufen-Waffe durchladen-nochmal Anrufen- Warnschuß in Richtung des Flüchtenden/Eindringlings- Gezielter Schuß in die Beine.
Was viele auch nicht wissen, es sind auch ein paar DDR-Grenzer von Flüchtenden erschoßen worden. Die Angst davor wurde gezielt geschürt und war auf Posten auch immer mit dabei.
Bei aller Entrüstung sollte aber nicht vergessen werden, dass es eine Staatsgrenze war. Renn mal von Mexico nach USA einer Borderpatrol in die Arme, wenn du dort nicht stehen bleibst wird auch geschossen.
Ich bin ein paar Jahre täglich von Zittau nach Görlitz gefahren - direkt an der Grenze lang-. Da saßen mind ein mal im Monat BGS mit Mp im Gestrüpp. Die waren auch mit scharfer Mun unterwegs.
 
nobody
Beitrag 12. Aug 2007, 21:53 | Beitrag #28
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xyxthumbs.gif
Seh ich genauso.
 
Hummingbird
Beitrag 12. Aug 2007, 22:03 | Beitrag #29
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Der Vergleich mit der US/Mex Grenze hinkt gewaltig.

Schließlich schießen mexikanische Grenzer nicht auf mexikanische Flüchtlinge.
 
Holzkopp
Beitrag 12. Aug 2007, 22:26 | Beitrag #30
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Ganz so tief geht meine Kenntnis der Materie bezüglich DDR- Grenztruppen wirklich nicht. Aber im Sinne der geschichtlichen Information und nicht so sehr dem Drang nach Vergeltung und Schuldzuweisung finde ich hier schon einige Gedanken wichtig.

Vollkommen klar ist, dass die DDR- Grenzsicherung in der praktizierten Form nicht das Eindringen von Westen verhindern sondern die Flucht aus dem Osten unterbinden sollte. Das ändert sich auch nicht mit der Feststellung, dass westliche Agenten etc. die Staatsgrenze gen Osten überschritten haben könnten. Diese Grenze war gegen die Bevölkerung der DDR gerichtet und nur zu einem sehr geringen Teil eine militärisch taugliche Sperre. Ich glaube, in dem Punkt gibt es am wenigsten Widerspruch.

Grenzsicherung ist ein anerkanntes Element staatlicher Gefahrenabwehr. Das ist international unumstritten. Also bestreitet auch niemand auf staatsrechtlicher Ebene das Recxht der DDR, die eigene Grenze durch Truppen (ob Polizei oder Militär, das ist in diesem Zusammenhang egal) überwachen zu lassen. Auch technische Vorrichtungen, welche das Überschreiten der "grünen Grenze" verhindern und zum Grenzübertritt an Grenzkontrollstellen zwingen sind nichts Verwerfliches.

Eine gesetzlichle Legitimation zur Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Verhinderung von illegalen Grenzübertritten ist auch völkerrechtlich nicht zu beanstanden. Es sei daran erinnert, dass auch Polizisten in der westlichen Bundesrepublik eine Schußwaffe nicht ausscxhließlich zum Zwecke der Selbstverteidigung tragen, sondern ganz ausdrücklich, um im Rahmen des Gesetztes auch die Schußwaffe zur Durchsetzung ihrer Aufgaben einzusetzen. Einen Flüchtenden aufzuhalten oder festzunehmen ist keine Notwehr sondern im Rechtssinne ein Verwaltungsakt.
Polizeirechtlich gibt es an der bloßen Ermächtigung zum Schußwaffengebrauch bei entsprechender Rechtslage erstmal nichts zu beanstanden.
Problematisch wird es, wenn man den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Anwendung bringt. Hier darf nämlich schon diskutiert werden, ob die Verhinderung des Grenzübertritts mit dem Zweck, das Land dauerhaft zu verlassen, in dieser Form überhaupt einen legitimen Zweck darstellt. Wenn dieses Verlassen nicht unter Verletzung anderer staatsbürgerlicher Pflichten (Wehrdienst, Unterhaltszahliungen etc.) stattfindet, darf bezweifelt werden, ob ein Staat das Recht hat, seine Bevölkerung einzumauern.

Schließlich -unter Überspringung der Punkte Geeignetheit und Erforderlichkeit- ist die Konzentration auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu richten, nämlich der Frage, ob die Verhinderung des -unbewaffneten und gewaltlosen- Grenzdurchbruchs in Abwägung der gegeneinander stehenden Rechtsgüter vertretbar ist. Und da wird es dann scheitern. Denn die Inkaufnahme der Tötung des "Täters" ist abzuwägen gegen das Interesse des Staates am Erhalt seiner Bevölkerung. Da hat das Leben eindeutig Vorrang. Zumal der Täter ja nicht in Straf- oder Untersuchungshaft sitzt und ein legitimer Sicherungszweck dahintersteht.

In sehr verkürzter Form ist das eine verwaltungsrechtlicher Prüfung einer Ermächtigung, zur Verhinderung von Fluchtversuchen von der Schußwaffe Gebrauch zu machen.

Wir reden hier also nicht über das Recht der DDR. mittels bewaffneter Sicherheitskräfte Grenzsicherung zu betreiben sondern ü+ber die Frage, ob bei der Anordnung der Grenzsicherung in unvertretbarer Weise das Recht der Bürger auf Leben und körperliche Unversehrtheit der politischen Idee des funktionierenden sozialistischen Staatswesens untergeordnet wurde.
Und damit, ob es einen Schießbefehl in offizieller, geschriebener Form oder auch nur informeller Art gab, Grenzdurchbrüche "um jeden Preis" zu verhindern. In dieser Konstellation wäre das rechtswidrig und damit auch objektiv verwerflich.

Ein Flüchtling, der mit hoher Geschwindigkeit auf einen DDR- Grenzposten zurast dürfte auch nach bundesrepublikanischem Recht unter Anwendung der Schußwaffe aufgehalten werden.
Zur Erinnerung: ein DDR- Grenzsoldat, der seinen Kameraden während des Streifenganges erschoß, um selbst flüchten zu können, wurde in der BRD wegen Totschlags verurteilt.

Ganz eindeutig rechtswidrig und das eben auch nach DDR- Recht wäre die Anweisung, Grenzdurchbrüche "um jeden Preis" zu verhindern. Das sollten wir uns bei aller moralischen Diskussion nochmals klarmachen. Da streitet man ja heute noch drüber, wie das denn nun den DDR- Grenztruppen nahegebracht wurde.

Was wir jetzt als "Sensation" serviert bekommen, ist nach meinem Kenntnisstand ein Befehl an eine MfS- Sondereinheit. Und das die Stasi mit rechtstaatlichen Verfahrensweisen weinig am Hut hatte ist bekannt. Dieser Befehl, so wie er zur Zeit diskutiert wird, ist in der Tat eine Aufforderung zu einem Tötungsdelikt und eben auch mit DDR- Recht nicht vereinbar.
Ganz wichtig, und einige haben es oben schon gesagt, ist, ob ein solcher oder gleichartiger Befehl an die gesamten Grenztruppen herausgegeben wurde. Oder ob da die Kraft des Suggestiven wirkte, die dem Soldaten zu verstehen gab, dass der kompromißlose Einsatz der Schußwaffe zwar nicht ausdrücklich befohlen, aber dennoch erwartet wurde.

Moralisch ist die Sache doch seit 1961 klar: wer sein Volk einmauert hat versagt und ist im Unrecht. Darüber diskutieren wir nicht mehr.


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Das staendige Nachgeben der Klugen begruendet die Diktatur der Dummen.
 
 
 

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