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Schneeball
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 10:41) *
Die Frage ist, ob das UK überhaupt seine Wirtschaft halten kann. Schon jetzt werden panikartig zweistellige Steuersenkungen versprochen, was im Endeffekt genauso ist wie x Mrd an Steuergeldern woanders verpuffen zu lassen. Die Gesamtbilanz des Staates wird so oder so leiden, im schlimmsten Falle sowohl bei den Einnahmen wie auch bei den Ausgaben. Dazu wird unter den Regionen das Hauen und Stechen losgehen, wenn die Strukturförderung der EU wegfällt... siehe die unschuldige Anfrage Cornwalls an London rofl.gif

Die sog. Bankenkrise ist ein anderes Problem, was "nur" am Rande am Brexit hängt... nur wenn sich der Regionalchef von Blackrock da hinstellt ist das nicht grade der neutralste Beteiligte (sic). Das Interesse, die Kosten von den Gläubigern und Großanlegern wegzuverlagern, dürfte da offensichtlich sein, zumal er keine konkreten Ansagen hinsichtlich "konsolidieren" macht, ausser: Vermögensverwaltung statt Investment (weil für letzteres gibts ja Leute wie ihn). Eigentlich wirkt der Herr genauso ratlos wie die von ihm geschmähten Brüsseler Technokraten.


Wenn ein Neoliberaler nach Geld vom Staat ruft ist eh die Welt auf den Kopf gestellt biggrin.gif Das der Vize von Blackrock keine Quelle für neutrale Informationen ist und sehr einseitig spricht, ist mir klar. Alleine die Aussage, das starke Banken Wachstum generieren.. lol. Vielleicht wächst dann wieder der Bankensektor, aber was hat die Wirtschaft und "der kleine Bürger" davon?

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Danke für die Ausführungen, ich hab mich da jetzt schon länger nicht mehr damit befasst.
SailorGN
Neoliberale rufen immer nach Geld, nur eben dort, wos gerade zu holen ist... im Aufschwung bei der Wirtschaft, in der Rezession beim Staat biggrin.gif

Bei aller Bankenkritik (seit Marx/Engels und überhaupt "Wucherer!!!"), "starke" Banken spielen für das Wirtschaftswachstum eine wichtige Rolle, weil die Industriefinanzierung heute zu großen Teilen über Kredite und (Fremd-)Investition läuft. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen können moderne Technologien selten aus eigener Tasche entwickeln/kaufen... schon bei Großaufträgen ist es üblich, die Anschubfinanzierung (Rohstoffeinkauf etc.) über Kredite abzuwickeln. Banken, die mit entsprechender Expertise dort tätig sind, ermöglichen gerade dem vielgelobten Mittelstand seine Existenz. Wird in der Schweiz eigentlich genauso sein wie in D.
400plus
Ich finde es trotzdem ein gutes Interview, vor allem deswegen: "Doch die Zinsen sind nicht etwa tief, weil die Notenbanken Fehler gemacht haben, sondern weil Europas Wirtschaft nicht wächst." In Deutschland gibt es in der Hinsicht von Bankenvertretern nur EZB-Gebashe, so als ob die Zentralbank alleine beschlossen hätte, dass jetzt ein Niedrigzinsumfeld herrscht.
SailorGN
Nur weil der Interviewte deutliche Eigeninteressen hat ist es nicht schlecht... es gehört ja zur Quellenkritik, dass man schaut, warum jemand diese Meinung hat und ich habe mich gewundert, dass schneeball gerade dieses Interview heranzieht wink.gif Die derzeitige Niedrigzinslage hat komplexe Ursachen und angesichts der historischen Reaktionen auf solche Krisen ist mir die derzeitige Lage deutlich lieber als andere Reaktionsmuster... zumal ich auch nicht wüsste, wie man das Wachstum in ganz Europa nachhaltig stärken könnte. D ist da in einer Sonderposition, weil es wirtschaftlich sehr gut dasteht UND auch noch Negativzinsen auf Staatsanleihen erreicht hat. Ein Wachstumsprogramm auf Pump wäre jetzt "billiger" denn je, würde aber die wirtschaftliche Polarisierung in Europa verschlimmern. Mit dem Brexit gewinnt D umso mehr Gewicht... für Europa ist das nicht das Beste, aber eine dt. Finanzierung von Wachstum in anderen EU-Ländern ist politisch nicht machbar.
Madner Kami
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 11:55) *
Nur weil der Interviewte deutliche Eigeninteressen hat ist es nicht schlecht... es gehört ja zur Quellenkritik, dass man schaut, warum jemand diese Meinung hat und ich habe mich gewundert, dass schneeball gerade dieses Interview heranzieht wink.gif Die derzeitige Niedrigzinslage hat komplexe Ursachen und angesichts der historischen Reaktionen auf solche Krisen ist mir die derzeitige Lage deutlich lieber als andere Reaktionsmuster... zumal ich auch nicht wüsste, wie man das Wachstum in ganz Europa nachhaltig stärken könnte. D ist da in einer Sonderposition, weil es wirtschaftlich sehr gut dasteht UND auch noch Negativzinsen auf Staatsanleihen erreicht hat. Ein Wachstumsprogramm auf Pump wäre jetzt "billiger" denn je, würde aber die wirtschaftliche Polarisierung in Europa verschlimmern. Mit dem Brexit gewinnt D umso mehr Gewicht... für Europa ist das nicht das Beste, aber eine dt. Finanzierung von Wachstum in anderen EU-Ländern ist politisch nicht machbar.


Und auch nicht sinnvoll, würde ich behaupten. Man kann nicht Geld in die Grüne Heide pumpen und hoffen, dass auf den Zahlen Industrien wachsen. Arme Gegenden sind ja in aller Regel aus guten Gründen arm, sei es weil der Zugang zum Handelsnetz nicht gegeben ist (abgelegene Ortschaften zum Beispiel, oder es gibt vor Ort schlicht nichts wirtschaftlich relevantes) oder weil das "Investitionsklima" schlecht ist (aka politische Lage unsicher). Woran es in Europa noch immer fehlt, obwohl gerade wir in Deutschland da in relativem Luxus zu schwelgen scheinen, ist der Infrastrukturausbau und dabei insbesondere der Internetausbau. Darin zu Investieren, gerne auch im Ausland, wäre ein großer Zugewinn, weil es Grundlagen schafft. Davon abgesehen, sollte man vielleicht mal überlegen, eine gesamteuropäisch-staatliche Universität ins Leben zu rufen, die sich ausschließlich mit STEM beschäftigt und die ihre Kurse online anbietet. Die ganzen privaten Abenduniversitäten sind zwar schön und gut, kranken aber daran, dass ihre Abschlüsse wenig anerkannt sind und, dass sie für ärmere Bevölkerungsschichten immernoch schwer zugänglich sind (da Privat, kosten sie in der Regel viel). Wichtig ist es jedenfalls, einer möglichst großen Masse der Bevölkerungen den billigen oder besser sogar kostenlosen Zugang zu modernem Wissen zu ermöglichen.
SailorGN
Naja, qualifizierte Arbeitskräfte innerhalb der EU sind kein Problem, wenn du dir anschaust wie viele junge Akademiker in Südeuropa bis Frankreich arbeitslos sind. Bildung ist gut und wichtig, nur denke ich, dass es daran nicht hapert im christlichen Abendland. Das Problem sind die Anerkennung der Abschlüsse (woran Bologna nix wirklich geändert hat) und die Möglichkeiten der Mobilität. Für ersteres wäre eine EU-Grundzertifiziierung (aka einheitliche Hochschulreife und Bachelor in "Massenstudiengängen" wie BWL) meiner Meinung nach sinnvoll, wobei nationale Bildungseinrichtungen sich über Zusatzqualifikationen differenzieren könnten. Bei der Mobilität sehe ich vor allem die Sprachbarriere (in den Köpfen der menschen^^). Wenn man in D junge Franzosen in dt. Unternehmen einstellt, diese sich aber fast schon weigern Englisch oder gar Deutsch wenigstens zu versuchen ist das traurig. Ja, Sprache ist Kultur und jede Nation hat das Recht auf eigene Sprache... aber wenn man nicht endlich mal ein Bekenntnis zu einer "Universalsprache" als 1. Fremdsprache (am besten ab 3/4. klasse) kommt, wird es ewig dauern... das gilt natürlich auch für den Behördenbereich.
Schneeball
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 11:55) *
Nur weil der Interviewte deutliche Eigeninteressen hat ist es nicht schlecht... es gehört ja zur Quellenkritik, dass man schaut, warum jemand diese Meinung hat und ich habe mich gewundert, dass schneeball gerade dieses Interview heranzieht wink.gif Die derzeitige Niedrigzinslage hat komplexe Ursachen und angesichts der historischen Reaktionen auf solche Krisen ist mir die derzeitige Lage deutlich lieber als andere Reaktionsmuster... zumal ich auch nicht wüsste, wie man das Wachstum in ganz Europa nachhaltig stärken könnte. D ist da in einer Sonderposition, weil es wirtschaftlich sehr gut dasteht UND auch noch Negativzinsen auf Staatsanleihen erreicht hat. Ein Wachstumsprogramm auf Pump wäre jetzt "billiger" denn je, würde aber die wirtschaftliche Polarisierung in Europa verschlimmern. Mit dem Brexit gewinnt D umso mehr Gewicht... für Europa ist das nicht das Beste, aber eine dt. Finanzierung von Wachstum in anderen EU-Ländern ist politisch nicht machbar.


Nun ja, "alternative" Reaktionsmuster könnten ja bald Realität werden. Warten wir mal die Wahlen in Frankreich 2017 ab..

----OT-----

Um Wachstum (und Inflation!) zu bekommen gibt es ein gutes Rezept: Löhne rauf! Haben die Leute mehr Geld, kaufen sie mehr. Gibt es mehr Nachfrage, wird mehr produziert. Man könnte zB. damit anfangen, den Produktivitätswachstum der letzten 20 Jahre den Angestellten auszuzahlen. Da gibt es viel Bedarf. Dann werden auch wieder vermehrt Kredite nachgefragt und den armen darbenden Banken geht es auch bald wieder gut. Der Staat könnte natürlich auch endlich mal mit dieser blöden 0 aufhören und vernünftig investieren: In Infrastruktur (Strasse, Bahn, etc.) und EE. Davon hätte dann auch die nächsten Generationen noch was. Der Staat bekommt das Geld schliesslich zur Zeit fast gratis hinterher geworfen. Wichtig wäre auch, das Deutschland (und die Schweiz!) ihren blöden Exportüberschuss endlich zurück fahren und aufhören ihre Nachbarn in Grund und Boden zu konkurrenzieren.
Und wenn wir gleich beim Rundumschlag sind: Endlich das Unternehmensstrafrecht einführen, am besten Rückwirkend. Wer kriminell handelt bekommt sein Vermögen entzogen und darf H4 beantragen. Damit könnten wir zB. Renten erhöhen oder das Personal in Pflegebetrieben anständig bezahlen. Ich lese grad das hier: http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/Ber.../story/13747330 wäre es denn für die Gesellschaft ein grosser Verlust, die Täter bis auf die Unterhose zu enteignen?
xena
Dumm nur, dass wenn wir hier höhere Löhne bekommen, werden die Produkte auch teurer und somit auf dem Markt weniger konkurrenzfähig. In einer globalisierten Welt müssen wir mit Produkten kämpfen, die mit weit kleineren Löhnen produziert werden. Sicher, einige sind einheimische Firmen die im Ausland fertigen lassen, aber ein Großteil davon sind ausländische Produzenten mit Produkten die gegen unsere hier konkurrieren. Zumindest in D kauft ja die Masse nur nach Preis.
Europa steckt in einem Dilemma, weil es entwicklungstechnisch weiter ist als der Rest der Welt (die Industriestaaten mal ausgenommen). Entwickelte Länder können nie mit dem Preisgefüge von unterentwickelten Ländern konkurrieren. Von daher war es dämlich Produktionen ins Ausland zu verlagern, um der Konkurrenz im eigenen Lande einen Schritt voraus zu sein. Ähnliche Produkte aus Hochlohnländer und Niedriglohnländer beissen sich.
Warhammer
Das kann man so pauschal nicht sagen. Das gilt nur für Produkte mit einem hohen Lohnkostenanteil. Und auch dann nur, wenn ich in dem Niedriglohnland auch geeignete Rahmenbedingungen (Fachkräfte, Infrastruktur, Rechtssicherheit, etc.) finde.

So einfach und straight forward ist das beileibe nicht. Mal ganz abgesehen, dass die Branchen die besonders bessere Löhne vertragen könnten (Pflege, Dienstleister wie Friseure) gar nicht mit dem Ausland konkurrieren. Gerade die exportierenden Branchen (Autos, Maschinenbau, Chemie, etc.) zahlen mit am besten in Deutschland.
Schneeball
ZITAT(xena @ 12. Jul 2016, 15:33) *
Dumm nur, dass wenn wir hier höhere Löhne bekommen, werden die Produkte auch teurer und somit auf dem Markt weniger konkurrenzfähig. In einer globalisierten Welt müssen wir mit Produkten kämpfen, die mit weit kleineren Löhnen produziert werden. Sicher, einige sind einheimische Firmen die im Ausland fertigen lassen, aber ein Großteil davon sind ausländische Produzenten mit Produkten die gegen unsere hier konkurrieren. Zumindest in D kauft ja die Masse nur nach Preis.

Wieso sollen höhere Preise dumm sein? Das Gegenteil ist der Fall und diesen Fakt sowie die Zusammenhänge dazu sollte man jeden Tag 1 000 000 mal über Deutschland abwerfen. Die EZB hat als Ziel eine Inflation von 2% pro Jahr. Deutschland hat das nie erreicht seit der € eingeführt wurde und ist somit MITverantwortlich für die aktuelle Misere. Frankreich zB. hat das besser gemacht und sich daran gehalten.


400plus
Naja, das EZB-Ziel ist "unter, aber nahe bei 2%". Deutschland hatte 2004 2.22%, 2007 3.17%, 2011 1.98%, 2012 2.04% und noch mehrmals Werte um 1.3/1.4%. Frankreich war da nicht so anders. Im Übrigen können die Länder an sich da gar nicht so viel machen, da die Geldpolitik ja bei der EZB liegt- und Lohnpolitik der Tarifautonomie unterliegt.
Schneeball
ZITAT(400plus @ 12. Jul 2016, 16:25) *
Naja, das EZB-Ziel ist "unter, aber nahe bei 2%". Deutschland hatte 2004 2.22%, 2007 3.17%, 2011 1.98%, 2012 2.04% und noch mehrmals Werte um 1.3/1.4%. Frankreich war da nicht so anders. Im Übrigen können die Länder an sich da gar nicht so viel machen, da die Geldpolitik ja bei der EZB liegt- und Lohnpolitik der Tarifautonomie unterliegt.


Woher sind deine Zahlen?

http://www.inflation-deutschland.de

2002: 1.4%
2003: 1.1%
2004: 1.1%
usw.

https://www.destatis.de/DE/PresseService/Pr...16_018_611.html
Hier schauts noch düsterer aus mit eurer Inflationsrate..
SailorGN
Höhere Löhne+Inflation heben sich aber wieder auf, wenn dann noch höhere Preise kommen ist der individuelle Gewinn ganz schnell Verlust. Gleichzeitig ist es gut und richtig, dass sich zumindest in D die Politik aus dem Tarifrecht weitgehend raushält. Staats- oder sogar Planwirtschaft funktioniert nur zeitlich begrenzt in Notsituationen, staatliche Eingriffe können ganz schnell zu dem führen, was man im Ostblock oder auch in Venezuela sieht. Was ein explizites Unternehmerstrafrecht bringen soll ausser Bürokratie erschliesst sich mir nicht. Untreue, Betrug, Urkundenfälschung etc. sind sicher auch in der Schweiz strafbar und "Täter enteignen" ist schonmal ein Angriff auf Art. 14 GG. Auch schwingt da eine erhebliche Portion Neid und Rachsucht mit, wer garantiert denn, dass bei solch einem Strafrecht nicht findige Leute gezielt nach Grauzonen suchen, um anderen "die Hosen runterzuziehen"? Gleichzeitig wäre es ein erheblicher Dämpfer für die Bereitschaft "Unternehmer" zu werden (schon mit einem Nebenerwerb als selbstständiger Ebaypowerseller kann man als "Unternehmer" durchgehen), quasi jeder mit Gewerbeschein wäre doppelt angreifbar.

Was die "blöde 0" angeht: Schon gemerkt, was der Verzicht auf die blöde Null anstellt? Schau dir Griechenland an, die haben gepumpt bis die EZB kommen musste... Darüber hinaus binden Schulden Kapital und man verlagert die Kosten nur in die Zukunft. Wenn man Pump zur Doktrin macht fängt irgendeine Partei (welche Seite des Spektrums darf jeder selbst erraten) an, kurzfristige Sozialgeschenke mit langfristigen Verbindlichkeiten zu finanzieren...Ich bin keineswegs gegen Kredite und Staatsverschuldung, nur würde die europäische Asymmetrie in der Wirtschaft durch größere Anleihen einzelner Leistungsträger wie D noch verschlimmern... und zwar so weit, dass diese Anleihen in einem offenen Finanzsystem den notleidenden Ländern noch Geld entziehen würden.

Konkurrenz: Gerade da sind doch die Chancen der anderen Länder. Man kann D vieleicht nicht im Maschinenbau das Wasser reichen, aber in anderen Sparten sehr wohl. Es muss gerade bei offenen Grenzen nicht jedes Land eigene Automarken, Handyfabriken oder sonst was haben, zumal im Industriesektor die Aufholkosten (investition in Maschinen, Ausbildung, Produktentwicklung) enorm sind. Gleichzeitig können andere EU Länder aber im Dienstleistungsbereich oder Konsumgüterindustrie durchaus nachziehen. Man schaue sich nur mal an, wie osteuropäische Handwerker den hiesigen Konkurrenz machen. Konkurrenz zu verneinen heisst Wettbewerb zu unterbinden heisst nivellierte Leistungsniveaus heisst EUdSSR.
400plus
ZITAT(Schneeball @ 12. Jul 2016, 15:40) *
Woher sind deine Zahlen?


Von den angegeben Links, aber gut, nehmen wir das statistische Bundesamt: Die haben 1.6% für 2005, 2.3 für 2007, 2.6 für 2008, 2.1 für 2011 und 2.0 für 2012. In den letzten Jahren ist die Inflationsrate in der Tat sehr niedrig, aber das ist wie gesagt kein rein deutsches Phänomen: Frankreich (von deren statistischem Institut) hat allgemein sehr ähnliche Werte. Ist ja auch nicht so überraschend, wenn man die gleiche Geldpolitik hat.
xena
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 15:42) *
Man schaue sich nur mal an, wie osteuropäische Handwerker den hiesigen Konkurrenz machen. Konkurrenz zu verneinen heisst Wettbewerb zu unterbinden heisst nivellierte Leistungsniveaus heisst EUdSSR.

Die Konkurrenz der osteuropäischen Handwerker ist ein Preisdumping. Es ist ein Kampf um das niedrigste Angebot und nicht um bessere Arbeit/Qualität. Und genau da zeigt sich das Problem des unterschiedlichen Lohnniveaus. Das ist kein wirklicher Wettbewerb, denn sich diesem zu stellen würde bedeuten die Löhne hierzulande zu senken, um also "besser", also billiger und so wettbewerbsfähig zu sein. Aber genau das will man ja nicht, man will ja mehr Geld in der Lohntüte haben, oder?
Und da ist es wieder, das Problem der unterschiedlichen Entwicklungsstufen und der damit einhergehenden unterschiedlichen Lohnstrukturen in einem gemeinsamen Markt. Nenne es von mir aus auch Globalisierung. Der große Fehler der Osterweiterung der EU...
goschi
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 12:24) *
Naja, qualifizierte Arbeitskräfte innerhalb der EU sind kein Problem, wenn du dir anschaust wie viele junge Akademiker in Südeuropa bis Frankreich arbeitslos sind. Bildung ist gut und wichtig, nur denke ich, dass es daran nicht hapert im christlichen Abendland.

Der reine Akademsierungsgrad ist nicht gleichbedeutend mit der Quote qualifizierter Arbeitskräfte.
Gerade qualifizierte Fachkräfte fehlen eben doch markant.

Italien ist ein gutes beispiel, Südtirol mit einer vergleichsweise tiefen Akademikerquote aber guter Berufsausbildung hat die Krisen besser überstanden, als Zentralitalien mit komplett mangelhafter Berufsausbildung aber hohen Akademikerquoten.
Firmen brauchen im Endeffekt Mitarbeiter, die ihr Fach praktisch kennen, nicht nur theoretisch.
SailorGN
@goschi: Natürlich, das gleiche Problem hat Bologna hier gebracht... nur woran will man sonst "qualifiziert" festmachen? Die Arbeitgeber muss man nicht fragen, da ist klar was kommt... Gleichzeitig ist akademische Bildung in vielen Ländern die einzige formal zertifizierte weitergehende "Ausbildung" nach der Schule. Das mitteleuropäische System der Berufsausbildung ist da ein Sonderweg. Deswegen gehe ich (wider praktischem Beweis) erstmal davon aus, dass akademischer Abschluss=Qualifikation ist, ansonsten verrennt man sich im Klein-Klein der Einzelfallbetrachtung. Was anderes als die Abschlüsse hab ich nicht zur Bewertung.

@xena: Sicher? Es gibt genug dt. Handwerker, die teuren Pfusch liefern und genug Polen, die gute Arbeit leisten. Das Phänomen hat viele Facetten, die Preise kommen aus unterschiedlicher Richtung zustande. Zum einen ist es der Angebotspreis des Handwerkers, niemand zwingt einen Polen für 2,5 Euro (ich übertreibe) ein Haus zusammenzukleistern. Die Osteuropäer haben den Vorteil, dass sie den Lohnkostenanteil drücken können, warum auch immer. Gleichzeitig ist da der Kunde, der "weiß", dass er für sein Geld eben keinen Innungsbetrieb bekommt.... und drittens ist da der dt. Handwerker, der für viel Geld unpünktlich kommt, unfreundlich ist und mitunter pfuscht, um die eigenen Kosten zu drücken. Preisdumping ist das in keinem Fall weil dumping bedeutet, dass man unter Verlust verkauft, also unter den Selbstkosten... so blöd ist kein Osteuropäer. Insgesamt ist auch meine persönliche Erfahrung mit dt. Handwerkern dergestalt, dass diese es sich in ihrem Quasimonopol bequem gemacht hatten und nun Konkurrenz das Geschäft belebt. Bei nivellierten Preisniveaus (oder auch Löhnen) könnte der Osteuropäer doch einpacken, Strick holen und weg, weil er dann keinen Vorteil ggü. einem Innungsbetrieb hat und die Leute wieder grummelnd Meister Röhrich beauftragen.
goschi
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 18:23) *
@goschi: Natürlich, das gleiche Problem hat Bologna hier gebracht... nur woran will man sonst "qualifiziert" festmachen? Die Arbeitgeber muss man nicht fragen, da ist klar was kommt... Gleichzeitig ist akademische Bildung in vielen Ländern die einzige formal zertifizierte weitergehende "Ausbildung" nach der Schule. Das mitteleuropäische System der Berufsausbildung ist da ein Sonderweg. Deswegen gehe ich (wider praktischem Beweis) erstmal davon aus, dass akademischer Abschluss=Qualifikation ist, ansonsten verrennt man sich im Klein-Klein der Einzelfallbetrachtung. Was anderes als die Abschlüsse hab ich nicht zur Bewertung.

Sorry, aber das ist ein Zirkelschluss.
Was du aussagst ist im Endeffekt "Wir müssen genügend qualifizierte Fachkräfte haben, weil wir genügend Leute mit einer Qualifikation haben müssen"

Qualifiziert ist im Endeffekt derjenige, der den Ansprüchen genügt, die offene Stellen wiedergeben.
Was bringen mir drölfzig Akademiker, die nicht für das geeignet sind, was die Wirtschaft zum Wachstum (gerade in Strukturschwachen Regionen) braucht?
Das soll kein Akademikerbashing sein, die braucht die Wirtschaft auch, aber dass Akademiker der einzig gemessene Grad an Qualifaktion ist, stimmt nicht und führt eben auch zu völligen Fehlentwicklungen.
xena
Der Pfuscher ist nur eine kleine Minderheit. Der Großteil des Deutschen Handwerks macht saubere Arbeit, zuverlässig und pünktlich. Das gleiche gilt auch für die osteuropäischen Handwerker. Übrig bleibt im Vergleich nur der Preis, der in Osteuropa durch das weit günstigere Preisgefüge/Lebenshaltungskosten auch weit günstiger ist als in Deutschland (oder Frankreich, oder Dänemark usw). Du kannst als Deutscher Handwerker nicht mit den Preisen der Osteuropäer mithalten, egal wie gut und pünktlich Du bist. Das geht schlicht nicht. Die Alternative wäre das Deutsche Handwerk aufzugeben und nur noch Osteuropäische Handwerker hier werkeln zu lassen, mit Vorbestellungszeiten, weil die ja erst her kommen müssen, weil ja keiner mehr da ist. Wenn das die wettbewerbsmäßige Marktbereinigung sein soll die Du dir vorstellst, dann haben wir weit unterschiedliche Ansichten von fairem Wettbewerb.

Ähnlich kann man auch mit vielen Industrieprodukten argumentieren, die weltweit produziert werden. Ähnlich wie mit dem Handwerk gab es hier ja auch schon die Aufgabe von Industriezweigen, zugunsten günstigerer Produkte aus Übersee. Die Frage ist, wie lange man das Spiel noch mitmachen kann, bis man keine Industrie mehr hat und wie weit man langfristig kommt, so ohne eigene Produktion im Land. Von Dienstleistung allein kann ein 80 Mio Volk nicht leben. Das werden die Briten sicherlich auch noch zu spüren bekommen.
SailorGN
Goschi, das Problem liegt darin, dass "geeignet" auf dem Papier nicht immer nachvollzieh- bzw. nachprüfbar ist ohne Dokument. Wir alle wissen nicht, in wie weit die jungen arbeitslosen Akademiker aus GR, SPA usw. qualifiziert sind, weil es darüber keine zusammenfassende Datenlage gibt... eben ausser den Zahlen zu akademischen Abschlüssen. Wie soll man über das Problem der Arbeitslosigkeit ausserhalb individueller Erfahrungen sachlich diskutieren, wenn man nur weiss, da sind xx% aller jungen Menschen arbeitslos und von denen haben yy% einen akademischen Abschluss. Aber über den Rest weiss man noch weniger, weil es eben keine Gesellenbriefe und IHK/HKs gibt. Irgendwo muss man doch anfangen und sei es nur zu sagen, die xtausend spanischen Soziologen braucht kein Mensch in Europa... aber diese xtausend haben einen Abschluss, der grundlegende Fertigkeiten "beweist". Der Zirkelschluss ist daher kein absoluter, sondern erstmal ein Strohhalm, an dem man sich festhält und von dem aus man die Diskussion bzw. weitere Betrachtung des Problems fortsetzt.

xena, ich habe nie von Marktbereinigung gesprochen, sondern von Vorteilen der beiden Gruppen für einen Kunden. Dabei geht es nicht um eine binäre Entscheidung sondern um Präferenzen. Will der Kunde "garantierte" Qualität muß er mehr Zahlen... will er sparen, muss er auf Qualität verzichten. Dazwischen ist eine Menge Spielraum. Gleiches gilt für die Produktion von Gütern, natürlich können auch Chinesen "Stihl-Motorsägen" bauen, das deutlich billiger... der Preis ist dann aber auch die nichtvorhandene Qualität. Dass Qualität eine große Rolle spielt sieht man ja an der Markenpiraterie. Es geht letztendlich nicht um komplette "monopole", sondern um die Bereiche zwischen den Extremen, in denen sich die Mehrheit der Kaufentscheidungen abspielt.

Nochmal ein Nachklapp zu den Dienstleistungen: Sicher kann sich damit keine Volkswirtschaft allein über Wasser halten, aber sie sind in meinen Augen eine Möglichkeit für weniger entwickelte Volkswirtschaften ohne äussere Hilfe Kapital anzusammeln. Bei den meisten Dienstleistungen ist die rein monetäre Anschubfinanzierung lächerlich gering und der Kunde kann sie nicht "auf Halde" bestellen. Es ist kein Allheilmittel, dagegen sprechen die Praxisbeispiele Indien und auch Phillipinen, aber grundsätzlich ermöglichen Dienstleistungen so einen Kapitalzufluss für die Bevölkerung.
Slavomir
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 18:23) *
@xena: Sicher? Es gibt genug dt. Handwerker, die teuren Pfusch liefern und genug Polen, die gute Arbeit leisten. Das Phänomen hat viele Facetten, die Preise kommen aus unterschiedlicher Richtung zustande. Zum einen ist es der Angebotspreis des Handwerkers, niemand zwingt einen Polen für 2,5 Euro (ich übertreibe) ein Haus zusammenzukleistern. Die Osteuropäer haben den Vorteil, dass sie den Lohnkostenanteil drücken können, warum auch immer. Gleichzeitig ist da der Kunde, der "weiß", dass er für sein Geld eben keinen Innungsbetrieb bekommt.... und drittens ist da der dt. Handwerker, der für viel Geld unpünktlich kommt, unfreundlich ist und mitunter pfuscht, um die eigenen Kosten zu drücken. Preisdumping ist das in keinem Fall weil dumping bedeutet, dass man unter Verlust verkauft, also unter den Selbstkosten... so blöd ist kein Osteuropäer. Insgesamt ist auch meine persönliche Erfahrung mit dt. Handwerkern dergestalt, dass diese es sich in ihrem Quasimonopol bequem gemacht hatten und nun Konkurrenz das Geschäft belebt. Bei nivellierten Preisniveaus (oder auch Löhnen) könnte der Osteuropäer doch einpacken, Strick holen und weg, weil er dann keinen Vorteil ggü. einem Innungsbetrieb hat und die Leute wieder grummelnd Meister Röhrich beauftragen.

Oh, ja, über die Arbeit der deutschen Handwerker könnte ich mich stundenlang ausheulen.

Sorry, es musste raus.
xena
Man macht aber die Büchse der Pandora auf. Du meinst ihre Arbeit sei das Geld nicht wert, dann sage ich das auch von den Arbeiter der Automobilbranche, die zu viel Geld für ihr Tun bekommen und das sage ich auch für sämtliche Bürojobs, die nur fürs herum Sitzen zu viel Geld bekommen. Wo landen wir dann? Genau, dort wo keiner eigentlich hin will. Und genau das ist in abgeschwächter Form die letzten 30 Jahre passiert, weil die Reallöhne in D eher stagnierten, ja sogar gefallen sind, statt zu steigen. Mehr Innlandsnachfrage erzeugt man dadurch keine.
Seydlitz
Im Handwerk wird nicht mehr "gepfuscht" oder schlechtere Leistung erbracht, als in anderen Branchen auch. Jedenfalls meiner Meinung nach.
Schwarze Schafe gibt es überall, aber die überwiegende Anzahl der deutschen Handwerker liefern die Arbeit, die man auch haben möchte/bezahlen will.
Im übrigen gibt es nicht nur böse Handwerker, sondern genauso Kunden mit, ich sage mal, schlechter Zahlungsmoral.
Pauschalisierungen aufgrund eigener Erfahrung bringen da wenig.
Schneeball
ZITAT(xena @ 13. Jul 2016, 15:05) *
Man macht aber die Büchse der Pandora auf. Du meinst ihre Arbeit sei das Geld nicht wert, dann sage ich das auch von den Arbeiter der Automobilbranche, die zu viel Geld für ihr Tun bekommen und das sage ich auch für sämtliche Bürojobs, die nur fürs herum Sitzen zu viel Geld bekommen. Wo landen wir dann? Genau, dort wo keiner eigentlich hin will. Und genau das ist in abgeschwächter Form die letzten 30 Jahre passiert, weil die Reallöhne in D eher stagnierten, ja sogar gefallen sind, statt zu steigen. Mehr Innlandsnachfrage erzeugt man dadurch keine.

Ich arbeite seit 20 Jahren in der Baubranche und habe Kollegen, die das schon locker doppelt so lange tun. Ich kann daher fundiert sagen, dass über die Qualität der Arbeit immer gleich viel gejammert wurde und wird. Pfuscher gab und gibt es immer, ebenso wie gewissenhafte Arbeiter. Am Ende steht und fällt die Qualität mit der Bauleitung. Als Privatperson hat man einfach Glück oder Pech in der Wahl des Handwerkers.
SailorGN
xena, wie oft denn noch... ich sage nicht, dass die Arbeit schlechter bezahlt werden soll, sondern dass der Kunde die Wahl zwischen "teurer" und "billiger" Arbeit hat... genauso wie bei Autos: Du kannst nen teuren Mercer holen oder nen Dacia. Bei beiden weisst du vorher, was du bekommst, aber es ist deine eigene Entscheidung. Was die Löhne und Tarifverträge in D angeht: Das ist ein völlig unangebrachtes Jammern. Für Tarifverhandlungen sind die Arbeitnehmervertreter aka Gewerkschaften zuständig... die Leute die am lautesten jammern sind auch jene, die eben nicht ihre Gewerkschaft unterstützen oder mal bei nem Warnstreik mitmachen. Tarifpolitik liegt hauptsächlich in der Eigenverantwortung der Arbeitnehmer, nur treten die gar nicht mehr in Gewerkschaften ein oder halten das Maul, wenn sie eigentlich Recht auf einen Betriebsrat hätten. Ich kenne solche Stammtischrevoluzzer, die dann ganz schnell "Aber ich werden dann gekündigt!" rufen.
tommy1808
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 10:24) *
Naja, qualifizierte Arbeitskräfte innerhalb der EU sind kein Problem, wenn du dir anschaust wie viele junge Akademiker in Südeuropa bis Frankreich arbeitslos sind.


Wenn Deine Firma in Hamburg, München oder sonst welchen attraktiven Städten ist, dann hat man kein Problem. Wir sitzen z.B. 20km von Münster aufm Dorf, und obwohl tolle Firma, kleines Team (kleiner 50), vglw. viel Urlaub, sehr anständigen Gehältern und Nebenleistungen (VL, Firmenwagen, Fitnesstudio) haben wir echt zu kämpfen Leute zu finden. Ganz besonders Azubis zu finden ist ne Herkulesaufgabe, obwohl wir nicht nur technische Berufe ausbilden, sondern auch relativ begehrte Sachen wie Mediengestalter.

Gruß
Thomas
Madner Kami
ZITAT(tommy1808 @ 13. Jul 2016, 17:25) *
ZITAT(SailorGN @ 12. Jul 2016, 10:24) *
Naja, qualifizierte Arbeitskräfte innerhalb der EU sind kein Problem, wenn du dir anschaust wie viele junge Akademiker in Südeuropa bis Frankreich arbeitslos sind.


Wenn Deine Firma in Hamburg, München oder sonst welchen attraktiven Städten ist, dann hat man kein Problem. Wir sitzen z.B. 20km von Münster aufm Dorf, und obwohl tolle Firma, kleines Team (kleiner 50), vglw. viel Urlaub, sehr anständigen Gehältern und Nebenleistungen (VL, Firmenwagen, Fitnesstudio) haben wir echt zu kämpfen Leute zu finden. Ganz besonders Azubis zu finden ist ne Herkulesaufgabe, obwohl wir nicht nur technische Berufe ausbilden, sondern auch relativ begehrte Sachen wie Mediengestalter.

Gruß
Thomas


Wie schaut die Wohnsituation vor Ort aus?
400plus
Boris Johnson wird übrigens Außenminister. You just can't make this shit up.
xena
Boahhahaha... Nein... rofl.gif
Kiebitz
Hey, das hat auch seine guten Seiten. Theoretisch können wir dann bald diesen Thread mit dem Nahostthread zusammenlegen, weil: Boris 2014. tounge.gif
Warhammer
ZITAT(400plus @ 13. Jul 2016, 22:04) *
Boris Johnson wird übrigens Außenminister. You just can't make this shit up.


Das ist aber auch ein Wiesel.

Den Karren mit Schwung vor die Wand fahren. Sich dann vor der Verantwortung drücken. Um dann noch einen schönen Job rauszuholen, bei dem er am Ende immer noch sagen kann, dass er ja nicht die letztendliche Entscheidungsgewalt hatte.
Almeran
Die Beziehungen mit der Türkei und besonders Präsident Erdogan dürften interessant werden.

Boris Johnson wins 'most offensive Erdoğan poem' competition

ZITAT
“There was a young fellow from Ankara, Who was a terrific wankerer.
“Till he sowed his wild oats, With the help of a goat, But he didn’t even stop to thankera.”
Kameratt
Klasse Einstieg für einen Außenminister.
Schwabo Elite
LEUTE, DAS THEMA IST DER BREXIT UND SEINE KONSEQUENZEN FÜR DIE EU-

BACK TO TOPIC, BITTE.

SE. Mod
Schwabo Elite
Sexismus- und Hate-Crime-Posts ausgekoppelt.
400plus
Noch eine Rueckbetrachtung eines Oekonomen, der sich sehr fuer "Remain" eingesetzt hat, er bringt ein paar interessante Punkte, insbesondere in Bezug auf die Medien: John Van Reenen: The aftermath of the Brexit vote – the verdict from a derided expert

ZITAT
Most of the British press has been unrelentingly Eurosceptic and anti-immigrant for decades. This built to a crescendo during the Brexit campaign with the most popular dailies like the Sun, Mail and Express little more than the propaganda arm of the Leave campaign.

The main alternative source of information for ordinary people was the BBC, which was particularly awful throughout the referendum debate. It supinely reported the breath-taking lies of the Leave campaign in particularly over the ‘£350 million a week EU budget contribution’. Rather than confront Leave campaigners and call the claim untruthful, BBC broadcasters would say things like ‘now this is a contested figure, but let’s move on’. This created the impression that there was just some disagreement between the sides, whereas it was clearly a lie. It’s like saying ‘One side says that world is flat, but this is contested by Remain who say it is round. We’ll let you decide.’ [...] The BBC also failed to reflect the consensus view of the economics profession on the harm of Brexit. A huge survey of British economists showed that for every one respondent who thought there would be economic benefits from Brexit over the next five years, there were 22 who thought we would be worse off. Yet time and again, there would always be some maverick Leave economist given equal airtime to anyone articulating the standard arguments.
Almeran
Also das gleiche Problem wie bei der Debatte um die Klimaerwärmung in den USA. Zwei Menschen streiten sich im Fernsehen, sieht nach Unentschieden aus. Dass hinter dem einen 99% der Wissenschaftler stehen, sieht man nicht.
SailorGN
Die Brexitseite hat dieses Problem ja von vornherein eliminiert, indem sie "No more Experts!" gepöbelt hat. Sprich, die ganze Geschichte wurde von vornherein von der rationalen wissenschaftlich fundierten Ebene in den emotional irrationalen Keller gezerrt.
Schneeball
ZITAT(SailorGN @ 2. Aug 2016, 18:00) *
Die Brexitseite hat dieses Problem ja von vornherein eliminiert, indem sie "No more Experts!" gepöbelt hat. Sprich, die ganze Geschichte wurde von vornherein von der rationalen wissenschaftlich fundierten Ebene in den emotional irrationalen Keller gezerrt.


Mich wundert dieses Verhalten überhaupt nicht. Man braucht sich ja nur mal zu überlegen, was für Unsinn teilweise von den "Experten" verbreitet wurde und wird. Das ist genau so wie mit der Politikverdrossenheit. Da wurde einfach so oft über die Köpfe der Leute hinweg entschieden.. irgendwann mal ist es eben genug.
Madner Kami
ZITAT(Schneeball @ 2. Aug 2016, 18:14) *
ZITAT(SailorGN @ 2. Aug 2016, 18:00) *
Die Brexitseite hat dieses Problem ja von vornherein eliminiert, indem sie "No more Experts!" gepöbelt hat. Sprich, die ganze Geschichte wurde von vornherein von der rationalen wissenschaftlich fundierten Ebene in den emotional irrationalen Keller gezerrt.


Mich wundert dieses Verhalten überhaupt nicht. Man braucht sich ja nur mal zu überlegen, was für Unsinn teilweise von den "Experten" verbreitet wurde und wird. Das ist genau so wie mit der Politikverdrossenheit. Da wurde einfach so oft über die Köpfe der Leute hinweg entschieden.. irgendwann mal ist es eben genug.


Diese "Experten" sind ja gerade Ausdruck dessen, was Almeran und 400plus ansprechen. Es gibt ein paar Experten und es gibt jede Menge salbadernde Quacksalber "Experten". Für viele die nicht vom Fach sind, ist ein Experte nicht von einem "Experten" zu unterscheiden und dieses Problem haben freilich auch die Redaktionen, wenn sie Experten zu Themen befragen. Da wird dann genommen wen man gut kennt (Vitamin B), wer am lautesten schreit und Quote bringt oder wer wichtig klingt (Hallo Hans-Werner Sinn und IFO) und das sind in 9 von 10 Fällen eben keine Experten, sondern "Experten". Dass jedem dieser "Experten" etwa 10 Leute gegenüberstehen, die der Darstellung der "Experten" widersprechen, entgeht dem Leser, Hörer oder Seher dann freilich, denn die bekommen ja eben keine Screentime. Was beim Bürger dann hängen bleibt, sind eine Menge Halbwahrheiten oder völliger Stuss, der mit der Realität nicht Einklang zu bringen ist und dieser Eindruck wird dann auf alle Experten übertragen.

Übrigens gibt es auch gerade beim Thema Wirtschaft das Problem, dass nicht alles was richtig ist, auch richtig ist. Märkte sind zutiefst irrational und reagieren nachweislich unlogisch. Jeder Wirtschaftsexperte ist also automatisch mit einem Bein im Falschliegen, selbst wenn er alles richtig intepretiert.
400plus
Ja, das stimmt, zumal richtige Experten halt oft Hardcore-Akademiker sind, die ihre Karriere an publications & citations messen, und denen ein zusaetzlicher Artikel im Journal oft X wichtiger ist, als von der FAZ befragt zu werden. Noch dazu ist Medienpraesenz halt etwas, dass stetigen Einsatz erfordert, damit man halbwegs bekannt ist. Sich nach 15 Jahren Elfenbeinturm ploetzlich zu Brexit aeussern, wird nichts helfen, selbst wenn man der beste trade economist der Welt ist- das weiss halt niemand, dass man das ist. (Van Reenen ist hier eine Ausnahme, er schafft eine gewaltige wissenschaftliche und Medienpraesenz) Dazu kommt dann noch der Dunning-Kruger-Effekt, und die Tatsache, dass diese Experten eher wenig schlagzeilentraechtige Aussagen machen, und schon hat man schnell eine negative Korrelation zwischen medialer Praesenz eines Experten und seines Ansehens in der zugrundeliegenden Wissenschaft. Das beste Beispiel in D ist wahrscheinlich dieser Dirk Mueller. Keine Ahnung, wer den je zum "Experten" ernannt hat...

Im englischen Fall sind die 350 Millionen Pfund aber halt ein Beispiel fuer etwas, das nicht einmal umstritten ist- da gibt es einfach keine zwei Meinungen, GB bezahlt 250 Millionen Pfund pro Woche, keine 350 Milllionen Pfund (die Differenz ist Thatchers Britenrabatt, und der wird eben nicht bezahlt. Nie.).
SailorGN
Die Aversion von wirklichen Experten ggü. Polemikern und großen Teilen der Medien (huch, war das jetzt etwas redundant? biggrin.gif ) beruht darauf, dass Experten komplexe Sachverhalte eben nicht in einer Blöd-Schlagzeile erklären können und wollen. Wissenschaftlicher Diskurs ist per se schon nicht medienwirksam, selbst div. Wissenschaftsstreite in der dt. Geschichte wurden von der Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen. Gleichzeitig erfordern die Erklärungsansätze von Experten, dass sich der "Konsument" auch damit aktiv auseinandersetzt... einfach in ne Vorlesung setzen und berieseln lassen geht spätestens ab dem 2. Semester nicht mehr. Aber genau da liegt das Problem (auch beim Brexit): Die Leute wollen sich nicht damit beschäftigen, sie setzen (oftmals wider besseres Wissen) auf die emotionalisierten und simplifizierten Aussagen der Populisten, weil sie "einfach" sind. Ein kleines Bisschen Selbstbetrug reicht aus und man fühlt sich gut dabei. Dazu kommt, dass innerlich extrem differenziert wird zwischen den positiven Auswirkungen der EU und den (angeblich) negativen. Die positiven Sachen werden eben nicht mit der EU verknüpft, bspw. wird die Visafreiheit "hingenommen", als ob sie von Anbeginn der Zeit existieren würde... es wird einfach als gegeben gesehen...
Parsifal
Die Visafreiheit-pflicht bestand am anbeginn der Zeit nicht. Den Dreck hab ich nicht erfunden, nie gewollt und der EU danke ich dafür auch nicht, dass sie eine Sache herstellt die am anbeginn der Zeit nie existierte und nur Menschen voneinander trennt. Aussage eines Menschen, der in frühester Kindheit schon regelmäßig über die DDR-Grenze pendelte und es damals schon für unnötigen Schwachsinn hielt, dass fremde Polizisten unser Auto durchsuchen. Alles trennend, alles Schwachsinn, alles völlig selbstverständlich abschaffenswert wenn man nur einen Dunst von Intelligenz hinter der Stirn zur verfügung hat. Wer das nicht hat dankt der EU auf Knien dass sie so gnädig ist. pillepalle.gif tock.gif

Und ja es mag zwischen zwei schlechten Varianten eine bessere geben und die mag sich EU nennen. Es ist und bleibt aber auch nur eine Krücke auf dem weg zu einer freien Welt und wir sind doch froh wenn wir eine Krücke nach ihrer Nutzung nicht nur ablegen können sondern verbrennen können, wenn wir wissen dass wir sie nie mehr benutzen müssen. Dann macht das Ding wenigstens noch warm und spendet Licht.

Ob die bessere Krücke nun für die Mehrheit der Briten die EU oder die britische Eigenständigkeit ist, kann ich nicht sagen, ich habe Festlandsperspektive. Ich würde auch sagen dass die EU derzeit die sicherere Krücke für die Masse wäre, aber eben nur aus meiner bescheidenen Vergangenheitsbetrachtung heraus und ohne die Zukunft zu kennen. Es mag aber sein, dass sich die EU zerlegen kann und man sie danach auch nicht mehr nötig hat. Kein Staat ist verpflichtet ein Visa von Ausländern zu fordern. Er kann im übrigen auch bilaterale Verträge eingehen die zwischen 2 Staaten gleiche Lösungen erzielen, welche am Ende auf die gleichen Möglichkeiten wie mit EU herauskommen. Auch das ist möglich. Dazu braucht man keinen übergeordneten EU-Apparat bezahlen. Die Schwellenkosten werden hoch sein, die Schlankheit und der individuelle Handlungsspielraum wird für die Staaten und deren Wähler nicht geringer. Das heißt die Wähler werden wieder mächtiger wenn es um die eigenen Themen geht. Der Wähler des UK kann über seine politischen Vertreter Dinge mit anderen Staaten regeln ohne dass 3. davon beeinflusst werden oder gar Einfluss nehmen würden.

edit: Visafreiheit => Visapflicht und sonstige Schlechtschreibböcke korrigiert.
der_finne
Bzgl. der Expertendebatte möchte ich noch anmerken das es für manche Fragen und manche Leute halt auch völlig egal ist wieviele Experten mehr jetzt pro oder contra sind. Manche Dinge werden nunmal eher mit dem Herzen entschieden und nicht mit dem Kopf. Dazu kann sogar noch ein ewisser Trotzeffekt kommen wenn man das Gefühl hat die "Elite" betet wieder ihr altbekanntes Programm runter.
Als Bsp. könnte man sich mal vorstellen wie es hierzulande laufen würde wenn man die selben Geschwindigkeits und Waffenregelungen wie in der Schweiz einführen wollte. Da wird es ganz schnell sehr emotional werden und das Wort von Experten wird kaum was zählen.
Unabhängig davon bin ich gespannt wie es für GB weitergeht. Ein Leben ohne EU ist jedenfalls möglich, die Frage ist nur auf welchem Niveau sich das einpegelt.
Havoc
Um nachvollziehen zu können, dass von Seiten der Wirtschaft in Großbritannien Großinvestitionen auf des Notwendige heruntergefahren werden braucht man keinen Experten. Die Investoren werden abwarten, bis die Beziehungen zwischen UK und EU geklärt sind.
Das Leave- Lager hat ja große Versprechen gemacht und eigentlich meldet sich Bauchgefühl schon, wenn etwas zugut ist um wahr zu sein. Selbst einem Arbeitslosen mit Hauptschulabschluss in einer ländlichen Gegend hätte klar sein müssen, dass die Briten nicht alleine über ijren uneingeschränkten Zugang zu EU- Binnenmarkt nach dem EU- Austritt entscheiden können.


xena
Das Brexitlager träumte und träumt immer noch von neuen Handelsbeziehungen mit Asien und einer daraus resultierenden großen Zukunft.
Almeran
ZITAT(xena @ 4. Aug 2016, 16:16) *
Das Brexitlager träumte und träumt immer noch von neuen Handelsbeziehungen mit Asien und einer daraus resultierenden großen Zukunft.

Zitat einer Freundin:

"Das ist gar kein Problem, dann können wir endlich auf eigene Faust mit Indien und dem restlichen Commonwealth handeln." Die Frage stellt sich natürlich, was man in Indien an britischen Waren kaufen möchte und was genau man aus Indien einführen will.
tommy1808
ZITAT(Almeran @ 4. Aug 2016, 14:23) *
"Das ist gar kein Problem, dann können wir endlich auf eigene Faust mit Indien und dem restlichen Commonwealth handeln." Die Frage stellt sich natürlich, was man in Indien an britischen Waren kaufen möchte und was genau man aus Indien einführen will.


Und ob die meisten Indischen Firmen UK dann nicht einfach vom Haupt EU Hub mit bedienen würden, ist auch eher offen.

Gruß
Thomas
SailorGN
Jupp, war auch mein Gedanke... der britische Markt ist selbst bei optimistischsten Annahmen zu klein für einen eigenen Logistikhub nach Asien, wobei Immingham, bzw. die Humbermündung da noch am nächsten drankommt. Die Langstrecke würde immer noch von den Festlandshäfen bedient werden, es sei denn, England investiert/subventioniert massiv... und hat sowohl Im- wie Exportvolumen, welches eigene Liniendienste rechtfertigt. Den Import sehe ich da nicht wirklich kritisch, eher den Export... denn die Zeiten von England als Exportmaschine sind lange vorbei, selbst die Autobauer sind fest in fremder Hand...
Madner Kami
ZITAT(SailorGN @ 4. Aug 2016, 17:05) *
denn die Zeiten von England als Exportmaschine sind lange vorbei, selbst die Autobauer sind fest in fremder Hand...


Und genau das haben die Leaver ja eben nicht begriffen. Die einzige nennenswerte internationale Industrie, die England überhaupt noch hat, sind Banken und für die sind Dublin und insbesondere Frankfurt jetzt interessanter als London. Wenn Deutschland aus der EU austreten würde, könnte man ja noch gut verstehen wenn die Massen glauben würden "passt schon, wir handeln mit der Welt" und Deutschland hat aufgrund seiner technologischen Aufstellung auf dem internationalen Markt auch Gewicht gegenüber solch monströsen Märkten wie China und (nach und nach auch) Indien. Aber England? Welchen Hebel wollen sie denn bei Verhandlungen mit Peking ansetzen? Mit den Bajonetten ihrer Gewehre konnten sie China vor 100 Jahren noch aushebeln, aber das würde heute merklich anders ausgehen als die Opiumkriege. Auch ihr Commonwealth ist eher an Europa, den USA und China/Japan als Handelspartner interessiert, als an "ihrer" Königin.
Im Übrigen sind auch viele noch mehrheitlich heimische Firmen durch den Brexit jetzt in deutlich internationalerer Hand als noch am Tag zuvor. Die internationale Finanz hat sich jedenfalls sehr gefreut, als das Ergebnis des Votums öffentlich wurde. Auch wenn England durch den Brexit sicherlich nicht zu einem Zweite-Welt-Land wird, ihre berühmten und unrichtigen 350 Millionen sind so oder so weg. Wahlweise weil Steuereinkünfte ausfallen oder weil sie dann doch in der EU bleiben und brav weiter zahlen. Am schlimmsten wird es meiner Meinung nach, die britische Forschung treffen. Das war einer der "Hauptsubventionsorte" aus EU-Töpfen, was jetzt freilich alles weg fällt. Die langfristigen Folgen kann man sich leicht ableiten, denn London wird bestimmt keine gleichgroßen Geldmassen dorthin umleiten.
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