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hawk66
kann mir jmd. erklären, warum die Europäer FCAS und Tempest bauen (wollen) ? Ist das mal wieder nur Politik ?...die Fähigkeiten sollen doch wohl nahezu identisch sein
ede144
ZITAT(hawk66 @ 1. May 2020, 19:35) *
kann mir jmd. erklären, warum die Europäer FCAS und Tempest bauen (wollen) ? Ist das mal wieder nur Politik ?...die Fähigkeiten sollen doch wohl nahezu identisch sein


Weil GB nicht glaubt mit Frankreich zusammen etwas bauen zu können
Merowinger
Frankreich ist nicht mit Grossbritannien kompatibel, Dassault & Airbus nicht mit Leonardo & Saab, und generell gäbe es schlicht zu viele Köche wenn alle beteiligt wären. Es ist vielleicht auch gar nicht so falsch zwei Modelle in Europa anzugehen, denn das Scheitern eines Programms ist immer jederzeit möglich. Dann können sich die Kunden, nicht jedoch die Firmen, hinter dem ersten Sieger versammeln.
Racer
Industriepolitisch betrachtet, hast du mindestens 3 grosse Kampfflugzeugbauer: Dassault, BAe und Saab. Dazu kommt noch Airbus und andere Firmen die Potential haben. Um 1 Kampfflugzeug zu bauen, benötigst du nur einen davon. Das hält dann bis 2050. Die anderen können in diesem Gebiet dann zu machen. Wähle!
So ähnlich bei den Triebwerken: Safran, Rolls Royce und MTU, ein wenig Saab. Wähle!
So in etwa kann man 2 Firmen zum gleichen Thema noch zusammenbringen, bei mehr ist es zwar möglich, aber extrem inneffizient.
Wenn man also nur 1 System in ganz Europa bauen möchte, hat man 1 Land welches welches das kann. Bei den Triebwerken 1 Land welches das kann. Alle anderen sind weg vom Fenster. Wähle!
Ich denke 2 Systeme in Europa machen industriepolitisch Sinn. Fast alle die was vorzuzeigen haben kann man integrieren. Technologie und Arbeitsplätze erhalten. Potenzielle Stückzahlen sollten gross genug sein dafür. Zudem ist Konkurrenz trotzdem noch gewährleistet.
Havoc
Der Argumentation kann ich nur bedingt folgen. Es wäre durchaus möglich, europaweit ein 6 Gen. Kampfflugzeug auszuschreiben. Die Firmen, die überhaupt in der Lage sind solche komplexe Systeme zu entwickeln sind internationale Konzerne,
Vereinfacht: Es wird ein 6 Gen. Kampfflugzeug ausgeschrieben. Um zu bieten schließen sich BAE Systems, Leonardo, Rolls-Royce und MBDA Italy zusammen und bewerben sich mit Tempest als Entwurf.
Als Mitbewerber schließen sich Dassault, Airbus, MTU und Safran zusammen und bieten FCAS an.
Industriepolitisch könnte man unabhängig von der Musterentscheidung einen Fertigungsschüssel in Abhängigkeit von der zu beschaffenden Stückzahl festlegen.
Der Punkt ist, dass es für die Konzerne (Staaten) auch um viel Prestige geht und der Ausschreibungsgewinner das größte Stück vom Kuchen bekommt. Bei der G- Klasse und beim Unimog denkt jeder sofort an Mercedes-Benz. Außerhalb von Österreich denkt kaum einer bei der G- Klasse an Puch und beim Unimog kaum einer an die Erhard & Söhne GmbH und
Boehringer Werkzeugmaschinen GmbH, welche den Unimog vor Mercedes-Benz produzierten.
Aus dem Grund klagt in den USA nach der Auswahlentscheidung der Verlierer in der Hoffnung auf Formfehler.
In Europa sind europäische Vorhaben zwischenstaatliche Abkommen und es würden sich bei Auswahlentscheidung die Briten und Italiener mit den Franzosen, Deutschen und Spaniern in die Wolle kriegen, sich gegenseitig der Übervorteilung bezichtigen und aus dem europäischen Beschaffungsvorhaben aussteigen, mit dem Effekt, dass dann beide oder keines gebaut wird.
ede144
Selbst wenn man es mit der Ausschreibung so machen würde, der Verlierer der Ausschreibung wäre dann weg vom Fenster. Die Entwicklungsabteilung würde reduziert,da man nichts für sie zu tun hat. Wenn man die Fähigkeiten erhalten will, muss man Entwicklung betreiben und Flugzeuge bauen. Alles andere ist Augenwischerei.
Havoc
ZITAT(ede144 @ 3. May 2020, 08:58) *
Selbst wenn man es mit der Ausschreibung so machen würde, der Verlierer der Ausschreibung wäre dann weg vom Fenster. Die Entwicklungsabteilung würde reduziert,da man nichts für sie zu tun hat. Wenn man die Fähigkeiten erhalten will, muss man Entwicklung betreiben und Flugzeuge bauen. Alles andere ist Augenwischerei.

Man kann ein Entwicklungsbüro auch nicht 30 Jahre mit der Produktpflege beschäftigen. Entwicklungsabteilungen sind in der Regel projektbezogen. Wenn das Projekt abgeschlossen ist, wenden sich die Ingenieure anderen Vorhaben wie z.B. staatliche Forschungs- und Entwicklungsaufträge wie experimentelle UCAV (BAE: Taranisi, Dassault: AVE-D) in den jeweiligen Sparten ihrer Firmen zu, sofern sie nicht explizit nur auf ein Projekt befristet eingestellt wurden.
Nach Deiner Leseart hätte Boeing bei dem JAST Programm wegen fehlendem Knowhow keinen Entwurf einreichen können dürfen. Damals haben Boeing, Lockheed Martin, McDonnell Douglas mit British Aerospace, Northrop Entwurfe eingereicht und Boeing hatte kein militärisches Kampfflugzeug in der Serienfertigung. Den Auftrag einen Technologiedemonstrator zu entwickeln haben 1994 aber Boeing mit der X-32 und Lockheed Martin mit der X-35 erhalten. Boeing produzierte erst durch die Übernahme von McDonnell Douglas 1997 wieder Kampfflugzeuge in Serie.

Der Triebwerkshersteller MTU beteiligt sich im Rahmen von Technologieförderprogrammen an Entwicklungen und ist neben der zivilen Sparte nicht nur an der Produktion des EJ200 beteiligt sondern auch Treibwerke für Transportflugzeuge, Hubschraubern und Zulieferer für militärische US-Treibwerke. Wäre MTU als Triebwerkshersteller nicht an FCAS beteiligt, war das nicht deren Ende. Von deutscher Seite aus möchte man, dass mit deutschen Steuergelder finanzierte Beschaffungsvorhaben auch entsprechend die deutsche Industrie beteiligt wird.
Dassault könnte nur von 228 Rafale bis 2025 für Frankreich nicht leben. Das Geld Dassault mit zivilen Geschäftsflugzeugen und als militärischer Austrüster durch seine Beteiligung an der teilstaatlichen Thales Group.


ede144
ZITAT(Havoc @ 3. May 2020, 18:48) *
ZITAT(ede144 @ 3. May 2020, 08:58) *
Selbst wenn man es mit der Ausschreibung so machen würde, der Verlierer der Ausschreibung wäre dann weg vom Fenster. Die Entwicklungsabteilung würde reduziert,da man nichts für sie zu tun hat. Wenn man die Fähigkeiten erhalten will, muss man Entwicklung betreiben und Flugzeuge bauen. Alles andere ist Augenwischerei.

Man kann ein Entwicklungsbüro auch nicht 30 Jahre mit der Produktpflege beschäftigen. Entwicklungsabteilungen sind in der Regel projektbezogen. Wenn das Projekt abgeschlossen ist, wenden sich die Ingenieure anderen Vorhaben wie z.B. staatliche Forschungs- und Entwicklungsaufträge wie experimentelle UCAV (BAE: Taranisi, Dassault: AVE-D) in den jeweiligen Sparten ihrer Firmen zu, sofern sie nicht explizit nur auf ein Projekt befristet eingestellt wurden.
Nach Deiner Leseart hätte Boeing bei dem JAST Programm wegen fehlendem Knowhow keinen Entwurf einreichen können dürfen. Damals haben Boeing, Lockheed Martin, McDonnell Douglas mit British Aerospace, Northrop Entwurfe eingereicht und Boeing hatte kein militärisches Kampfflugzeug in der Serienfertigung. Den Auftrag einen Technologiedemonstrator zu entwickeln haben 1994 aber Boeing mit der X-32 und Lockheed Martin mit der X-35 erhalten. Boeing produzierte erst durch die Übernahme von McDonnell Douglas 1997 wieder Kampfflugzeuge in Serie.

Der Triebwerkshersteller MTU beteiligt sich im Rahmen von Technologieförderprogrammen an Entwicklungen und ist neben der zivilen Sparte nicht nur an der Produktion des EJ200 beteiligt sondern auch Treibwerke für Transportflugzeuge, Hubschraubern und Zulieferer für militärische US-Treibwerke. Wäre MTU als Triebwerkshersteller nicht an FCAS beteiligt, war das nicht deren Ende. Von deutscher Seite aus möchte man, dass mit deutschen Steuergelder finanzierte Beschaffungsvorhaben auch entsprechend die deutsche Industrie beteiligt wird.
Dassault könnte nur von 228 Rafale bis 2025 für Frankreich nicht leben. Das Geld Dassault mit zivilen Geschäftsflugzeugen und als militärischer Austrüster durch seine Beteiligung an der teilstaatlichen Thales Group.


Richtig man hält mit Entwicklungsprojekten einen Teil des Know-Hows und der Leute auf aktuellem Stand. Das heißt nicht das man wirklich alles beherrscht. Und dein Beispiel Boing zeigt ja was Know-How Verlust und schlechte Entscheidungen im Management bedeuten können.
Havoc
Äh, nein. Boeing und Lockheed Martin haben sich gegen andere Flugzeugbauer mit ihren Entwürfen durchgesetzt und jeweils den Auftrag erhalten einen Technologiedemonstrator zu bauen.
Das ist aus meiner Sicht der Gegenbeweis zu der These, dass bei einer offenen europäischen Ausschreibung eines Kampflugzeuges der Verlierer entweder ganz verschwindet oder dessen Fähigkeit zukünftig Kampfflugzeuge zu entwickeln. Boeing hat mit Managementfehler auch im zivilen Airliner - Bereich zu kämpfen, ob wohl Boeing in diesem Sektor seit der 707 und 747 eine starke, teils marktdominante Stellung hat.
Die Tempest zeigt doch dass die These mit dem Know-How Verlust hinkt. Abgesehen von Jettrainer sind die einzigen westeuropäischen Kampfflugzeughersteller Dassault und mit Einschränkung Saab. Bae stellt den HAWK und Leonardo die M-346 Master Jettrainer her. Das letzte britische Kampfflugzeug war die Hawker Siddeley Harrier. Jaguar war ein britisch- französisches Projekt. Tornado ein trinationales Projekt und der Eurofighter ein Viernationenprojekt auf Basis des TKF-90- Entwurfs von Messerschmitt-Bölkow-Blohm, bei dem BAE 33% und Alenia Aeronautica (Leonardo) 21% Entwicklungsanteile haben.
hawk66
Ich frage mich, wer hat denn in diesem Sektor für 6th gen in Europa eigentlich die Expertise bzgl. Software-Entwicklung (für einen 6th jet) ? ..hier meine ich vor allem AI (Deep Learning, Autonomie/Steuern von Drohnen). ?

...ich sehe da ehrlich gesagt nicht die Führerschaft auf europäischer Seite und kann das mit der Timeline für Tempast/FCAS nicht matchen. Weiß nicht, ob es daher so schlau konkurrierende Modell zu planen/designen.

Wenn ich sehe, was es für Probleme bei der F-35 gab bzg. Software (8 million lines of code (mix aus Ada/c++)) - obwohl man teilweise "alte" Module der F-22 übernommen hat und hier reden wir hauptsächlich nur von "Senor-Fusion", ECM, Communication and Flight Control - also Funktionalitäten auf einem neuen, sehr hohen Niveau, die es aber in rudimentärer Form früher auch schon mehr oder wenig gab.

Die Software für den F35 ist trotzdem nach x-Jahren immer noch (meines Wissens) im Beta-Modus und wenn ich das richtig verstanden habe, soll 2025 vollständige Einsatzreife und Massenproduktion erreicht werden.

Auch vor diesem Hintergrund halte ich für D einen sehr schweren Fehler keine F-35 zu bestellen...das Spiel wird so enden wie damals mit der F-4.
ede144
ZITAT(hawk66 @ 4. May 2020, 07:48) *
Ich frage mich, wer hat denn in diesem Sektor für 6th gen in Europa eigentlich die Expertise bzgl. Software-Entwicklung (für einen 6th jet) ? ..hier meine ich vor allem AI (Deep Learning, Autonomie/Steuern von Drohnen). ?

...ich sehe da ehrlich gesagt nicht die Führerschaft auf europäischer Seite und kann das mit der Timeline für Tempast/FCAS nicht matchen. Weiß nicht, ob es daher so schlau konkurrierende Modell zu planen/designen.

Wenn ich sehe, was es für Probleme bei der F-35 gab bzg. Software (8 million lines of code (mix aus Ada/c++)) - obwohl man teilweise "alte" Module der F-22 übernommen hat und hier reden wir hauptsächlich nur von "Senor-Fusion", ECM, Communication and Flight Control - also Funktionalitäten auf einem neuen, sehr hohen Niveau, die es aber in rudimentärer Form früher auch schon mehr oder wenig gab.

Die Software für den F35 ist trotzdem nach x-Jahren immer noch (meines Wissens) im Beta-Modus und wenn ich das richtig verstanden habe, soll 2025 vollständige Einsatzreife und Massenproduktion erreicht werden.

Auch vor diesem Hintergrund halte ich für D einen sehr schweren Fehler keine F-35 zu bestellen...das Spiel wird so enden wie damals mit der F-4.


Es ist ja nicht so das der Typhoon keine Computer hat.
Scipio32
Die Kompetenzen in Sachen IT und allem was damit zu tun hat ist, nach dem zu urteilen was ich so lese, in Europa eh nicht besonders gut ausgeprägt. Da ist man in den USA sehr viel weiter.

Tatsächlich fällt mir aus dem Stehgreif kein Unternehmen oder sonst etwas aus Europa ein der global auf Augenhöhe "mitspielen" kann. Die ganzen großen Technologieunternehmen kommen doch alle aus den USA oder Asien. Europa hat da nichts gleichwertiges zu bieten oder sieht das wer anders?
kato

Das hat doch nicht das geringste mit "Technologieunternehmen" zu tun. Die entwickeln nicht im militärischen Bereich. Mit Boeing, Northrop Grumman, Raytheon, L3 als den großen Playern im militärischen Entwicklungsbereich spielen Airbus, BAe, EADS, Thales, Leonardo durchaus auf Augenhöhe mit. Gerade EADS und BAe haben in dem 6th-generation-network-centric-autonomous-warfare-blah Bereich locker 15 Jahre Erfahrung.

Dass das komplette Product Development und Product Lifecycle Management des F-35 ausgerechnet auf Software von Dassault Systemes läuft ist aber bekannt?
KSK
ZITAT(Scipio32 @ 4. May 2020, 19:30) *
Die Kompetenzen in Sachen IT und allem was damit zu tun hat ist, nach dem zu urteilen was ich so lese, in Europa eh nicht besonders gut ausgeprägt. Da ist man in den USA sehr viel weiter.

Tatsächlich fällt mir aus dem Stehgreif kein Unternehmen oder sonst etwas aus Europa ein der global auf Augenhöhe "mitspielen" kann. Die ganzen großen Technologieunternehmen kommen doch alle aus den USA oder Asien. Europa hat da nichts gleichwertiges zu bieten oder sieht das wer anders?

Worauf beziehst du dich da mit "IT"? Software? SAP. Hardware? Infineon. Nur um dir mal zwei ganz große Namen zu nennen, die da sofort ins Gedächtnis kommen.

(Ich bitte vorsorglich mal um Verschiebung, die Diskussion geht dann doch schnell vom konkreten Thema hier weg)
Scipio32
ZITAT
Worauf beziehst du dich da mit "IT"? Software? SAP. Hardware? Infineon. Nur um dir mal zwei ganz große Namen zu nennen, die da sofort ins Gedächtnis kommen.


Die Namen sagen mir natürlich was, aber ich hatte die bisher als eher klein wahrgenommen im Vergleich zur internationalen Konkurrenz.
Merowinger
SAP ist bedeutend, auch TeamViewer kommt so langsam. Infineon hat sich neu erfunden und ist nun auf automotive (embedded) konzentriert, mit starker Marktposition.
Scipio32
Ok, wieder was gelernt.
MeckieMesser
Deutschlands IT ist ein Zwerg. Und die großen Namen sind dann auch noch recht schwach.

Das große Risiko sehe ich aber wenn solche embedded Plattformen in der Komplexität explodieren und zu großen verteilten Systemen werden.
Da scheitern schon die Autobauer dran, von ihren Mitte 2000er Architekturen auf eine moderne Tesla-artige Plattform zu kommen.
Das wird viel Lehrgeld kosten, wie man an der F-35 gesehen hat.
hawk66
ZITAT(kato @ 4. May 2020, 19:59) *
Das hat doch nicht das geringste mit "Technologieunternehmen" zu tun. Die entwickeln nicht im militärischen Bereich. Mit Boeing, Northrop Grumman, Raytheon, L3 als den großen Playern im militärischen Entwicklungsbereich spielen Airbus, BAe, EADS, Thales, Leonardo durchaus auf Augenhöhe mit. Gerade EADS und BAe haben in dem 6th-generation-network-centric-autonomous-warfare-blah Bereich locker 15 Jahre Erfahrung.


Welche Produkte sind bei BAe, EADS/Airbus bisher in dem Bereich entstanden?

Scipio32
ZITAT
Welche Produkte sind bei BAe, EADS/Airbus bisher in dem Bereich entstanden?


Ich war bisher der Meinung, dass sich solche Konzerne ihre Hard-/Software nach vorgaben extern entwickeln lassen. Was ich mir noch vorstellen kann ist, dass man die Softwareentwicklung im eigenen Haus hat aber das weiß ich nicht.

ZITAT
Deutschlands IT ist ein Zwerg. Und die großen Namen sind dann auch noch recht schwach.


Was mich zu er Frage führt, warum man seiner Zeit die Innovationswelle im IT-Bereich "verpennt" hat? (So dass denn tatsächlich so ist.)
KSK
ZITAT(MeckieMesser @ 7. May 2020, 00:21) *
Deutschlands IT ist ein Zwerg. Und die großen Namen sind dann auch noch recht schwach.

Wikipedia sagt: "Nach Umsatz ist SAP das größte europäische (und außeramerikanische) sowie das weltweit drittgrößte börsennotierte Softwareunternehmen."

Ich bin weiß Gott kein Fan von SAP auf (meiner) Anwenderebene und will auch nicht behaupten Deutschland wäre in IT ganz vorne dabei. Aber nach Zwerg klingt das wahrlich nicht.
Wraith187
ZITAT(Scipio32 @ 7. May 2020, 18:26) *
ZITAT
Deutschlands IT ist ein Zwerg. Und die großen Namen sind dann auch noch recht schwach.

Was mich zu er Frage führt, warum man seiner Zeit die Innovationswelle im IT-Bereich "verpennt" hat? (So dass denn tatsächlich so ist.)

Warum? Dazu müßte man erst einmal festlegen "wann?". Und zum "Wann?" würde ich sagen: Ab 1946. Zuvor war man in Deutschland was Hard- und Software angeht unter den führenden Erfindern, Entwicklern, Konstrukteuren, Fertigern und Nutzern und wurde hierbei von Industrie und Staat stark unterstützt. Danach wurde in Deutschland die Förderung durch Industrie und insbesondere den Staat im Vergleich stark zurückgefahren, während z.B. in den USA sowohl die Industrie als auch der Staat jahrzehntelang einen Haufen Geld in dieses Gebiet investiert haben wodurch entsprechende Ergebnisse ermöglicht wurden, während es in Deutschland bergab ging.
Schwabo Elite
Das ist so viel zu simplifiziert und stellenweise einfach falsch. Die USA sind ökonomisch einerseits zu ganz anderen Förderungen fähig als Deutschland und andererseits wurde gerade die EDV (um beim historischen Begriff zu bleiben) in der BRD massiv gefördert, bis in die Siebziger hinein. Die Förderung war aber stark begrenzt auf Hardware, Nixdorf ist hier der wohl bekannteste Name, und die Hardware war spätestens ab den Siebzigern nicht mehr der Punkt, der entscheidend für die Fortentwicklung war. Deutschland hat, wie viele andere Länder, den Game Changer der Mikrochip- und IC-Entwicklung in den USA nicht kompensieren können. Und da die Softwareentwicklung nicht gefördert worden war, lag dieser Sektor eben brach.

Das rächte sich dann mit der Microchipcomputerentwicklung doppelt: Dadurch war man im PC- und Homecomputermark hinterher und konnte mit der Agilität und Adaptabilität von Software nicht schritthalten. Im Prinzip hat das nur im Spielebereich und bei einigen Officeanwendungen eine Zeit lang geklappt und Officeanwendungen abseits von MS-Office sind durch die US-Politik in Form eines maroden Kartellrechts in den Neunzigern komplett gekillt worden. Systemrelevant sind daher heute nur noch MS-Office und die Adobe Suite, die kommen sich aber nicht in die Quere. Der Rest ist Mumpitz und nicht zu gebrauchen im Profibereich.

Und da steht Deutschland eben nicht nur allein dumm da, ganz Europa hat hier nicht viel zu bieten. Der Grund ist ganz einfach: Kleinstaaterei. Man hat einen einheitlichen Markt mit einheitlicher Währung erst über 50 Jahre nach dem Krieg geschaffen und kriegt noch heute keine einheitliche IT-Förderung hin, weil die Staaten die Finanzhoheit nicht abgeben wollen und damit die Fördertöpfe der EU entsprechend klein ausfallen. Das hat zur Folge, dass Fördermaßnahmen in Europa zwei- bis viergleisig fahren müssen: EU-Ebene, nationale Ebene und da gerne noch unterteilt in verschiedene Ministerien und dann in einigen Ländern noch auf Ebene der Bundesländer, ebenfalls mit verschiedenen Ansprechpartner. Und da sind wir noch nicht bei kommunalen Förderprogrammen. Durch den Bürokratiewald muss man sich mit einem kleinen Unternehmen dann erstmal durchwurtschteln.

Unter den Bedingungen holt man keinen Platzhirsch mit zwei Generationen Vorsprung ein. In der Zwischenzeit haben und in vielen Bereichen ein halbes Dutzend Länder in Fernost ein- und überholt.
Wraith187
Zur Verdeutlichung: Mein Ansatz war nicht, dass Deutschland Punkt 1946 aus dem IT-Wettrennen raus war, sondern das man, aus den genannten Gründen, ab diesem Zeitpunkt immer weiter zurückfiel. Und in den USA hat man halt seit Mitte der 1940er sowohl die strategische Bedeutung der IT erkannt, als auch seitens des Staates und der Industrie seitdem entsprechend Geld auf diesem Gebiet investiert. Und ja, in den USA ist man zu Investitionen in einem größeren Maße fähig als in Deutschland. Aber in Deutschland wurde ja nicht einmal in dem Maße auf diesem Gebiet investiert, zu dem man fähig gewesen wäre. Und das lag in erster Linie am mangelnden Vorstellungsvermögen und Willen. Insbesondere in der Politik. Und ja, wenn man auf diesem Gebiet erst einmal so weit hinter der Avantgarde zurückliegt wie Deutschland / Europa ist es sehr, sehr schwierig (und teuer) aufzuholen.
xena
Das ist aber auch etwas einseitig. In anderen Softwarebereichen sieht es anders aus. Z.B. im CAD und Konstruktions-Bereich spielt Europa sehr gut mit, im Bereich der Animations- und Rendersoftware ebenfalls. Da hat man die amerikanische Platzhirsche gut zurück gedrängt. Und es gibt andere Bereiche wo die USA nicht übermächtig sind. Bürosoftware hat davon profitiert, dass sie vom gleichen Hersteller kam wie das Betriebssystem, also hat man alles zusammen gekauft. Das weicht sich aber so langsam auf. Auch Adobe ist nicht mehr der alleinige Marktführer in allen Bereichen, die sie mal hatten. Gerade was Schnittsoftware angeht sind sie inzwischen nur noch einer von vielen. Publishing war lange die Domäne eines anderen Anbieter, wo sich heute mehrere tummeln, u.a. auch Adobe. Einzig mit Photoshop haben sie einen Marktführer. Der Markt ist gerade sehr in Bewegung durch neue Software. Europa erholt sich so langsam und holt auf, wie auch Asien.
400plus
Bei den Investitionen sollte man auch was anderes nicht vergessen: Viele Wissenschaftler waren einfach nicht mehr da, und das hatte Auswirkungen.

Quality Matters: The Expulsion of Professors and the Consequences for PhD Student Outcomes in Nazi Germany

Umgekehrt haben gerade die USA davon profitiert:

German Jewish Émigrés and US Invention
Wraith187
Richtig. Und zwar hat ja Deutschland nicht nur einige seiner eigenen Wissenschaftler vertrieben, sondern auch in den im Laufe des Zweiten Weltkrieges besetzten oder von Besetzung bedrohten Staaten die Flucht von Wissenschaftlern nach GB / USA verursacht. Als Herkunftsländer für IT kämen mir hier insbesondere Polen, Tschechien und Ungarn in den Sinn. Und diese Wissenschaftler haben dann halt nicht nur im Zweiten Weltkrieg zu einem merklichen Sprung des wissenschaftlichen Niveaus in GB / USA geführt, sondern viele sind auch später insbesondere in den USA geblieben und haben dort weiterhin gewirkt. Und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden natürlich auch deutsche Wissenschaftler vieler Kategorien, die während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland geblieben waren, von den Siegermächten angeworben/zwangsverpflichtet.
SailorGN
Die Startbedingungen waren bei allen Staaten in den späten 20igern/30igern gleich, da die "Informatik" nagelneu war. Da waren die Ausgangsbedingungen glaich, wobei bspw. die Polen besonderes Augenmerk auf die Kryptologie legten. Hintergrund war dort die sowjetische Invasion und später die beidseitige Bedrohung durch SU und DR. Da wollte man "mitlesen", was dort besprochen wurde. Deshalb hat man dort frühzeitig versucht, bei der Enigma einzubrechen.

Die Westalliierten profitierten einerseits von der frühzeitigen Radarforschung der Briten (wo Rechenanlagen mit benötigt wurden), andererseits in den USA von der weitreichenden Nutzung mechanischer Rechenmaschinen (Bevölkerungszählung, Hollerith->IBM). Im Weltkrieg selbst haben diese Gebiete dann zu den entsprechenden "Nebenkriegsschauplätzen" Enigma-Entschlüsselung und "Frequenzkrieg" (Radar, Schalttechnik) auf beiden Frontseiten geführt, wobei der Vorsprung jeweils wechselte. Der heftige Forschungsdruck vor allem in den Jahren ab 41 führte zu einer weitergehenden "Mechanisierung" von Rechenarbeit. Diese war eng verzahnt mit den deutschen Raketen- und Flugzeugprogrammen, womit die Alliierten diese Forscher/Ingenieure wie beschrieben mitnahmen (OP Paperclip bei den Amis, bei den Russen Aktion Ossawakim... und Carl Zeiss von beiden^^).

Aber: Insbesondere aus der SU kehrten etliche Menschen wieder in die DDR/SBZ zurück. Anders als in den USA war man in der SU nicht an einer dauerhaften Bindung der Experten interessiert, bzw. wurden die "geplanten" Forschungsergebnisse nicht erreicht, womit die Forscher "unnütz" wurden. Dabei wurde in der SBZ/DDR bis in die 60iger Jahre hinein umfangreich an Halbleitern geforscht (TU Dresden, Institut für Schwachstromtechnik).

Letztendlich würde ich ohne tiefere Recherche in der gesamtdeutschen Wissenschaftsgeschichte zum "IT-Mangel" konstatieren: Die deutschen Staaten waren nicht zurückgefallen, sie hatten nur andere Foki. Die DDR hat noch in den 80igern versucht, ein massives "Aufholprogramm" zu starten, nachdem man aus politischen Gründen die frühen Forschungen quasi zerschlagen hatte. Wichtige Impulse waren dabei: Das Aufkommen von kommerziellen Bedarf nach Elektronik (IT als Devisenbringer), Rückfall des (mechanischen) Maschinenbaus in der DDR ggü. westlichen CNC-Maschinen (Wegfall von Exporten), inner-RGW-Markt für Rüstungsnischen (optische Geräte CZJ und Raketensucher R-60). In der BRD gabs mit Nixdorf (später Siemens-Nixdorf) einen sehr gut vernetzten Player... Grundlegend muss man aber anmerken, dass in Europa der Trend zum PC/Desktop als Universalmaschine verpasst wurde, was quasi den Marktausschluss bedeutete. Viele vorher entwickelte Spezialrechner wurden obsolet, die Finanzdecke für einen Systemwechsel fehlte, bzw. man konnte im Hype der 80/90iger Jahre gar nicht so schnell die Kompetenzen aufbauen wie Hard- und Software "veraltete". Aufgrund der schnellen Generationefolge und dem "Ausstieg" vieler Unternehmen aus dem ständigen Generationenwechsel resultiert so manche IT-Altlast in Deutschland. Insgesamt sind die Deutschen ein Opfer ihres Erfolges bei den "frühen" IT-Kommerzialisierungen (Bau und Vertrieb von Industrie-Speziallösungen) geworden und konnten dann auf den neuen Wachstumsmärkten keinen Anschluss mehr finden. In ihren Nischen findet man immer noch sehr viel gute und moderne IT (SAP bspw.), auf dem Konsumentenmarkt aber überhaupt nicht.
Scipio32
Ich packe Mal folgendes hier rein:

Wenn ich Artikel wie den folgenden lese in dem Beschrieben wird wie die Regierung es Mal wieder versäumt ein in Zukunft wohl entscheidende Technologie angemessen zu fördern Frage ich mich ob unsere Politiker nicht verstehen, dass die Zukunft der deutschen Wirtschaft davon abhängt, dass man technologisch immer vorne mit am Ball bleibt?

https://app.handelsblatt.com/meinung/kommen...TdnKFqEPA3y-ap5

Mir geht es dabei nicht um die Ki-Forschung alleine dass ist ja in anderen Bereichen genau so. Nur Mal als Beispiele in den USA pumpt man ca. 130Milliarden Doller in die Ki-Forschung in Deutschland sind es (mittlerweile) 5 Milliarden. Ein eklatanten Unterschied der Folgen haben wird.

Ich verstehe einfach nicht, warum von Seiten der Politik und Industrie nicht entsprechend gehandelt wird. Auch wundert es mich, dass der Industrie, die ja ein veritablen Interesse an dem Thema Forschungsförderung haben sollte, der Politik nicht auf die Füße springt.

Oder täuscht mich vielleicht mein Eindruck und es passiert mehr als es auf den ersten Blick den Anschein hat?
Schwabo Elite
Also, im Wesentlichen sind solche Summen für Deutschland gar nicht machbar. Die USA haben einfach deutlich tiefere Töpfe als wir. Deutschland hat eine Wirtschaftskraft in der Größenordnung von Kalifornien, bzw. der Bundesstaat liegt zwischen Deutschland und Frankreich. Das GDP der USA ist einfach fünfmal höher als das Deutschlands und selbst noch höher als das der EU.

Ohne, dass die EU eine Fiskalunion wird und bestimmte Themen gezielt fördert, was sie in der Größenordnung mit dem aktuell mikrigen Budget einfach nicht kann, wird das also nichts werden. Und genau daran krankt es bei allen Projekten in Europa: Totales Kirchturmdenken, jeder will das größte Stück vom Kuchen bei allem haben, ohne zu sehen, dass der Kuchen größer wär, wenn sich nicht jeder unbegrenzt bedienen wollen würde.
400plus
ZITAT(Scipio32 @ 25. Jun 2020, 14:22) *
Nur Mal als Beispiele in den USA pumpt man ca. 130Milliarden Doller in die Ki-Forschung in Deutschland sind es (mittlerweile) 5 Milliarden. Ein eklatanten Unterschied der Folgen haben wird.


Da sind dann aber private Investitionen mitgezählt, oder? Die öffentlichen Investitionen des Bundes sind deutlich geringer.
goschi
Ja.

man sollte halt nicht vergessen, dass 7 von 10 der grössten Technologiekonzerne ihren Sitz in den USA haben (die anderen drei in China), die zusammen Forschungsbudgets haben, dass das gesamteuropäische Forschungsbudget dagegen aussieht wie ein Trinkgeld.

ABER: auch diese Konzerne haben durchaus gerade auch in dem Bereich ihre Forschungssstandorte weltweit und so schlecht schaut Europa da gar nicht aus, DeepMind, einer der absoluten Primus' dieses Bereichs, ist zB aus England, die ETH Zürich hat dazu mehrere Spinoffs u.a. mit den US Konzernen zusammen eröffnet, usw. usf.
400plus
ZITAT(goschi @ 26. Jun 2020, 11:35) *
man sollte halt nicht vergessen, dass 7 von 10 der grössten Technologiekonzerne ihren Sitz in den USA haben (die anderen drei in China), die zusammen Forschungsbudgets haben, dass das gesamteuropäische Forschungsbudget dagegen aussieht wie ein Trinkgeld.


Und dazu kommt noch ein ganzer Haufen privat finanzierter Universitäten, deren Endowment in etwa der Marktkapitalisierung eines durchschnittlichen Dax-Konzerns entspricht.
Scipio32
Danke für eure Antworten, das bringt Licht ins Dunkel.

ZITAT(400plus @ 26. Jun 2020, 11:17) *
ZITAT(Scipio32 @ 25. Jun 2020, 14:22) *
Nur Mal als Beispiele in den USA pumpt man ca. 130Milliarden Doller in die Ki-Forschung in Deutschland sind es (mittlerweile) 5 Milliarden. Ein eklatanten Unterschied der Folgen haben wird.


Da sind dann aber private Investitionen mitgezählt, oder? Die öffentlichen Investitionen des Bundes sind deutlich geringer.


Die Antwort auf die Frage lautet wahrscheinlich ja. Das ist etwas was mich schon länger aufregt. Oft werden in der Presse einfach zwei Zahlen miteinander vergleicht ohne Mal zu erklären wie diese Zahlen Zu stande gekommen sind.

---

Ich bin ja sehr dafür, dass man in Europa mehr für die Förderung von Forschung und Entwicklung tut, wenn möglich sich sogar wenigstens einen Techkonzern heranzieht (so denn das sinnvoll ist). Trotzdem würde ich jetzt gedanklich noch Mal einen Schritt zurück treten und die Frage stellen ob es für Europa über Haupt sinnvoll ist in wirklich großem Still in F&E zu investieren um mit den USA und China auf Augenhöhe zu sein?


MeckieMesser
Dieses "Der Staat baut einen Tech Konzern" ist das letzte was wir brauchen. Über Gaia-X lacht sich jetzt schon jeder schlapp.
Viel wichtiger wäre es aus der EU mal ein Markt zu machen.
In Berlin sollte langsam mal auffallen, dass die Startups nach max 15 EU Märkten direkt in die USA springen.

BTW:
Die SAP ist auch kein Vorzeige Tech Unternehmen. Die sind einfach ein Dickschiff in der Industrielandschaft das den Vendor LockIn perfektioniert hat.
Niemand käme auf die Idee dieses überteuerte HANA außerhalb von SAP Software zu nutzen. Oder das furchtbare CRM, die miese IoT Lösung.

Der einzige nennenswerte Tech Konzern den wir haben ist Zalando.
goschi
ZITAT(MeckieMesser @ 28. Jun 2020, 14:46) *
Der einzige nennenswerte Tech Konzern den wir haben ist Zalando.

Rocket Internet der Samwer-Brüder...
Urff... ja, sie sind schrecklich erfolgreich, aber so innovativ wie ein Mühlstein, aber sie sind grossartig darin, allen anderen die Ideen zu klauen, bzw mit brutal undurchsichtigen Verträgen Startups in ihren inkubatoren an sich zu fesseln, bzw eher das knowhow abzusaugen und die gründer abzuscheiden und das ganze dann mit Kohle durchzupushen (und Konkurrenz wegzuklagen)...

MeckieMesser
Die Samwer sind doch schon lange in Immobilien und entzaubert.
Aber bei aller Kritik die meistens gerechtfertigt ist, sind sie trotzdem nach vorne gegangen. Haben was riskiert.

Beim Ideen Klau bin ich vorsichtig. Was ist denn Azure? Auch nur eine schlechte Kopie von AWS.
Im Endeffekt haben sie genau das versucht, was jetzt alle fordern: Baut ein Gegenstück zu den US Diensten.

Der Zug ist aber abgefahren. Wir werden als EU und erst recht nicht als DE aufschließen.
Wenn Du was reißen willst, baust was auf Basis von US Diensten auf und hoffst, das Amazon dich nicht mit einem eigenen Dienst überrollt.

Wenn deutsche Industrieunternehmen immer meinen sie könnten mit Geld und Forschung hier ein Silikon Valley errichten, kann man nur noch lachen.
goschi
Das Problem war nicht, dass man andere erfolgreiche Konzepte kopiert
Das Problem ist, mit was für Verträgen und Knebeln sie dies mit Startups abzogen, wie ausbeutend ihr inkubator ist und eben, wie sie Dinge kopierten und dann sogar den eigentlichen Urheber verklagten...

Dass sie durchaus ein sehr gutes Gefühl dafür haben, was gerade Erfolg und geld bringt, gestehe ich gerne zu, die Methoden wie sie danach aber erfolgreich wurden sind zT ekelhaft.
Scipio32
ZITAT
Dieses "Der Staat baut einen Tech Konzern" ist das letzte was wir brauchen. Über Gaia-X lacht sich jetzt schon jeder schlapp.


Ich hatte mir das eher so vorgestellt, dass man die Voraussetzungen schafft, damit solche Techkonzerne entstehen können und nicht das der Staat sie aus der Retorte schafft. Das von dir aufgeführte Beispiel zeigt ja, dass man so etwas nicht aus der Retorte schaffen kann.

Allerdings sehe ich selbst das schaffen der entsprechenden Voraussetzungen als schwierig bis unmöglich an.

ZITAT
Viel wichtiger wäre es aus der EU mal ein Markt zu machen.


Ich vermute mal, dass du damit z.B. meinst das überall die gleiche Regeln gelten. Allein das halte ich schon für nahezu unmöglich, da praktisch jedes Land darauf beharrt sein eigenes Süppchen zu kochen. Von einer den ganzen Europäischen Binnenmarkt umspannenden Wirtschafts- und Finanzpolitik brauche ich gar nicht erst anzufangen.
Dazu kommen dann auch noch so dinge wie Technikskepsis bis hin zu Technikfeindschaft, die es andren Orts so gar nicht gibt, und die geringe Bereitschaft große Mengen Kapital in Neugründungen zu investieren.

Vor dem Hintergrund kann man es defakto vergessen hier in Europa auch nur ansatzweise etwas hochzuziehen was die Bezeichnung Techkonzern nennen kann. Man wird sich dann allerdings auch damit abfinden, dass man technologisch immer am Rockzipfel von jemand anderem, derzeit der USA, hängt.
400plus
ZITAT(MeckieMesser @ 28. Jun 2020, 14:46) *
Der einzige nennenswerte Tech Konzern den wir haben ist Zalando.


FlixBusFlixMobility? M.W. ist zumindest deren Selbstverständnis eher in Richtung Plattform-Unternehmen.
rekrats
Startupkultur ist in Zentraleuropa defakto nicht existent. Gerade mal Berlin hat da einen brauchbaren Ruf. Osteuropa ist hier relativ Innovativ. Gab vor einigen Jahren einen Versuch in AT einen Startup Inkubatior mit 100 Millionen zu finanzieren. Natürlich recht wenig Geld aber abgesehen von abgehalfterten Politikern oder deren Ehefrauen wurde dort niemand finanziert.

Europa ist nach wie vor extrem Technikfeindlich, Investoren gibt es kaum, die Börsen und deren Sekundärmärke sind nicht Startuptauglich. Dazu eine hohe Abgabenquote für gutes Personal und daher relativ niedrige Gehälter.
goschi
ZITAT(rekrats @ 28. Jun 2020, 22:18) *
Startupkultur ist in Zentraleuropa defakto nicht existent. Gerade mal Berlin hat da einen brauchbaren Ruf. Osteuropa ist hier relativ Innovativ. Gab vor einigen Jahren einen Versuch in AT einen Startup Inkubatior mit 100 Millionen zu finanzieren. Natürlich recht wenig Geld aber abgesehen von abgehalfterten Politikern oder deren Ehefrauen wurde dort niemand finanziert.

Europa ist nach wie vor extrem Technikfeindlich, Investoren gibt es kaum, die Börsen und deren Sekundärmärke sind nicht Startuptauglich. Dazu eine hohe Abgabenquote für gutes Personal und daher relativ niedrige Gehälter.

Das stimmt doch alles nicht

es gibt eine sehr breite Startup-Kultur, gerade im Umfeld der grossen Universitäten, zB die ETH Zürich und EPFL Lausanne fördern enorm viele Startups, gründen bewusst früh aus, finanzieren das und helfen bei der Suche nach Investoren, aber auch viele andere Unis machen das oder Institute wie das CERN.

Die rechtliche lage in Europa ist nur (zum Glück) anders und das reine Glücksrittertum mit extremer (selbst-)ausbeutung ist hier viel geringer, dafür auch die soziale Sicherheit und Stabilität.
Scipio32
ZITAT
es gibt eine sehr breite Startup-Kultur, gerade im Umfeld der grossen Universitäten, zB die ETH Zürich und EPFL Lausanne fördern enorm viele Startups, gründen bewusst früh aus, finanzieren das und helfen bei der Suche nach Investoren, aber auch viele andere Unis machen das oder Institute wie das CERN.


Meine ehemalige Uni macht das zum Beispiel so. Ich habe allerdings keine Übersicht darüber, wie erfolgreich die Ausgründungen sind bzw. waren.
Whuffo
Die deutschen "Einhörner" (Startup mit einer Marktbewertung von über einer Milliarde US-Dollar) sind der breiten Masse schlicht nicht bekannt, heißt aber nicht, dass es sie nicht gibt!

Ein "Uber" ist halt sexyer als BioNtech oder CureVac. Vor der Rüsselpest äähm Ende 2019 kannte diese beiden Firmen doch kein Mensch. Sehr salopp ausgedrückt...


Deutschland und die Schweiz haben viele Weltmarktführer in Nischen. Firmen wie Knorr-Bremse (6 Milliarden Umsatz, 28.000 Mitarbeiter) sind mit ihren Produkten wie Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge halt wenig bekannt.
Freestyler
... und solche Unternehmen sind nicht im hippen und progressiven Berlin, sind also nicht fancy genug wink.gif Außerdem sind sie im B2B-Geschäft tätig und der Bevölkerung als Endkunden wenig bekannt.

Man muss auch einen Unterschied machen zwischen Unternehmen, die innovativ sind, aber letztendlich nur bereits vorhandene Branchen bzw. deren Dienstleistungen online verlagern und hinsichtlich Preis, Auswahl und Schnelligkeit optimieren (also Zalando für den Einzelhandel usw.) und solchen, die tatsächlich innovative Produkte entwickeln - wie die von Whuffo angesprochenen Weltmarktführer oder die Unternehmen, die Flugtaxis entwickeln: https://www.welt.de/wirtschaft/article20230...ionenmarkt.html

Schließlich sollte man nicht vergessen, dass Start-ups bzw. ehemalige Start-Ups und jetzt "innovative Geschäftsmodelle" wie Uber und Lieferando auf ein Heer aus prekär bezahlten Angestellten angewiesen sind, die die eigentliche Dienstleistung erbringen, da sie sonst nicht wettbewerbsfähig sind.
Scipio32
Gemeinhin werden Unternehmen wie Knorr als Hidden Champions bezeichnet, die sind mir durchaus ein Begriff. Die haben aber Trotzdem nicht die Finanzkraft wie Microsoft Samsung, Huwai und co. Die spielen doch in einer ganz anderen Liga. Oder übersehe ich da was?


goschi
ZITAT(Scipio32 @ 30. Jun 2020, 11:54) *
Die haben aber Trotzdem nicht die Finanzkraft wie Microsoft Samsung, Huwai und co. Die spielen doch in einer ganz anderen Liga.

Niemand spielt sonst in deren Liga (okay, vielleicht noch die Erdölkonzerne)

Microsoft, Apple, Alphabet (Google), Amazon, Alibaba... die machen Umsätze und Reingewinne, dass niemand mithalten kann.
Das bedeutet aber nicht, dass es daneben nichts anderes geben kann, oder diese eine zwingende dauerhafte marktdominanz hätten.
Googles dutzendfach misslungenen Versuche einen eigenen etablierten Messenger oder gar Social Network aufzubauen sind ein gutes Beispiel dafür, oder Microsofts Versuche im Streaming oder Smartphonebereich, usw.
Salzgraf
Elektroenergie in der Schweiz:
ZITAT
Der Betrieb der alpinen Wasserkraftwerke wirft kaum noch Gewinn ab, in andere Energiequellen wurde zu wenig investiert, Lieferungen aus französischen Atomkraftwerken sind unsicher und Deutschland kann seine Gaskraftwerke möglicherweise aus politischen Gründen nicht mehr aktivieren.
(...)
Ein auf vier Betriebsjahre ausgelegtes, mit Gas oder Diesel betriebenes 250 Megawatt-Notkraftwerk in Birr im Kanton Aargau soll jetzt auf die Schnelle die Rettung bringen und die Stromversorgung sicherstellen

https://www.heise.de/tp/features/Blackout-A...iz-7304404.html

Warum sind die Wasserkraftwerke nicht mehr rentabel? zuwenig Wasser? zu geringer Strompreis?
goschi
der Strompreis ist europäisch vernetzt und unrentabel tief, da der meist auf Jahre im Voraus vermarktet wird, ändert sich das nicht einfach, übrigems stark dadurch, dass durch dreckbillige CO2-Zertifikate deutscher Kohlestrom den internationalen Strompreis unterbot hmpf.gif

zT hat sich das aber bereits wieder entspannt, die Aussagen sind eher aus 2018/2019, nicht wirklich aktuell.

Ein anderes problem der grossen Stauwehre ist, die sind auf Schmelzwasser angewiesen und die Gletscher gehen immer stärker zurück, d.h. die werden immer weniger gespiesen und vor allem weniger stabil.
400plus
Warum ist Wasserstrom in der Produktion so teuer? Ich hätte gedacht, dass die Grenzkosten da bei existenten Kraftwerken quasi null sind confused.gif
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