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Panzerchris
Diese Umfrage soll das Ziel haben ein Meinungsbild zu schaffen und bei einer positiven Befragung eine Petition beim deutschen Bundestag einzureichen.

Das aggressive Verhalten und die Androhung militärischer Gewalt durch Russland in der Ukrainekrise, der Wunsch nach Wiederherstellung der Grenzen der Sowjetunion oder gar darüber hinaus sowie die Schaffung einer russischen Einflußsphäre in Osteuropa bedroht den Frieden in Europa. Russland verfügt über die größte Armee auf dem Kontinent und kann im Kriegsfall bis zu 20 Millionen Reservisten aufbieten.
Die Bundeswehr und andere europäische Streitkräfte sind dieser Bedrohung ohne US-Unterstützung nicht gewachsen. Generalarzt Bruno Most (stv. Kdr Kdo Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung Weißenfels) hat in der Loyal-Ausgabe #12/2019 gesagt, daß man bei einem Krieg im Osten mit 4% Ausfallrate pro Tag bei der Bw ausgehen muß. Wenn die Hälfte der deutschen Brigaden eingesetzt werde (22.500 Mann), wären dies 900 Tote und Verwundete - am Tag! Nach 2 Monaten wäre vom deutschen Heer nichts mehr übrig! Wo also soll der Ersatz herkommen? Derzeit gehen viel zu wenige Soldaten ab, die als Reserve verfügbar sind. Reservisten bilden aber den Grundstock an verfügbaren Soldaten im Spannungsfall, um einen schnellen Aufwuchs zu gewährleisten. Auch wurden die meisten Reserveverbände (FErsKp-/Btl) aufgelöst, das Territorialheer existiert gar nicht mehr. Mühsam und eher halbherzig versucht man stückchenweise wieder kleine Reserveeinheiten aufzubauen.
Putin mag vielleicht keine militärische Auseinandersetzung mit der NATO führen wollen. Aber wie sieht es mit seinem Nachfolger aus, wenn Putin irgendwann einmal das Zeitliche segnet? Niemand weiß, wer ihm nachfolgen wird. In Autokratien ist das immer so eine Sache.
Auch steht nicht fest, wer dem aktuellen US-Präsidenten Biden nachfolgen wird. 2024 sind die nächsten Wahlen. D. Trump hat noch nicht gesagt, ob er ein weiteres Mal antreten wird, damit wartet er sicher bis Dezember 2022. Sollte Trump wiedergewählt werden, lautet sein Programm "Rache". Nur mit Mühe konnten ihn seine Berater schon einmal davon abhalten, den Austritt der USA aus der NATO zu verkünden. Was, wenn er wieder an die Macht kommt? Europa müsste dann alleine klarkommen und dazu braucht es auch eine starke militärische Komponente. Ansonsten sind wir ein gefundenes Fressen für die Revisionisten im Kreml.

Sollte die Wehrpflicht wieder kommen, muß man sich auch über den Zivildienst Gedanken machen. Ich persönlich spreche mich für einem allgemeinen Dienst aus, in dem Frauen und Männer einen Teil dessen, was die Gesellschaft für sie als Kinder getan hat, zurückgeben. Frauen sollten vorrangig Zivildienst in sozialen Einrichtungen leisten und so die Fachkräfte entlasten, damit Diese sich um die schwereren Fälle besser kümmern können.

Soweit mir bekannt ist soll eine einzige Division im Osten eingesetzt werden. Das ist definitiv zu wenig. Sollte Russland die ganze Ukraine einnehmen wollen, dann stünde die NATO/EU an rund 3000km Grenze russischen Truppen gegenüber. Norwegen und Finnland sind da gar nicht mit eingerechnet. Und Russland wird seine Armee weiter ausbauen und neue Divisionen aufstellen, um die alten, neuen Gebiete zu halten. Deshalb spreche ich mich dafür aus, daß Deutschland weitere Divisionen aufstellt und dies ginge letzlich nur mit Wehrpflichtigen. Dies hätte immense Anstrengungen zur Folge: Zuerst müssten die KWEAs nach und nach wieder besetzt werden. Alte Kasernen müssten remilitarisiert , manche vielleicht sogar neu gebaut werden. Auch braucht es de komplette Ausstattung von den Uniformen bis hin zu den Fahrzeugen aller Art. Die Kosten wären sehr hoch. Auch über die Stärkung der Lw und Marine sollte nachgedacht werden, z.B. über die Neuaufstellung von Flugabwehrregimentern. Aber dies sollte uns unsere Sicherheit wert sein. Deutschland sagt immer vollmundig, es wolle mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Hier hat es die Chance dazu!

Deutschland hat es sich sehr bequem gemacht und lässt gerne andere die Kartoffeln aus dem Feuer holen. Damit gefährdet es aber unser aller Sicherheit. Von alleine wird sich die Regierung nicht bewegen, sie braucht Druck von innen und außen.

Nun habe ich schon einige Argumente geliefert und freue mich auf eine rege Beteiligung. Sollte es hier eine Mehrheit für die Wehrpflicht geben bräuchte ich noch einige Mitpetenten, die bei der Aufsetzung des Textes mithelfen oder gar selber verfassen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und eure Meinungen.
Broensen
Eine Reaktivierung der Wehrpflicht in der alten Form halte ich für keinen effizienten Weg, daher: Nein.
Abgesehen davon, dass die extrem teure Wiedereinführung einer militärisch begründeten Dienstpflicht politisch kaum denkbar wäre, stünden auch die dadurch zu gewinnenden Reservisten mMn unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen in keinem Verhältnis zu den aufzubringenden finanziellen und gesellschaftlichen Ressourcen.
Zum dabei alternativ erforderlichen Zivildienst muss auch festgehalten werden, dass dieser erst ab einer Dauer von 13-14 Monaten überhaupt praktikabel ist, darunter (wenn nicht sogar insgesamt) sind bezahlte Angestellte für die Träger günstiger. Und eine solche Dienstzeit erfordert dann wiederum weitergehende Eingriffe in unser Schul- und Ausbildungssystem. Zudem wäre die vielbeschriene Personalnot in diesem Bereich durch nicht qualifizierte Zwangsarbeitskräfte auch in keinster Weise zu lindern, so dass gesamtgesellschaftlich betrachtet sich kein eklatanter Mehrwert aus diesem Wehr-Ersatzdienst ableiten würde, einziger Sinn wäre somit die Gerechtigkeitsfrage. Und realistisch betrachtet, würde in unserer derzeitigen Gesellschaft garantiert der Anteil der Ersatzdienstleistenden deutlich den der Wehrdienstleistenden übersteigen.
Da wäre es dann einfach kosteneffizienter, lediglich den freiwilligen Wehrdienst an eine Reservistenfunktion zu binden und dafür extrem hoch zu vergüten.

Da ich allerdings die beschriebenen Notwendigkeiten gar nicht infrage stelle, und auch rein aus gesellschaftlichen Gesichtspunkten einer allgemeinen Dienstpflicht gegenüber sehr positiv eingestellt bin, plädiere ich persönlich eher für den Aufbau einer zivilen bis paramilitärischen Organisation, für die eine entsprechende allgemeine Dienstpflicht unabhängig von der Bundeswehr bestehen sollte.
Diese ggf. aus dem THW zu entwickelnde Heimatschutz-Organisation könnte weite Teile der territorialen Aufgaben, insbesondere des Katastrophenschutzes übernehmen und die Streitkräfte umfangreich entlasten. Es wäre sogar denkbar, den Sanitätsdienst der Bundeswehr auszugliedern und in diese Organisation zu integrieren, die dann wiederum die sanitätsdienstliche Versorgung der Streitkräfte übernimmt. Im Verteidigungsfall würden die regulären Streitkräften darüber hinaus vor allem mit Pionier- Logistik- und ähnlichen Leistungen sowie Zivilschutzaufgaben im rückwärtigen Raum unterstützt werden. Es wäre zu prüfen, inwieweit auch Organisationen wie DRK, DLRG, freiwillige Feuerwehr und andere zumindest teilweise in solch eine Organisation eingebunden werden könnten.
In einer Umkehr des alten Verhältnisses von Wehr- und Zivildienst käme dabei dann in Betracht, eine militärische Grundausbildung für den Reservistendienst als zeitlich kürzere oder anderweitig attraktive Alternative zu dieser allgemeinen Dienstpflicht anzubieten mit dem Ziel, hierdurch eine echte Reserve der Streitkräfte aufzubauen und auch die Personalgewinnung für die Streitkräfte zu verbessern.
Holzkopp
ZITAT(Broensen @ 24. Jan 2022, 19:17) *
(...)

Diese ggf. aus dem THW zu entwickelnde Heimatschutz-Organisation könnte weite Teile der territorialen Aufgaben, insbesondere des Katastrophenschutzes übernehmen und die Streitkräfte umfangreich entlasten. Es wäre sogar denkbar, den Sanitätsdienst der Bundeswehr auszugliedern und in diese Organisation zu integrieren, die dann wiederum die sanitätsdienstliche Versorgung der Streitkräfte übernimmt. Im Verteidigungsfall würden die regulären Streitkräften darüber hinaus vor allem mit Pionier- Logistik- und ähnlichen Leistungen sowie Zivilschutzaufgaben im rückwärtigen Raum unterstützt werden. Es wäre zu prüfen, inwieweit auch Organisationen wie DRK, DLRG, freiwillige Feuerwehr und andere zumindest teilweise in solch eine Organisation eingebunden werden könnten.
(...)



Da ich aus diesem Bereich komme:

Das gab es damals schon, § 8.2 Katastrophenschutzgesetz des Bundes: da konnte man sich statt Wehr- oder Zivildienst für zehn (später dann acht bzw. sechs Jahre) zur Mitarbeit im erweiterten Katastrophenschutz (Zivilschutz) verpflichten. Dienst tat man dann in einer Feuerwehr oder Hilfsorganisation (DRK, ASB, Johanniter, Malteser) oder dem THW, wo es Zivilschutzeinheiten gab.
Diese Dienstpflich wurde verhältnismäßig streng überwacht, Richtgröße waren 200 zu leistende Stunden pro Jahr, wer unbeurlaubt trotz Aufforderung fehlte wurde dem Kreiswehrersatzamt gemeldet und dann wurde die sog. Freistellung nach KatSG widerrufen und der Kandidat musste den Rest seiner Verpflichtungszeit anteilig Wehrdienst leisten. Gab sogar Geldbußen wegen versäumter Dienstpflicht als Warnung vor der Einberufung.

Das führte damals zu einer relativ hohen Zahl an Einsatzkräften im Zivil- und Katastrophenschutz, häufig zum Glück von Menschen, die eine Affinität zu dieser Aufgabe hatten.
Wenn man zukünftig da aber lauter Jungs und Mädels mit akuter Unlust auf den Dienst verplant, dann leidet die Einsatzfähigkeit doch erheblich.
Deshalb bin ich da zwiegespalten: wir brauchen zwar dringend eine Durchhaltefähigkeit im Bereich KatS, aber wenn man dazu die Hälfte der Kräfte erst unter Androhung von Sanktionen bewegen kann ist das nicht sehr effizient.

Wie bei den Reservisten ist es im KatS auch: kaum einb Arbeitgeber unterstützt das, die meisten sind genervt von kurzfristiger Abwesenheit ihrer Mitarbeiter oder dem Wunsch, für eine Woche Einsatz im Ahrtal oder dergleichen freigestellt zu werden.
Aktuell ist es nämlich so, dass erst am Feststellung der Katastrophe (im eigenen Kreis!) eine Freistellungsverpflichtung besteht. Und selbst dann bekommen die Einsatzkräfte zu hören "überleg dir mal, wo du dein Geld verdienst!"

So gibt das nichts. Dienstpflicht, gleich ob militärisch oder zivil, muss erstmal ein gesellschaftliches Fundament haben.

Bei der Verteidigung setzt das auch einen gesellschaftlichen Verteidigungswillen voraus. Und das ist glaube ich aktuell unser größtes Problem: es gibt ja nicht mal einen Konsens, dass man sich verteidigen will. Militär ist "bäh" und da gehen nur Rechte, Doofe und Chauvis hin. Außerdem brauchen wir kein Militär, das ging bisher auch so, zur Not kommen die Amerikaner. Aber die sollen eigentlich auch wegbleiben, denn uns bedroht ja keiner.

Mit der gefestigten gesellschaftlichen Grundhaltung fehlt jede Voraussetzung für eine Wehrpflicht.

Ich bin pessimistisch: daran wird sich erst was ändern, wenn die Menschen die Bedrohung real spüren. Und das tun sie nicht. Uns geht es gut, wir opfern lieber Osteuropa den Russen als hier einen angemessenen und rationalen (!) Beitrag zur Verteidigung Westeuropas zu leisten.
400plus
ZITAT(Panzerchris @ 24. Jan 2022, 17:55) *
Dies hätte immense Anstrengungen zur Folge: Zuerst müssten die KWEAs nach und nach wieder besetzt werden. Alte Kasernen müssten remilitarisiert , manche vielleicht sogar neu gebaut werden. Auch braucht es de komplette Ausstattung von den Uniformen bis hin zu den Fahrzeugen aller Art. Die Kosten wären sehr hoch.


Und genau aus diesem Grund halte ich nichts von dem Vorschlag. Die Bundeswehr hat Stand jetzt Probleme damit, ihre großzügig gerechnet rund 200.000 Mann aduäquat auszurüsten, das vorhandene Material in Stand zu halten usw. Das würde erst einmal nicht besser, wenn sie sich jetzt noch zusätzlich um 200.000 Wehrpflichtige kümmern müsste. Eine solche wieder aus dem Boden zu stampfen wäre ein solcher Kraftakt, dass es die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr auf Jahre hinweg nicht erhöhen, sondern reduzieren würde. Ausbilder würden ja notgedrungen aus der aktiven Truppe kommen und würden dann da fehlen, zusätzliche Beschaffungsmaßnahmen müssten eingeleitet werden, wo doch der jetzige Rückstau schon so groß ist, mehr Material benötigt mehr Logistik und qualifizierte Instler, die auch im Wehrdienst nicht auf Bäumen wachsen usw. Ich denke, es wäre schon sehr viel gewonnen, wenn man die jetzigen Pläne (voll ausgerüstete Divisionen etc) umsetzen und die jetzigen Streitkräfte besser ausrüsten und aufstellen würde. Zusätzliche Baustellen aufzumachen halte ich da nicht für zielführend.
Broensen
ZITAT(Holzkopp @ 24. Jan 2022, 19:52) *
da konnte man sich statt Wehr- oder Zivildienst für zehn (später dann acht bzw. sechs Jahre) zur Mitarbeit im erweiterten Katastrophenschutz (Zivilschutz) verpflichten. ... Das führte damals zu einer relativ hohen Zahl an Einsatzkräften im Zivil- und Katastrophenschutz, häufig zum Glück von Menschen, die eine Affinität zu dieser Aufgabe hatten.
Wenn man zukünftig da aber lauter Jungs und Mädels mit akuter Unlust auf den Dienst verplant, dann leidet die Einsatzfähigkeit doch erheblich.

Alles eine Frage der Ausgestaltung, gerade wenn man es juristisch nicht mehr von der Wehrpflicht her denken muss. Dann kann man z.B. als Basisvariante einen Vollzeit-Dienst annehmen, von dem sich diejenigen freistellen lassen können, die bereits entsprechendes Engagement in den angeschlossenen Jugendorganisationen nachweisen können und sich dafür dann auch längerfristig verpflichten. Diesen engagierten und entsprechend auch qualifizierten Kräften sowie den erforderlichen Hauptberuflern werden dann die Vollzeit-Dienstleistenden als Hilfskräfte unterstellt.

ZITAT(Holzkopp @ 24. Jan 2022, 19:52) *
So gibt das nichts. Dienstpflicht, gleich ob militärisch oder zivil, muss erstmal ein gesellschaftliches Fundament haben. ... Mit der gefestigten gesellschaftlichen Grundhaltung fehlt jede Voraussetzung für eine Wehrpflicht.

Das sehe ich eigentlich nicht anders. Doch hätte ich noch die Hoffnung, durch den zivilen Ansatz der Dienstpflicht in die Gesellschaft hinein zu wirken und dieses Fundament damit aufbauen zu können. Dadurch dass man jeden jungen Menschen einmal für eine gewisse Zeit seiner sozialen Blase entzieht und in die gesellschaftliche Verantwortung nimmt, kann man (hoffentlich) bei vielen überhaupt erst eine Vorstellung von Gesellschaft und Verantwortung entwickeln. Über die Einbindung des sozial-gesundheitlichen Sektors und da man den erweiterten Katastrophenschutz heute auch mit Umwelt- und Naturschutz verbinden kann, sehe ich da auch viele Möglichkeiten, das ganze gesellschaftlich tragfähig aufstellen zu können. Die Steigerung der Wehrfähigkeit ist dabei dann eher ein Nebeneffekt, wobei der mögliche Zuwachs an Resilienz natürlich nicht zu vernachlässigen wäre.
Panzerchris
Die Bw hat leider einen sehr schweren Stand in der deutschen Gesellschaft. Solange der Kühlschrank gefüllt, die Wohnung geheizt und der nächste Urlaub gebucht ist interessiert sich keiner für uns. SiPo wird gerne vom bequemen Sessel aus beurteilt.

Doch als wirtschaftlich stärkste und bevölkerungsreichste Nation Europa hat Deutschland aus meiner Sicht die Verpflichtung den größten Beitrag zu leisten. Die NATO ist eine Ansammlung von vielen kleinen und mittelkleinen europäischen Staaten, die wenig zur Sicherheit aller beitragen können. Nur zu sagen, daß 30 Staaten für einander einstehen und den anderen verteidigen geht an der Realität vorbei. Welchen Beitrag kann Luxemburg mit seinen einen Bataillon leisten? Oder Montenegro und Nordmazedonien? Viele Nationen kommen kaum über 10 Millionen Einwohner, die Wirtschaftskraft ist daher sehr niedrig, was folglich zu einer sehr kleinen und nicht gerade moderen Streitmacht jener Staaten führt. Island hat gar kein Militär. Hier sind die großen wirtschaftsstarken Länder in der Verantwortung, ganz vorn Deutschland.
Aber ehrlicherweise muß man auch fragen, wo das Geld dafür herkommen soll. Allein der Sozialsektor mit dem enormen Zuschuß der Rente frisst viel Geld auf.
Seneca
Deutschland allein hat eine deutlich höhere Wirtschaftsleistung als Russland. Deutschland und Frankreich addiert haben mehr Einwohner als Russland. Das Potential, eine abwehrfähige, personalstarke Armee aufzustellen ist in Europa also da, selbst wenn es nur Deutschland und Frankreich gäbe.
Deutschland hatte, Bundeswehr und NVA zusammengenommen, einst 670.000 Soldaten.
Würde Deutschland den gleichen Anteil Soldaten an der Bevölkerung haben wie Russland ( ca. 1 Million Soldaten) hätte die Bundeswehr circa 580.000 Soldaten.
Die jetzige Zahl von ca. 180.000 Soldaten ist für Deutschland einfach zu wenig. Ich kann da nur spekulieren, aber mindestens 250.000 Soldaten scheinen mir zur Verteidigung und Bündnispflichten notwendig. Ob durch Wehrpflicht oder anders wäre zu überdenken.
Die Schweiz und Österreich haben unterschiedliche Arten der Wehrpflicht , es funktioniert.
Ohne Wehrpflicht müssen mehr Zeitsoldaten gewonnen werden, die Anstrengungen bisher reichen ja nicht aus. Man sollte erwägen, für Zeitsoldaten deutliche Vergünstigungen bei Studium ( Numerus clausus) und Bewerbungen ( Vorrang) im öffentlichen Dienst einzuführen.
Interessant : Nach einer im Juli 2020 im Rahmen des ZDF-Politbarometers durgeführten Umfrage waren 77 Prozent der Befragten für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht in Deutschland.

Im Falle einer Wehrpflicht oder Dienstpflicht sehe ich auch genug Einsatzmöglichkeiten außerhalb der Bundeswehr für Nicht-Soldaten, z.B. bei Feuerwehr, THW und selbst im Pflegedienst. Es ist nicht so, dass dort Hilfskräfte nur mit langer Ausbildung arbeiten könnten. Medizinstudenten leisten beispielsweise 90 Tage Pflegepraktikum vor dem Studium oder in den ersten Semesterferien ab und sind auch ungelernt nach kurzer Einarbeitung eine große Hilfe.
wARLOCK
Ich persönlich halte eine allgemeine Dienstpflicht/Wehrpflicht für ungeeignet die Probleme der deutschen Sicherheispolitik zu lösen. Wie weiter oben schon angedeutet, gibt es überhaupt keinen Bedarf für derart viele ungelernte Hilfskräfte.
Die Bundeswehr selbst könnte diesen Massen auch nicht gerecht werden, was unweigerlich wieder die Sinnfrage nach sich ziehen würde.

Was ich mir vorstellen könnte, dass man -quasi als Vorstufe- die Musterung (für beide Geschlechter) wiedereinführt, um der BW damit mehr Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen.
Kenne in meinem Umfeld diverse junge Leute die der BW gegenüber ansich überhaupt nicht negativ eingestellt sind, die aber auch keinerlei Berührungspunkte dazu haben und folglich nur wenig Vorstellung davon was einem dort geboten werden könnte.
Hier liegt mMn ein möglicher Hebel um die Situation zu verbessern.
Der zweite wäre dann der schnöde Mammon und ähnliche Anreize. Wenn ich die Aufmerksamkeit meiner Zielgruppe einmal habe, dann muss ich auch ein Angebot unterbreiten über das es sich nachzudenken lohnt. Anständige Besoldung, Führerscheine, Bevorzugung beim Studium oder im öffentlichen Dienst, konstant steuerfreie Kohle für Reservisten, etc.

Die Bundeswehr braucht keine sechsstelligen Rekrutenzahlen pro Jahr, das bekäme man niemals gemanaged (geschweige denn ausgerüstet). Lieber 15-20.000 W12+ die nach dem aktiven Jahr fest in eine Reservestruktur eingebaut werden.
Broensen
Also wenn man schon den ganzen teuren Musterungsapparat wieder aufbaut, dann sollte wenigstens auch ein kleiner "Schnupperkurs Grundausbildung" dabei rum kommen. Vielleicht auf dem Niveau der Reservistenausbildung für Ungediente oder noch darunter, Ausbildung an der Waffe rein optional. Wahlweise en bloc oder über mehrere Wochenenden verteilt. Sonst ist das mit der Musterung rausgeworfenes Geld, dann helfen finanzielle Anreize für FWDler und Reservisten mehr.
400plus
ZITAT(wARLOCK @ 24. Jan 2022, 23:22) *
Was ich mir vorstellen könnte, dass man -quasi als Vorstufe- die Musterung (für beide Geschlechter) wiedereinführt, um der BW damit mehr Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen.


So was Ähnliches hatten (haben?) die Franzosen für Männer. In meiner Jahrgangsstufe war ein Doppelbürger, und der musste dann einen Tag ins Konsulat und sich dort über die französischen Streitkräfte und die Landesverteidigung aufklären lassen.
Kameratt
ZITAT(Seneca @ 24. Jan 2022, 21:38) *
Man sollte erwägen, für Zeitsoldaten deutliche Vergünstigungen bei Studium ( Numerus clausus) und Bewerbungen ( Vorrang) im öffentlichen Dienst einzuführen.

Könnte nach Art. 3 GG verfassungsrechtlich problematisch sein.
Nite
Ist schon wieder oder noch Sommerloch?

Eine Wehrpflicht-Diskussion ist die falsche Debatte, der dritte Schritt vor dem ersten, solange es keine Konzeption gibt wie die Streitkräfte die wir brauchen/wollen überhaupt aussehen sollen/müssen.
Daher ein klares Nein!
Panzerchris
Dänemark hat(te) auch ein interessantes Wehrpflichtkonzept: Wenn sich eine bestimmte Anzahl von Rekruten nicht freiwillig gemeldet hatte, dann wurde per Losverfahren entschieden, wer dienen mußte. Dies wäre auch mal für Deutschland ein Gedanke.
Whuffo
Solch ein Losverfahren wäre die schlechteste Alternative.


https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrgerechtigkeit

ZITAT
Dadurch sollte sichergestellt sein, dass nicht Willkür oder Zufall darüber entscheiden, ob ein junger Mann den Wehrdienst ableisten muss.



General Gauder
Also in meinen Augen geht das nur wenn amn dne Jungen Menschen auch etwas bieten kann, 12 Jahre BW und dann mit anfang mitte 30 nochmal neuanfagen ist eben nicht unbedingt so klasse.

Was ich mir vorstellen könnte wäre das man pro sagen wir mal 4 Jahre 1% Lohnsteuer erlassen bekommt im restlichen Berufleben, nur mal als Beispiel.
Ansonsten eine garantierte Ausbildung wäre auch nicht schlecht analog zum Studum bei Offizieren. man müsste das ganze dann halt extrem straffen und auf 1-2 Jahre verkürzen aber das sollte drin sein.
Malefiz
ZITAT
Frauen sollten vorrangig Zivildienst in sozialen Einrichtungen leisten und so die Fachkräfte entlasten, damit Diese sich um die schwereren Fälle besser kümmern können.


Und aus Reihe zwei grüßt das zwanzigste Jahrhundert.

Den, nunja, desolaten Zustand der Bundeswehr wird man mit einer Wehrpflicht nicht verbessern. Da müsste eine politische Neukonzeptionierung her, weg von "Ausstellungsfläche für deutsche Rüstungsunternehmen" und "halbgare Interventionstruppe" hin zu "Den Ressourcen und der Bedrohungslage angemessen ausgestattete Streitkraft zur Landes- und Bündnisverteidigung". Wenn man das geschafft hat kann man immernoch schauen ob eine Wehrpflicht einen Gewinn bringt.

@ Whuffo: Die Wehrgerechtigkeit war in den letzten Jahren der Wehrpflicht allerdings schon lange tot. Als ich gemustert wurde war die Parole unter Unwilligen schon lange "Bei T2 einfach nichts tun, erst verweigern wenn man dann wirklich eingezogen wird"
General Gauder
ZITAT(Malefiz @ 25. Jan 2022, 17:35) *
ZITAT
Frauen sollten vorrangig Zivildienst in sozialen Einrichtungen leisten und so die Fachkräfte entlasten, damit Diese sich um die schwereren Fälle besser kümmern können.


Und aus Reihe zwei grüßt das zwanzigste Jahrhundert.

Den, nunja, desolaten Zustand der Bundeswehr wird man mit einer Wehrpflicht nicht verbessern. Da müsste eine politische Neukonzeptionierung her, weg von "Ausstellungsfläche für deutsche Rüstungsunternehmen" und "halbgare Interventionstruppe" hin zu "Den Ressourcen und der Bedrohungslage angemessen ausgestattete Streitkraft zur Landes- und Bündnisverteidigung". Wenn man das geschafft hat kann man immernoch schauen ob eine Wehrpflicht einen Gewinn bringt.

@ Whuffo: Die Wehrgerechtigkeit war in den letzten Jahren der Wehrpflicht allerdings schon lange tot. Als ich gemustert wurde war die Parole unter Unwilligen schon lange "Bei T2 einfach nichts tun, erst verweigern wenn man dann wirklich eingezogen wird"

Also ich hatte ja noch das Vergnügen zu dehnen zu gehören die 9 Monate ableisten durften direkt nach mir wurde auf 6 Monate verkürzt und ich meine dann nochmal 3 Monate Später wurde die Wehrpflicht ganz abgeschafft so das es nach mir noch 3 Monate lang Wehrpflichtige gab.
Wenn ich bedenke das ich aus meine Schulklasse der einzige war der zur BW musste (3 andere hatten verweigert und mussten Zivi machen) alle anderen (immerhin 25) mussten nicht.
schöne Wehrgerechtigkeit hmpf.gif
Panzerchris
ZITAT(Malefiz @ 25. Jan 2022, 17:35) *
ZITAT
Frauen sollten vorrangig Zivildienst in sozialen Einrichtungen leisten und so die Fachkräfte entlasten, damit Diese sich um die schwereren Fälle besser kümmern können.


Und aus Reihe zwei grüßt das zwanzigste Jahrhundert.


Ich will damit nicht andeuten, daß Frauen in der Truppe nicht gern gesehen und gebraucht würden. Tatsache ist aber, daß die körperlichen Anstrengungen einen doch ganz schön zusetzen, gerade den Schwächeren. Im Einsatz (oder Krieg) muß dann auch eine Frau eine 80kg schwere Bodenplatte vom Mörser tragen können, und das ist auch für Männer nicht leicht. Zumal Frauen auch emphatischer sind. Ausnahmen gibt's natürlich auch.
KSK
Für den militärischen Bereich wurde das wesentliche ja schon erwähnt: Haben die Streitkräfte wirklich einen Bedarf an Reservisten? Wird die zusätzliche Ausbildung nicht mehr zur Last als zum Nutzen? Wie statte ich die Reservisten mit Material aus? Das angeführte Szenario "Verlusten an der Ostfront" beinhaltet ja ebenso Materialverluste, wie gleiche ich diese aus, wenn ich das Personalproblem wirklich über Reservisten lösen kann?

ZITAT(Panzerchris @ 24. Jan 2022, 17:55)
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Sollte die Wehrpflicht wieder kommen, muß man sich auch über den Zivildienst Gedanken machen. Ich persönlich spreche mich für einem allgemeinen Dienst aus, in dem Frauen und Männer einen Teil dessen, was die Gesellschaft für sie als Kinder getan hat, zurückgeben. Frauen sollten vorrangig Zivildienst in sozialen Einrichtungen leisten und so die Fachkräfte entlasten, damit Diese sich um die schwereren Fälle besser kümmern können.


Hierzu ergeben sich ähnliche Fragestellungen. Besteht im Zivilen überhaupt ein derart hoher Bedarf an (nahezu) umgelernten Kräften? Ist es den Tätigkeiten dort zuträglich, wenn die Arbeitskräfte durch Zwang statt durch Motivation dort sind?

Persönliches Interesse: Was genau meinst du mit "was die Gesellschaft für sie als Kinder getan hat"? Das Argument habe ich schon öfter gehört, wirklich greifbar ist es so für mich aber nicht.
Panzerchris
ZITAT(KSK @ 25. Jan 2022, 18:05) *
Persönliches Interesse: Was genau meinst du mit "was die Gesellschaft für sie als Kinder getan hat"? Das Argument habe ich schon öfter gehört, wirklich greifbar ist es so für mich aber nicht.


Damit meine ich den kostenlosen Schulbesuch, die beitragsfreie Mitversicherung in den Krankenkassen der Eltern, der Besuch in Kindertagesstätten und weiteres. Vieles davon ist ja keine Selbstverständlichkeit in der Welt.
Nite
ZITAT(Panzerchris @ 25. Jan 2022, 18:16) *
ZITAT(KSK @ 25. Jan 2022, 18:05) *
Persönliches Interesse: Was genau meinst du mit "was die Gesellschaft für sie als Kinder getan hat"? Das Argument habe ich schon öfter gehört, wirklich greifbar ist es so für mich aber nicht.


Damit meine ich den kostenlosen Schulbesuch, die beitragsfreie Mitversicherung in den Krankenkassen der Eltern, der Besuch in Kindertagesstätten und weiteres. Vieles davon ist ja keine Selbstverständlichkeit in der Welt.

Alles Dinge die man den Rest seines Lebens mehrfach zurückzahlt.

"der Gesellschaft etwas zurückgeben" ist, wie auch andere nebulöse Soft-Faktoren, eine reichlich dünne Grundlage als Rechtfertigung für Zwangsdienste.
goschi
ZITAT(Panzerchris @ 25. Jan 2022, 18:16) *
ZITAT(KSK @ 25. Jan 2022, 18:05) *
Persönliches Interesse: Was genau meinst du mit "was die Gesellschaft für sie als Kinder getan hat"? Das Argument habe ich schon öfter gehört, wirklich greifbar ist es so für mich aber nicht.


Damit meine ich den kostenlosen Schulbesuch, die beitragsfreie Mitversicherung in den Krankenkassen der Eltern, der Besuch in Kindertagesstätten und weiteres. Vieles davon ist ja keine Selbstverständlichkeit in der Welt.

"Die Gesellschaft" macht das, weil wir ausgebildete, kompetente Fachkräfte brauchen, die in erwachsenem Zustand "die Gesellschaft" mittragen, also zB Jobs ausüben die die Wirtschaft fördern oder Familien gründen und weiteren Nachwuchs zeugen, diesen wieder ausbilden, usw.

"Die Gesellschaft" macht das alles also nicht aus Nettigkeit, sondern weil gesunde, gut ausgebildete und in eine soziale Gesellschaft sauber integrierte erwachsene Menschen einen riesigen Nutzen bringen. Genau wegen diesen Menschen stehen unsere Länder wo sie stehen.

Zudem zahlen Menschen Steuern auf direktem und indirektem Weg und bezahlen diese Nettigkeiten also wieder zurück.

Nein, aus der Schulzeit erwächst keine Schuld dem Staat gegenüber zum Wehrdienst.

Man kann Wehrdienst, bzw generelle Dienstpflicht sehr gut verargumentieren, aber nicht über diese Schiene, das ist eine löchrige Argumentation voller Fehlschlüsse und unter Ignorieren ganz vieler Realitäten.
Nite
ZITAT(goschi @ 26. Jan 2022, 03:12) *
Man kann Wehrdienst, bzw generelle Dienstpflicht sehr gut verargumentieren, aber nicht über diese Schiene, das ist eine löchrige Argumentation voller Fehlschlüsse und unter Ignorieren ganz vieler Realitäten.

Die Wehrpflicht-Diskussionen und die Dienstplicht-Zombiedebatte (nie ganz totzukriegen, aber auch nicht lebendig) in Deutschland kranken vor allem daran dass man kein Problem lösen will, sondern aus bestenfalls nachgelagerten oder schlechtestenfalls rein ideologischen Gründen bestimmte Massnahmen will und sich dann Begründungen aus den Fingern saugt.
PzArt
Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht nach altem Vorbild würde neue Probleme ohne Ende nach sich ziehen, wie weiter oben vielfach auch schon beschrieben. Weder Struktur noch Personal/ Material sind derzeit dafür vorgesehen. Es würde ja wieder wesentlich mehr Material vorgehalten werden müssen, was sollen sonst die ganzen Reservisten. Bei einer allgemeinen Dienstpflicht wäre ebenfalls fraglich, ob etlichen Trägern mit der zu erwartenden Masse an ungelernten, teils unmotivierten Hilfskräften wirklich geholfen wäre.

Das Problem mit der gesellschaftlichen Akzeptanz für Wehrdienst/ sonstige Pflichtdienste sehe auch ich, so lange viele hier quasi im "Paradies" leben und keine wirklichen Bedrohungen/ Notwendigkeiten zu einer solchen Solidarität sehen. Intrinsisch motivierte Leute bekommt man so also kaum.

Ehrenamt und freiwillige Dienste wie Feuerwehr/ THW wären auch anders zu fördern (Z.B. Gutschriften in Sachen Renten/ allgemeinen Steuererleichterungen, usw. Auch Bevorzugung bei Studienplätzen oder im öff. Dienst wären denkbar).

Um die BW an sich attraktiver zu machen, Bedarf es meines Erachtens primär eines vollkommen neuen Personalkonzeptes. Man könnte hin zu weniger langen Verpflichtungszeiten, damit auch weniger BS. So wären gewisse personelle Reserven zu schaffen und die Überalterung zu mindern. Diese Verpflichtungen müssen dann natürlich zwingend entsprechend attraktiv ausgestaltet werden. Denkbar wären z.B. geförderte Ausbildung/ Stipendium nach einer gewissen Verpflichtungszeit, die Möglichkeit des Studiums an der BW Uni nach der aktiven Dienstzeit, auch laufbahnunabhängig. Bevorzugte Übernahme in den Staatsdienst wie z.B. in Italien (Möglichkeit des Eingliederungsscheins gibt es ja bereits hier und heute). Bei einer langen Verpflichtungszeit von 15 Lenzen oder mehr wäre nach frz. Vorbild auch die direkte Zahlung einer lebenslangen Rente (natürlich nicht vollumfänglich) denkbar. So hätten viele danach eine Grundlage, um z.B. mit 35, 40 Jahren nochmal ganz anders zivil durchstarten zu können, da zumindest teilweise eben schon abgesichert. Vieles Weitere wäre hier sicher noch denkbar. Halt mal ein ordentliches Brainstorming machen ohne Denkverbote und im Vordergrund stehende Bedenken. Die Verfassungsmäßigkeit muss natürlich gewährleistet bleiben.
Tankcommander
ZITAT(Panzerchris @ 25. Jan 2022, 17:57) *
Im Einsatz (oder Krieg) muß dann auch eine Frau eine 80kg schwere Bodenplatte vom Mörser tragen können, und das ist auch für Männer nicht leicht. Zumal Frauen auch emphatischer sind. Ausnahmen gibt's natürlich auch.


Es sind zwar auch Frauen in den Infanterietruppen, soweit ich weiss aber nicht den schweren Waffen zugeteilt.
In den Kampftruppen sind auch nur relativ wenig Frauen, und die sind dann meist auch nicht klein und zierlich.
bill kilgore
Das Grundlegende Problem einer Dienstpflicht ist meiner Meinung nach eher dass man Dinge erledigt haben möchte, die man nicht angemessen bezahlen will. Daran krankt das Ganze. Ob ich jetzt über den Wehr- oder Zivildienst ein paar Menschen dazu motiviere über eine Tätigkeit bei der Bundeswehr oder im Gesundheitswesen nachzudenken, die vorher das nicht in ihrer Planung hatten - oder ob ich die Tätigkeit angemessen entlohne und vernünftige Arbeitsbedingungen schaffe - und damit Anreize setze.

Freilich setzt beides eine gewissen Typ Mensch voraus, aber die Leute zu verpflichten ist kein vernünftiger Ansatz.

Ein gefördertes Studium nach der BW-Zeit ist doch bereits möglich (zumindest kannte ich da jemand...)?

Nite
ZITAT(bill kilgore @ 26. Jan 2022, 09:42) *
Ein gefördertes Studium nach der BW-Zeit ist doch bereits möglich (zumindest kannte ich da jemand...)?

Stichwort BFD wink.gif
goschi
ZITAT(Panzerchris @ 25. Jan 2022, 17:57) *
Im Einsatz (oder Krieg) muß dann auch eine Frau eine 80kg schwere Bodenplatte vom Mörser tragen können, und das ist auch für Männer nicht leicht.

1. ist das unsinn, auch in der Armee, selbst bei der infanterie, ist das nicht dauernd nötig und auch die meisten männer können das nicht einfach
Auch Soldaten können sich hilfe holen und schweres Zeug, auch im Einsatz, macht man zusammen

Sorry, du lebst da in einer komischen idealistischen Welt voller mieser Stereotypen und falscher Vorstellungen.

Auch infanteristen müssen nicht dauernd "HUU-AAAH" schreiend schwere Gewichte rumlasten, zudem gibts auch genug Frauen die nicht zierlich klein sind.

und ob empathisch oder nicht, mal echt, WHAT? was hat das mit der Eignung zum Soldaten zu tun?
Almeran
Lustigerweise sollen die ganzen Frauen, die keine 80kg Mörserplatte tragen können, in ihrem zivilen Ersatzdienst 80kg Mensch vom Bett in einen Rollstuhl und zurück wuchten.
Schwabo Elite
ZITAT(goschi @ 26. Jan 2022, 16:52) *
ZITAT(Panzerchris @ 25. Jan 2022, 17:57) *
Im Einsatz (oder Krieg) muß dann auch eine Frau eine 80kg schwere Bodenplatte vom Mörser tragen können, und das ist auch für Männer nicht leicht.

und ob empathisch oder nicht, mal echt, WHAT? was hat das mit der Eignung zum Soldaten zu tun?
Ich wollte das eigentlich nicht kommentieren, aber es gibt bei Männern im wehrfähigen Alter, also zwischen 19 und 45 Jahren, so viel Varianz in der Leistungsfähigkeit, dass Frauen hier nicht weiter auffallen. Die Lösung ist doch einfach: Ein Benchmarktest, der physische Fitness misst, ermittelt einen Punktwert und ein paar weitere Details. Punktwerte und Details passen zu den verschiedenen Truppengattungen. Bist du überall überragend, kannst Du alles machen. Bist du stark, ausdauernd, aber nicht so gelenkig, fallen vielleicht schon Fallschirm- und Gebirgsjäger raus. Zumindest in bestimmter Hinsicht. Man kann sicher in regulären Gebirgsjägertruppe dienen, aber für den Hochgebirgsjägerzug untauglich sein, oder EGB. Beispiele jetzt natürlich nur zur Veraunschaulichung.
Die hier geäußerten Standpunkte zu "Frauen in der Truppe" sind direkt aus der Ära 1999-2001.
Schwabo Elite
ZITAT(Almeran @ 27. Jan 2022, 21:09) *
Lustigerweise sollen die ganzen Frauen, die keine 80kg Mörserplatte tragen können, in ihrem zivilen Ersatzdienst 80kg Mensch vom Bett in einen Rollstuhl und zurück wuchten.


Dort erfüllen sie aber zumindest den wichtigen Dienst billig Arbeitskräfte in der Pflege zu sein, damit es keine neuen Konzepte braucht dort. Dadurch wird der Wegfall von billigen Kräften aus Osteuropa kompensiert, den so ein Krieg ja sicher mit sich brächte. Abgesehen davon wiegen Kriegversehrte keine 80-100 kg mehr, wenn ihnen genügend Gleidmaßen fehlen. Problem solved. evil.gif
Nite
ZITAT(Schwabo Elite @ 28. Jan 2022, 15:42) *
Ein Benchmarktest, der physische Fitness misst,

Grundsätzlich ist der Ansatz der Bw gar nicht verkehrt: was bei der Einstellung zählt ist die Gesundheit.
Physische Fitness (Ausdauer, Kraft, etc.) kann man trainieren, auch die Idee der kontinuierlichen Evaluation via. Cooper Test PFT BFT wie auch immer das inzwischen heisst ist an und für sich richtig, sofern das ganze mit einer entsprechenden Trainingsplanung und -philosophie kombiniert wird.
Das Problem ist halt dass man beim Thema Fitness bei der Bw lange auf dem Stand des 19. Jahrhunderts, irgendwo zwischen preussischem Drill und Turnvater Jan. stehen geblieben war.
Vernünftige Trainingsplanung und Ausgestaltung statt "Friss oder stirb!" mit dem immer gleichen Programm aus Laufen und Liegestützen macht hier einen Riesen-Unterschied.
Ansätze in die richtige Richtung gibt es ja anscheinend.
Nite
ZITAT(Schwabo Elite @ 28. Jan 2022, 15:45) *
llen sie aber zumindest den wichtigen Dienst billig Arbeitskräfte in der Pflege zu sein, damit es keine neuen Konzepte braucht dort. Dadurch wird der Wegfall von billigen Kräften aus Osteuropa kompensiert, den so ein Krieg ja sicher mit sich brächte. Abgesehen davon wiegen Kriegversehrte keine 80-100 kg mehr, wenn ihnen genügend Gleidmaßen fehlen. Problem solved. evil.gif

Andere denken hier auch schon weiter: France to start research into 'enhanced soldiers' [BBC]
Schwabo Elite
Klar ist die Bundeswehr da auf dem Stand von Vorgestern. Das war schließlich das letzte Mal, dass man wusste, was man (nicht) wollte.
revolution
Die Grundausbildung, so wie ich sie erlebt habe, war komplett fürn Arsch. So rekrutiert man auch kein Personal. Damals in Koblenz (Fernmeldetruppe) waren unter den Ausbildern überwiegend schreiende Choleriker (je kleiner desto aggro) unterwegs. Es gab sinnlose Schikanen, wie verplombte Spinde, verwüstete Betten, Strafaufgaben wie mit Lappen Terpentin den Boden reinigen, unnötig lange im Trainingsanzug in der Kälte stehen (Funker XY ist in ihnen kalt? -Ja. -Dann rauchen sie zu viel. Höhö.) usw. usf. Gleichzeitig sah die Stube der Stuffze Mal demonstrativ so richtig chaotisch aus. Es liefen Beschwerden anderer Kameraden, denen das wohl zu sehr gegen den Strich lief. Ich habe schön den Ball flach gehalten und mich nicht ärgern lassen bzw. es mir nicht anmerken lassen. Beschwerden anderer führten auch nur dazu, dass alle antreten mussten und es nochmal richtig Kasalla für alle gab. Habe wegen Ausbildung eine Unterbrechung der Grundausbildung erreicht und später den Rest als Zivi im Krankenhaus abgeleistet. Ich war echt froh, dass das möglich war. Zum Abschied drückte mir der Spiess noch rein, dass die Scheidung meiner Eltern auf deren Herkunft zurück zu führen sei. Was geht den das an? Nene.. Keine Ahnung, aber wer sowas freiwillig macht, muss auch ein wenig masochistisch angehaucht sein. Gelernt habe ich Kameradschaft über soziale Grenzen hinweg, insbesondere innerhalb der Stube oder Donnerstags beim Picheln mit allen. Ansonsten konnte ich weder einen verteidigungstechnischen noch sonst einen Vorteil erkennen. Zivis machen mehr Sinn.
Merowinger
Meine Grundausbildung in der Marine war ok und zum Teil sehr sehr lustig mit viel Augenzwinkern, und diese Grundstimmung scheint es auch 20 Jahre später noch gegeben zu haben. Mit Deiner Beschreibung überhaupt nicht zu vergleichen. Unterm Strich waren das mit Abstand die witzigsten 3 Monate meines Lebens. Danach wurde die nachfolgenden Lehrgänge allerdings weniger abwechslungsreich, was schnell einleuchtet.
Forodir
ZITAT(revolution @ 28. Jan 2022, 17:22) *
Die Grundausbildung, so wie ich sie erlebt habe, war komplett fürn Arsch. So rekrutiert man auch kein Personal. Damals in Koblenz (Fernmeldetruppe) waren unter den Ausbildern überwiegend schreiende Choleriker (je kleiner desto aggro) unterwegs. Es gab sinnlose Schikanen, wie verplombte Spinde, verwüstete Betten, Strafaufgaben wie mit Lappen Terpentin den Boden reinigen, unnötig lange im Trainingsanzug in der Kälte stehen (Funker XY ist in ihnen kalt? -Ja. -Dann rauchen sie zu viel. Höhö.) usw. usf. Gleichzeitig sah die Stube der Stuffze Mal demonstrativ so richtig chaotisch aus. Es liefen Beschwerden anderer Kameraden, denen das wohl zu sehr gegen den Strich lief. Ich habe schön den Ball flach gehalten und mich nicht ärgern lassen bzw. es mir nicht anmerken lassen. Beschwerden anderer führten auch nur dazu, dass alle antreten mussten und es nochmal richtig Kasalla für alle gab. Habe wegen Ausbildung eine Unterbrechung der Grundausbildung erreicht und später den Rest als Zivi im Krankenhaus abgeleistet. Ich war echt froh, dass das möglich war. Zum Abschied drückte mir der Spiess noch rein, dass die Scheidung meiner Eltern auf deren Herkunft zurück zu führen sei. Was geht den das an? Nene.. Keine Ahnung, aber wer sowas freiwillig macht, muss auch ein wenig masochistisch angehaucht sein. Gelernt habe ich Kameradschaft über soziale Grenzen hinweg, insbesondere innerhalb der Stube oder Donnerstags beim Picheln mit allen. Ansonsten konnte ich weder einen verteidigungstechnischen noch sonst einen Vorteil erkennen. Zivis machen mehr Sinn.


Können wir sowas vielleicht sein lassen, meine Grundausbildung war scheiße,..meine Grundausbildung war die härteste? Meistens trügt die eigene Erinnerung und das was man selbst als unnötig oder schwierig erlebte war für andere noch nicht mal eine Erwähnung wert. Auch das man Sinn oder Unsinn auf einer persönlichen ebene nicht verstanden hat mag zwar sein macht aber den Wehrdienst an sich nicht sinnlos.

(von jemanden geschrieben der wohl masochistisch angehaucht ist da er 2 Jahre lang Zugführer in der Grundausbildung war und fast alle stories gehört hat.)
Dragon46
Wenn man bei Wiegold regelmäßig die Entwicklung der Bundeswehr-Personalstärke mitliest, fällt eines auf: Die deutsche Freiwilligenarmee ist mit ca. 185.000 Soldat:innen offensichtlich am Ende des Rekrutierungspotentials angekommen. Allein schon die Steigerung auf 198.000, die ja als erster Schritt für das neue Divisionsmodell (IMHO ein feuchter Traum und unerfüllbares Wolkenschloss der Generalität, aber das ist ein anderes Thema) erforderlich ist, scheint unmöglich. Daher scheint es tatsächlich unumgänglich, über alternative Methoden der Personal"beschaffung" zu diskutieren. Eine Dienst- oder Wehrpflicht im herkömmlichen Sinne sehe ich hier aber ebenfalls nicht, weil sie in ihrer Form aus der Zeit gefallen ist.

Aber...

Eine Idee mit Potential (in meinen Augen, dass muss selbstverständlich nicht jede:r so sehen), wäre eine Dienstpflicht für freiwillig verpflichtete Reservist:innen. Warum? Prinzipell sind die zum Teil sehr effektiven und effizienten Reservestrukturen in der Masse abgebaut worden, die verbleibenden, einzelnen Truppenteile gereichen zu gar nichts. Tatsächlich kann man aber in jeder Struktur durchaus Verbände finden, die im Friedensbetrieb teil- oder nichtaktiv existieren und erst im Spannungsfall aufwachsen können. Die Möglichkeit zur Aufstellung und Inübunghaltung von reinen Reserveverbänden wurde aber durch die Abschaffung Aussetzung der Wehrpflicht quasi neutralisiert. Ein:e Reservist:in darf heute ohne Einverständniserklärung des Arbeitgebers den Reservedienst nicht antreten. Damit ist der Reservedienst deutlich schlechter gestellt, als z. B. ein Ehrenamt bei der Freiwilligen Feuerwehr oder den Hilfsorgansationen (die Unterschiede in der Reputation seien mal dahingestellt) und ermöglicht damit auch keinen schnellen oder flexiblen Einsatz, wie z. B. bei Naturkatastrophen. Mit der Möglichkeit, Reservist:innen zum Dienst heranziehen zu können, kann man eine leistungsfähige Reserveorganisation schaffen und in Übung halten (!), die zudem deutlich kosteneffizienter als das Äquivalent in aktiver Truppe arbeitet und diese im täglichen Dienst weniger belastet.

Wichtig: Für mich ist hier die grundliegende Freiwilligkeit für das Engagement in der Reserve essentiell. Aber wenn die Truppe dann ruft, soll man nicht noch beim Chef um Freistellung betteln müssen, das ist Blödsinn. Es besteht Bedarf? Der Bund alarmiert die Einheiten, alle Angehörigen gelten mit dem Alarm als dienstverpflichtet. Ebenso bei den regelmäßigen Übungsdiensten, das beendet diese ewige Beliebigkeit in der Reseve und ermöglicht eine intensive Inübunghaltung. Wahrscheinlich umgeht man damit auch den Art 12a, Abs. 4 GG, die Teilnahme am Reservedienst erfolgt ja aufgrund einer freiwilligen Verpflichtung.

Voilà: Eine kosteneffiziente Option für den Aufwuchs und/oder Katastrophenhilfe, auch kurzfrisig möglich. Und gerecht ist sie auch.


Viele Grüße



dragon46
(kann auch keine Mörserplatte tragen)
Broensen
ZITAT(Dragon46 @ 29. Jan 2022, 13:29) *
Ein:e Reservist:in darf heute ohne Einverständniserklärung des Arbeitgebers den Reservedienst nicht antreten.

Und darum ist der Reservistenstatus auch kein Hinderungsgrund für eine Einstellung. Wenn der Arbeitgeber nun aber generell verpflichtet wäre, Reservisten freizustellen, wäre das ein potentieller Karrierekiller und somit ein klarer Grund, sich gegen den Reservistendienst zu entscheiden.
KSK
ZITAT(Forodir @ 29. Jan 2022, 11:38) *
Können wir sowas vielleicht sein lassen, meine Grundausbildung war scheiße,..meine Grundausbildung war die härteste? Meistens trügt die eigene Erinnerung und das was man selbst als unnötig oder schwierig erlebte war für andere noch nicht mal eine Erwähnung wert. Auch das man Sinn oder Unsinn auf einer persönlichen ebene nicht verstanden hat mag zwar sein macht aber den Wehrdienst an sich nicht sinnlos.

(von jemanden geschrieben der wohl masochistisch angehaucht ist da er 2 Jahre lang Zugführer in der Grundausbildung war und fast alle stories gehört hat.)

Diese Erfahrungen sind durchaus von Relevanz für die Diskussion, denn mit Personal das aufgrund eines Zwangs da ist kann man eher schlecht umgehen als mit Personal das freiwillig da ist ohne dass man unmittelbar eine Konsequenz bezüglich der Verfügbarkeit von Personal/Nachwuchs befürchten muss. Und dass es zu Zeiten der Wehrpflicht oftmals zu derartigen Verfehlungen kam ist weitläufig bekannt. Es mag nur einer von zehn Ausbildern derartig schlecht gewesen sein, aber die Auswirkung schlechter Erfahrungen und Erfahrungsberichte potenziert sich entsprechend.
Den Rekruten kommt nach meiner Einschätzung eine Wehrpflicht entsprechend nicht zugute und ich möchte behaupten, dass der Personalmangel durchaus auch zu einem Umdenken hinsichtlich "Dummfick" geführt hat.
Forodir
Das halte ich eher für fragwürdig. Erstens gehe ich mit Personal gleich um, egal ob freiwillig oder eben nicht freiwillig. Ich verstehe das du meinst das man mit freiwilligem Personal mehr persönliches Engagement verlangen kann, das hat aber eher nichts mit dem "Dummfick" zu tun, das ist schlichtweg halt falsches Ausbilden und hat weder in der Wehrpflicht noch in der Freiwilligen Armee was zu suchen.

Zudem das halt eben eine persönliche Wahrnehmung ist, das was für mich und meine Kameraden in meiner Wehrdienstzeit noch völlig normal war ist inzwischen fast unmögliche Schinderei, das ist nicht passiert weil wir so harte Kerle waren, sondern weil sich die Gesellschaft gewandelt hat, sie ist "weicher" geworden. Was ja gut ist, es zeigt eben das man es erfolgreich geschafft hat Jahrzehntelang Frieden zu bewahren. Wir haben andere Schwerpunkte, Sprache und Ansichten haben sich deutlich gewandelt. Der Fokus auf Individualität und Selbstverwirklichung steht ja einer Pflicht deutlich entgegen. Das ist mit Verspätung natürlich auch in den Streitkräften angekommen, jede Generation Ausbilder ist etwas anders, siehe z.B. siehe den Wandel des Haar und Barterlasses durch die Jahrzehnte oder dass W-LAN zur Chefsache erklärt wird.

Ausbildung ändert sich in dieser Hinsicht eben sehr gering durch Erlasse von oben. Natürlich gibt es da Stellschrauben die gedreht worden sind, aber meistens reagieren sie nur auf Realitäten die schon vorhanden sind. Der Personalmangel hatte gar nichts damit zu tun, dass der "Dummfick" geringer wurde sondern das sich insgesamt die Armee auch geändert hat.

Schlechte Ausbildung und charakterliche Verfehlungen wird es natürlich immer noch geben so lange irgendjemand über eine andere Person verfügen darf, das wird aber eben geahndet auch früher schon. Nur hat sich eben die Schwelle verschoben aus den oben genannten Gründen.

Ob den Rekruten eine Wehrpflicht zugutekommt, darüber lässt sich trefflich streiten, aber ich glaube, das ist ja eben der Kern der Sache. In dieser einen Sache ist mir das persönliche Empfinden der Bürger, ob für oder gegen Wehrpflicht eben egal, den nicht alles ist beliebig verhandelbar. Als Staat würde ich auf die Wehrpflicht bestehen (zudem wir ja sogar eine Wahlmöglichkeit gegeben haben) und es muss eben auch nicht gerecht sein, sondern das Ziel ist hier die Messlatte. Das dies alles für den einzelnen nicht toll ist, ist schon Klar aber hier sehe ich eben den Staat höher als die Einzelperson.

Da dies aber eben nicht der Wille der Mehrheit der Gesellschaft ist (s.o.) ist es müßig darüber zu streiten.
Holzkopp
ZITAT(KSK @ 29. Jan 2022, 14:38) *
ZITAT(Forodir @ 29. Jan 2022, 11:38) *
Können wir sowas vielleicht sein lassen, meine Grundausbildung war scheiße,..meine Grundausbildung war die härteste? Meistens trügt die eigene Erinnerung und das was man selbst als unnötig oder schwierig erlebte war für andere noch nicht mal eine Erwähnung wert. Auch das man Sinn oder Unsinn auf einer persönlichen ebene nicht verstanden hat mag zwar sein macht aber den Wehrdienst an sich nicht sinnlos.

(von jemanden geschrieben der wohl masochistisch angehaucht ist da er 2 Jahre lang Zugführer in der Grundausbildung war und fast alle stories gehört hat.)

Diese Erfahrungen sind durchaus von Relevanz für die Diskussion, denn mit Personal das aufgrund eines Zwangs da ist kann man eher schlecht umgehen als mit Personal das freiwillig da ist ohne dass man unmittelbar eine Konsequenz bezüglich der Verfügbarkeit von Personal/Nachwuchs befürchten muss. Und dass es zu Zeiten der Wehrpflicht oftmals zu derartigen Verfehlungen kam ist weitläufig bekannt. Es mag nur einer von zehn Ausbildern derartig schlecht gewesen sein, aber die Auswirkung schlechter Erfahrungen und Erfahrungsberichte potenziert sich entsprechend.
Den Rekruten kommt nach meiner Einschätzung eine Wehrpflicht entsprechend nicht zugute und ich möchte behaupten, dass der Personalmangel durchaus auch zu einem Umdenken hinsichtlich "Dummfick" geführt hat.


spontaner Einwurf: die uralte Reportage mit Hfw Achim Fortenbacher...

Holzkopp
ZITAT(Broensen @ 29. Jan 2022, 13:59) *
ZITAT(Dragon46 @ 29. Jan 2022, 13:29) *
Ein:e Reservist:in darf heute ohne Einverständniserklärung des Arbeitgebers den Reservedienst nicht antreten.

Und darum ist der Reservistenstatus auch kein Hinderungsgrund für eine Einstellung. Wenn der Arbeitgeber nun aber generell verpflichtet wäre, Reservisten freizustellen, wäre das ein potentieller Karrierekiller und somit ein klarer Grund, sich gegen den Reservistendienst zu entscheiden.


Ist doch bei Feuerwehr und Katastrophenschutz genauso. Diese Art gesellschaftlichen Engagements behindert das berufliche Fortkommen und wird von Arbeitgebern häufig nicht gerne gesehen. Gerade da, wo Leute bei Abwesenheit auch Lücken reißen.
Du bekommst zwar ein schönes Zeugnis für dein bürgerschafliches Engagement, aber Team- oder Abteilungsleiter wirst du nicht wenn du ständig nervst, ob du zu Übungen, Einsätzen oder Lehrgängen fahren darfst.
Den Arbeitgebern geht es nicht ums Geld, das bekommen sie erstattet. Denen geht es darum, dass die Arbeitskräfte weg sind.

Und während Feuerwehrkräfte (in Hessen) für den regulären Einsatz auch freigestellt werden müssen gilt das für Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes erst ab Feststellung der Katastrophe, nicht aber für reine Amtshilfeeinsätze. Für mein Kontingent, das im Sommer im Ahrtal war hatte niemand das Recht auf eine Freistellung. Da musste bei jedem Einzelnen der Arbeitgeber zustimmen. Und wir reden über kurzfristige Abmarschzeiten und mehrtägige Abwesenheiten. Das war nämlich ein Amtshilfeeinsatz im Rahmen des Sonderschutzplans Länderübergreifende Hilfe.

Was ich sagen will:

Das ist alles wohlfeil, was wir hier beratschlagen. Aber es scheitert an der Wurzel, weil die Zivil- und Arbeitsgesellschaft eher belästigt fühlt von den "Freizeitaktivitäten" dieser Einsatzkräfte, egal ob militärisch oder zivil.
Die Leute müssen sich abhören, dass das ja "ihr Hobby" wäre. Und die Reservisten bekommen wahrscheinlich noch gröbere Keile mit.

Deshalb: wenn eine Gesellschaft dieses Engagement nicht fördert und auch eine entsprechende Grundhaltung dazu ausbildet, dann bleiben wir da zahnlos wie bisher. Und außer wohlfeilen Worten und Geld, von dem man schöne neue Autos kauft sehe ich da noch keine hilfreiche Entwicklung.
KSK
ZITAT(Forodir @ 29. Jan 2022, 17:14) *
Das halte ich eher für fragwürdig. Erstens gehe ich mit Personal gleich um, egal ob freiwillig oder eben nicht freiwillig.
Das sollte so sein, ja. Und wie bereits im letzten Post erwähnt war sicher bei weitem nicht jeder Ausbilder ein schwarzes Schaf.
ZITAT
Ich verstehe das du meinst das man mit freiwilligem Personal mehr persönliches Engagement verlangen kann, das hat aber eher nichts mit dem "Dummfick" zu tun, das ist schlichtweg halt falsches Ausbilden und hat weder in der Wehrpflicht noch in der Freiwilligen Armee was zu suchen.

Hinsichtlich der Sollvorstellung und der "Vorschrift" stimmt das. Die Realität hat in meinen Augen aber gezeigt, dass zu Zeiten vor der Aussetzung der Wehrpflicht "unorthodoxe Ausbildungsmethoden" und Machtmissbrauch wesentlich öfter geduldet und einfach laufengelassen wurde als das nun nach Aussetzung der Wehrpflicht und mit Personalgewinnungs- und langfristigen Attraktivitätsproblemen der Fall ist. Man musste sich schlicht keine Mühe geben, weil automatisch alle 3 Monate das Personal in Sollstärke nachkam. Auf der untersten Ebene der Ausbilder musste man das nicht (die noch dazu vermutlich wesentlich öfter schlechter in dieser Funktion ausgebildet war) und auch auf der Ebene der direkten Vorgesetzten der Ausbilder, deren Aufgabe entsprechend das Unterbinden dieser Fehltritte ist, nicht. Damit meine ich nicht die Extremfälle die zu Skandalen oder tiefgreifenden Ermittlungen geführt haben.
Broensen
ZITAT(Holzkopp @ 29. Jan 2022, 18:53) *
Aber es scheitert an der Wurzel, weil die Zivil- und Arbeitsgesellschaft eher belästigt fühlt von den "Freizeitaktivitäten" dieser Einsatzkräfte, egal ob militärisch oder zivil.... Deshalb: wenn eine Gesellschaft dieses Engagement nicht fördert und auch eine entsprechende Grundhaltung dazu ausbildet, dann bleiben wir da zahnlos wie bisher.

Es gibt ländliche Regionen, in denen diese Fehlentwicklung sich noch nicht vollends durchgesetzt hat. Wenn der örtliche Handwerksmeister selbst in der freiwilligen Feuerwehr ist, dann legt er im Notfall einfach auch die Arbeit nieder und fährt seine Leute mit dem Firmenlaster zum Einsatz. Weil die Gemeinschaft da noch was wert ist.
Daher halte ich auch den Ansatz einer zivilen Dienstpflicht für ein angemessenes Mittel, am Wiederaufbau eines solchen Gemeinschaftssinns mitwirken zu können. Klar, man wird damit nicht alle erreichen, aber es könnte ein hilfreicher Anfang sein.
revolution
ZITAT(Forodir @ 29. Jan 2022, 11:38) *
Können wir sowas vielleicht sein lassen, meine Grundausbildung war scheiße,..meine Grundausbildung war die härteste? Meistens trügt die eigene Erinnerung und das was man selbst als unnötig oder schwierig erlebte war für andere noch nicht mal eine Erwähnung wert. Auch das man Sinn oder Unsinn auf einer persönlichen ebene nicht verstanden hat mag zwar sein macht aber den Wehrdienst an sich nicht sinnlos. (von jemanden geschrieben der wohl masochistisch angehaucht ist da er 2 Jahre lang Zugführer in der Grundausbildung war und fast alle stories gehört hat.)


Ja sorry. Verstehe was Du meinst. Freunde von mir hatten auch richtig Spaß beim Bund, daher will ich meine Darstellung damals zu der Zeit in Koblenz (Falckenstein) nicht verallgemeinern. Aber ich bleibe dabei, dass das so nicht laufen darf, wenn man Werbung für sich bzw. ein längeres Engagement machen will.
Havoc
ZITAT(Broensen @ 29. Jan 2022, 22:44) *
ZITAT(Holzkopp @ 29. Jan 2022, 18:53) *
Aber es scheitert an der Wurzel, weil die Zivil- und Arbeitsgesellschaft eher belästigt fühlt von den "Freizeitaktivitäten" dieser Einsatzkräfte, egal ob militärisch oder zivil.... Deshalb: wenn eine Gesellschaft dieses Engagement nicht fördert und auch eine entsprechende Grundhaltung dazu ausbildet, dann bleiben wir da zahnlos wie bisher.

Es gibt ländliche Regionen, in denen diese Fehlentwicklung sich noch nicht vollends durchgesetzt hat. Wenn der örtliche Handwerksmeister selbst in der freiwilligen Feuerwehr ist, dann legt er im Notfall einfach auch die Arbeit nieder und fährt seine Leute mit dem Firmenlaster zum Einsatz. Weil die Gemeinschaft da noch was wert ist.
Daher halte ich auch den Ansatz einer zivilen Dienstpflicht für ein angemessenes Mittel, am Wiederaufbau eines solchen Gemeinschaftssinns mitwirken zu können. Klar, man wird damit nicht alle erreichen, aber es könnte ein hilfreicher Anfang sein.


Zum meiner Wehrdienstzeit war das Hauptargument dafür, dass man aus diesen Wehrpflichtigen die notwendigen Zeit- und Berufssoldaten rekrutiert. Dazu folgendes:
1 Wir haben immer noch einen Wehr- und Wehrersatzdienst Art. 12a GG, diese ist nur ausgesetzt.
2. Das denkbar schlechteste Argument für einen Zwangsdienst ist die Verwendung als Rekrutierungspool für zukünftige professionelle Soldaten. Da von diesem Zwangsdienst ausschließlich Männer betroffen sind, ist hier tatsächlich der Sexus gemeint. Das in Zeiten von Binnen-I und Gendersternchen zwar das EPA umbenannt wird aber diese geschlechtsspezifische Ungerechtigkeit im Grundgesetz nicht angegangen wird, ist bemerkenswert. (Da es hier leider auch seinen Einzug gefunden hat: Unter Gleichberechtigung verstehe ich auch die sprachliche Gleichbehandlung von generischem Femininum und generischem Maskulinum sowie eine möglichst barrierefreie Sprache. Beides ist mit Gender- Sonderzeichen und Binnen-I nicht der Fall.)
3. Die aktuelle geopolitische Lage rechtfertigt die Reaktivierung der Wehrpflicht nicht, da Russland klar gegenüber der Ukraine als Aggressor agiert aber offen kein einziges NATO- Mitgliedsland bedroht. Weiter kann davon Ausgegangen werden, dass bis sich das Wiedereinsetzen der Wehrpflicht mit Einberufungen auswirken würde, der Anlass weggefallen ist. In dieser Zeit hat Putin entweder einmarschieren lassen oder sein diplomatisches Ziel in großen Teilen erreicht.
4. Es stellt sich die Frage nach dem Personalbedarfs und damit verbunden nach der Wehrgerechtigkeit. entweder man schafft zu viele Ausnahmebestände, mich hätte man als T3 zwischen 2004 und 2018 ausgemustert, oder hat so kurze Wehrdienstzeiten, dass damit der zu erreichende Ausbildungsstand hinterfragt werden muss.
5. Der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst. Man wird damit einer Zwangsverpflichtung zu einem Hilfsdienst im Pflegewesen nicht begründen können, wenn dafür mehr Zivis eingezogen werden, als die Bundeswehr Bedarf an Wehrdienstleistenden hat.
6. Wenn der Brandschutz gefährdet ist, können Gemeinden zur Feuerwehr zwangsverpflichten, dies ist meistens auf Landesebene oder Kommunal gesetzlich geregelt. (Bayrisches Feuerwehrgesetz Art. 13).
7. Eine allgemeine Dienstpflicht benötigt eine Grundgesetzänderung und damit die notwendige Zweidrittelmehrheit des Bundestages und des Bundesrates. Diese kann ich mir ausschließlich als eine Schutzdienstpflicht im Zivilschutz ähnlich der Schweiz vorstellen. Und zwar für jede Person zwischen 18 und 40 Jahren, unabhängig von Staatenzugehörigkeit, Religion oder Geschlecht, wenn sie länger als 3 Jahre einen festen Wohnsitz in Deutschland hat. Das ist im Gegensatz zur Wehrpflicht relativ einfach umsetzbar, da neben der Ausbildung und Fortbildung nur die persönliche Ausrüstung bereitgestellt werden muss, das schwere Equipment und Großgerät aber über ein Einziehungsmodell bereitgestellt werden könnte. Bei einem Hochwasser wie im Ahrtal werden viele Kräfte benötigt, die in Schutzkleidung und mit Schippe den Schlamm aus den Gebäuden herausschaufeln, bevor dieser trocken und hart wie Beton wird. Die dort reinfahren konnten, waren Lohnunternehmer aus der Land- und Forstwirtschaft und von Bau mit ihren Traktoren. Was angeblich nicht funktionierte, war ein übergreifender Krisenstab, der alle Akteure koordiniert hat.
Forodir
ZITAT(revolution @ 29. Jan 2022, 22:55) *
ZITAT(Forodir @ 29. Jan 2022, 11:38) *
Können wir sowas vielleicht sein lassen, meine Grundausbildung war scheiße,..meine Grundausbildung war die härteste? Meistens trügt die eigene Erinnerung und das was man selbst als unnötig oder schwierig erlebte war für andere noch nicht mal eine Erwähnung wert. Auch das man Sinn oder Unsinn auf einer persönlichen ebene nicht verstanden hat mag zwar sein macht aber den Wehrdienst an sich nicht sinnlos. (von jemanden geschrieben der wohl masochistisch angehaucht ist da er 2 Jahre lang Zugführer in der Grundausbildung war und fast alle stories gehört hat.)


Ja sorry. Verstehe was Du meinst. Freunde von mir hatten auch richtig Spaß beim Bund, daher will ich meine Darstellung damals zu der Zeit in Koblenz (Falckenstein) nicht verallgemeinern. Aber ich bleibe dabei, dass das so nicht laufen darf, wenn man Werbung für sich bzw. ein längeres Engagement machen will.


Da gebe ich Dir natürlich recht. Schlechte Ausbildung und Willkür sind nicht entschuldbar.
Nite
ZITAT(Dragon46 @ 29. Jan 2022, 13:29) *
Wenn man bei Wiegold regelmäßig die Entwicklung der Bundeswehr-Personalstärke mitliest, fällt eines auf: Die deutsche Freiwilligenarmee ist mit ca. 185.000 Soldat:innen offensichtlich am Ende des Rekrutierungspotentials angekommen.

Man muss allerdings auch klar feststellen dass die Bw im Bereich Personalgewinnung seit Jahrzehnten im selben Trott gefangen ist.
Nite
ZITAT(Forodir @ 29. Jan 2022, 17:14) *
Ob den Rekruten eine Wehrpflicht zugutekommt, darüber lässt sich trefflich streiten, aber ich glaube, das ist ja eben der Kern der Sache. In dieser einen Sache ist mir das persönliche Empfinden der Bürger, ob für oder gegen Wehrpflicht eben egal, den nicht alles ist beliebig verhandelbar. Als Staat würde ich auf die Wehrpflicht bestehen (zudem wir ja sogar eine Wahlmöglichkeit gegeben haben) und es muss eben auch nicht gerecht sein, sondern das Ziel ist hier die Messlatte. Das dies alles für den einzelnen nicht toll ist, ist schon Klar aber hier sehe ich eben den Staat höher als die Einzelperson.

Welches Ziel?
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