China: Nachrichten und Veränderungen, Jetzt mit ohne kulturelle Stereotypen |
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China: Nachrichten und Veränderungen, Jetzt mit ohne kulturelle Stereotypen |
5. Feb 2020, 18:35 | Beitrag
#1
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Oberleutnant Beiträge: 2.022 Gruppe: Members Mitglied seit: 28.07.2014 |
Hallo Leute,
ich bin heute im �rtlichen Buchladen gewesen und dabei ist mir aufgefallen, dass dort eine ganze Menge an B�chern herum liegen, die sich in irgendeiner Weise mit der Volksrepublik China besch�ftigen. Der Tenor der Klapptexte war, dass China in Zukunft (meist auf das 21. Jahrhundert bezogen) die bestimmende Kraft auf der Welt sein wird. Ich selber tue mich schwer mit solchen Prognosen und Voraussagen. Wenn wir uns zum Beispiel in das Jahr 1900 zur�ckversetzen und uns mal ansehen, was das 20. Jahrhundert alles an Umw�lzungen mit sich gebracht hat, dann wage ich es mal zu bezweifeln, dass man das alles h�tte voraussehen k�nnen. Ich f�r meinen Teil halte es so, dass ich Absch�tzung bez�glich der Zukunft nur f�r den Nahbereich mache als max. 10 Jahre. Alles was dar�ber hinaus geht ist meiner Meinung nach nicht wirklich zuverl�ssig. gegebenfalls kann man verschiedene Szenarien erstellen aber das bringt einen auch nur begrenzt weiter. Ich denke man muss kein Prophet sein um zu erkennen, dass der Einfluss der VR China weiter wachsen wird, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Ich w�rde allerdings nicht so ohne weiteres der These zustimmen, dass China dieses Jahrhundert bestimmen wird. Als wahrscheinlichstes Szenario erachte ich, dass dieses Jahrhundert von einem Wettbewerb mehrerer "politischer Bl�cke" bestimmt wird. Mich w�rde allerdings sehr gern eure Meinung zum Aufstieg der VR China und seiner Auswirkungen interessieren. Gru� Scipio Der Beitrag wurde von Glorfindel bearbeitet: 4. Aug 2023, 23:48 |
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6. Apr 2020, 22:11 | Beitrag
#2
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Generalmajor d.R. Beiträge: 19.265 Gruppe: Moderator Mitglied seit: 10.06.2002 |
Ehrlich gesagt, kenne ich den Satz so nicht, aber es gibt sowohl in der westlichen Wahrnehmung fremder Kulturen einen jahrtausendealten Hang sich "die älteste Kultur unter den fremden" herauszusuchen (das fängt bei Herodot im 5. Jahrhundert vor Christus aller spätestens an), als auch eine chinesische Tradition sich selbst als das älteste kulturschaffende Volk der Welt zu sehen. Dabei erleben alle Kulturen immer wieder Brüche und Veränderungen, aber manche Muster ändern sich auch nicht; selbst nicht über Jahrtausende.
Die Frage, ob man da mehr die Kontinuitäten sehen will oder die Brüche, ist letztlich eine sehr persönliche. Nehmen wir die ägyptische Tourismusbranche. Die warb in den Nullerjahren mit dem Slogan "Willkommen in unserem sechsten Jahrtausend!", sogar hier in Kinos. Dabei würde jeder muslimische Ägypter sagen, dass man mit dem ganzen "alten Zeug" ab 639 n. Chr. aufgeräumt hat. Und auch wenn sicher einiges aus römischer Zeit bis weit ins Mittelalter überdauert hat, ändern sich die Dinge massiv und das immer wieder. Auch schon unter römischer und griechisch-makedonischer Herrschaft und erst recht in der altägyptischen Zeit zwischen Neuem, Mittleren und Alten Reich. Gleichwohl, als Bauer - als Felache - würde man noch Mitte des 19. Jahrhunderts wohl viel im Alltag wiedererkennen, wenn man plötzlich ein, zwei oder drei Jahrtausende zurückstolpern würde. Das hat aber wohl eher mit Tiefenwirkungen von Veränderungen zu tun, die oft stärker Städte und Eliten erfassen und nur langsamer Landbevölkerungen und untere Schichten. China ist da keine Ausnahme. Dabei hat China aber einen wesentlichen Unterschied: Man hat die Selbstveränderung in einem gigantischen Programm sich selbst auferlegt, in der sogenannten Kulturrevolution. Wie tief die wirklich griff und wie sehr sich das Leben der Landbevölkerung seit 1949 wirklich geändert hat, dazu weiß ich zu wenig von China. Aber wenn man heute nach China schaut, hat sich in nunmehr drei Generationen wirklich immens viel getan. Ich persönlich würde da kulturelle Kontinuitäten nur noch vage sehen. In China selbst sieht man das sicher - auch politisch begründbar - anders. Es geht ja nicht nur um Tourismus, sondern auch um Prestige für sich selbst vor dem Rest der Welt. Und deswegen vermischen sich in dieser Frage oft auch Kultur, Sprache und Ethnie, seit einigen Jahrzehnten auch Geneti, auf eine sehr seltsame und nicht selten ungute Art. Es stellt sich aber, wissenschaftlich gesehen, meist raus, dass genetische Kontinuitäten über Sprache wenig aussagen und über kulturelle Praktiken noch weniger. Es gibt schöne Studien über genetische Mobilität seit der Bronzezeit in Europa. Manches Dorf in Ostdeutschland ist da außergewöhnlich genetisch stabil. Das heißt nun nicht, dass man dort noch spricht wie vor 2.500-3.500 Jahren oder ähnlich handelt. Letztlich hat das christliche Mittelalter alles überprägt und man muss in Europa echt mit der Lupe suchen, um Enklaven vorchristlicher Praxis zu finden. Interessanterweise finden sich solche Kulturinseln besonders im Sakralen und Rituellen, meist in Heiligenkulten. Der Rest ist weit weniger stabil. Insofern würde ich zusammenfassen: Man muss sich bei der Frage einzelne Kulturstränge anschauen. Manche Traditionen überdauern Jahrhunderte und Jahrtausende. China hat sich seit 1949 aber so rasant verändert, dass ich - außerhalb von kultischen Praktiken - wenig Chance auf Kontinuitäten sehe. Und bei China darf man nicht vergessen, dass dort "chinesisch" oft bedeutet "Han-chinesisch". Das ist interner Kulturimperialismus, denn die Kommunistische Partei favorisiert die Han-Einheitskultur wie keine Regierung Chinas zuvor. Man macht sich seine ewig gleiche Kultur als selbst. -------------------- Sapere Aude & Liber et Infractus
"He uses statistics as a drunken man uses lamp-posts... for support rather than illumination." - Andrew Lang (1844-1912) "Seit ich auf deutsche Erde trat, durchströmen mich Zaubersäfte. Der Riese hat wieder die Mutter berührt, Und es wuchsen ihm neue Kräfte." -- Heinrich Heine (1797-1856), Deutschland ein Wintermärchen, Caput I Quidquid latine dictum, altum videtur. -- Nενικήκαμεν! -- #flapjackmafia |
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