Zu dem NZZ-Artikel oben nochmal zum Mitpinseln für alle, die den Prozess nicht verstehen: Ein Labor erhält bei einem Verdachtsfall drei Proben zugesandt. Die Probe vom Tatort. Eine Probe, die nicht vom Tatort stammt, die aber einen nach der Konvention verbotenen Stoff enthält und eine Probe ohne Auffälligkeiten, die also keine chemisch verbotenen Stoffe gemäß Konvention enthält.
Das Labor muss alle drei Proben untersuchen und identifizieren, weiß aber natürlich nicht, welche Probe vom Tatort stammt. Das Labor hat aber auch nicht die Aufgabe der Zuordnung zum Tatort, es muss nur bestimmen welche Stoffe vorhanden sind. Die OPCW weiß das natürlich schon. In diesem Fall hat das Labor zwei Proben identifiziert, die nach der Chemiwaffenkonvention verbotene Stoffe beinhalten. Die eine Probe enthielt einen chemischen Vorläuferstoff des verbotenen BZ. der selbst verboten ist. Die zweite Probe erhielt einen Stoff der Novitschok-Klasse.
Die Probe, die das Labor als diejenige identifiizerte, die mit einem Novitschok verseucht ist, ist die Probe, die die OPCW vom Tatort erhalten hat. Die BZ-auffällige Probe ist eine der beiden Proben, die von der OPCW als Gegenproben dem Labor beigegeben worden. Nochmal wiederholt: Das Labor weiß nicht, welche Probe woher stammt, die OPCW schon.
Damit ist die Identifizierung eindeutig. Man kann da nicht berechtigt von "gegenteiligen Fakten" reden. Es gibt keine anderen Fakten als die der OPCW und des Labors in Spiez. Es wird hier auch nichts anders ausgelegt werden können. Die chemische Identifikation von Novitschok und BZ ist eindeutig und vor allem ist sie auch nicht verwechselbar, weil Novitschok-Kampfstoffe allesamt Organoposphate sind und BZ (und seine chemischen Vorläufer) keine Phosphate enthalten.
Wi funktioniert nun die OPCW und wie ist sie zusammengesetzt? An der Spitze der OPCW steht das Executive Council besetzt mit MItgliedern aus 41 Staaten (gewählt aus den 192 Mitgliedsstaaten für 2 Jahre). Zu den Mitgliedern des EC gehört auch Russland (https://www.opcw.org/about-opcw/executive-council/current-officers-and-members/). Da geht also nichts, ohne dass ein russischer Spitzendiplomat - aktuell Alexander Vasilievich Shulgin - einen Blick drauf wirft und mit abstimmt.
Und jetzt kann man sich ausmalen woher Lawrow wusste, dass eine der Proben "BZ enthielt" (genauer: einen Vorläuferstoff). Als Botschafter der Russischen Föderation in den Niederlanden (das müssen die EC-Mitglieder sein, denn die OPCW sitzt ja in Den Haag), ist Shulgin Lawrow unterstellt. Denn Lawrow ist der Außenminister der Russischen Föderation. Ein Anruf reicht und Lawrow weiß, was in der OPCW vor sich geht. Das ist ja auch sinnvoll, Botschafter sind ja genau dazu da zwischen Heimatland und Gastland Botschaften zu übermitteln.
Lawrow nutzt diese Informationen eben nur unseriös und zündelt damit an der Weltsicherheitslage rum, indem er wesentliche Teile der Informationen weglässt und den Rest falsch darstehen lässt.
Chemical Sergej eben. "Wir waren es nicht", "da war auch gar nix", "jemand anderes hat es gemacht, um es uns in die Schuhe zu schieben", ist seit Jahren der Russische Dreisprung bei der Propagandaolympiade. Und Russland holt jedes mal Gold, weil in Deutschland die Verschwörungstheoretiker lauter klatschen als einer Demokratie gut tun kann.