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Luzertof
ZITAT(Kameratt @ 22. Mar 2015, 17:29) *
Die Schiffe sind ja nicht immer zur See. Ihr Stützpunkt wird nun als ein strategisches Asset eingestuft und bekommt im Fall der Fälle ein paar Sprengköpfe, die er viellecht sonst nicht bekommen hätte.


Perfekt, dann muss Russland die paar wenigen modernen einsatzbereiten Raketen, die es hat, noch weiter splitten.
Dave76
ZITAT
Russland
Was Putin treibt

Der Historiker Gerd Koenen beklagt, dass die Deutschen nicht begreifen, wie es um Russland wirklich steht. von Gerd Koenen

DIE ZEIT Nº 12/2015 - 21. März 2015

Michail Gorbatschow wusste, wovon er sprach, als er in den späten neunziger Jahren bemerkte: Wenn die Sowjetunion sich so aufgelöst hätte wie das ehemalige Jugoslawien, dann würden die dort tobenden Kriege wie ein Flohwalzer erscheinen.

Ein Jahr nach der generalstabsmäßig vollzogenen Annexion der Krim und der Entfesselung eines militärisch und politisch von Russland genährten Sezessionskriegs im Donbass gibt es wenig Zweifel, dass Wladimir Putin entschlossen ist, die "größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts", von der er 2005 gesprochen hat, den Zerfall der UdSSR, zu korrigieren. In seiner Antrittsrede zu seiner (faktisch) vierten Amtszeit 2012 steckte er das Ziel noch weiter: Das "Leben künftiger Generationen", sagte er, hänge davon ab, ob die Russen sich als fähig erweisen, "zu den Anführern ganz Eurasiens" zu werden. Das also ist sein historisches Projekt, mit dem er in die Geschichtsbücher eingehen will: als Wiederaufrichter Russlands, als Anführer Eurasiens.

Es stellt die vertraglich fixierte Staatenordnung dieser nachsowjetischen Weltregion infrage und verleiht auch dem an sich vernünftigen Projekt einer Eurasischen Union den Charakter einer imperialen Neugründung. Und die Ukraine ist darin das unverzichtbare Kernstück, der Königshappen.

Daher wird die in Minsk unterschriebene Verpflichtung, die territoriale Integrität des Nachbarlandes zu respektieren (minus der Krim), zunächst auf den Versuch hinauslaufen, dieses fragile Staatswesen im Ganzen zu lähmen und zu desorganisieren – eben mithilfe der Separatisten, für deren "Volksrepubliken" Moskau keine Wiederaufbauhilfe leisten und keine Verantwortung übernehmen will. Diese hochgerüsteten Ministaaten haben sich selbst als das Piemont eines von Putin ins Spiel gebrachten neuen Staatswesens namens "Neurussland" proklamiert, mit eigener Fahne und eigenem Parlament. Und dass auf den im Netz kursierenden "historischen Karten" die Grenzen dieses Nebenreichs von Charkiw über Dnipropetrowsk und Mariupol bis Odessa reichen, wo sie Anschluss an das russische Militärprotektorat Transnistrien finden sollen, kann zumindest als konstante Drohung und Katalysator einer "hybriden" verdeckten Kriegführung in diesen Städten und Gebieten dienen. Fest steht jedenfalls eines: Selbst eine "finnlandisierte" Ukraine als ein demokratisch verfasstes, mit der EU assoziiertes, womöglich prosperierendes Staatswesen kann und will Moskau nicht hinnehmen.

Die USA sind entgegen allen Behauptungen an diesem Konflikt auf fatale Weise desinteressiert, da sie Russland für eine Regionalmacht halten und im Nahen Osten wie in Ostasien alle Hände voll zu tun haben. Die EU und die Nato halten bisher in bemerkenswerter Weise zusammen, aber die Risse und Bruchstellen sind unter dem Druck der vielen Krisen leicht auszumachen. Sie auszutesten ist jedenfalls das weiter gehende, parallele Ziel der weltpolitischen Machtprobe, auf die Putin es jetzt anlegt.

In dieser Situation hat die Regierung Merkel/Steinmeier eine beachtliche Standfestigkeit mit nachgerade heroischen Bemühungen verbunden, soweit irgend möglich als Vermittler und Dolmetscher zu dienen, zuletzt eben im Marathon von Minsk, der wenigstens eine Atempause gebracht hat. Man will den Gesprächsfaden (den historischen "Draht nach Moskau") nicht völlig abreißen lassen, versucht zeitgleich, rote Linien zu ziehen (vor Mariupol oder beim estnischen Narva), und stellt allerhand Überlegungen an, wie man Russland mit neuen, weiter greifenden Angeboten saturieren, vielleicht sogar mit einer Art neuer "Neuer Ostpolitik" wieder einbinden könnte.

Aber die eigentlichen Proben aufs Exempel der deutschen Standfestigkeit stehen uns erst bevor. So breit die Mehrheiten im Bundestag und in der Koalition noch sind und so unbeirrbar das Gros der Journalisten seine Arbeit tut – es ist nicht zu übersehen, dass in dieser Frage Parteien wie Medien sich in einer gravierenden, zum Teil schrillen Dissonanz zu einem erheblichen Segment der deutschen Öffentlichkeit bewegen. Nicht zu übersehen ist auch, dass diese Dissonanzen inzwischen in einer professionellen Weise geschürt werden, wie wir das in der Zeit des Kalten Kriegs gekannt haben. Nur ist das Strickmuster des Informationskriegs, den Putins Russland offensiv führt, mittlerweile viel ausgeklügelter als das der sowjetischen Propaganda und die Klaviatur der Motive, Affekte, Ressentiments, Interessen und Lebenshaltungen, auf der da gespielt wird, viel weiter aufgefächert. Aber das Instrument liefern wie eh und je wir selbst: die demokratischen Öffentlichkeiten des Westens, die den Moskauer Virtuosen samt Titelstorys, Talkshowbühnen und Internetplattformen zur Verfügung stehen – demokratische Selbstverständlichkeiten, die der Kreml seinen Kritikern keine Minute lang gönnt.

Doch es lohnt nicht, darüber zu lamentieren: Denn wenn diese Propaganda Wirkung erzielt, dann deshalb, weil die neue, hybride Moskauer Weltpolitik an viele aktuelle und historisch verwurzelte Affekte, Mentalitäten und Erfahrungen ihrer Adressaten anknüpfen kann. Dafür ist Deutschland noch immer ein potenziell fruchtbarer Boden.

Dazu gehört an erster Stelle eine Kriegsangst und Konfliktscheu, die eine historisch erworbene zivilisatorische Errungenschaft ist – allerdings nur, insoweit dies nicht bedeutet, sich wohlstandschauvinistisch abzuschirmen und gutschweizerisch im Trockenen zu halten. Das ist oft eine dünne Linie, und war es von Anfang an. Schon Konrad Adenauer mied es während des Aufstands in Ost-Berlin und der DDR im Juni 1953, sich zu zeigen oder zu äußern, so wie beim Mauerbau im August 1961. Die "Neue Ostpolitik" der alten Bundesrepublik hat zur Auflockerung der Blöcke und der Spaltung Europas entscheidend beigetragen. Aber sie konnte (wie in der Zeit der Solidarność und des Kriegsrechts in Polen 1980/81) auch eine ziemlich engherzige, dem Status quo verpflichtete bundesdeutsche Interessenpolitik sein. Sie kam, etwa aus dem Munde von Egon Bahr, der sowjetischen Breschnew-Doktrin, also der Vorläuferin der heutigen Putin-Doktrin einer begrenzten Souveränität der Nachbarstaaten, sehr weit entgegen – wie heute auch wieder. So blieb diese Politik in vielem blind für das Wachstum der Oppositionen und die Zerfallsprozesse in der sowjetischen Machtsphäre, die zum Umbruch von 1989 geführt haben.

Umso mehr haben die Deutschen Michail Gorbatschow verehrt wie keinen anderen ausländischen Staatsmann – ohne zu ahnen, in welchen Bredouillen der Mann längst steckte, und ohne bis zum heutigen Tag zu begreifen, warum Gorbatschow in Russland der verhassteste aller ehemaligen Führer der UdSSR ist. Er wird dort aus denselben Gründen gehasst, aus denen die Deutschen ihn so verehren: als Überwinder des Kalten Kriegs und als Paten der deutschen Einheit. Viele hierzulande sind auch nur zu gern bereit, Putins Dolchstoßlegende zu glauben: dass Helmut Kohl es Gorbatschow damals in die Hand versprochen habe, dass "die Nato nicht vorrücken werde" – als hätte ein deutscher Kanzler einem sowjetischen Staatschef garantieren können oder dürfen, dass für die deutsche Einheit den gerade sich befreienden Ländern Mittelosteuropas ihre in UN-Chartas und OSZE-Abkommen verbrieften Rechte auf Bündnisfreiheit und letztlich auf volle Souveränität zu verwehren seien! Eine Vorstellung, die so ahnungslos wie abgründig ist.

Ja, die stets beschworenen "Lektionen der Geschichte"! Wie glatt das geht, dass ein Gutteil der so geschichtsbewussten Bundesdeutschen bereit ist, dem heutigen Russland eine Sicherheits- und Einflusszone zuzugestehen, die in etwa dort verläuft, wo Ribbentrop für Hitler und Molotow für Stalin im August 1939 die Landkarte des östlichen Europa vom Baltikum quer durch Polen bis nach Rumänien geteilt haben. Diese Teilung Europas verlief entlang sehr alter großdeutscher wie großrussischer Mentalitätslinien. In Berlin wie in Moskau galten die 1919/20 geschaffenen und völkerrechtlich anerkannten neuen Staaten Mittelosteuropas nur als ein von den westlichen Siegermächten installierter feindlicher Cordon sanitaire, den die Revisionspolitiken der Weimarer Republik und der Sowjetunion gemeinsam zu durchbrechen suchten. Dazu diente die aus einem doppelten imperialen Interessenfonds gespeiste Zusammenarbeit von Reichswehr und Roter Armee bis 1933 – die im Geiste einer alten Waffenbrüderschaft zwischen 1939 und 1941 noch einmal neu besiegelt wurde. Hier, in der Formel vom störenden und künstlichen Cordon sanitaire, hat das Konstrukt einer angeblich "vorrückenden" Nato, die Russland von Europa und namentlich von Deutschland abriegeln wolle, seinen direkten historischen Vorläufer.

Der Weltkrieg begann für die Deutschen tatsächlich erst 1941, nicht 1939. Bis dahin war alles noch Blitzkrieg und Kraft durch Freude, mit polnischen Gänsen und französischen Nylons. In der tradierten Weltkriegserfahrung der Deutschen ist "Stalingrad" zur zentralen Metapher geworden. Wenn "Auschwitz" die Chiffre einer abstrakten Beschämung ist, aus der politisch nichts Eindeutiges folgt, und wenn "Dresden" als metaphysisches Strafgericht im deutschen Zivilbewusstsein eine eigentümliche Mischung aus bereitwilliger Unterwerfung und untergründigem Ressentiment hinterlassen hat, dann ist "Stalingrad" noch mit der sinnlichsten Anschauung gefüllt. In dieser Chiffre trifft sich das deutsche Durchschnittsbewusstsein mit dem neuen russischen Geschichtsdiskurs: Alle "im Osten" damals begangenen Kriegsverbrechen, ob in Polen oder im Baltikum, in Weißrussland oder in der Ukraine, und alle die immensen im Großen Vaterländischen Krieg erbrachten Opfer der vielen Völker der UdSSR werden moralisch und politisch einem ewigen, mythischen "Russland" aufs historische Habenkonto gesetzt – genauso, wie Putin das heute für sich und sein Restimperium reklamiert.

Nur so ist es ihm überhaupt möglich, eine Politik verdeckter Aggression und offener Landnahme unter dem Banner des "Kampfs gegen den Faschismus" in der Ukraine zu führen. Erstaunlich viele Bundesbürger sind bereit, ihn darin mindestens "zu verstehen" – und so der Klarheit des gegenwärtigen Moments, die uns blendet und (zu Recht) ängstigt, auszuweichen.

"Russland verstehen" kann aber gerade nicht heißen, das, was vor unseren Augen geschieht, zu verleugnen oder wegzudiskutieren – sondern zu verstehen, was Putin und seine Machtelite im Kern antreibt. Das ist die Frage der Stunde. Natürlich kann man hundert Versäumnisse der europäischen Politik gegenüber Russland herunterbeten, und man kann alle möglichen Rechtsbrüche, Anmaßungen und Verbrechen der amerikanischen Weltpolitik aufzählen. Aber nichts davon rechtfertigt die Aggression gegen die Ukraine. Und nichts davon gibt ernstlich Anlass für die paranoiden Weltkonstruktionen, in die Putin und seine Ideologen sich und ihr Volk, und per Außenpropaganda uns alle, jetzt einspinnen.

Jörg Baberowski hat in seinem Text Der Westen kapiert es nicht in der vorigen Ausgabe der ZEIT mit einer ziemlich radikalen, für einen ausgewiesenen Stalinismusforscher erstaunlichen Argumentation dafür plädiert, Russland bei der Wiederaufnahme seiner "imperialen Mission" am besten freie Hand zu lassen. Die "Heimat" von Millionen einstigen Sowjetbürgern, sagt Baberowski, sei nun einmal "das Imperium" gewesen. Die Ukraine sei ein reines "Produkt der sowjetischen Nationalitäten- und Eroberungspolitik", ihre nationalistischen Selbstkonstruktionen und Leidenskulte verdienten keinen besonderen Respekt. Verbrechen wie die Ermordung von Millionen durch Hunger oder Terror seien "an allen Völkern der UdSSR verübt worden", und der poststalinistische Sowjetmythos habe wenigstens "die Opfer auf paradoxe Weise integriert", statt sie in Nationalitäten zu trennen.

Im Übrigen habe die große Mehrheit der Russen wie aller ehemaligen Sowjetbürger angesichts der Erfahrungen der Anarchie der neunziger Jahre eine "Diktatur" wie die Putins gern in Kauf genommen. Denn: "Das Ende der Demokratie war der Preis, der dafür entrichtet werden musste", dass eine gewisse "Ordnungssicherheit" wiederhergestellt und der Wohlstand gehoben werden konnte. Ewig herumzunörgeln, dass die große Mehrheit der Russen eine autoritäre einer liberalen Gesellschaftsordnung vorziehe, verstärke nur ihre Gefühle einer "tiefen Demütigung". Die westlichen Politiker und Journalisten kapierten einfach nicht, "dass Imperien andere Interessen verfolgen als Nationalstaaten, dass pluralistische Gesellschaften auf Voraussetzungen beruhen, die mühsam erarbeitet werden müssen".

Man kann natürlich fragen, wer Russland und Putin, der jetzt 15 Jahre regiert hat, daran gehindert hat, diese "Voraussetzungen" zu schaffen. Und ist die Kombination von "Diktatur", einem retortenhaften Pseudokonservativismus und einer aufgefrischten "imperialen Mission" wirklich das, was das Land jetzt braucht – oder nicht eher das Gegenteil? Hat nicht gerade Baberowski uns in seinen Arbeiten über die bolschewistische und stalinistische Nationalitätenpolitik der zwanziger und dreißiger Jahre eindrücklich gezeigt, in welchem Grade die Wiederzusammenführung des "Imperiums" auf einer Vergewaltigung der russischen wie der nichtrussischen Bevölkerung beruht hat?

Dass der Westen Russland nicht versteht, mag sein. Aber versteht Russland sich selbst? Oder ist nicht vielmehr sein Kardinalproblem, dass es weder in der Lage noch dazu bereit ist, dem ins Gesicht zu schauen, was es sich zu einem großen Teil selbst angetan hat, und wirklich zu verstehen, was die Gründe seines erneuten, ureigenen historischen Scheiterns gewesen sind? Stattdessen wird wieder fanatisch nach äußeren Feinden und deren inneren Agenten und "fünften Kolonnen" gefahndet. Sollte dieses Syndrom Jörg Baberowski nicht allzu bekannt vorkommen?

Wenn ein deutscher Historiker, der die Geschichte der stalinistischen Sowjetunion als eine Gewaltgeschichte geschrieben hat, nach all seinen Studien zu solch fragwürdigen, letztlich ahistorischen Schlüssen über die imperiale Mentalität der ehemaligen Sowjetbürger gelangt, dann können vielleicht eher die von der weißrussischen Autorin Swetlana Alexijewitsch gesammelten Lebensberichte russischer (und weißrussischer) Männer und Frauen einen Zugang eröffnen, wie sie sie in ihrem Buch Secondhand-Zeit versammelt hat. Dieses polyfone, wie zu einem antiken Schicksalschor sich fügende Konzert von Stimmen ermöglicht es erst, die Tiefe der Verstörungen annähernd zu ermessen, die Krieg und Bürgerkrieg, Hunger, Terror und wieder Krieg, kurzum: die ganze tragische Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert in den Gemütern seiner Subjekte hinterlassen hat. Da rühmen alte Männer die eiserne Faust Stalins, der alle inneren Feinde vernichtet habe, bevor er Russland gerettet habe – und berichten dann unvermittelt, wie sie selbst durch die Mühle von Folterungen, Entwürdigungen und Zerstörungen gedreht worden sind und "alles gestanden" haben. Jüngere Intellektuelle, die als Anhänger Gorbatschows im Rausch der Perestroika 1991 auf den Barrikaden in Moskau gestanden haben, um die Panzer der Putschisten aufzuhalten, schauen als unglückliche, dabei nicht einmal erfolglose Businessleute mit zynischer Wehmut auf ihre Naivität zurück.

Damals, als im ganzen weiten Land die Massengräber sich öffneten, als viele ins Vergessen gestoßene Figuren der russischen Literatur, Kunst, Wissenschaft und Philosophie "rehabilitiert", ihre verschwundenen Texte und Bilder wieder gedruckt und ausgestellt wurden, als endlich der ganze Reichtum der russischen Kultur wie der anderen Kulturen dieses Vielvölkerreichs wieder zu besichtigen war, da haben viele Angehörige der sowjetischen Intelligenzia leidenschaftlich versucht, zu verstehen, was ihr Land sich in diesem Jahrhundert selbst angetan hat – und sind daran irre geworden.

Es ist wahr: Nicht wenige haben sogar diesen zaghaften Versuch einer kritischen Revision ihrer Geschichte und ihrer Biografien bereut, als die Sowjetunion, die nun einmal ihre Lebenswelt gewesen war, in der Ära Jelzin über Nacht zusammenbrach und mit ihr die bescheidenen materiellen Sicherheiten und Ersparnisse verschwanden. Dieser katastrophische Umbruch geschah in Wirklichkeit ganz von innen heraus, ohne nennenswerte äußere Feinde. Und genau das war für viele, vielleicht die meisten, allein als Gedanke unerträglich. Schon damals, in den frühen neunziger Jahren, hat das eine Unmenge trüber Verschwörungstheorien und manischer Zwangsgedanken nach oben gespült. Die Supermacht UdSSR war "im Felde unbesiegt" – und doch gefallen. Einige Beobachter sprachen damals von einem "russischen Versailles-Komplex".

Natürlich, alle direkten historischen Analogien sind falsch. Aber man kann aus den Reden Putins und seiner Stichwortgeber eine erstaunliche Zitatologie zusammenstellen, die in vielem eben doch an die deutschen Hysterien dieser Zwischenkriegszeit erinnert. Russland, heißt es da, sei heute wie seit Jahrhunderten das Objekt einer Politik der Eindämmung, die im Grunde darauf abziele, es zu zerstückeln. Dabei sei Russland schon "die größte geteilte Nation der Welt". Die Russen müssten aufpassen, so Putins obsessive Mahnung, "sich nicht selbst zu verlieren", sonst werde ihr Land "in der Welt aufgelöst werden". Sie müssten zu den "traditionellen Werten" ihrer Geschichte zurückkehren, denen sie alle ihre historischen Siege verdankten.

Nur, was sind die "traditionellen Werte" dieser russisch-sowjetischen Geschichte? Seit Jahren hat Putin persönlich versucht, mithilfe ganzer Stäbe von Spindoktoren und Ideologiedesignern eine neue, hyperpatriotische Staatserzählung zu erarbeiten. In ihr soll alles von der realen Geschichte Russlands und seines 1917 zusammengestürzten und von den Bolschewiki gewaltsam wiederaufgerichteten Imperiums miteinander gepaart werden: der Zar und Stalin, die Kirche und die Geheimpolizei, die weißen Generäle und die roten Kommissare, die namenlosen Opfer des Terrors und ihre willigen Exekutoren. Einen Historiker kann es angesichts dessen eigentlich nur schaudern. Aber darin bildet sich eben nicht nur ein mentales, sondern auch ein reales Symptom ab, das man ernst nehmen muss: das einer inneren Leere und einer fundamentalen Selbstunsicherheit.

Die heutige Russische Föderation ist, auch nachdem sie sich als Macht- und Territorialstaat berappelt hat, noch immer nur ein Staatswesen mit einem Sozialprodukt, vergleichbar dem Italiens, das zum übergroßen Teil aus Energie- und Rohstoffexporten generiert wird, in zweiter Linie aus Rüstungsgütern – nicht gerade ein neues "Obervolta mit Raketen", wie Helmut Schmidt die alte Sowjetunion einmal sehr überspitzt genannt hat, sondern eher eine Art gigantisches Scheichtum mit Raketen und Geschwadern. Es hat sich in der Ära Putin bis tief in die Gesellschaft hinein remilitarisiert, nicht zuletzt in Form paramilitärischer, von Reservisten geführter, von Priestern gesegneter, von Geheimdienstlern instruierter Verbände, die jetzt auch das Rückgrat der Donbass-Verteidiger und Neurussland-Eroberer bilden.

Aber von wenigen Ausnahmen abgesehen, hat das postsowjetische Russland keine eigene zivile Industriebasis mit den dazugehörigen technologischen und wissenschaftlichen Ressourcen zu erhalten oder neu zu begründen vermocht. Das ist der fundamentale Unterschied gegenüber der zweiten Hauptmacht des ehemaligen Weltkommunismus, der Volksrepublik China – an die Putin sein Restimperium unter dem Druck der westlichen Sanktionen jetzt durch einen vermeintlich triumphalen, womöglich aber ruinösen Pipeline-Vertrag angekoppelt hat. Wenn Russland von irgendeiner Seite in seinem Bestand gefährdet wäre, dann wohl am ehesten von einem schleichenden friendly take-over durch China.

Denn Russland als Gesellschaft schrumpft – und keineswegs nur an seiner sibirischen Peripherie, sondern mitten in seinen Zentralprovinzen, in denen Zehntausende Dörfer verlassen sind und ehemalige industrielle "Monotowns" veröden. Die Bevölkerungszahl sinkt rapide, von den neunziger Jahren bis heute um acht Millionen. Diese demografische Abwärtsspirale ist mit den entsprechenden Phänomenen in den entwickelten Ländern Europas nicht zu verwechseln. Vielmehr kombiniert sich darin eine niedrige Geburtenrate mit der massiven Abwanderung gerade der jüngeren, gebildeten, städtischen Schichten (eine Million im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends), vor allem aber mit der fast auf afrikanischem Niveau stagnierenden Lebenserwartung der Männer, die wenig älter als 60 Jahre werden.

"Russland verstehen" und der deutsch-russischen Verstrickungen im Krieg wie im Frieden eingedenk sein heißt gerade, sich des fatalen Zirkels bewusst zu werden, in den dieses von seinen imperialen Erbschaften erdrückte, von Phantomschmerzen geplagte Land einzuschwenken wieder im Begriff steht. Und ein sprichwörtlicher Bärendienst ist es, wenn ausgerechnet von deutscher Seite – wie ein fernes Echo der alten, eigenen Faszination am "russischen Raum" – dieses imperial überspannte, zugleich kollabierende und expandierende Staatswesen von Neuem in die Rolle eines Antagonisten amerikanischer oder westlicher Hegemonialansprüche gerückt wird, an der es sich schon mehrfach ruiniert hat.

Alle Angebote für Kooperation, Frieden, gute Nachbarschaft können und dürfen nicht signalisieren, man sei bereit, militärisch geschaffene Fakten schrittweise hinzunehmen. Würde aus Minsk II ein Dayton II, hieße das, die Ukraine in eine bosnische Lähmung zu stürzen, die für alle Seiten katastrophal wäre. Standhaftigkeit ist erforderlich, bis das neoimperiale Projekt Putins an seine inneren und äußeren Grenzen stößt – die es in Wirklichkeit längst erreicht hat.

http://www.zeit.de/2015/12/russland-wladim...e-imperialismus



Schwabo Elite
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Nobody is perfect
http://www.n-tv.de/politik/Rechtsextreme-P...le14753306.html


Familie, Christentum, Ukraine

Rechtsextreme Parteien tagen in Russland





Wo sonst?




Kameratt
ZITAT(Dave76 @ 22. Mar 2015, 18:37) *
ZITAT
Russland
Was Putin treibt
[...]


Der Autor ermöglicht viele interessante Blickwinkel. Sein Scheitern bei der Demografie schmältert jedoch ein insgesamt schlüssiges Bild.
SailorGN
Nun, die demografische Schlussfolgerung des Schrumpfens ist vieleicht übertrieben (erstmal abwarten, wie die Abwanderung sich jetzt entwickelt), mit der strukturellen Ansage hat der Autor aber recht: Die sowjetischen "Pionierprojekte" der Schwerindustrialisierung in abgelegenen/widrigen Gegenden wurden/werden leerer, weil sie nicht mehr subventioniert werden und daher massiv an Attraktivität verloren haben. Nur wenige dieser Projekte sind wirtschaftlich lebensfähig (erstaunlicherweise ist so ein Höllenloch wie Norilsk dabei), am Ende wird es auf das kanadische/australische System hinauslaufen: Die Rohstoffe werden von einer Handvoll hochbezahlter Saisonkräfte gefördert, eine dauerhafte Besiedelung wie zu Sowjetzeiten angestrebt und subventioniert wird es nicht geben.... es sei denn, der versprochene Klimawandel setzt sich auch dort durch smile.gif

Der Grundtenor des Artikels ist ziemlich gut, nur leider ist es eine reine Analyse, es wird keine Alternative aufgezeigt... Die "Politik" Jelzins, keine neue Vision für Russland zu schaffen hat Putin seine hypernationalistische Version erst ermöglicht, aber diese wird mittelfristig ebenfalls scheitern. Was soll dann kommen? Können die Russen eine Zielvorstellung für ihr Land entwickeln, bei der es nicht darum geht, alle Nachbarn zu dominieren?
Kameratt
Gehen wir doch mal die einzelnen Punkte durch...
ZITAT
Denn Russland als Gesellschaft schrumpft – und keineswegs nur an seiner sibirischen Peripherie, sondern mitten in seinen Zentralprovinzen, in denen Zehntausende Dörfer verlassen sind und ehemalige industrielle "Monotowns" veröden.

Sterbende Dörfer sind kein rein russisches Phänomen, sondern auch in den Industriestaaten präsent. Studien zeigen, dass die Grenze, ab der ein Dorf zunehmend entvölkert und aufgegeben wird ab etwa 20 Minuten Fahrzeit zum Gemeindezentrum (Behörden, Kultur, Aldi...) liegt.
Der Urbanisierungsgrad Russlands betrug laut Zensen der Jahre 1989, 2002 und 2010 jeweils 74%, 73% und 73,7%. Für tausende Dörfer, die verschwunden sind, muss also die Bevölkerung in anderen ruralen Gegenden gewachsen sein. Dörfer, die verkehrstechnisch gut angebunden sind bzw. als Suburbanisierungsgürtel größerer Städte fungieren, sind davon also nicht betroffen.
ZITAT
Die Bevölkerungszahl sinkt rapide, von den neunziger Jahren bis heute um acht Millionen.


Die Bevölkerungszahl Russlands lag Anfang der neunziger Jahre bei etwa 148,5 Mio. Heute liegt sie (ohne Krim) bei rund 144 Mio, ist also nicht um 8, sondern 4,5 Mio geschrumpft. Außerdem sinkt sie nicht rapide, sondern hat seit etwa 5 Jahren einen Trend zur leichten Steigung (2010 hatte Russland 142,9 Mio Einwohner).
ZITAT
Diese demografische Abwärtsspirale ist mit den entsprechenden Phänomenen in den entwickelten Ländern Europas nicht zu verwechseln.


Und wieso nicht? Entscheidend für die langfristige Dynamik der Bevölkerungszahl abseits der Migrationsbewegungen ist die zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer. Und die lag in der EU 2013 z.B. bei 1,55 und in Russland bei 1,6.

ZITAT
Vielmehr kombiniert sich darin eine niedrige Geburtenrate


Was so nicht stimmt. Siehe zusammengefasste Fruchtbarkeitsrate. Falls die jährliche Geburtenzahl pro 1000 Einwohner gemeint sein soll, so gehört Russland da zur Spitzengruppe in Europa, was jedoch durch eine entsprechend hohe Sterberate nivelliert wird und isngesamt wenig aussagekräftig ist.

ZITAT
mit der massiven Abwanderung gerade der jüngeren, gebildeten, städtischen Schichten (eine Million im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends)


Hierzu sind die Zahlen des russischen Statistikamtes nahezulegen (xls-Datei).
http://www.gks.ru/free_doc/new_site/popula.../demo/migr2.xls

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends (Jahre 2000 bis 2009) haben insgesamt 790 tausend Menschen Russland verlassen. Fast eine Million...
Nur ganz alleine ist die Zahl auch nicht gerade aussagekräftig, weil die Einwanderung nicht berücksichtigt wird. Die Bundesrepublik hat z.B. im gleichen Zeitraum 6,6 Mio Bürger durch Auswanderung verloren, aber 7,6 Mio durch Einwanderung gewonnen:
http://de.statista.com/statistik/daten/stu...us-deutschland/
http://de.statista.com/statistik/daten/stu...ch-deutschland/

Berücksichtigt man die Zuwanderung nach Russland (2,2 Mio) ergibt sich ein positives Saldo von 1,4 Mio Menschen.
Man könnte jetzt natürlich argumentieren, dass aus Russland eben jene jüngeren, gebildeten, städtischen Schichten auswandern, während hauptsächlich usbekische oder tadschikische Billigarbeiter einwadern (eine Argumentaion, die man auch in Deutschland sehr oft hört), aber wenn man aus der russischen Auswanderung die Zahlen für den GUS-Raum abzieht (denn es gibt keinen wirklichen Grund, warum hochgebildete Menschen aus Russland in andere Nachfolgestaaten der Sowjetunion auswandern sollten), dann Schrumpft die Gesamtzahl für 2000-2009 von 790 auf 370 tausend.

ZITAT
vor allem aber mit der fast auf afrikanischem Niveau stagnierenden Lebenserwartung der Männer, die wenig älter als 60 Jahre werden.

Die Lebenserwartung der Männer stagniert jedoch auch nicht, sondern weist für die letzten 10 Jahre einen Trend zum Wachstum auf.
Nach einem globalen Minimum mit 57,38 Jahren 1994 und einem lokalen Minimum von 58,53 Jahren 2003 folgte ein Anstieg auf 65,14 Jahre bis zum Jahr 2013.
http://en.wikipedia.org/wiki/Demographics_...ssia#After_WWII


Also für einen Historiker ist der Umgang mit Statistik nicht gerade überzeugend...
SailorGN
Ohne die dem Autor vorliegenden statistischen Quellen können wir weder beweisen noch widerlegen, wie er zu seiner Aussage kommt. Es handelt sich dabei um einen Absatz, gemäß der Praxis in Zeitungen ohne Fußnoten und Quellenangaben. Diesen Absatz zu "zerpflücken" ist sinnlos, weil mit (späterer) Kenntnis der Quellen des Autors wieder alles anders sein kann. Nehmen wir als Beispiel die Zahl 8 Millionen minus. Weisst du, ob er den Bruttoverlust meint? Rein "abgewanderte/gestorbene" ohne Zuzug? Oder doch "netto", dann kann deine Argumentation stimmen... Ich weiss es nicht, daher lasse ich die Zahl so stehen, wenn sie mich näher interessieren würde, dann kann ich ja mal nachschauen. Die Nettobetrachtung ist als Bewertung der "Verluste" eines Landes nicht immer aufschlussreich, weil ein genauer Schlüssel hinsichtlich Bildung, Sprachkenntnisse, Motivation und vor allem Chancen/Tätigkeit nach Einwanderung fehlt. Für die vom Autor genannte Personengruppe ist die Auswanderung aus Russland meinetwegen in den Westen attraktiv, also wird das für vergleichbare Gruppen aus anderen Ländern auch gelten, Präferenz Westen VOR Russland. Da es auf die Schnelle keine Statistik zu dieser speziellen Gruppe gibt, lasse ich das auch erstmal so stehen, mit einer Ergänzung: in der Mehrzahl der Fälle haben Einwanderer nach dem Einwandern einen niedriger qualifizierten Job... somit kann Alter/Geschlecht/Bildungsgrad von aus- und Einwanderern gleich sein, ein Automatismus des "Lückenfüllens" gibt es aber nicht.
Kameratt
Die Quellen sind zu diesem Thema einschlägig und erlauben keine solche Streuung zumal die Aussage Die Bevölkerungszahl sinkt rapide, von den neunziger Jahren bis heute um acht Millionen. auch keinen anderen Interpretationsspielraum zulässt. Bevölkerungszahl ist Bevölkerungszahl, acht Millionen sind acht Milliionen. Die Begriffe, die Koenen nutzt, sind präzise definiert, weshalb man nun auch nicht lamentieren kann, dass er etwas völlig anderes gemeint haben könnte. Wenn ein Wissenschaftler etwas anderes meint, als übliche Begriffe suggerieren würden, dann sollte er es auch benennen bzw. erläutern, damit keine Verwirrung entsteht. Wenn er das nicht tut, dann darf man das durchaus kritisieren.
SailorGN
Nochmal, ein Zeitungsartikel in der "Zeit" ist eben kein Fachartikel. Man kann die Sache kritisieren, aber eben nur so weit wie das Medium es zulässt. In einer Fachzeitschrift oder einem Fachaufsatz wäre deine ausführliche Kritik angebracht... bei einem Zeitungsartikel ist es nicht die Mühe wert. Zumal die Begriffe als solche vieleicht einem Laien klar definiert erscheinen, in der wissenschaftlichen Praxis aber eben durchaus anders gesehen werden. Gerade "Brutto" und "Netto" sind da wichtig, wie auch Herkunftsländer, Alter/Bildung/Geschlecht, etc. Ausgehend von der Bevölkerungszahl der RSFSR und einem Brutto-Ansatz kann man eine solche Argumentation aufziehen, weil es eben sehr unwahrscheinlich ist, dass Zuwanderer sofort die Lücken der Abwanderer ausfüllen, vor allem bei höherqualifizierten Tätigkeiten und sozialen Funktionen. Wenn dir die Sache nicht passt, dann schreibe doch Leserkommentar Nr. 988 und rege dich über das schlampige Handwerk auf^^
Kameratt
Ich habe ja nur aufgezeigt, dass der Autor ein offensichtliches Problem an der Stelle hat.

ZITAT(sailorGN @ 23. Mar 2015, 14:14) *
weil es eben sehr unwahrscheinlich ist, dass Zuwanderer sofort die Lücken der Abwanderer ausfüllen, vor allem bei höherqualifizierten Tätigkeiten und sozialen Funktionen.

Dann wäre Deutschland schon seit Jahrzehnten am Ausbluten. rofl.gif
SailorGN
D ist in gewisser Weise am "Ausbluten", weil bestimmte Berufe und Schichten woanders mehr gefragt sind als in D bzw. die Verdienstmöglichkeiten woanders besser sind... bspw. Abwanderungen von Handwerkern oder auch im Service/Gastrobereich. Merkt nur keiner, weil die Lücken "gewollt" durch geringer qualifizierte Kräfte geschlossen werden, bspw durch Leute aus Osteuropa. Man "bezahlt" das Ganze im Qualitätsbereich, zahlt aber auch weniger für deren Arbeit. Im akademischen Bereich sieht es anders aus, da gehen die Leute zwar auch gern mal ins Ausland, viele kommen aber zurück... und wenns nach 20 Jahren ist. Und zwar, weil der Lebensstandard bspw von D und den akademisch geprägten Gegenden der USA ähnlich ist. Wer aus Russland kommt, denkt vieleicht an die Rückkehr, würde damit aber auch viel aufgeben.... besonders wenn er/sie hier gut verdient hat. Hat ja auch einen Grund, warum so viele Gastarbeiter geblieben sind.

Ich kann nicht beurteilen, ob der Autor mit Statistik ein Problem hat, ob er falschen Zahlen aufgesessen ist oder bewusst falsch liegt...
Schwabo Elite
ZITAT(Kameratt @ 23. Mar 2015, 14:01) *
Bevölkerungszahl ist Bevölkerungszahl, acht Millionen sind acht Milliionen. Die Begriffe, die Koenen nutzt, sind präzise definiert, weshalb man nun auch nicht lamentieren kann, dass er etwas völlig anderes gemeint haben könnte.


Mir wird gerade klar, was für Probleme wir im PuG haben. hmpf.gif

Bevölkerung ist nur scheinbar ein klarer Begriff. Das kann alle Einwohner eines Landes meinen, oder nur diejenigen mit vollen Bürgerrechten. Abhängig von der zu erfassenden Gruppe fehlen dann also etwa Personen mit Aufenthaltsvisa oder eben auch illegale Einwanderer. Wie diese Gruppen sich im Einzelnen auf die Zählung von Abwanderungsquoten oder absoluten Zahlen auswirken, ist dann als zweiter Schritt ein weiteres Problem. So etwas sind auch grundsätzlich keine exakt bestimmbaren Zahlen, weil die meisten Zensus-Zählungen mit Näherungen arbeiten. Wenn nämlich vorne angefangen würde zu zählen und hinten aufeghört würde, hätte man bei großen Ländern (nach Bevölkerung und Fläche) am Ende vorne schon wieder neue Verhältnisse. Kann man sich also sparen.

Und so kommen dann unterschiedliche Institutionen auch zu gänzlich anderen Zählungen. Ich würde auf die Zahlen des russischen Statistikamtes grundsätzlich nichts geben, weil mein Gefühl mir sagt, dass die Zählweise aufgrund fehlender Distanz zur Regierung vom gewünschten Ergebnis diktiert wird. Das mag aber ein Vorurteil sein.

Dennoch können sich Zählweisen und -algorithmen stark von einander unterscheiden. Dann stimmen weder die Zahlen noch die Definitionen überein. Und trotzdem haben beide nach ihren Maßstäben sauber gearbeitet.

Erst dann kommen die "Verwerter" wie Politologen und Historiker, die aus den Zahlen etwas versuchen abzuleiten. Dass Historiker keine Statistiker, Demographen oder Ökonometriker sind, macht die Sache oft nicht besser, ist aber nicht zu vermeiden. Ich verweise auf meine Signatur. wink.gif Man kann nicht alles können und lernt nur wenige Methoden grundständig; das jeweils andere fällt dann eben über den Rand.
Schwabo Elite
Einfach mal den Wikipedia-Artikel lesen (und wie immer zum Vergleich noch einen fremdspachigen), um die Definitionsbandbreite zu verstehen: http://de.wikipedia.org/wiki/Bev%C3%B6lkerung
Kameratt
Das russischen Statistikamt erhebt Daten nach der gleichen Methode (Es werden nur Menschen, die einen ständigen Wohnsintz in Russland haben berücksichtigt), sodass sie direkt miteinander vergleichbar sind. Man kann natürlich auch andere Definitionen hinzuziehen, nur werden sie den Unterschied von mehreren Millionen Menschen genauso wenig erklären können, weil es nur wenige hundertausend sind, die den Unterschied ausmachen. Unter Berücksichtigung der Schätzungen von Illegalen, wird die Diskrepanz sogar noch wesentlich größer. Von einer Schrumpfung der Bevölkerung um 8 Mio kann keine Rede sein. Die erfolgte Beschreibung ist schlicht falsch und irreführend.
Slavomir
ZITAT(Schwabo Elite @ 22. Mar 2015, 19:20) *
xyxthumbs.gif
Ja, absolut klasse!
SailorGN
ZITAT(Kameratt @ 23. Mar 2015, 15:20) *
Das russischen Statistikamt erhebt Daten nach der gleichen Methode (Es werden nur Menschen, die einen ständigen Wohnsintz in Russland haben berücksichtigt), sodass sie direkt miteinander vergleichbar sind. Man kann natürlich auch andere Definitionen hinzuziehen, nur werden sie den Unterschied von mehreren Millionen Menschen genauso wenig erklären können, weil es nur wenige hundertausend sind, die den Unterschied ausmachen. Unter Berücksichtigung der Schätzungen von Illegalen, wird die Diskrepanz sogar noch wesentlich größer. Von einer Schrumpfung der Bevölkerung um 8 Mio kann keine Rede sein. Die erfolgte Beschreibung ist schlicht falsch und irreführend.


Nur dass es eben manchmal nicht bequem sein kann, was das Statistikamt herausfindet... wäre nicht die erste "missliebige" Statistik im Bereich Demografie, die gefälscht wird. Gerade Bevölkerungszahlen und -bewegungen werden als das gesehen was sie sind: Barometer für die Zufriedenheit. Würde mich überhaupt nicht wundern, wenn dort nachgeholfen wird, schliesslich muss auch das im Reiche Wladimir Groznys glänzen, was kein Gold ist.
Malefiz
ZITAT(sailorGN @ 23. Mar 2015, 20:10) *
Nur dass es eben manchmal nicht bequem sein kann, was das Statistikamt herausfindet... wäre nicht die erste "missliebige" Statistik im Bereich Demografie, die gefälscht wird. Gerade Bevölkerungszahlen und -bewegungen werden als das gesehen was sie sind: Barometer für die Zufriedenheit. Würde mich überhaupt nicht wundern, wenn dort nachgeholfen wird, schliesslich muss auch das im Reiche Wladimir Groznys glänzen, was kein Gold ist.


"Never attribute to malice that which is adequately explained by stupidity."

Solange wir nicht wissen, welche Zahlen der Autor als Grundlage nimmt ist das hier reine Spekulation und führt zu gar nichts.
Nite
ZITAT
"Alles, was die ukrainische Regierung macht, ist Faschismus. Es gibt keinen anderen Faschismus mehr auf der Welt."
(Alexej Schiwow, Anführer der Organisation Kampf für den Donbass)

Zeit.de

Besser kann man die russische Definition von "Faschismus" wohl nicht beschreiben
schießmuskel
Oh welch illustre Gesellschaft dort zusammen gekommen ist. Soger die FN war sich zu schade dafür. Das zeigt, dass wenn eine Partei dabei ist sich zu etablieren, sie sich von Kreml Veranstaltungen fern hält sofern sie noch nationale weiter ernst genommen werden will. Auf der anderenSeite frage ich mich gibt es überhaupt noch irgendwas wo man Russland ernst nehmen kann. Es wird immer grotesker.
Malefiz
ZITAT(schießmuskel @ 24. Mar 2015, 13:53) *
Oh welch illustre Gesellschaft dort zusammen gekommen ist. Soger die FN war sich zu schade dafür. Das zeigt, dass wenn eine Partei dabei ist sich zu etablieren, sie sich von Kreml Veranstaltungen fern hält sofern sie noch nationale weiter ernst genommen werden will. Auf der anderenSeite frage ich mich gibt es überhaupt noch irgendwas wo man Russland ernst nehmen kann. Es wird immer grotesker.


Raumfahrt. Zum Beispiel.
schießmuskel
Die russiche Raumfahrt überlebt nur Dank Finanzierung aus dem Westen, sonst wären in Baykonur auch schon längst die Lichter aus.
Luzertof
ZITAT(Malefiz @ 24. Mar 2015, 16:59) *
ZITAT(schießmuskel @ 24. Mar 2015, 13:53) *
Oh welch illustre Gesellschaft dort zusammen gekommen ist. Soger die FN war sich zu schade dafür. Das zeigt, dass wenn eine Partei dabei ist sich zu etablieren, sie sich von Kreml Veranstaltungen fern hält sofern sie noch nationale weiter ernst genommen werden will. Auf der anderenSeite frage ich mich gibt es überhaupt noch irgendwas wo man Russland ernst nehmen kann. Es wird immer grotesker.


Raumfahrt. Zum Beispiel.


Ist nicht gerade die Absturzquote bei kommerziellen Trägerraketen in Russland die letzten Jahre völlig durch die Decke gegangen, von eigenen (militärischen) Fehlstarts z. B. für GLONASS gar nicht zu sprechen?
goschi
ZITAT(Malefiz @ 24. Mar 2015, 16:59) *
ZITAT(schießmuskel @ 24. Mar 2015, 13:53) *
Oh welch illustre Gesellschaft dort zusammen gekommen ist. Soger die FN war sich zu schade dafür. Das zeigt, dass wenn eine Partei dabei ist sich zu etablieren, sie sich von Kreml Veranstaltungen fern hält sofern sie noch nationale weiter ernst genommen werden will. Auf der anderenSeite frage ich mich gibt es überhaupt noch irgendwas wo man Russland ernst nehmen kann. Es wird immer grotesker.


Raumfahrt. Zum Beispiel.

Aber nur bei den Trägermitteln und hierbei vor allem durch den geringen Preis. gerade komerzielle Trägersysteme aus Russland haben zT unglaublich miese Erfolgsraten und wurden in den letzten Jahren immer weniger nachgefragt, während westliche Anbieter an Marktanteilen gewannen, allen voran die "jungen wilden" (SpaceX, Orbital ATK, usw.), praktisch nur die Sojus ist stabil und hier primär als bemanntes Trägersystem.
Die ganze Raumfahrt-Industrie leidet unter einem unglaublichen Brain-Drain, die wirklich guten Akademien bilden vermehrt für ausländisch Firmen personal aus, auch junge Raumfahrtingenieure suchen meist früh ihr heil in westlichen Firmen.
Malefiz
ZITAT(schießmuskel @ 24. Mar 2015, 17:10) *
Die russiche Raumfahrt überlebt nur Dank Finanzierung aus dem Westen, sonst wäre in Baykonur auch schon längst die Lichter aus.


Und die westliche Raumfahrt überlebt nur dank russischer Raketen. Sonst wären auf der ISS auch schon längst die Lichter aus.
Luzertof
ZITAT(Malefiz @ 24. Mar 2015, 17:20) *
ZITAT(schießmuskel @ 24. Mar 2015, 17:10) *
Die russiche Raumfahrt überlebt nur Dank Finanzierung aus dem Westen, sonst wäre in Baykonur auch schon längst die Lichter aus.


Und die westliche Raumfahrt überlebt nur dank russischer Raketen. Sonst wären auf der ISS auch schon längst die Lichter aus.


Dann hätte man die Shuttle nicht außer Dienst gestellt, würde Alternativen nutzen bzw. hätte sie viel schneller entwickelt oder würde die ISS, die sowieso aufgegeben werden soll, früher aufgeben. Die Entscheidung, russische Technik zu nutzen, ist eine reine Kostensache.
schießmuskel
ZITAT(Malefiz @ 24. Mar 2015, 17:20) *
ZITAT(schießmuskel @ 24. Mar 2015, 17:10) *
Die russiche Raumfahrt überlebt nur Dank Finanzierung aus dem Westen, sonst wäre in Baykonur auch schon längst die Lichter aus.


Und die westliche Raumfahrt überlebt nur dank russischer Raketen. Sonst wären auf der ISS auch schon längst die Lichter aus.


DU glaubst doch nicht ernsthaft, dass ohne die Russen die bemannte Raumfahrt zum erliegen kommt? Spätestens seit Apollo haben die USA die Russen nicht nur eingeholt sondern auch überholt.

Praktisch ist die USA, EU, Japan, und China fähig zur bemannten Raumfahrt, damit man nicht ein halbes Dutzend bemannte Raumfahrtprojekte am laufen hat, machen das die Russen. Ansosnten können mittlerweile sogar private Firmen Raumflüge anbieten, da kannst du dir sicher sein , dass ohne die Russen auf der ISS nicht die Lichter ausgehen würden.
Schwabo Elite
Wirklich spannend wird es, wenn die USA anfange wie geplant Teile der ISS zu den Erd-Mond-Lagrange-Punkten zu schleppen, um sie als Wegstationen zu nutzen. Wenn die neue Raketengeneration der NASA verfügbar ist, würden amerikanische Projekte damit im gesamten Erd-Mond-System der Konkurrenz voraus sein. Das wird alle künftigen Weltraumprojekte, auch ökonomische, beeinflussen.
Parsifal
Weltraumluxus... wen interessierts? Wichtig ist, wer Land hat und wer eine überzeugende Macht. Die Russen haben A-Bomben (Nuklearwaffen) und zusätzlich viel Land, welches ihnen niemand wagt streitig zu machen. Keiner holt die Krim "zurück". Die Russen können sich nehme was sie wollen. Das macht eine Macht(diktatur) aus. Das ist feinste Machtpolitik und niemand kann denen was.

Wir kommen denen nur bei, wenn wir deren Wirtschaft für unsere Zwecke erschließen und nutzbar machen, weil das unsere Fähigkeit ist. Alles andere ist Käse, meine Meinung. Warten wir mal die nächsten Jahre ab. Wirtschaftsbeziehungen zu Russland aufbauen, die Ukraine links liegen lassen, denn Looser braucht keiner.

edit: Um Lagrange-Punkte kümmern sich wie SE schreibt ohnehin die USA... Die Sache ist geritzt.
Almeran
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:44) *
Weltraumluxus... wen interessierts? Wichtig ist, wer Land hat und wer eine überzeugende Macht. Die Russen haben A-Bomben (Nuklearwaffen) und zusätzlich viel Land, welches ihnen niemand wagt streitig zu machen. Keiner holt die Krim "zurück". Die Russen können sich nehme was sie wollen. Das macht eine Macht(diktatur) aus. Das ist feinste Machtpolitik und niemand kann denen was.

Wir kommen denen nur bei, wenn wir deren Wirtschaft für unsere Zwecke erschließen und nutzbar machen, weil das unsere Fähigkeit ist. Alles andere ist Käse, meine Meinung. Warten wir mal die nächsten Jahre ab. Wirtschaftsbeziehungen zu Russland aufbauen, die Ukraine links liegen lassen, denn Looser braucht keiner.

Welche Wirtschaft? In Russland gibt es für Europa und die USA nix zu holen außer Öl und Gas.
Parsifal
Stimmt, Öl und Gas sollte man vernachlässigen... Ist unter "Grünen" Gesichtspunten nichts wert... kann man vernachlässigen...Du bist der Beste. tock.gif
Almeran
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:46) *
Stimmt, Öl und Gas sollte man vernachlässigen... Ist unter "Grünen" Gesichtspunten nichts wert... kann man vernachlässigen...Du bist der Beste. tock.gif

Gibt es auch woanders und fließt trotz Ukrainekrise ungehindert weiter. Kein Grund da jetzt in Appeasement-Politik zu verfallen.
Luzertof
Die VR China macht Russland, über kurz oder lang noch stärker, Sibirien streitig.

Dass die Krim zu Russland gehört hat bisher nicht mal die UEFA anerkannt.
Madner Kami
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:44) *
Weltraumluxus... wen interessierts?


Mich und jeden vernünftig denkenden Menschen.

ZITAT(Almeran @ 24. Mar 2015, 22:50) *
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:46) *
Stimmt, Öl und Gas sollte man vernachlässigen... Ist unter "Grünen" Gesichtspunten nichts wert... kann man vernachlässigen...Du bist der Beste. tock.gif

Gibt es auch woanders und fließt trotz Ukrainekrise ungehindert weiter. Kein Grund da jetzt in Appeasement-Politik zu verfallen.


Hat ja schon unter Chamberlain so super funktioniert...
Shakraan
ZITAT(Almeran @ 24. Mar 2015, 22:50) *
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:46) *
Stimmt, Öl und Gas sollte man vernachlässigen... Ist unter "Grünen" Gesichtspunten nichts wert... kann man vernachlässigen...Du bist der Beste. tock.gif

Gibt es auch woanders und fließt trotz Ukrainekrise ungehindert weiter. Kein Grund da jetzt in Appeasement-Politik zu verfallen.


Jetzt nimm doch Parsifal nicht sein "Recht des Stärkeren"-Weltbild, nach der alles was militärisch schwächer ist sich gefälligst unterzuordnen hat und katzbuckeln muss.

Wieso läuft eigentlich absolut jeder Parsifal-Post auf diese pseudodarwinistische Weltanschauung raus, ganz egal was eigentlich das Thema ist? Bist du auch für die Ausrottung der Wale, weil die Deppen sich ja mit der Evolution keine harpunensichere Haut haben wachsen lassen? Forderst du von deinem Nachbarn Schutzgeld, weil du mehr Muckis hast als er und sein Türschloss minderwertig ist? Bitte sag mir, dass du nie vorhast für ein öffentliches Amt zu kandidieren....
Nobody is perfect
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:46) *
Stimmt, Öl und Gas sollte man vernachlässigen... Ist unter "Grünen" Gesichtspunten nichts wert... kann man vernachlässigen...Du bist der Beste. tock.gif


Wir sind aktuell nur noch vom russischen Gas abhängig. Und Gas gibt es aktuell mehr als genug auf der Welt, die Amis und Kanadier wissen gar nicht wohin mit ihrem scheiß Frackinggas. Es ist aktuell ein reines Transport und vor allem Anlandungsproblem in Europa. Es gibt aktuell nicht genug LPG Tanker, die aber gerade wie "Sand am Meer" im Bau sind auf Grund des Hypes und schlimmer, es gibt nicht genug Terminals und hier fängt der Bau gerade an. Und auch die Araber haben ihre Gasvorkommen doch gar nicht angekratzt, da bisher der Gastransport zu komplex und nicht relevant war. Iran und Katar sitzen alleine auf Gasreserven, die zusammen deutlich größer sind, als die Russlands. Und dabei ist das Frackinggas noch gar nicht mit drin.

Der Ölpreis ist aktuell nicht umsonst im Keller. Warum von Russland kaufen? Und wenn Russland ausschließlich nach China verkauft, schön...China kauft den Teil dann nicht auf dem freien Markt und wir kriegen das Öl günstiger von den Saudis und Konsorten, inklusive USA und Kanada.

Was hat uns also bitte Russland zu bieten, auf das wir nicht verzichten können? Welche Produkte liefert uns Russland, ein Land mit der Wirtschaftskraft von Italien, die in irgendeiner Form für uns relevant sind? Als Lieferant ist Russland doch für uns nur in Europa ein reiner Rohstofflieferant (wie Dritte Welt Staaten oder die Araber).

Interessant ist Russland ansonsten nur als Abnehmerland für Maschinen etc., weil sie bisher gut bezahlt haben. Aber das ist für uns in Deutschland auch nicht unverzichtbar, da sind andere aufstrebende Länder schon aktuell und künftig viel interessanter.

Polen ist ein für uns ein extrem bedeutender Handelspartner geworden mit einer Bedeutung weit vor Russland, warum sollte es ein aufstrebendes Ukraine nicht auch werden?

https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Ges...publicationFile









Schwabo Elite
ZITAT(Almeran @ 24. Mar 2015, 22:50) *
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:46) *
Stimmt, Öl und Gas sollte man vernachlässigen... Ist unter "Grünen" Gesichtspunten nichts wert... kann man vernachlässigen...Du bist der Beste. tock.gif

Gibt es auch woanders und fließt trotz Ukrainekrise ungehindert weiter.



ZITAT(Luzertof @ 24. Mar 2015, 22:52) *
Die VR China macht Russland, über kurz oder lang noch stärker, Sibirien streitig.


Ich kombiniere mal zwei Posts. Es dürfte noch unsicher sein, inwiefern China territoriale Ansprüche auf das russische Sibirien entwickeln wird, aber Russland wird es sich nicht leisten können Gas und Öl nicht an Europa zu verkaufen. Erstens besteht westwärts eine Infrastruktur, die Russland und China erst noch aufbauen müssten, zweitens ist es leichter gute Preise gegen 30+ Kunden zu verhandeln, als gegen einen, der militärisch und ökonomisch absolut überlegen ist. Und letztlich verliert keiner gerne verlässliche, gut zahlende und auf Frieden setzende Kundschaft.

Ob China Sibirien wird haben wollen, liegt meiner Meinung nach im Bereich der Spekulation und wird abhängig sein davon, ob China weiterhin zur Weltgemeinschaft gehören will. Der Schutz territorialer Integrität und drohende Sanktionen im Falle der Verletzung dergleichen, gelten eben auch am anderen Ende der Welt und Russland würde davon profitieren, auch wenn man sich dort gerne als "Opfer arbiträrer, imperilialistischer Gesetze sieht".

Leider halte ich eine putinartige Regierung für zu stolz so ein Prolem auf diplomatische Weise auszutragen und sich mit NATO und EU auf Hilfen zu verständigen. Wenn China mit dem Säbel rasseln würde, denke ich, würde Russland zurückrasseln und Putin noch einen Hunnenrede obendrauflegen.
schießmuskel
ZITAT(Parsifal @ 24. Mar 2015, 22:44) *
Weltraumluxus... wen interessierts? Wichtig ist, wer Land hat und wer eine überzeugende Macht. Die Russen haben A-Bomben (Nuklearwaffen) und zusätzlich viel Land, welches ihnen niemand wagt streitig zu machen. Keiner holt die Krim "zurück". Die Russen können sich nehme was sie wollen. Das macht eine Macht(diktatur) aus. Das ist feinste Machtpolitik und niemand kann denen was.

Wir kommen denen nur bei, wenn wir deren Wirtschaft für unsere Zwecke erschließen und nutzbar machen, weil das unsere Fähigkeit ist. Alles andere ist Käse, meine Meinung. Warten wir mal die nächsten Jahre ab. Wirtschaftsbeziehungen zu Russland aufbauen, die Ukraine links liegen lassen, denn Looser braucht keiner.

edit: Um Lagrange-Punkte kümmern sich wie SE schreibt ohnehin die USA... Die Sache ist geritzt.


Die Russen können sich nehmen was sie wollen? Das glaube ich nicht!
Davon abgesehen hat Italien eine Wirtschaft, die auch tatsächlich etwas produziert und was weltweit verkauft wird, im Gegensatz zu Russland.
SailorGN
Bloss müssen die Chinesen gar nix tun, um ihre Verhandlungsbasis zu verbessern.... die müssen nur warten, dass Russland ggü. Europa und USA so weitermacht und sich selbst aller Partner beraubt. Die Chinesen kommen dann lächelnd an und kaufen/verkaufen günstigst. Da müssen keine Panzer rollen, dass hat China begriffen. Ein schwaches, isoliertes Russland ist das Beste, was Peking passieren kann, weil es stabile Landgrenzen schafft, gute Rohstoff- und Absatzmärkte und es drittens China ermöglicht, seine pazifische Strategie umzusetzen.

Die Abhängigkeit von fossilen Kohlenwasserstoffen wird in Europa weiter zurückgehen... zwar nicht verschwinden, aber absolut an Bedeutung verlieren, was durch neue/andere Lieferanten noch verstärkt wird. Das Druckpotential russischer Förderung wird nachlassen, zumal die staatseigenen/nahen Konzerne mit "politischen" Preis- und Lieferpolitiken nicht wirtschaftlich arbeiten können und somit die Profite reduziert werden.
Madner Kami
ZITAT(sailorGN @ 25. Mar 2015, 09:45) *
Ein schwaches, isoliertes Russland ist das Beste, was Peking passieren kann, weil es stabile Landgrenzen schafft, gute Rohstoff- und Absatzmärkte und es drittens China ermöglicht, seine pazifische Strategie umzusetzen.


Wirtschaftlich? Ja. Aber Politisch? Eher nicht. Russland neigt doch zumindest derzeit stark dazu, innere Schwächen nach außen zu tragen und die inneren Probleme auf dem Territorium der Nachbarstaaten zu "lösen". Zwar halte ich einen militärischen Konflikt im Osten Russlands gegen China für absolut unwahrscheinlich, aber auch ein China kann sich ein instabiles Russland, das im Süden (so grob Richtung der diversen -stans) oder insbesondere im Westen wildert nicht leisten.
Umgekehrt ist es nicht nur unwahrscheinlich, sondern absolut uncharakteristisch für China Sibirien zu annektieren. Ein solches Szenario sehe ich bestenfalls nach einem totalen Kollaps und folgendem Zerfall Russlands. China mag vieles sein, aber militärisch agressiv-expansionistisch? Außer ein paar Inseln im chinesischen Meer und ein paar lokal sehr begrenzte Rivalitäten an den Grenzen neigte China nie wirklich zur Expansion außerhalb seines "traditionellen" Gebietes und tut es meiner Meinung nach noch heute nicht. Man hat dort sehr gut verstanden, dass der Handel sinnvoller ist, als völlig fremde Völker mit wirtschaftlich unproduktivem und teurem Militär unter der Knute zu halten.
Luzertof
ZITAT(Schwabo Elite @ 25. Mar 2015, 09:18) *
....


Die VR China macht das, was Russland derzeit in Abchasien etc. macht - warten, bis die "eigene" Bevölkerung immer größer wird. Der Unterschied ist, Russland macht das mit Passverteilung an bereits dort wohnende Menschen, die VR China mittels Immigration.

Und dann? Gerade nach dem Thema Krim dürften "Referenden" und "ethnische Mehrheiten", egal wie gefälscht sie sein mögen, für Russland keine diplomatische Verteidigungsstrategie darstellen.
xena
ZITAT(Luzertof @ 24. Mar 2015, 22:52) *
Die VR China macht Russland, über kurz oder lang noch stärker, Sibirien streitig.


Unsinn. China hat keinerlei Ambitionen in Sibirien. Sie bemühen sich nicht einmal Auswanderer dort hin zu schicken um das Problem über die langsame Chinesierung zu lösen. Sibirien will niemand. Alles andere sind nur wilde Spekulationen ohne Boden.
Luzertof
Das ist schlicht falsch. Die nach Sibirien eingewanderten Chinesen, in der Mehrzahl illegal, sorgen schon jetzt für Probleme.

Die VR China denkt in viel längeren Zeitabschnitten als Russland oder wir im Westen, spätestens mit diesem Wissen im Hinterkopf ist ganz klar erkennbar, welcher Weg dort beschritten wird.
Kameratt
Wenn China Sibirien kolonisieren möchte, dann tut es etwas falsch. Denn die meisten Chinesen landen in Moskau.
SailorGN
Wir hatten das Thema ja schonmal irgendwann, aber ausser "Propagandazahlen" von empörungsinteressierten Seiten deutet alles darauf hin, dass sie die chinesische Invasion Sibiriens in Grenzen hält. Zwar sind sie mit einigen hundertausend Personen die größte "Minderheit", aber dies fluktuiert stark, viele lassen sich nicht dauerhaft nieder. Weiterhin wird es von den örtlichen Stellen und Unternehmen gar nicht so eng gesehen, weil die Chinesen billige Arbeitskräfte sind... oder eben "fliegende Händler", die ihre Nischen gefunden haben.

@Madmer: Ein schwaches Russland wird seine Probleme niemals gegen China austragen, dazu sind die Chinesen zu stark und zu geeint... allenfalls zentralasiatische Nachbarn können "Opfer" werden und dann hätte China einen Grund, dort als Schutzmacht aufzutreten... aber eben nicht aktiv. Ein schwaches Russland ist keine Gefahr für China, selbst ein schwaches, aber lautstarkes nicht. Denn Russland braucht die Abnehmer nach Verprellung Europas umso mehr, um sich überhaupt über Wasser zu halten.
Kameratt
Selbst als billige Arbeitskräfte findet man Chinesen in Ostrussland mittlerweile selten. Dazu hat der wirtschaftliche Aufschwung in ihrer Heimat beigetragen. Die meisten Billigarbeiter stammen auch da eher aus Usbekistan und Tadschikistan, vielleicht noch Nordkorea und Vietnam.
ZITAT
Billig-Rubel lockt Chinesen in Scharen nach Russland

Der Verfall des Rubels lässt zwar russische Urlauber in Europa ausbleiben. Umgekehrt führt die Währungskrise aber zu einem Tourismus- und Shopping-Boom der Chinesen im Fernen Osten Russlands.[...]

http://www.welt.de/wirtschaft/article13586...h-Russland.html
Slavomir
Man solle ab und zu einen Blich auf die chinesische Karte werfen und dann feststellen, dass China selbs noch so viele schlecht erschlossene, kaum besiedelte Gebiete hat (nein, nicht nur in den Bergen), dass sie noch Jahrzehnte lang damit beschäftigt werden sie zu erschliessen.
SailorGN
Es geht weniger darum, auf Krampf alles zu besiedeln/erschliessen, dass haben auch die Chinesen auf die harte Tour gelernt... dazu kommt, dass man genug eigene Gebiete hat, in denen man durch gezielte Förderung von Han-Chinesen-Ansiedlungen die Population verändern will, nämlich Tibet und Uigurien. Das sind dringendere "innere" Baustellen. Die aggressive Expansion in eine Region, die man dank des schwachen Rubels quasi "kaufen" kann, kostet mehr als sie bringt. Die Chinesen werden sich bei allem einkaufen, was sie von dort brauchen, bzw. Ressourcen durch eigene Firmen erschliessen. Die Russen werden das annehmen, weils Kohle bringt. Wirklich wohnen will in Sibirien in der Fläche niemand (auch wenn es sicher auch dort attraktive Grundstücke gibt).
xena
In einem Weltspiegel wurde gezeigt, dass chinesische Waren die durch Europa boykotierten Waren ersetzen. An Mangel leiden die Russen jedenfalls nicht, lediglich die Marken wechseln mit vermehrt chinesischen Aufschriften. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Waren ihren Weg nach Westrussland finden.
SailorGN
Und dort treffen sie dann auf die "weissrussische" Konkurrenz, die umgelabelten europäischen Waren.

Russland leidet durch die Sanktionen keinen elementaren Mangel im Kosumgüterbereich... denn in dem kommt eh das meiste weltweit aus Asien, egal ob Elektronik oder Klamotten. Was Russland "trifft" sind Importsperren auf Luxus- und Investitionsgüter. Insbesondere letztere lähmen die ohnehin schon fragile Wirtschaft, weil zB auch keine Ersatzteile mehr geliefert werden. Wie man so schön in vielen youtube-vids von russischen Rüstungsschmieden sieht, kommt da sehr viel Gerät aus Europa, das lässt sich nicht so einfach ersetzen, auch aus China nicht... zumindest würde ich nicht auf chinesische "Ersatzteile" aus reverse-engineering setzen^^
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