ZITAT(xena @ 27. Aug 2019, 18:13)
Niemand in der damaligen UDSSR konnte ahnen, dass die Ukraine sich mal verselbständigt, als man die Krim verwaltungstechnisch an die Ukraine anschloss.
Das ist eine seltsame und verfängliche Formulierung die ich immer häufiger im Internet lese. Sie ist auch falsch. Die Krim wurde nicht der Ukraine "verwaltungtechnisch" angeschlossen, sondern als Gebiet vollständig zwischen der RSFSR und der Ukrainischen SSR transferiert. Man hat hier nicht, wie z. B. in einem zentralistischen Staat wie Frankreich, einen Landkreis zwischen zwei Departments hin- und hergeschoben. Vielmehr hat man aus einer föderalen Union ein Gebiet zwischen zwei Teilrepubliken ausgetauscht. Die Ukrainische SSR war ja auch nicht irgendein Teilstaat, sondern sie besaß einen eigenen Sitz in der UNO. Das ist eher so, als ob man zwischen New York und New Jersey ein County verschiebt oder zwischen Deutschland und Frankreich das Saarland.
Und deswegen ist hier der Begriff "verwaltungstechnisch" ein völliges Understatement, der Akt hatte völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Rang, weswegen bei beiden Republiken auch die Verfassungen geändert wurden.
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Die Menschen dort hat man nicht gefragt.
Das ist richtig und entspricht dem Geiste der sowjetischen Diktatur.
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Und nach dem Zusammenbruch der UDSSR wurde auch niemand gefragt.
Im Gegenteil, die Bevölkerung der Krim wurde sogar schon vor dem Zusammenbruch der UdSSR gefragt, ob sie wieder eine autonome Sowjetrepublik bilden wollten. Das war am 20. Januar 1991 (
Link) und das Referendum ging mit 94 Prozent klar zu Gunsten einer autonomen Republik aus.
In der Folge hätte die Krim als eigenständiger Körper der Union Souveräner Staaten handeln dürfen, aber die USS, die Gorbatschow begründen wollte, kam nie zustande, weil der Augustputsch zuerst seine Politik beendete und dann nach Weihnachten die UdSSR als Nachwirkung mit in den Abgrund riss. In der Folge blieb die Krim als Autonome Republik Teil der Ukraine.
Das hielt aber die Ukraine nicht davon ab 1994 ein Referendum auf der Krim über den Status der Halbinsel abzuhalten. Dabei votierte die Bevölkerung mehrheitlich für
- mehr Autonomie innerhalb der Ukraine zu erhalten
- die Möglichkeit doppelte Pässe - ukrainische und russische - zu bekommen und
- Dekrete des Präsidenten als Gesetze gelten zu lassen.
Damit war die Frage nach dem verfassungs- und völkerrechtlichen Status der Krim geklärt. In den nächsten 20 Jahren war auch jedem klar, dass die Krim nicht selbstständig existieren könnte oder wenn, dann nur unter erheblichen Einbußen der Lebensqualität.
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Selbst wenn man ein sauberes Referendum gemacht hätte, kann es durchaus sein, dass von mir aus keine 90% aber irgend was knapp über 50% dafür gewesen wären. Das Thema zieht sich auch durch alle ehemaligen Kolonialgebiete. Eine Bereinigung all dieser Grenzen wäre in vielen Fällen sinnvoll, statt wie bekloppt auf Verträge zu pochen. Das würde viele Konflikte auf der Welt bereinigen.
Die Bereinigung von ehemaligen Grenzen der Großreiche ist genau das, was uns den Zweiten Weltkrieg, die Balkankriege und alle nachkolonialen Kriege gebracht hat. Das Resultat ist nicht die von Dir gewünschte Beendigung aller Streitereien, sondern Millionen Tote aufgrund von Kampfhandlungen und sogenannten ethnischen Säuberungen. Von Flucht, Vertreibung und jahrzehntelangen schwelenden Konflikten - militärisch wie diplomatisch - ganz zu schweigen.
Es ist genau die Aufweichbarkeit von Verträgen und das einseitige durchsetzen sogenannter Korrekturen (die nichts anderes sind als Deine Bereinigungen), was es Diktatoren, Autokraten und anderen "Lenkern" erlaubt jede Invasion zu rechtfertigen.