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kato
ZITAT(Thomas @ 13. Jun 2023, 20:02) *
Die Bremer Polizei ermittelt gegen 5 Feldjäger wegen Beleidigung?

Gegen "Angehörige der Bundeswehr". Die Feldjäger sind nur erwähnt, da sie über den Sachverhalt informiert wurden.
Brünnhilde
Ein Stück Militärgeschichte ist jetzt Geschichte:

Daniel Elsberg, berühmter Whistleblower, der 1971 die Pentagon-Papers an die Presse weiterleitete, ist gestorben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Ellsberg
muckensen
Ulrich Reitz: "Wie Kanzler Scholz und Grüne der AfD helfen, ihren Schrecken zu verlieren"

Manch einer wird den politisierenden Aussagen vielleicht nicht zustimmen, denn natürlich ist es die Aufgabe einer Regierung, ihre Politik auch dann durchzuziehen, wenn sie der Opposition missfällt; doch die eher auf das politische System abzielenden Einschätzungen Reitz' halte ich für absolut zutreffend. Man muss der AfD inhaltlich Paroli geben. Sie einfach nur mit Adjektiven zu überziehen, wird niemanden beeindrucken, der diese Adjektive nicht schon selbst verwendet; und sie zu ignorieren, ist eine saudumme Idee. In Finnland und Schweden hat man es auch versucht, die Rechtspopulisten kleinzuhalten, indem man so tut, als gäbe es sie nicht. Und jetzt? Die neue Regierung in Schweden muss sich von den Schwedendemokraten tolerieren lassen, und Die Finnen regieren in Helsinki sogar mit. War das im Sinne des Erfinders?
Sensei
Es gibt dazu 2 Erzählungen:

1.
Die AFD spiegelt nur reale Ängste und Probleme wider.
Wir müssen mehr AFD Politik umsetzen, dann wird diese Partei unbedeutend:
Mehr Klimaleugnung, mehr irreale Finanzpolitik, mehr Schelte gegen Homosexuelle, Ausländer und Genderthemen!
--> SPD und Grünen sind schuld, weil sie zu wenig AFD Politik machen.

2.
Die Ängste von AFD Wählern sind verständlich, aber zumeist irreal.
Ihnen hinterherzurennen ist:
a) gefährlich, weil man Politik primär nach eigener Überzeugung und nicht nach Wählermeinung gestalten sollte
b) nicht erfolgversprechend: Die AFD Themen erhalten so nur noch mehr Zuspruch. Und im Zweifel wird eh das Original gewählt
-> CDU, CSU und FDP sind schuld, weil sie sich häufig genug der AFD nicht entgegenstellen, sondern sich ihr dann anbiedern/hinterherlaufen.


@muckensen: du denkst 1. ist richtig. Ich denke 2. ist korrekt. Ich glaube nicht, dass wir hier zueinander kommen werden.

Zum Artikel:

ZITAT
Sie will die Erbschaftssteuer abschaffen, die Steuern senken, die Energiewende beenden und Grenzen hochziehen. Und damit trifft sie einen Ton.

Dem Mittelstand Steuern zu erlassen, ist keine dumme Idee in einer Zeit, in der viele Unternehmen überlegen, Deutschlands zu verlassen und einige es auch schon getan haben. Früher hat man derlei aus der FDP gehört. Die Energiewende zu beenden ist zwar radikal, aber doch auch nicht so weit weg von der Klage etwa des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, die Energiepreise in Deutschland seien so hoch wie noch nie. Und die illegale Migration „begrenzen“ will neuerdings auch die SPD, wenn auch, wie Innenministerin Nancy Faeser, nur halbherzig.
[...]

In diesem Antrag fordert die AfD aber nicht nur die Entlassung von Habeck, sondern setzt sich lang und breit und seitenlang mit dem menschengemachten Klimawandel auseinander. Und mit der Effizienz der Maßnahmen der Bundesregierung dagegen. Es hätte einen öffentlichen Streit gelohnt, einen großen sogar.
[...]
Unfassbarer Angriff von Böhmermann auf Maischberger
Maischbergers Klarstellung bewahrte sie allerdings nicht vor einem zutiefst beleidigenden – und journalistisch völlig unethischen - Angriff ihres TV-Kollegen Jan Böhmermann: „Sandra Maischberger lädt Nazis in ihre Talkshow ein, damit Nazis nach der Machtergreifung Sandra Maischberger auch in ihre Talkshow einladen.“ Solche – im übrigen verschwörungstheoretischen - Tiraden helfen nur einer Partei: der AfD.


JA, man muss sehr gut überlegen, wie viel Bühne man solchen Menschen gibt!
Eine Ausgrenzung (in gewissen Rahmen) von widerwärtigen Positionen sollte zum Besteck der Mehrheitsgesellschaft gehören - und kann auch funktionieren.

Dass der Autor, Herr Ureitz, das Gegenteil dieser Ausgrenzung betreibt, überrascht jetzt auch nicht:
https://twitter.com/ureitz?lang=de
Seneca
Weshalb wird die AfD gewählt ? Der " ARD Deutschlandtrend" hat die potentiellen Wähler nach ihren Motiven gefragt. Interessant ist, dass 2/3 der AfD Wähler Protestwähler sind, also von den anderen Parteien wieder zurückgewonnen werden können. Hauptmotiv zur Wahl der AfD ist die derzeitige Immigrationssituation:
ZITAT
Knapp zwei Drittel der AfD-Anhänger nennen laut Sonntagsfrage die Zuwanderung als eines der drei wichtigsten Themen für die Entscheidung, derzeit die AfD wählen zu wollen. Hinter diesem klassischen AfD-Thema kommt direkt der Komplex der Energie-, Umwelt- und Klimapolitik. Für jeden zweiten AfD-Anhänger (47 Prozent) ist dies eines der wichtigsten Themen für ihre derzeitige Wahlentscheidung für die AfD. 32 Prozent der AfD-Anhänger sagen, der Partei aus Überzeugung die Stimme geben zu wollen. 67 Prozent würden der AfD aktuell aus Enttäuschung über die anderen Parteien ihre Stimme geben.

https://www.tagesschau.de/inland/deutschlan...trend-3368.html
muckensen
Ich denke nicht, dass 1. richtig ist, @sensei, und habe das auch geschrieben.

mata.gif

Ich habe Reitz insofern zugestimmt, dass es nicht genügt zu sagen: "Die AfD ist böse, wählt sie nicht!", und die Partei im Übrigen im Parlament zu ignorieren, wie es der Artikel schildert.

Man muss vielmehr der AfD bei jeder Gelegenheit inhaltlich Paroli bieten, klipp und klar sagen, was an ihrer Politik verwerflich und falsch ist. Wenn Du Dich damit begnügen willst, den Leuten vorzuwerfen, dass sie der AfD Gehör schenken, dringst Du null zu ihnen durch.

Das Narrativ der AfD lautet, dass die Regierung den Leuten vorschreiben will, was sie zu denken und wen sie zu wählen haben. Du kannst ihr also keinen größeren Gefallen tun, als den Leuten zu sagen, was sie von der AfD zu halten und dass sie sie nicht zu wählen haben.

Man muss halt in den sauren Apfel beißen, jedes Mal kontra geben und vor den Leuten ausbreiten, was die Politik der AfD für sie bedeuten würde. Für ihren Geldbeutel. Ihre Freiheit. Und so weiter. Und immer gegenreden, wenn ein AfD'ler Scheiße erzählt oder sonstwie Angriffsfläche bietet.

Ansonsten wirkst Du wie ein Boxer, der drauf und dran ist, seinen Kampf zu verlieren und das K.O. abwenden will, indem er den Ringrichter auffordert, seinen Gegner zu disqualifizieren.

Stephen Fry hat es mal sehr schön ausgedrückt: Man sollte mehr Wert darauf legen, effektiv zu sein, als sich rechtschaffen zu fühlen. Es ist doch klar, dass der bisherige Ansatz, die AfD zu behandeln, als hätte sie die Krätze, zu nichts führt. Die Beispiele Schweden und Finnland zeigen, wohin die Reise geht. Also lasst uns endlich anfangen, sie zu behandeln als wäre sie dumm, unfähig, korrupt und heuchlerisch (denn das ist sie).
Sensei
Dann nehme ich die Aussage, du wärst für xy, zurück.
Danke für deine Richtigstellung und Ausführungen.

Das Problem ist aber, dass ich mir sehr sicher bin, das es diesem Focus-Author primär darum geht, seine AFD-nahen Positionen gesellschaftsfähig zu machen.

Und, ja, die Balance zwischen "keine Plattform bieten" und "Positionen bei jeder Möglichkeit inhaltlich zerlegen" ist mehr als schwierig.
Thomas
ZITAT
Also lasst uns endlich anfangen, sie zu behandeln als wäre sie dumm, unfähig, korrupt und heuchlerisch (denn das ist sie).


Genau das. Zerlegt sie auf offener Bühne. Vor den Augen ihrer Wähler. Laßt sie komplett dumm dastehen und sich vor aller Augen lächerlich machen.
Scipio32
Ich glaube nicht, dass zum Beispiel eine Dr. Alice Weidel dumm ist. Wer mit diesem Ansatz ran geht steht nachher meiner Meinung nach selber dumm da…
Thomas
Die Frau mag intelligent sein. Ihre Argumentation beschränkt sich weiterhin auf alte AFD Tonspuren. Das sind dumme Argumente und die kann man zerlegen.
Nite
AfD-Politiker auf offener Bühne zerlegen geht durchaus, bringt sogar Andreas Scheuer hin.

Damit erreicht man allerdings das AfD-Klientel auch nicht, denn die springen auf das Opfer-Gehabe welches im Nachgang kommt an. Ich halte diese Elemente für verloren für die Demokratie und nicht mehr erreichbar.
Broensen
ZITAT(Seneca @ 23. Jun 2023, 07:11) *
Interessant ist, dass 2/3 der AfD Wähler Protestwähler sind, also von den anderen Parteien wieder zurückgewonnen werden können.

Stellt sich aber die Frage danach, wie man das machen soll, ohne selbst populistisch zu agieren. Denn wer heute bereit ist, die AfD nicht aus völkisch-rassistischen Gründen, sondern aus Protest zu wählen, der kann das ja eigentlich nur aus sehr populistischen Motiven heraus tun. Und das Problem ist ja nicht weg, wenn die Poltik der AfD dann ohne den völkischen Teil weiter verfolgt wird, nur halt im bürgerlichen oder gar linkspopulistischen Gewand, womöglich noch mehrheitsfähig gemacht durch eine altehrwürdige Volkspartei.
Madner Kami
ZITAT(Sensei @ 23. Jun 2023, 06:27) *
Es gibt dazu 2 Erzählungen:

1.
Die AFD spiegelt nur reale Ängste und Probleme wider.
Wir müssen mehr AFD Politik umsetzen, dann wird diese Partei unbedeutend:
Mehr Klimaleugnung, mehr irreale Finanzpolitik, mehr Schelte gegen Homosexuelle, Ausländer und Genderthemen!
--> SPD und Grünen sind schuld, weil sie zu wenig AFD Politik machen.

2.
Die Ängste von AFD Wählern sind verständlich, aber zumeist irreal.
Ihnen hinterherzurennen ist:
a) gefährlich, weil man Politik primär nach eigener Überzeugung und nicht nach Wählermeinung gestalten sollte
b) nicht erfolgversprechend: Die AFD Themen erhalten so nur noch mehr Zuspruch. Und im Zweifel wird eh das Original gewählt
-> CDU, CSU und FDP sind schuld, weil sie sich häufig genug der AFD nicht entgegenstellen, sondern sich ihr dann anbiedern/hinterherlaufen.


Beide Betrachtungsweisen sind grundfalsch. Die Ängste haben Gründe die es zu erforschen gilt und diese Gründe müssen adressiert werden.

ZITAT(Broensen @ 23. Jun 2023, 12:11) *
ZITAT(Seneca @ 23. Jun 2023, 07:11) *
Interessant ist, dass 2/3 der AfD Wähler Protestwähler sind, also von den anderen Parteien wieder zurückgewonnen werden können.

Stellt sich aber die Frage danach, wie man das machen soll, ohne selbst populistisch zu agieren. Denn wer heute bereit ist, die AfD nicht aus völkisch-rassistischen Gründen, sondern aus Protest zu wählen, der kann das ja eigentlich nur aus sehr populistischen Motiven heraus tun. Und das Problem ist ja nicht weg, wenn die Poltik der AfD dann ohne den völkischen Teil weiter verfolgt wird, nur halt im bürgerlichen oder gar linkspopulistischen Gewand, womöglich noch mehrheitsfähig gemacht durch eine altehrwürdige Volkspartei.


Man kann Protestwählen auch als Form der Verzweiflung betrachten. Die andere Seite der Nichtwählermünze. Natürlich ist der Protestwähler, der mit Nazis in Bett hüpft gelinde gesagt ein Vollidiot, aber das ändert nichts daran, dass dort ein Mensch steht der sich ungehört fühlt. Das gilt es anzugehen. Sei es indem seine Ängste, Sorgen und Nöte gelöst oder als haltlos aufgezeigt werden.
General Gauder
ZITAT(Nite @ 23. Jun 2023, 10:44) *
AfD-Politiker auf offener Bühne zerlegen geht durchaus, bringt sogar Andreas Scheuer hin.

Damit erreicht man allerdings das AfD-Klientel auch nicht, denn die springen auf das Opfer-Gehabe welches im Nachgang kommt an. Ich halte diese Elemente für verloren für die Demokratie und nicht mehr erreichbar.

Jain, zum einen hast du recht das man damit keinen überzeugten AFD Wähler zurückgewinnt, aber man verhindert womöglich das andere Leute zu dem Schluss kommen so schlimm ist die AFD doch gar nicht.
Salzgraf
ZITAT(Scipio32 @ 23. Jun 2023, 10:28) *
Ich glaube nicht, dass zum Beispiel eine Dr. Alice Weidel dumm ist. Wer mit diesem Ansatz ran geht steht nachher meiner Meinung nach selber dumm da…

zur Erinnerung Frau Weidel lebt zusammen mit einer Frau aus Sri Lanka in der Schweiz und zieht 2 Kinder groß.

Da passt gar nichts zur AfD-Familienpolitik.
Malefiz
Ich weiß nicht, woher die Vorstellung kommt AfD Politikern würde nicht inhaltlich Paroli geboten. Das passiert regelmäßig. Immer zum Beispiel y wenn ein AfDler in einer Talkshow sitzt, und in den ÖR Shows sitzen sie ja regelmäßig, da dort im Bundestag sitzende Parteien ab und an eingeladen werden müssen. Es passiert auch regelmäßig in Debatten im Bundestag.
Merowinger
ZITAT(muckensen @ 23. Jun 2023, 07:14) *
Man muss vielmehr der AfD bei jeder Gelegenheit inhaltlich Paroli bieten, klipp und klar sagen, was an ihrer Politik verwerflich und falsch ist.
Siegen lernen mit Die Linke: Heidi Reichinnek teilt aus und trifft

Der Begriff Protestwähler ist in meinen Augen häufig irreführend und "Wiederstandswähler" wäre treffender: Wer will, dass die Welt und die eigene erlebbare Umgebung so bleibt wie sie ist, der protestiert nicht sondern verschließt die Augen vor z.T. unabwendbarer Veränderung: "Ich will das nicht!". Die anderen Themen im Boquet der Partei spielen dann nur eine kleine bis gar keine Rolle - es ist ja auch wirklich mehr als schwer die sehr verschiedenen Politikbereiche zu überblicken und für sich selbst zu beurteilen. Deshalb wird einfach ausgeblendet, mit bösen Folgen. Gerade neulich wieder in einem persönlichen Gespräch erlebt.
muckensen
ZITAT(Malefiz @ 23. Jun 2023, 14:05) *
Ich weiß nicht, woher die Vorstellung kommt AfD Politikern würde nicht inhaltlich Paroli geboten. Das passiert regelmäßig. Immer zum Beispiel y wenn ein AfDler in einer Talkshow sitzt, und in den ÖR Shows sitzen sie ja regelmäßig, da dort im Bundestag sitzende Parteien ab und an eingeladen werden müssen. Es passiert auch regelmäßig in Debatten im Bundestag.
Der Artikel nennt einige Beispiele dafür, und es kommt zumindest im Bundestag aufgrund der eng bemessenen Redezeiten tatsächlich regelmäßig vor, dass auf Reden und Zwischenrufe der AfD nicht inhaltlich eingegangen wird.

Das Parlament macht meiner Ansicht nach noch andere Fehler. Es war z.B. eine dumme Idee, der AfD den üblichen Bundestagsvizepräsidenten zu verweigern. Das spielt nur der Legende in die Hände, dass die AfD ungerecht behandelt wird. Hätten sie doch einen AfD-Vizepräsidenten gewählt! Der hätte sich entweder lächerlich gemacht, oder sich durch Mitarbeit "als Rädchen des Systems" entzaubert. Da liegt meiner Meinung nach einer der Kardinalfehler im Umgang mit der Partei. Um erfolgreich zu sein, darf die AfD nicht als Teil des Systems daherkommen, das ihre Anhänger so sehr verachten. Ihre Funktionäre dürfen nicht wie Politiker wirken.

Darum sollte das System nicht Türsteher spielen, sondern die AfD ins kalte Wasser stoßen. Keine flammende Rede, kein politischer Aktivismus, kein Verbotsantrag hat damals die NPD so gründlich demontiert wie die Enthüllung in Sachsen, dass die braunen "Anwälte der kleinen Leute" die dicksten Dienstwagen hatten und am wenigsten im Parlament mitarbeiteten. Man soll einen Feind niemals daran hindern, Fehler zu machen.

Über die Effektivität des "Paroli-Bietens" bei Lanz und Co. kann man streiten, ich neige aber zu der Ansicht, dass die Botschaft am Adressaten vorbeigeht. Jede Wette gehe ich ein, dass Richarda Langs Aufruf zu einem AfD-Verbot der Partei gleich mal einen Prozentpunkt Stimmen mehr eingebracht hat. Bei AfD-Anhängern und potentiellen Wählern ist doch die Erwartungshaltung da, dass Medien und Politik sie als Faschisten und was nicht noch alles bezeichnen, also bringt es überhaupt nichts, in diesen Horn zu stoßen. Nein, ich denke wie @Thomas: Man muss die AfD bei ihren Inhalten packen. So anstrengend und eklig das manchmal ist.

Wenn sie z.B. gegen Einwanderung agitiert, sollte man nicht Vorträge über Rassismus halten, sondern zurückfragen: Okay, ihr wollt keine Einwanderer, aber wie wollt ihr in diesem massiv alternden Land ohne Einwanderung den Mangel an Fach- und Arbeitskräften bekämpfen? Wie wollt ihr dafür sorgen, dass genügend Altenpfleger, Industrieschlosser und Spargelpflücker da sind? Und dann: Lasst sie stottern. Ich meine, wo sind heute die PIRATEN? Aus allen Landtagen geflogen, weil sie dachten, dass die Wähler sich damit zufriedengeben würden, wenn jemand €7.000 mtl. dafür in den Arsch dafür geblasen kommt, dass er solche Fragen nicht beantworten kann. (Und darin waren die Piraten spitze, ich erinnere nur an den Slogan: "Wir sind die mit den Fragen, ihr seid die mit den Antworten".)

Und noch wichtiger: Immer wenn diese ach-so-wackeren Volkstribunen ihre eigenen Prinzipien verletzen, muss man sie bloßstellen. Warum hat z.B. kein Politiker oder Journalist Tino Chrupalla gefragt, wie er seine Teilnahme am Empfang zum "Tag des Sieges" in der russischen Botschaft vor dem Hintergrund der sowjetischen Kriegsverbrechen gegen deutsche Zivilisten rechtfertigt? Der rechte Flügel der AfD hat geschäumt, dass sich Chrupalla bei den Russen hat blicken lassen. Trotzdem hat das im Mainstream niemand aufgegriffen. Warum denn nur?
Broensen
ZITAT(muckensen @ 23. Jun 2023, 21:07) *
Wenn sie z.B. gegen Einwanderung agitiert, sollte man nicht Vorträge über Rassismus halten, sondern zurückfragen: Okay, ihr wollt keine Einwanderer, aber wie wollt ihr in diesem massiv alternden Land ohne Einwanderung den Mangel an Fach- und Arbeitskräften bekämpfen? Wie wollt ihr dafür sorgen, dass genügend Altenpfleger, Industrieschlosser und Spargelpflücker da sind? Und dann: Lasst sie stottern.

Das Problem dabei ist, dass sie ja Antworten auf solche Fragen liefern. Die sind dann zwar entweder unrealistisch, ineffektiv, menschenverachtend, nicht rechtskonform oder gerne auch alles davon zugleich, aber sie kommen leider bei der Klientel an. Die AfD-Wählerschaft will nur hören, dass ihre Politiker sich dafür einsetzen, dass ihnen in ihrer kleinen beschränkten Blase niemand reinpfuscht oder ihnen irgendetwas zugunsten anderer abverlangt. Alles andere spielt da keine Rolle, es geht nur um den kollektiven Egoismus. Deswegen kann man die AfD auf diese Art leider nicht entzaubern.
Panzerchris
Ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD würde nicht das Geringste bringen. Eine Organisation kann man zerschlagen, die Personen mit ihrer Ideologie aber bleiben. Den Irrsinn in ihren Köpfen kann man nicht beseitigen.
Salzgraf
ZITAT(Panzerchris @ 24. Jun 2023, 07:03) *
Ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD würde nicht das Geringste bringen. Eine Organisation kann man zerschlagen, die Personen mit ihrer Ideologie aber bleiben. Den Irrsinn in ihren Köpfen kann man nicht beseitigen.

aber nach einem Verbot ist das Geld weg, Treffpunkte. kurz die Organisation muss neu aufgebaut werden. Und mancher wird sich überlegen, ob er da immer noch dabei sein mag.
goschi
ZITAT(Panzerchris @ 24. Jun 2023, 07:03) *
Ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD würde nicht das Geringste bringen. Eine Organisation kann man zerschlagen, die Personen mit ihrer Ideologie aber bleiben. Den Irrsinn in ihren Köpfen kann man nicht beseitigen.

Natürlich hilft es

Radikalismus keine offene Plattform zu "demokratische Beteiligung" zu geben, hilft sehr wohl.
Die meisten nehmen das bequem mit, würden aber keinen Aufwand betreiben sonst dabei zu sein und sollten die Radikalsten Elemente sonst tätig werden, hat man andere handhaben.
Wraith187
ZITAT
You can ignore reality, but you cannot ignore the consequences of ignoring reality.

Diese ganze Entwicklung, die uns u.A. die Entstehung der Piratenpartei, die Entstehung der AfD und jetzt Umfragen mit der AfD als zweitstärkster Partei auf Bundesebene beschert hat, war seit Ende der 1990er absehbar.

Hier ging es um immer größer werdende Teile der Bevölkerung, die ihre politischen Positionen, bei für sie relevanten Themen, durch keine der vorhandenen politischen Parteien ausreichend vertreten fand. So etwas hatte in der Vergangenheit u.A. zur Gründung der Grünen geführt und es war klar das es ggf. auch zur Etablierung weiterer Parteien führen könnte.

Es mag immer eine kleinere ökologische Nische für extremere Parteien geben, aber erst die Handlungen der etablierten Parteien bestimmen, wie viele Nährstoffe es in dieser Nische gibt und ob die Nischenpartei aus ihrer Nische herauswachsen kann. Ignoranz durch etablierte Kräfte ist immer ein guter Nährboden für das Entstehen und Wachsen neuer Kräfte.

Es hat ein Vierteljahrhundert gedauert, aber jetzt holen die Konsequenzen dieser Ignoranz uns alle ein.
Forodir
ZITAT(Wraith187 @ 25. Jun 2023, 07:54) *
ZITAT
You can ignore reality, but you cannot ignore the consequences of ignoring reality.

Diese ganze Entwicklung, die uns u.A. die Entstehung der Piratenpartei, die Entstehung der AfD und jetzt Umfragen mit der AfD als zweitstärkster Partei auf Bundesebene beschert hat, war seit Ende der 1990er absehbar.

Hier ging es um immer größer werdende Teile der Bevölkerung, die ihre politischen Positionen, bei für sie relevanten Themen, durch keine der vorhandenen politischen Parteien ausreichend vertreten fand. So etwas hatte in der Vergangenheit u.A. zur Gründung der Grünen geführt und es war klar das es ggf. auch zur Etablierung weiterer Parteien führen könnte.

Es mag immer eine kleinere ökologische Nische für extremere Parteien geben, aber erst die Handlungen der etablierten Parteien bestimmen, wie viele Nährstoffe es in dieser Nische gibt und ob die Nischenpartei aus ihrer Nische herauswachsen kann. Ignoranz durch etablierte Kräfte ist immer ein guter Nährboden für das Entstehen und Wachsen neuer Kräfte.

Es hat ein Vierteljahrhundert gedauert, aber jetzt holen die Konsequenzen dieser Ignoranz uns alle ein.


Was machst du, aber wenn tatsächlich ca. 20% fremdenfeindliche Egoisten sind, deren Horizont gerade mal bis zum nächsten Gehalt geht? Wie willst du die in einer Demokratie einbinden, ohne dass großer Schaden entsteht? Es müssen keine Nazis sein, es reicht vollkommen, wenn es egoistische Menschen sind, denen jedes Gefühl abgeht, dass sie teil eines größeren sind, das auch außerhalb der Landes (Bundesland) weitergeht.


Salzgraf
ZITAT(Forodir @ 25. Jun 2023, 09:11) *
ZITAT(Wraith187 @ 25. Jun 2023, 07:54) *
ZITAT
You can ignore reality, but you cannot ignore the consequences of ignoring reality.

Diese ganze Entwicklung, die uns u.A. die Entstehung der Piratenpartei, die Entstehung der AfD und jetzt Umfragen mit der AfD als zweitstärkster Partei auf Bundesebene beschert hat, war seit Ende der 1990er absehbar.

Hier ging es um immer größer werdende Teile der Bevölkerung, die ihre politischen Positionen, bei für sie relevanten Themen, durch keine der vorhandenen politischen Parteien ausreichend vertreten fand. So etwas hatte in der Vergangenheit u.A. zur Gründung der Grünen geführt und es war klar das es ggf. auch zur Etablierung weiterer Parteien führen könnte.

Es mag immer eine kleinere ökologische Nische für extremere Parteien geben, aber erst die Handlungen der etablierten Parteien bestimmen, wie viele Nährstoffe es in dieser Nische gibt und ob die Nischenpartei aus ihrer Nische herauswachsen kann. Ignoranz durch etablierte Kräfte ist immer ein guter Nährboden für das Entstehen und Wachsen neuer Kräfte.

Es hat ein Vierteljahrhundert gedauert, aber jetzt holen die Konsequenzen dieser Ignoranz uns alle ein.


Was machst du, aber wenn tatsächlich ca. 20% fremdenfeindliche Egoisten sind, deren Horizont gerade mal bis zum nächsten Gehalt geht? Wie willst du die in einer Demokratie einbinden, ohne dass großer Schaden entsteht? Es müssen keine Nazis sein, es reicht vollkommen, wenn es egoistische Menschen sind, denen jedes Gefühl abgeht, dass sie teil eines größeren sind, das auch außerhalb der Landes (Bundesland) weitergeht.

Gauland war Minister inder hessischen Staatskanzlei, Erika Steinbach hat in der Großstact Frankfurt mehrere male das Direktmandat für die CDU geholt. Alfred Dregger und RA Gauweiler waren rechtsaußen der CDU/CSU. Stoiber mit seiner durchrasten Gesellschaft und manches was CDU- Minister in den 80ern/90ern ungestrft geäusert haben ist heute die Mitte der AfD.
Die Modernisierung der CDU hat halt rechts Platz gemacht.
Was folgt daraus?
A) Die CDU kann rechte Parolen übernehmen, verliert damit in der Mitte mehr als sie rechts gewinnt. Diese Überlegung war Merkels Grundlage für dioe Modernisierung der CDU. Andererseits, selbst wenn die Strategie an der Wahlurne aufgehen würde, scheitert man sehenden Auges bei der Umsetzung und befeuert damit die Politikverdrossenheit (Stichwort: Söder und das AKW)

B) Man packt die Menschen an ihren Bedürfnissen.: soziale Sicherheit, AUfstiegschancen etc, denn eine Volkspartei wird nicht wegen einem oder zwei Projekten (Ausländer raus, kein Tempolimit) gewählt, sondern weil sie das Gefühl gibt, daß sie in allen Lebenslagen bemüht ist, was gutes für die eigenen Interessen zu tun. Daß der Wähler dabei Kröten schlucken muss, war in 40 Jahren Bundesrepublik eingeübt.
Was spricht gegen die Strategie: der neoliberale Standortwettbewerb (man vergleiche die Stuersätze von 1987 mit den heutigen), Aufwand für die Kommunikation: Um relevante Projekte zu erklären, braucht es viele Erklärungen Die Kommunikation zum Gebäudeenergiegesetz ist dada ein schönes Gegenbeispiel: statt auf der Sachebene zu kritisieren steigt auf populistische Parolen ein. Die fragmentierte Gesellschaft, wo jeder sein Pläsierchen nachgehen will, hilft da auch nicht.

So ricjhtig eine kurzfristige Lösung sehe ich nicht, aber zur Variante B sehe ich keine gangbare Alternative.
Forodir
Das sind durchaus ernst gemeinte Fragen meinerseits. Die gesamte Gesellschaft ist eher nach Links gerückt und es gibt da Bevölkerung die daran den Anschluss verloren hat. Das Witzige daran ist ja, dass die AFD zum Beispiel gerade für den sozialen Aufstieg und Anschluss insgesamt ja nichts anbietet. Es werden nur Sündenböcke gesucht (und gefunden). Deswegen habe ich nicht das Gefühl, dass selbst sinnvolle Politik überhaupt noch verfängt bei diesen Menschen. Irgendwie erinnert mich das dann an MAGA-Kultisten, die "Obamacare" abschaffen wollen, aber gar nicht realisieren, dass sie selbst von PPACA abhängig sind.

P.S.: Der Neo-Liberalismus hat sich selbst entzaubert, da er letztendlich doch eher Nepotismus und eine Abart der Trickle-down-Economics war.
Freestyler
Angesichts der deutschen Bürokratie, der deutschen Staatsquote und Sozialquote von Neoliberalismus zu sprechen, ist absurd....

Statt InfineonIntel mit zehn Milliarden zur Ansiedelung zu bewegen, könnte man auch einfach Bürokratie abbauen, Infrastruktur ausbauen, Bildung verbessern usw. usf., dann wäre das ggf. gar nicht notwendig, weil die Standortvorteile so überzeugen.

Edit: Richtig, Intel, nicht Infineon.
Wraith187
ZITAT(Freestyler @ 25. Jun 2023, 12:34) *
Angesichts der deutschen Bürokratie, der deutschen Staatsquote und Sozialquote von Neoliberalismus zu sprechen, ist absurd....

Statt Infineon mit zehn Milliarden zur Ansiedelung zu bewegen, könnte man auch einfach Bürokratie abbauen, Infrastruktur ausbauen, Bildung verbessern usw. usf., dann wäre das ggf. gar nicht notwendig, weil die Standortvorteile so überzeugen.

Du denkst es wäre in Deutschland "einfach" möglich Bürokratie abzubauen, Infrastruktur auszubauen, Bildung zu verbessern etc.? Ich denke da ist es für die Politiker einfacher und billiger Infenion Intel 10 G€ rüberzuschieben. Das ist das deutlich dünnere Brett zum Bohren.

Edit: Firmenname
IRSuchkopf
ZITAT(Freestyler @ 25. Jun 2023, 12:34) *
Statt Infineon mit zehn Milliarden zur Ansiedelung zu bewegen, könnte man auch einfach Bürokratie abbauen, Infrastruktur ausbauen, Bildung verbessern usw. usf., dann wäre das ggf. gar nicht notwendig, weil die Standortvorteile so überzeugen.

Nur damit die Fakten stimmen: Intel hat für Magdeburg 9,9 Mrd € raus gehandelt (bei derzeit 17,6 Mrd. geplantem Investitionsvolumen), Infineon "nur" 1 Mrd. bei einem geplanten Bau in Dresden von 5 Mrd. €. Weitere Empfänger sind u.a. Wolfspeed (früher Cree) im Saarland. Die "übliche" Marge an Subventionsmitteln liegt bei so ca. 20 %.
Intel scheint besser verhandelt zu haben; die planen da aber auch eine Hausnummer (das volle EUV-Programm (also 4nm Strukturen), Infineon zielt meines Wissens auf 130nm-Technik) größer als die anderen.
Freestyler
Danke für den Hinweis auf Intel. Ich hatte extra nochmal die Summe nachgeschaut, aber trotzdem den falschen Firmennamen geschrieben...ist korrigiert xyxthumbs.gif

ZITAT(Salzgraf @ 25. Jun 2023, 10:21) *
Was spricht gegen die Strategie: der neoliberale Standortwettbewerb (man vergleiche die Stuersätze von 1987 mit den heutigen)

Kommt auf die Steuersätze an. Die Anzahl der Steuerpflichtigen, die unter den Spitzensteuersatz fallen, steigt seit Jahren immer mehr an, weil die Bundesregierung trotz steigendes Medianeinkommens die Schwelle für den Spitzensteuersatz nicht entsprechend erhöht, sodass mittlerweile ab 168% des Medianeinkommens der Spitzensteuersatz fällig wird (Mittelschicht ist definiert bis 150%): https://www.wiwo.de/finanzen/steuern-recht/...d/21206580.html

ZITAT
Da das zu versteuernde Einkommen stets geringer als das Bruttogehalt ausfällt, ist das Verhältnis des Einsetzens des Spitzensteuersatzes zum zu versteuernden Einkommen größer als zum Bruttogehalt. Während das Verhältnis 1960 noch bei 22 zu eins, 1970 bei zehn zu eins und 1980 bei fünf zu eins lag, ist es heute mit 1,9 nicht einmal mehr das Doppelte. Seit 2000 ist der Wert um mehr als ein Viertel zurückgegangen. Der Spitzensteuersatz von 42 % trifft damit rund 4 Mio. Personen oder jeden elften Steuerzahler.

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jah...pfehlungen.html

Da kommt dann noch der Solidaritätszuschlag. Und zu den Steuern noch die Sozialabgaben - das alles macht Deutschland zusammen mit anderen Faktoren für ausländische Fachkräfte unattraktiv.
Salzgraf
ZITAT(Freestyler @ 25. Jun 2023, 12:53) *
Danke für den Hinweis auf Intel. Ich hatte extra nochmal die Summe nachgeschaut, aber trotzdem den falschen Firmennamen geschrieben...ist korrigiert xyxthumbs.gif

ZITAT(Salzgraf @ 25. Jun 2023, 10:21) *
Was spricht gegen die Strategie: der neoliberale Standortwettbewerb (man vergleiche die Stuersätze von 1987 mit den heutigen)

Kommt auf die Steuersätze an. Die Anzahl der Steuerpflichtigen, die unter den Spitzensteuersatz fallen, steigt seit Jahren immer mehr an, weil die Bundesregierung trotz steigendes Medianeinkommens die Schwelle für den Spitzensteuersatz nicht entsprechend erhöht, sodass mittlerweile ab 168% des Medianeinkommens der Spitzensteuersatz fällig wird (Mittelschicht ist definiert bis 150%): https://www.wiwo.de/finanzen/steuern-recht/...d/21206580.html

ZITAT
Da das zu versteuernde Einkommen stets geringer als das Bruttogehalt ausfällt, ist das Verhältnis des Einsetzens des Spitzensteuersatzes zum zu versteuernden Einkommen größer als zum Bruttogehalt. Während das Verhältnis 1960 noch bei 22 zu eins, 1970 bei zehn zu eins und 1980 bei fünf zu eins lag, ist es heute mit 1,9 nicht einmal mehr das Doppelte. Seit 2000 ist der Wert um mehr als ein Viertel zurückgegangen. Der Spitzensteuersatz von 42 % trifft damit rund 4 Mio. Personen oder jeden elften Steuerzahler.

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jah...pfehlungen.html

Da kommt dann noch der Solidaritätszuschlag. Und zu den Steuern noch die Sozialabgaben - das alles macht Deutschland zusammen mit anderen Faktoren für ausländische Fachkräfte unattraktiv.

das steuerliche Freibeträge, die Grenzen für die Steuersätze, Bemessungsgrenzen (für KV/SV) mal gut angehoben werden müssen, da gehe ich mit.
aber die Senkung des Spitzensatzes von 56% auf 45% (EIngangssteuersatz 22% auf 14%) sind schon Hausnummern, Aussetzung der Vermögenssteuer bevorteilt eindeutig die Reichen.

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Bürokratieabbau: geht entweder mit weniger Regelungen einher. Da taucht beim nächsten Unglück wieder die Frage auf, warum wird das nicht geprüft? Oder bei Steuern mehr pauschale Regelungen, wo dann wieder sich eine Gruppe ungerecht behandelt fühlt.
Pauschal wird Bürokratieabbau gern gefordert, aber die Konsequenzen mag nicht jeder tragen.
Freestyler
Der Spitzensteuersatz war früher deutlich höher (über 50%, allerdings wohl auch bessere Abschreibungsmöglichkeiten usw.) und vermutlich hätten nur sehr wenige ein Problem, wenn ein Spitzensteuersatz von 55% ab einem Bruttoeinkommen von 200.000€ greifen würde.

Bürokratieabbau beginnt damit, dass Digitalisierung nicht bedeutet, ein Formular online auszufüllen und es dann auszudrucken und per Post zu schicken, damit es dann in irgendeiner Behörde wieder elektronisch erfasst wird wink.gif

Edit: vermutlich könnte jede Branche zahllose Beispiele für notwendigen Bürokratieabbau nennen, die primär die Folge von "gut gemeint ist nicht gut gemacht" sind oder der Behinderung der Konkurrenz dienen.
Scipio32
Ich persönlich wäre ja schon zufrieden, wenn man nicht Wochen und Monate auf die Bearbeitung eines Antrags etc. warten müsste.

Ich denke da liegt vielleicht auch ein Missverständnis begraben. Wenn Leute von Bürokratieabbau reden geht es Ihnen meiner Erfahrung nach primär darum, das Genehmigungsverfahren usw. teils ewig lange dauert. Das kann man „verbessern“ in dem man Regeln abbaut aber der zielführendere Weg wäre es hier eine effiziente Verwaltung/Behörden aufzubauen und sie mit der benötigten Technik und Personal auszustatten, um ihre Aufgaben zeitnah erfüllen zu können. Damit wäre schon viel gewonnen.
SailorGN
Auch wenns langsam in Richtung Off-topic driftet: "Bürokratieabbau" in D ist die Quadratur des Kreises. Denn die Bürokratie resultiert aus konkreten Bedürfnissen, in der Regel geht es um den Nachweis korrekten Handelns der Behörden. Im Bereich des Planungsrechtes (Bau- und Flächennutzungsplanung) hat erheblicher Druck aus der Bevölkerung über Jahrzehnte dazu geführt, dass selbst kleine Baugebiete zuvor mit Studien und Gutachten überzogen werden, damit ja kein Interesse irgendeiner beteiligten Gruppe ignoriert wurde. Ich sag nur "Schattenwurf" und "Geruchsgutachten". Diese Untersuchungsakribie und die Möglichkeit der Eingabe zum Plan (die WIRKLICH gelesen und beachtet werden) machen das Verfahren lang und "bürokratisch". Andererseits gibts am Ende nur sehr wenig zu meckern und jeder ist irgendwo berücksichtigt. Rechtsstaat. Digitalisieren kann man da wenig, bzw. es läuft schon eine ganze Menge digital. Was noch nicht digital läuft und aus meiner (Schreibtischtäter-)Perspektive einer der größeren Hindernisse ist: Man kann Veraltungsakte bisher rechtssicher nicht (in der Breite, Ausnahme das tote Pferd DE-Mail) digital zustellen. Das Amt muss am Ende immer drucken. Im Bereich Kommunen (die den Löwenanteil aller Verwaltungsdienstleistungen für Bürger erbringen) ist ein weiteres Problem, dass sie die Aufgabe einer Dienstleistung bekommen, dafür auch die festgesetzten Gebühren kassieren, aber keinerlei Unterstützung finanzieller oder personeller Art bei der Einführung digitaler Prozesse erhalten. Die durchschnittliche Gemeinde-/Amts-/Stadtverwaltung kann sich keine drölfzig Menschen leisten, die sich um die Entwicklung und Einführung digitaler Prozesse kümmern. Da wird mit geringstem Aufwand gearbeitet, weil man auch von der Kommunalpolitik kein Geld bekommt (Freibad statt Digitalamt). Alle Wollen Ergebnisse, aber keiner will zahlen... geschweige denn den Stellenplan erweitern... oder gar mal bei den Tarifen anpacken. Digitalisierung kostet und wenn diese Kosten nicht priorisiert werden gibts auch keine Digitalisierung.
kato
ZITAT(Freestyler @ 25. Jun 2023, 13:40) *
Edit: vermutlich könnte jede Branche zahllose Beispiele für notwendigen Bürokratieabbau nennen, die primär die Folge von "gut gemeint ist nicht gut gemacht" sind oder der Behinderung der Konkurrenz dienen.

Ja, vermutlich könnte jede Branche zahllose Beispiele nennen, mit denen sie mittels Bürokratieabbau - und "kleinem Dienstweg" - noch besser ihre Konkurrenz behindern bzw. sich selbst einen Marktvorteil verschaffen könnten.
Broensen
ZITAT(Forodir @ 25. Jun 2023, 09:11) *
Was machst du, aber wenn tatsächlich ca. 20% fremdenfeindliche Egoisten sind, deren Horizont gerade mal bis zum nächsten Gehalt geht? Wie willst du die in einer Demokratie einbinden, ohne dass großer Schaden entsteht? Es müssen keine Nazis sein, es reicht vollkommen, wenn es egoistische Menschen sind, denen jedes Gefühl abgeht, dass sie teil eines größeren sind, das auch außerhalb der Landes (Bundesland) weitergeht.
Gut formuliert. Das Problem ist der kollektive Egoismus zunehmend größer werdender Kreise der Gesellschaft.

Ich setze da noch gewisse Hoffnungen in Parteien wie Freien Wähler, die eben genau diese grenzkonservativ-populistische Schiene bedienen und damit einen großen Teil dieses Wählerpotentials binden können, ohne dabei tatsächlich den Rahmen der FDGO zu verlassen und die parlamentarische Anschlussfähigkeit zu verlieren. Das hilft unserer politischen Landschaft mehr als eine CDU/CSU, die sich wieder auf die 80er zurück orientiert.
xena
ZITAT(Forodir @ 25. Jun 2023, 09:46) *
Das sind durchaus ernst gemeinte Fragen meinerseits. Die gesamte Gesellschaft ist eher nach Links gerückt und es gibt da Bevölkerung die daran den Anschluss verloren hat.

Das ist die Frage. Ist die Gesellschaft wirklich nach links gerückt, oder ist sie schlicht und einfach nur offener geworden und toleranter geworden? Ist Offenheit und Toleranz links? Weil von den Werten her ist die Gesellschaft durchaus eher konservativ und bis auf einige Ausnahmen hat schon immer die CDU Wahlen gewonnen, mit ihren konservativen Werten. Und ich wette, dass sie auch die kommende Wahl wieder gewinnen wird. Hin und wieder, wenn den Leuten die CDU der Macht wegen zu arrogant geworden ist, wird SPD gewählt. Sonst immer mehrheitlich CDU.

Jüngst gab es doch diese Studie mit den Werten der Jugendlichen. Bei denen dreht sich die Uhr wieder rückwärts und man strebt mehrheitlich wieder althergebrachte Werte und Rollenbilder an. Aber immerhin bleibt die Offenheit und Toleranz und das ist auch ganz gut so, meine ich.



ZITAT(Forodir @ 25. Jun 2023, 09:46) *
Das Witzige daran ist ja, dass die AFD zum Beispiel gerade für den sozialen Aufstieg und Anschluss insgesamt ja nichts anbietet. Es werden nur Sündenböcke gesucht (und gefunden). Deswegen habe ich nicht das Gefühl, dass selbst sinnvolle Politik überhaupt noch verfängt bei diesen Menschen.

Ja, sehe ich auch so. Diese Menschen hat es aber früher auch schon gegeben. Nur mangels Kommunikationsmittel hat man sie nicht gehört und nicht gesehen und somit kaum wahr genommen. Mal hatten sie mit der NPD geflirtet, mal mit den Republikanern und lokal mit verschiedenen komischen Akteuren. An vielen Stammtischen, je nach Kneipe, wurde schon immer AfD mäßig palavert. Die Absatzzahlen der Bild sprechen ja Bände. Hat man damals die Leute gefragt warum sie Bild lesen, hieß es meist wegen dem Sportteil. Und heute meinen viele AfDler, obwohl sie rechtsradikale Sprüche raus hauen, dass sie nicht rechtsradikal wären. Gleiches Spiel nur mit anderen Mitteln. Damals fehlten auch die Mittel diese Leute anzustacheln und auf die Straße zu bringen. Das ist der große Unterschied zu früher. Dass diese Leute heute aber lauter sind als jemals zuvor, hat auch mit unserer Offenheit und Toleranz zu tun, die das zulässt. Man könnte sie auch nieder knüppeln, so wie man in den 60ern so manche linke Demo nieder geknüppelt hat. Macht man heute aber nicht mehr und auch das ist gut so.

Insgesamt halte ich unsere Demokratie aber für nicht gefährdet. Eine Demokratie muss Extreme aushalten können und das tut unsere ja ganz gut. Diskussion kann ja nicht schaden. Und wenn die AfD übertreibt, na dann wird sie verboten und die Nasen lernen, wo die Grenzen sind.


ZITAT(SailorGN @ 25. Jun 2023, 12:48) *
Auch wenns langsam in Richtung Off-topic driftet: "Bürokratieabbau" in D ist die Quadratur des Kreises. Denn die Bürokratie resultiert aus konkreten Bedürfnissen, in der Regel geht es um den Nachweis korrekten Handelns der Behörden. Im Bereich des Planungsrechtes (Bau- und Flächennutzungsplanung) hat erheblicher Druck aus der Bevölkerung über Jahrzehnte dazu geführt, dass selbst kleine Baugebiete zuvor mit Studien und Gutachten überzogen werden, damit ja kein Interesse irgendeiner beteiligten Gruppe ignoriert wurde. Ich sag nur "Schattenwurf" und "Geruchsgutachten". Diese Untersuchungsakribie und die Möglichkeit der Eingabe zum Plan (die WIRKLICH gelesen und beachtet werden) machen das Verfahren lang und "bürokratisch".

Das stimmt so nicht ganz. Die Pläne der einfachen EFHs werden kaum gelesen und das hat mit dem vereinfachten Verfahren zu tun, das es seit fast 20 Jahren gibt. Da vertraut man darauf, dass die Archtitekt:Innen das richtig machen und die müssen ihren Kopf dafür hin halten. Davor gingen selbst kleine Bauten durch alle Hände. Es hat sich also tatsächlich etwas getan in Sachen Bürokratieabbau. Genau gelesen wird eher bei größeren Bauvorhaben und die müssen oft, aber nicht immer, alle möglichen Nachweise erbringen. Das ist und war schon immer Tagesgeschäft der Architekt:Innen. 10% Kreativität, 90% Bürokratie und Organisation.

Die Erstellung von Bebauungsplänen läuft eigentlich recht unproblematisch, auch deswegen, weil man nur an unproblematischen Stellen Baugebiete ausweist. Es gibt natürlich Einzelfälle wo es mal kompliziert wird. Und dann gibt es Nachbarn, die einem das Leben schwer machen. Die unrühmlichen Ausnahmen sind auch die Infrastrukturprojekte. Ein EFH hat man oft in gut drei Monaten durch, ein Gewerbebau in 2 Jahren und große Infrastrukturprojekte zu oft in 30 Jahren bis zum ersten Spatenstich.
SailorGN
No shit, Sherlock, dann verbringe ich meine Zeit mit Richtern und Einfamilienhausbauherren und Kreismitarbeitern bei div. Ortsterminen im Jahr wohl völlig umsonst, weil "kaum gelesen"?! Witzisch in Zeiten von Nachverdichtung, Baugier und dem Willen, jeden Zipfel Land größtmöglich auszubeuten (durch Privatverkäufer wohlgemerkt). Und nein, B-Pläne sind nur unkompliziert, wenn die Verwaltung vorher alles "gut" macht. Arbeit ist das trotzdem und zwar zu Recht. Und selbst das garantiert nix, ich hab hier 2 Normenkontrollverfahren am Laufen bei keinen 10 B-Plänen in den letzten 5 Jahren. Ist keine gerine Quote^^
400plus
Leider gibt's dann in Sonneberg wohl den ersten AfD-Landrat:
https://twitter.com/Wahlen_DE/status/1673004188949958657
Forodir
ZITAT(xena @ 25. Jun 2023, 16:52) *
ZITAT(Forodir @ 25. Jun 2023, 09:46) *
Das sind durchaus ernst gemeinte Fragen meinerseits. Die gesamte Gesellschaft ist eher nach Links gerückt und es gibt da Bevölkerung die daran den Anschluss verloren hat.

Das ist die Frage. Ist die Gesellschaft wirklich nach links gerückt, oder ist sie schlicht und einfach nur offener geworden und toleranter geworden? Ist Offenheit und Toleranz links? Weil von den Werten her ist die Gesellschaft durchaus eher konservativ und bis auf einige Ausnahmen hat schon immer die CDU Wahlen gewonnen, mit ihren konservativen Werten. Und ich wette, dass sie auch die kommende Wahl wieder gewinnen wird. Hin und wieder, wenn den Leuten die CDU der Macht wegen zu arrogant geworden ist, wird SPD gewählt. Sonst immer mehrheitlich CDU.


Genau das sind früher klassische Werte progressiver linker Parteien gewesen (wie gesagt, in der deutschen Parteiengeschichte war ja die SPD die progressive nach vorne gewandte Partei), das hat aber insgesamt auch verfangen, wie du ja selbst erkennst. Also ja, die Gesellschaft insgesamt ist mehr nach Links gerutscht, das, was früher Mitte war oder rechts ist dementsprechend weiter nach rechts gerückt. Bürgerliche Ansichten der 50er und 60er sind heutzutage eben nicht mehr bürgerliche Mitte, sondern eher rechter Rand oder sogar rechts außen (Frauenrechte, Selbstbestimmungsrechte allgemein usw. usf.)

Die CDU unter Merkel war in der Hinsicht eben konsequent und erfolgreich, dass sie dies erkannt hat und da braucht sich Merz eben keinen Illusionen hingeben, wenn er die Partei da hinführt, wo er sich wohlfühlt wird er weitere Teile verlieren, den der Rechte Rand ist inzwischen durch die AFD besetzt.
General Gauder
ZITAT(400plus @ 25. Jun 2023, 18:32) *
Leider gibt's dann in Sonneberg wohl den ersten AfD-Landrat:
https://twitter.com/Wahlen_DE/status/1673004188949958657

Das ist auch eine Chance, wenn er versagt kann man das immer schön als Beispiel heranziehen, ähnlich wie bei der NPD in Sachsen.
Thomas
ZITAT(SailorGN @ 25. Jun 2023, 17:08) *
No shit, Sherlock, dann verbringe ich meine Zeit mit Richtern und Einfamilienhausbauherren und Kreismitarbeitern bei div. Ortsterminen im Jahr wohl völlig umsonst, weil "kaum gelesen"?! Witzisch in Zeiten von Nachverdichtung, Baugier und dem Willen, jeden Zipfel Land größtmöglich auszubeuten (durch Privatverkäufer wohlgemerkt). Und nein, B-Pläne sind nur unkompliziert, wenn die Verwaltung vorher alles "gut" macht. Arbeit ist das trotzdem und zwar zu Recht. Und selbst das garantiert nix, ich hab hier 2 Normenkontrollverfahren am Laufen bei keinen 10 B-Plänen in den letzten 5 Jahren. Ist keine gerine Quote^^


ACHTUNG IRONIE

Du willst also sagen, daß du so ein Korinthenkacker bist, der seine Aufgabe darin sieht den Fortschritt zu verhindern?

*duckundweg*

wink.gif


Zum Nazilandrat.... Bitte lasst den Typen so richtig auf die Fresse fliegen. Aber nicht mit stumpfen "wir sind dagegen" sondern den so richtig schön auflaufen lassen.
Salzgraf
ZITAT(Thomas @ 25. Jun 2023, 19:10) *
Zum Nazilandrat.... Bitte lasst den Typen so richtig auf die Fresse fliegen. Aber nicht mit stumpfen "wir sind dagegen" sondern den so richtig schön auflaufen lassen.


leider drehen es sich die AfD- Anhänger alles so, wie es in den Kram passt:

A) die Systemlinge behindern unseren Mann!

B) Landrat ist offensichtlich inkompetent oder korrupt: "Alle Politiker sind Luschen!"

Das fehlende Vertrauen läßt da keine Chance auf Erkenntnis.
General Gauder
Auch hier wieder, es geht nicht darum den Trottel die sowieso AFD wählen zu zeigen was für Idioten das sind, es geht darum unentschlossenen zu zeigen was für Idioten das sind, sodass sie ihr Kreuz doch woanders machen.
Holzkopp
Kann man das Amt nicht kurzfristig in "Gauleiter" umfirmieren?

Am Montag dann Fahnenappell mit Gesang vor dem Landratsamt und in den Schulen.

Statt Englisch wird in den Schulen wieder Russisch gelehrt.

Der Landkreis wird erstmal Sperrzone für mich.
Nite
ZITAT(Broensen @ 25. Jun 2023, 17:50) *
Ich setze da noch gewisse Hoffnungen in Parteien wie Freien Wähler, die eben genau diese grenzkonservativ-populistische Schiene bedienen und damit einen großen Teil dieses Wählerpotentials binden können, ohne dabei tatsächlich den Rahmen der FDGO zu verlassen und die parlamentarische Anschlussfähigkeit zu verlieren. Das hilft unserer politischen Landschaft mehr als eine CDU/CSU, die sich wieder auf die 80er zurück orientiert.

Die FW oszillieren je nach Bundesland zwischen offen rechtsextrem (Sachsen) oder Querdenkerpartei (Bayern). "Im Rahmen der FDGO" kann ich da ebensowenig erkennen wie parlamentarische Anschlussfähigkeit.
steve72de
ZITAT(IRSuchkopf @ 25. Jun 2023, 12:50) *
ZITAT(Freestyler @ 25. Jun 2023, 12:34) *
Statt Infineon mit zehn Milliarden zur Ansiedelung zu bewegen, könnte man auch einfach Bürokratie abbauen, Infrastruktur ausbauen, Bildung verbessern usw. usf., dann wäre das ggf. gar nicht notwendig, weil die Standortvorteile so überzeugen.

Nur damit die Fakten stimmen: Intel hat für Magdeburg 9,9 Mrd € raus gehandelt (bei derzeit 17,6 Mrd. geplantem Investitionsvolumen), Infineon "nur" 1 Mrd. bei einem geplanten Bau in Dresden von 5 Mrd. €. Weitere Empfänger sind u.a. Wolfspeed (früher Cree) im Saarland. Die "übliche" Marge an Subventionsmitteln liegt bei so ca. 20 %.
Intel scheint besser verhandelt zu haben; die planen da aber auch eine Hausnummer (das volle EUV-Programm (also 4nm Strukturen), Infineon zielt meines Wissens auf 130nm-Technik) größer als die anderen.

Damit hier nicht mit falschen Zahlen gerechnet wird. Der Bau der Intelfabrik kostet nicht 17,6 Mrd. € sondern mittlerweile ca. 30 Mrd. €.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehm...9e-e7c9b9a53943
Broensen
ZITAT(Nite @ 25. Jun 2023, 21:43) *
Die FW oszillieren je nach Bundesland zwischen offen rechtsextrem (Sachsen) oder Querdenkerpartei (Bayern). "Im Rahmen der FDGO" kann ich da ebensowenig erkennen wie parlamentarische Anschlussfähigkeit.

Nun, ich habe zumindest noch die Hoffnung, dass sie sich in dem Bereich fangen werden, eben weil auch die FW sich zur AfD hin abgrenzen müssen, um nicht zwischen dieser und der Merz/Söder-Union zerrieben zu werden.
Madner Kami
ZITAT(400plus @ 25. Jun 2023, 18:32) *
Leider gibt's dann in Sonneberg wohl den ersten AfD-Landrat:
https://twitter.com/Wahlen_DE/status/1673004188949958657


Ist jetzt auch wenig überraschend. Sonneberg war bis 1990 Grenzstadt. Infrastruktur und Industrie im Landkreis, Fehlanzeige. Hauptwirtschaftzweige heutzutage sind die Forst- und Viehwirtschaft (Milchproduktion und Schafszucht). Bis 2018 war Christine Zitzmann (bis 2013 CDU, danach parteilos) die Landrätin und sie war maßgeblich daran beteiligt, den Landkreis Sonneberg in die Metropolregion Nürnberg zu bringen, als einzigen nichtbayerischen Landkreis. Klasse Voraussetzungen für keine wirtschaftliche Entwicklung (Sonneberg ist der einzige Landkreis mit derart desaströsen Zahlen in der Metropolregion). Die junge Generation wandert ab (seit 1994 sind mehr als 20% der Einwohner des Landkreises einfach weg), immerhin ist Coburg direkt vor der Haustür und die Wirtschaft investiert entsprechend woanders und der politische Spagat zwischen Bayern und Thüringen dürfte auch nicht sonderlich hilfreich sein. Unter der Ägidie von Zitzmann (2006 bis 2018) fiel die Bevölkerung weiter von 63.122 auf 56.196 und der Landkreis schaffte es auf einen Spitzenplatz im Zukunftsatlas:

ZITAT
Wikipedia:

Wirtschaft und Infrastruktur

Im Zukunftsatlas 2016 belegte der Landkreis Sonneberg Platz 341 von 402 Landkreisen, Kommunalverbänden und kreisfreien Städten in Deutschland und zählt damit zu den Regionen mit „Zukunftsrisiken“.[53]


Also zumindest wenn man die Liste von hinten liest. 2018 trat sie nicht mehr zur Wahl an. Stattdessen einigten sich Linke und SPD auf einen parteilosen Kandidaten, um den CDU- und AfD-Kandidaten zu verhindern. Dieser Kandidat, Hans-Peter Schmitz, gewann mit knapp 37% der Stimmen gegen einen CDUler (32%) und jemanden namens Robert Sesselmann, der, wie man sicherlich jetzt weis, Teil der AfD war (beinahe 30% bei der Wahl 2018). Bereits diese Wahl wurde eine Stichwahl, bei der Schmitz mit nur 56% der Stimmen gewählt wurde. Schmitz indess war nicht lange im Amt und musste sich im Februar 2021 aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen. Seine Vertretung, der CDUler Jürgen Köpper, übernahm zunächst seine Aufgaben und dann, ab März 2023 den Posten kommisarisch, da Schmitz gesundheitsbedingt in denvorzeitigen Ruhestand ging.

Köpper trat in der Vergangenheit als eher konservativer Politiker auf, der, wenn man mal genauer hinguckte, immer mal wieder mit dem rechten Rand geliebäugelt hat, sei dies aus parteitaktischen Gründen oder persönlicher Überzeugung und ist meiner Meinung nach nicht ganz unschuldig an der zunehmenden Radikalisierung bzw. Hoffähigmachung der AfD. So fiel er während der Pandemie dadurch auf, dass er Lockdownmaßnahmen widersprach, während sein eigener Landkreis schwer mit hohen Infektionszahlen zu kämpfen hatte und es einfach nicht fertig brachte die AfD und die verbandelten Organisationen mal festzunageln und zu konterkarieren. Stattdessen Samthandschuhe:

ZITAT
[...]

Kritik an Wirmer-Flagge und AfD-Populismus

Martin Truckenbrodt sagt von sich selbst, ein "bodenständiger, grün angehauchter Sozialdemokrat" zu sein. Weil er mit den etablierten Parteien aber seit Jahren hadert, ist er 2009 in die Ökologisch Demokratische Partei eingetreten. Die Demonstrationen in Sonneberg wecken bei ihm gemischte Gefühle.

"Einerseits ist es wichtig, dass die Menschen ihre Sorgen und Nöte und vielleicht auch ihre Wut äußern können, andererseits wird aber viel Populismus verbreitet, der niemandem etwas bringt", so Truckenbrodt. Auf einer der Demonstrationen hat Truckenbrodt eine Stauffenberg- beziehungsweise Wirmer-Flagge identifiziert. Solche Fahnen werden aktuell gern von Rechtsextremisten wie der Identitären Bewegung auf Demonstrationen geschwungen.

Polarisierende Redebeiträge vor allem von AfD-Vertretern ärgern Truckenbrodt. Zum Beispiel wenn gegen Kriegsflüchtlinge Stimmung gemacht werde: "Ich halte es zum Beispiel auch für falsch, dass man den Flüchtlingen aus der Ukraine volle Sozialleistungen gewährt und sie damit zu Flüchtlingen Erster Klasse macht. Aber ich würde niemals den Neid auf Flüchtlinge schüren und zum Beispiel ihre Autos bewerten."

Vizelandrat bot Runden Tisch an

Auch für den Vizelandrat Jürgen Köpper (CDU) ist hier eine rote Linie überschritten. "Hetze, Hass und extremistische Positionen gehen gar nicht", so Köpper. Trotzdem ist er davon überzeugt, dass man miteinander im Gespräch bleiben muss. Deshalb bot Köpper Anna Bernardy und ihrem Verein einen Runden Tisch an.

Der ist am 4. November nichtöffentlich über die Bühne gegangen. Mit dabei waren unter anderem die Bürgermeister von Sonneberg und Neuhaus am Rennweg sowie Kreisräte verschiedener Fraktionen. Fast drei Stunden lang ist nach Angaben von Köpper lebhaft, aber fair diskutiert worden.

Ins Detail will Köpper nicht gehen. Nur dass sehr viel über die aktuelle Politik der Bundesregierung gesprochen worden sei. Dabei überwogen laut Köpper die kritischen Töne. Vor allem die aktuelle Energiekrise bereiteten die größten Sorgen. "Ich habe dargelegt, wie wir uns als Landkreis auf die Energiekrise einstellen und welche Vorsorge wir treffen", so Köpper. In der Kritik lägen die Teilnehmer des Runden Tisches oft gar nicht sehr weit auseinander.

Viele gemeinsame Schnittmengen

"Wir haben unfassbar viele gemeinsame Schnittmengen gefunden", sagt auch Bernardy kurz nach dem Runden Tisch. "Die Lokalpolitiker haben uns zugehört und nehmen unsere Ängste ernst." Das könne sehr viel Wind aus den Segeln nehmen, wenn man künftig tatsächlich den Protest gemeinsam formulieren und bündeln könnte.

[...]


Die übliche Leier halt. Abgehängte Region kommt nicht vorwärts und macht eher noch Rückschritte. Die Politik schafft es nicht eine Lösung zu finden und zeitgleich grenzt man sich nicht klar vom rechten Rand ab bzw. präsentiert Kandidaten die mit ihren Fischzügen die rechten Positionen nochmal so richtig diskussionfähig machen.
muckensen
ZITAT(Forodir @ 25. Jun 2023, 18:32) *
ZITAT(xena @ 25. Jun 2023, 16:52) *
ZITAT(Forodir @ 25. Jun 2023, 09:46) *
Das sind durchaus ernst gemeinte Fragen meinerseits. Die gesamte Gesellschaft ist eher nach Links gerückt und es gibt da Bevölkerung die daran den Anschluss verloren hat.

Das ist die Frage. Ist die Gesellschaft wirklich nach links gerückt, oder ist sie schlicht und einfach nur offener geworden und toleranter geworden? Ist Offenheit und Toleranz links? Weil von den Werten her ist die Gesellschaft durchaus eher konservativ und bis auf einige Ausnahmen hat schon immer die CDU Wahlen gewonnen, mit ihren konservativen Werten. Und ich wette, dass sie auch die kommende Wahl wieder gewinnen wird. Hin und wieder, wenn den Leuten die CDU der Macht wegen zu arrogant geworden ist, wird SPD gewählt. Sonst immer mehrheitlich CDU.


Genau das sind früher klassische Werte progressiver linker Parteien gewesen (wie gesagt, in der deutschen Parteiengeschichte war ja die SPD die progressive nach vorne gewandte Partei), das hat aber insgesamt auch verfangen, wie du ja selbst erkennst. Also ja, die Gesellschaft insgesamt ist mehr nach Links gerutscht, das, was früher Mitte war oder rechts ist dementsprechend weiter nach rechts gerückt. Bürgerliche Ansichten der 50er und 60er sind heutzutage eben nicht mehr bürgerliche Mitte, sondern eher rechter Rand oder sogar rechts außen (Frauenrechte, Selbstbestimmungsrechte allgemein usw. usf.)

Die CDU unter Merkel war in der Hinsicht eben konsequent und erfolgreich, dass sie dies erkannt hat und da braucht sich Merz eben keinen Illusionen hingeben, wenn er die Partei da hinführt, wo er sich wohlfühlt wird er weitere Teile verlieren, den der Rechte Rand ist inzwischen durch die AFD besetzt.
Es gibt durchaus angeblich "rechte" Gesichtspunkte, die von Mehrheiten vertreten werden; so zeigen belastbare Umfragen der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten selbst, dass sich gut drei Viertel der Bevölkerung gegen das Gendern aussprechen. Wenn also zwangsweise finanzierte Sender dennoch gendern, erzeugt das Unmut und ist Wasser auf die Mühlen der AfD. Die AfD lebt von der Legende – und jede Legende hat einen wahren Kern –, dass "die da oben" abgehoben sind, keinen Zugang zur Gedankenwelt der Massen haben. Wer diese Ansichten ohne Grund scheinbar bestätigt, braucht sich nicht zu wundern über das große Protestwählerpotential.

Dass heute ein AfD-Landrat gewählt werden würde, war in meinen Augen von dem Moment an zu erwarten, als es einen "Schulterschluss" aller anderen Parteien gegen ihn gab. Nochmals: In Schweden und Finnland ist diese Strategie gewaltig in die Hose gegangen, und Erinnerungen an Weimar werden nichts daran ändern, dass sie auch bei uns in die Hose gehen wird. Es liegt in der Natur der Sache. So sehr es vielleicht naheliegen mag; so sehr die Entscheidung der Wähler objektiv kritikwürdig sein mag; eine Regierung darf niemals dem Wähler seine Wahlentscheidung vorwerfen. Der Wähler, nicht die Regierung, ist der Souverän.
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