Putin bestätigt russische Truppenpräsenz während Krim-ReferendumDrei Separatisten in Ostukraine getötet - Außenminister suchen in Genf politische Lösung - USA bereiten neue Sanktionen gegen Russland vorKiew - In einem TV-Auftritt hat der russische Präsident Wladimir Putin erstmals zugegeben, dass während des Krim-Referendums schon russische Truppen vor Ort präsent waren. Er verteidigte das Vorgehen damit, dass man so verhindern wollte, was derzeit in der Ostukraine passiere: "Natürlich waren es unsere Truppen, die hinter den Selbstverteidigungskräften auf der Krim standen."
Putin hat es außerdem als "weiteres schweres Verbrechen" der ukrainischen Führung in Kiew bezeichnet, dass sie bewaffnete Einheiten in den Osten des Landes entsandt habe. Zugleich sprach sich Putin am Donnerstag in Moskau für Verhandlungen zur Lösung des Konflikts aus.
Weder Flugzeuge noch Panzer könnten die Krise lösen, sagte Putin. In der landesweiten Fernsehsendung "Direkter Draht", in der Bürger Fragen stellen können, forderte der Präsident die ukrainische Führung zum "echten Dialog" mit der russischsprachigen Bevölkerung auf. Zugleich wies er erneut Vorwürfe zurück, russisches Militär oder Instrukteure steuerten die Lage. "Es sind die Herren jener Region", sagte Putin. Mit ihnen müsse geredet werden. Die Sendung läuft noch und dauert in der Regel mehrere Stunden.
Treffen in GenfUnterdessen soll ein mit Spannung erwartetes Spitzentreffen in Genf eine politische Lösung im Konflikt um die Ukraine anbahnen. Am Donnerstag wollen sich die Außenminister der USA, Russlands und der Ukraine sowie die Außenbeauftragte der Europäischen Union an einen Tisch setzen. Doch in der Ostukraine bleibt die Lage gespannt.
Tote in MariupolIn der Großstadt Mariupol nahe der russischen Grenze wurden bei Auseinandersetzungen um einen Militärstützpunkt drei prorussische Aktivisten getötet, wie der ukrainische Innenminister Arsen Awakow Donnerstagfrüh auf Facebook bekannt gab. 13 Angreifer seien zudem verwundet worden, 63 konnten festgenommen worden, erklärte Awakow weiter. Etwa 300 Vermummte hätten Brandsätze geworfen und mit scharfer Munition geschossen.
In Medienberichten war ursprünglich die Rede von 500 Angreifern gewesen, die die Kaserne umstellt und die Soldaten aufgefordert hätten, alle Waffen auszuhändigen. Die Nationalgarde habe gemeinsam mit Spezialeinheiten und unter dem Einsatz von Hubschraubern die Attacke abgewehrt, betonte Awakow.
In Mariupol kam es zu Gefechten:Die Hafenstadt Mariupol mit mehr als 450.000 Einwohnern liegt nahe der russischen Grenze. Bereits am Wochenende hatten Separatisten das Rathaus von Mariupol besetzt. Ob es auch am Donnerstag noch unter Kontrolle von prorussischen Aktivisten war, war vorerst unklar.
Gefechte offenbar auch in anderen StädtenSchusswechsel wurden auch aus Slawjansk und Kramatorsk rund 80 Kilometer nördlich der ukrainischen Gebietshauptstadt Donezk gemeldet. Prorussische Kräfte gaben an, sie hätten in Slawjansk 17 Mitglieder der Regierungstruppen nach Schüssen auf friedliche Bürger festgenommen. In Kramatorsk seien mehrere Menschen verletzt worden, als die Nationalgarde auf Demonstranten gefeuert habe, sagte ein Sprecher der prorussischen "Selbstverteidiger" der Agentur Interfax. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.
In mehreren Orten der Ostukraine halten prorussische Separatisten seit Tagen Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern einen föderalen Staat mit weitgehenden Autonomierechten für das russisch geprägte Gebiet. Der Regierung in Kiew droht die Lage zu entgleiten.
Russland kritisiert die USAKurz vor dem Genfer Krisentreffen kritisierte Russland die USA. Indem die USA den Militäreinsatz gegen prorussische Separatisten in der Region rechtfertigten, unterstützten sie einen "Krieg gegen das Volk", erklärte das Außenministerium in Moskau. Zugleich warf Russland den USA doppelte Standards vor. So verteidige Washington den Sturz der rechtmäßigen Regierung als Volksaufstand, kritisiere aber die Proteste im Osten als Terrorismus.
Neue SanktionenUS-Regierungssprecher Jay Carney sagte an Bord des Präsidentenflugzeugs "Air Force One", die USA bereiteten "aktiv" neue Sanktionen gegen Russland vor. Diese könnten möglicherweise bereits an diesem Donnerstag verkündet werden, wenn das Treffen in Genf nicht den gewünschten Fortschritt bringt.
Moskau weist seit Tagen alle Anschuldigungen zurück, es schüre die Unruhen im Nachbarland und habe Soldaten ohne Hoheitsabzeichen über die Grenze geschickt. Putin beklagte im Gegenzug, der Einsatz ukrainischer Truppen in den östlichen Grenzregionen bringe das Land an den Rand eines Bürgerkriegs. In einem Gespräch mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon warnte er vor einem Scheitern des Krisengesprächs in Genf.
Ukrainische Truppen ziehen sich zurückNach einer Blockade durch prorussische Bewaffnete und Anrainer haben sich ukrainische Regierungstruppen mit 15 gepanzerten Fahrzeugen aus dem Gebiet Donezk zurückgezogen. Die Einheit werde in voller Stärke zurück nach Dnjepropetrowsk verlegt, teilte am Donnerstag das Verteidigungsministerium in Kiew mit.
Das Verteidigungsministerium in Kiew räumte zuvor ein, dass sechs gepanzerte Fahrzeuge an prorussische Separatisten verloren gegangen sind. Die Militärwagen seien in der östlichen Stadt Kramatorsk von Anrainern unter Anleitung von bewaffneten Aktivisten blockiert und dann übernommen wurden. Wo sich die Besatzungen aufhielten, werde noch geprüft. Nach Aussage der Separatisten liefen Soldaten über, die den Aufstand mit einem "Anti-Terror-Einsatz" niederschlagen sollten. Zuvor hatte Kiew den Verlust der Fahrzeuge dementiert.
ÜberlaufenAuch in Slawjansk liefen Regierungseinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen zu prorussischen Aktivisten über. Bewohner berichteten der Nachrichtenagentur dpa, dass sich aus Angst kaum noch jemand auf die Straße traue. Ebenso sind Journalisten in den Konfliktgebieten in der Ukraine mit Gewalt, Einschüchterung und psychologischer Kriegsführung konfrontiert, wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in einer Aussendung mitteilte.
Streit um UNO-BerichtFür Streit sorgte unterdessen ein UNO-Bericht zur Lage der Menschenrechte in der Ukraine. Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin kritisierte den Bericht, wonach die russischsprachige Bevölkerung in der Ostukraine nicht Opfer von Menschenrechtsverletzungen ist, am Mittwochabend als "einseitig". Die Studie spiegle die Lage der russischsprachigen Bevölkerung des Landes nicht fair wider, sagte Tschurkin. Der britische UNO-Botschaft Mark Lyall Grant betonte dagegen, nach den Erkenntnissen des UNO-Menschenrechtskommissariat gebe es "weder weitverbreitete noch systematische" Angriffe auf ethnische Russen in der Ukraine. (Reuters/APA, 17.4.2014)
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